I.
Nein, wir Demokratinnen und Demokraten
müssen erkennen, dass die Würde des Hohen Hauses während und nach
der heutigen Abstimmung im Bundestag (im dereinst von Frau Süßmuth
blauviolett-demokratisch bestuhlten Reichstagsinneren) von den
Konfettigranaten der Grünen nicht beschädigt, sondern illuminiert
wurde. Und dass die ergrauten Grünen das Parlament mit einem
Kindergarten verwechseln, ist ihnen angesichts ihrer geistigen
Gesamtverfassung auch gar nicht zu verdenken. Zur infantilen Freude
gehört auch der Jubel der abgebrochenen Theologiestudentin und
hochrangigen Protestantin in den entsprechenden Führungsgremien der
Zeitgeistmanufaktur EKD. Es sei ein „historischer Tag“ - was
immer die Dame, frisch und aufs neue liiert mit einem anderen
Kirchenfürsten, unter historisch verstehen mag. Als Theologin weiß
sie zumindest, dass die Evangelische Kirche seit 1945 immer auf der
richtigen Seite steht.
Historisch war der Tag fraglos für
Volker Beck, der sein ganzes Leben in den Dienst der edlen Sache
gestellt hat. Amor vincit omnia. Entgegen allen Protestationen aus
seinem Munde gab es ehedem für Beck keine altersmäßige Untergenze
für grenzenlose Liebe. And, lest we forget: Zur Befeuerung
der Liebesfähigkeit versorgte er sich bei Bedarf mit Crystal Meth
beim Dealer auf der Nolle, was – nach einer Anzeige, Abtauchen in
den krankheitsbedingten Untergrund, Wiederaufstehung und Rückkehr
in die Arena der Politik– seinem Ansehen als Menschenrechtskämpfer
für Sex samt Ehe für alle keinen Abbruch tat. Beck, von den
NRW-Delegierten bei der Kandidatenkür für die Merkel-Wahl im
September 2017 abgewählt, trat am „historischen“ Tag ab wie ein
Gockel – er sprach sprach- und genderinsensiblel vom Sieg der
Schwulen und Lesben - im Besitz aller Federn nach siegreichem
Hahnenkampf.
II.
Ob und wie historisch die heutige
Abstimmung „historisch“ zu nennen ist, wird mutmaßlich das
Bundesverfassungsgericht entscheiden – vorausgesetzt, dass einer
der noch glaubensfesten Katholiken seine Ablehnung der L-S-etc-Ehe
nach Karlsruhe trägt. Warum kaum noch ein Protestant – immerhin
hat der frühere Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier (Protestant)
das matrimonium-für-alle-Gesetz bereits für
verfassungswidrig erklärt - außer den als „rechts“ kategorisierten
konservativen sog. Evangelikalen am Segen des universellen
Eheglücks zweifelt, erscheint historisch einleuchtend: Der
Reformator und Begründer des – seit ca. 50 Jahren obsolet
gewordenen - kinderreichen Hetero-Pfarrhauses Martin Luther erklärte
die Ehe für ein „weltlich Ding“ und hielt nichts von dem von Rom
(Ost- und West-Rom) begründeten Sakrament. Überdies genehmigte er
dem Landgrafen Philipp von Hessen ein zweites Weib zur Befriedigung
seiner überschäumenden Triebe. Die in den Leitungsgremien - wie der
AStA den deutschen Universitäten „gewählt“ von einer
verschwindenden Minderheit der Kirchensteuerzahler – anzutreffenden
Progressivprotestanten wissen sich historisch auf der richtigen
Seite, wenn sie wie stets meinen, politisch den Ton angeben zu
dürfen.
Spätestens im September 2017 – bei
den Koalitionsverhandlungen – wird man weitersehen. Bis dahin
dürfen wir uns Gedanken über das in der letzten Woche vor den
Parlamentsferien noch prestissimo inszenierte Spiel machen. Wer hat
wen ausgetrickst? Martin Schulz, der von der „sozialen
Gerechtigkeit“ zur „Ehegerechtigkeit“ überwechselte, Christian
Lindner, der sich als Liberaler naturgemäß für einen liberalen
Umgang mit der Verfassung stark machte, oder - von den „linken“
Klassenkämpfern ganz abgesehen – am Ende wieder einmal Merkel. Dass ihr
beim „Brigitte“-Talkshow-Spektakel im Gorki-Theater der in
bekannter Merkel-Diktion geäußerte Satz über die Gewissensfrage bei
der Homo-Ehe gänzlich unerwartet von den Lippen ging – das mögen
die von einem „Schabowski“-Versprecher Fabulierenden glauben.
