Sonntag, 7. April 2013

"MOTZ" statt "MOZ"

An meine community (gramm. unzweifelhaftes Genus, im Ggs. zu Begriffsimporten wie der Blog):

Der  gestern abend (nach a.R. = alte Rechtschreibung) veröffentlichte  Berliner  Forschungsbericht zur Europäischen Soziokultur (Stand: Ostern 2013) ist bei Globkult  zu finden unter:

http://www.globkult.de/gesellschaft/projektionen/858-europaeische-soziokultur-ostern-2013-

Unvermeidlich haben sich durch Unachtsamkeit des Verfassers einige Tippfehler eingeschlichen, die es noch zu korrigieren gilt. Ich werde diesbezüglich noch eine (sic!) Mail  an Miriam Horn senden, mit der Bitte, den zusätzlich zugemuteten Arbeitsaufwand nicht übelzunehmen (recte: übel zu nehmen). Item: Bei der nachträglichen Durchsicht des Textes ist mir ein peinliches Versehen unterlaufen, welches ich hier  aus Verbundenheit mit meiner community der Öffentlichkeit preisgebe:

Im Text wird der Leser (sc.- e  L_in) auf die Bedeutung der für die Berliner Meinungsbildung unentbehrlichen Obdachlosenzeitung "Motz" hingewiesen.  In dem an die  Redaktion von  Globkult übersandten Originaltext sprach ich mehrfach von der MOZ, in der Annahme, es handle sich um die Abkürzung für M (unerklärlich) - O (für Obdachlose) - Z (Zeitung - wie sonst?).  Der Fehler entsprang einer typischen, womöglich bereits altersbedingten Fehlwahrnehmung. Ich ging wohl insgeheim (=klandestin) immer noch davon aus, dass  derlei Abkürzungen als Markenzeichen von Medien dienen, um  das gebildete  Publikum an sich zu binden, beispielsweise  in München die von der Pleite bedrohte AZ und/oder die im Bayernland meinungsführende SZ, in Berlin die BZ.  Vor Jahren präsentierte der damalige ARD-frontman Ulrich Wickert in der "Abendschau" lächelnd  sein  persönliches Bildungsprogramm: Für seine Arbeit lese er täglich "die FAZ und die taz".

War die Assoziation "MOZ" somit naheliegend , so entsprang meine Fehlbezeichnung für die  "Motz" zudem einer über Jahre hin eingeübten Fehlwahrnehmung, die es nachfolgend  zu erklären  und zu korrigieren gilt:  In meinem zivilgesellschaftlichen Umfeld   begegne ich allenthalben den Straßenverkäufern (weniger _innen) der MOZ, pardon Motz. Vor dem Bio-Laden am Rüdesheimer Platz (beste bürgerliche Wohnlage), wohin ich mich gelegentlich und umweltgerecht per Fahrrad, etwa   zum Teeeinkauf (im Tee-,  nicht im Bio-Laden), zur Schuhreparatur oder nur zum Genießen des blumenreichen Areals  begebe, bietet ein freundlicher Herr im Vorruhestand das Blatt feil. Physiogrnomie,  Auftreten  und  zuweilen gepflegte Konversation, d.h. zwischenmenschliche Kommunikation, lassen eher auf einen früheren FAZ- als  taz-Leser schließen. Die Fehlwahrnehmung der "Motz" im Zeitungstitel kommt somit nicht von ungefähr.

Über die Jahre hin übertrug sich vor meinem geistigen Auge so  das falsche Titelbild auf die sonstigen Verkaufsstellen der "Motz". Auf der  von der autogerechten Autobahnabfahrt koupierten  nördlichen Seite des Breitenbachplatzes (einst bekannt als rote Künstlerkolonie, heute bevölkert von mittelbürgerlichem und teilgrünen Publikum) wechseln sich polnische EU-Bürger im Verkauf des mutmaßlich von Absolventen einer Journalistenschule (oder von  Volontären der taz ?)  ausgestatteten Informationsblattes. Einer der Mitbürger, die auf diese Weise ihr tägliches Quantum Alkohol - im Sommer ausschließlich Bier, im langen Winter zusätzlich Wodka aus  preiswerten Fläschchen - verdienen, bevorzugt als Nachtquartier die  Ringbahn (Innerer Stadtring), immer im Kreis herum, bis der Morgen tagt und der Sonnenstrahl den Ruhebedürftigen zur Arbeit ruft.

Über sein Nachtquartier hat mich unlängst, eher im vergangenen wundersam warmen Herbst , die fast immer gut aufgelegte, zuweilen - nach eigenem Bekunden -  auch gestresste Landsmännin (besser: Landsfrau/Kompatriotin) an der Brot- und Kästetheke von "Nah und gut" aufgeklärt. Zuletzt sah  ich den Landsmann überraschend  vor "Kaiser´s" (in Altberliner Genitivkennzeichnung,  heute über Tengelmann dem US-Konzern A&P einverleibt) mit der "Motz" (fälschlich MOZ)  in Händen. Sonst steht er, im Turnus mit zwei bis drei anderen Landsleuten,  vor den Breitenbach-Arkaden (gemäßigter  Stil der 1960er Jahre, halb Bauhaus, halb Bungalow). Außerdem  erkenne ich regelmäßig schon von weitem eine ältere Ausgabe der "Motz" (nicht  MOZ)  in Händen des Roma-Zuwanderers vor der nahegelegenen - schon wieder gemahnt der (!) PC  rot unterringelnd an die richtige Rechtschreibung) - Post, wo mir die freundlich lächelnden Post-Frauen regelmäßig ein neues attraktives Sparangebot andrehen wollen. Da die Postbank längst als Filiale der Deutschen Bank, einer der Haupthaie des Frankfurter und globalen Finanzkapitals fungiert, hat eine Nachbarin, wie sie mir unlängst  in eben jener Postfiliale erklärte, aus grünen Gründen  gekündigt und ist zu einer weniger sündhaften Bank (mit mir weiterhin unbekanntem Namen) übergewechselt.

Gelegentlich verkauft dort auch eine Roma-Frau die "Motz" (irrtümlich MOZ). Ihr Volksgenosse, der  sonst älteren Damen mit der Tür behilflich ist, ist dann mutmaßlich als Verkäufer vor  "Kaiser´s" tätig (was wiederum den Polen zum Standortwechsel nötigen dürfte). Früher half er beim Ein- und Ausrasten der Einkaufswägen. Diese befinden sich aus kundenfreundlichen Gründen, wenngleich erst um zwei Theken herum, jetzt im Inneren der mit mit reichlicherem Angebot (und leicht höheren Preisen) ausgestatteten A&P-Dependance, mutmaßlich auch so ein Franchise-Betrieb wie der von "Nah und Gut", der EDEKA-Kette zugehörig.

Ich hoffe, liebe community,  die von der Redaktion korrigierte Fehlschreibung der  "Motz"  zu meiner Entschuldigung hinreichend begründet zu haben. Der tiefere, tiefenpsychologische Grund ist noch ein anderer: Ich verwechselte die "Motz" mit der MOZ, der nach der "Wende" von der FAZ übernommenen "Märkischen Oderzeitung" (MOZ). Als deren Chefredakteur wirkte  einige Jahre lang der Konservative Alexander Gauland, heute Kolumnist beim  "Tagesspiegel" und seit kurzem Mitgründer der "Alternative für Deutschland".


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