Merkel parierte die von SPD und FDP eingeleiteten Wahlkampf-Manöver und hielt sich alle Koalitionsoptionen im Herbst d.J. offen. Der „Tagesspiegel“-Redakteur Malte Fleming vermutet sogar ein noch raffinierteres Spiel: Merkel habe von vornherein den Gang nach Karlsruhe ins Auge gefasst und rechne mit einer negativen – zumindest „le mariage pour tous“ wieder einschränkenden - Entscheidung des BVerfG. http://www.tagesspiegel.de/politik/bundestag-beschliesst-ehe-fuer-alle-merkels-geheimer-plan-eine-spekulation/20001842.html. Dem sei, wie es sei...
Merkel parierte die von SPD und FDP eingeleiteten Wahlkampf-Manöver und hielt sich alle Koalitionsoptionen im Herbst d.J. offen. Der „Tagesspiegel“-Redakteur Malte Fleming vermutet sogar ein noch raffinierteres Spiel: Merkel habe von vornherein den Gang nach Karlsruhe ins Auge gefasst und rechne mit einer negativen – zumindest „le mariage pour tous“ wieder einschränkenden - Entscheidung des BVerfG. http://www.tagesspiegel.de/politik/bundestag-beschliesst-ehe-fuer-alle-merkels-geheimer-plan-eine-spekulation/20001842.html. Dem sei, wie es sei...
III.
Dem Beobachter des grünen
Konfetti-Kindergeburtstagsspiels im Bundestag drängen sich am Tag des 30. Juni
gewisse historische Reminiszenzen auf. Am 30. Juni 1934 eröffnete
der Reichskanzler - noch nicht "Führer und Reichskanzler" - Adolf Hitler vermittels SS
(und diskreter Unterstützung seitens der Reichswehr) die erste
große Mordorgie des NS-Regimes. Im Hotel Hanselbauer zu Bad Wiessee
jagte Hitler höchstselbst seinen alten Kampfgefährten und
Duzfreund Ernst Röhm ("Stabschef der SA") mitsamt dessen schwuler Entourage aus den
Betten. Die Ermordung Röhms im Münchner Gefängnis Stadelheim überließ er am Tag danach dem SS-Helden Sepp Dietrich.
Bis zum sog. "Röhm-Putsch" hatte der vom Putschisten zum Legalisten umgeschwenkte Braunauer Kritik am Lebensstil seiner alten Kämpfer mit den Worten „Meine SA ist kein Mädchenpensionat“ abgewiesen. Nach dem Massaker an seinen Genossen – die mörderische Entmachtung der nicht nur verbal sozialrevolutionär auftretenden SA wurde in weiten Kreisen mit Erleichterung aufgenommen – entdeckten die Nazis die bürgerliche Moral: Homosexualität galt fortan als artfremd verdammenswertes, gemäß § 175 streng zu bestrafendes Delikt. Die schlimmen Erfahrungen aller in die KZs geworfenen Homosexuellen – und nicht wenige Morde an Trägern des „rosa Winkels“ - begründeten sodann den historischen Opferstatus der Schwulen.
Bis zum sog. "Röhm-Putsch" hatte der vom Putschisten zum Legalisten umgeschwenkte Braunauer Kritik am Lebensstil seiner alten Kämpfer mit den Worten „Meine SA ist kein Mädchenpensionat“ abgewiesen. Nach dem Massaker an seinen Genossen – die mörderische Entmachtung der nicht nur verbal sozialrevolutionär auftretenden SA wurde in weiten Kreisen mit Erleichterung aufgenommen – entdeckten die Nazis die bürgerliche Moral: Homosexualität galt fortan als artfremd verdammenswertes, gemäß § 175 streng zu bestrafendes Delikt. Die schlimmen Erfahrungen aller in die KZs geworfenen Homosexuellen – und nicht wenige Morde an Trägern des „rosa Winkels“ - begründeten sodann den historischen Opferstatus der Schwulen.
Ist es statthaft, an diese betrüblichen historischen
Fakten noch einige politisch inkorrekte Bemerkungen zu knüpfen?
Abfällig über den „Hinterlader“ Röhm hatte sich der alte
Reichspräsident Hindenburg geäußert - heute fraglos ein wichtiges
Argument für die „Säuberung“ von entsprechenden Ortsbezeichnungen in deutschen Städten. Zu
erinnern ist indes auch an den rhetorischen Abwehrkampf auf der –
gesamten (?) - damaligen Linken gegen ihre braunen Feinde. Für sie
hatte man die Bezeichnung „Sturmabteilung 175“ parat.
Noch einmal: Ist es historisch erlaubt,
heute, im freiesten Staat der deutschen Geschichte usw., an derart
unstatthafte Fakten zu erinnern? Verfällt derlei Erinnerung nicht
besser der demokratischen damnatio memoriae? Gerät der
Historiker dabei nicht leicht in den Verdacht von Maasens hate
speech?