I.
Wir alle - falsch! Wer ist "wir" ? Wir, so wissen wir seit langem, sollten das zumindest seit langem wissen, denn wir, also wir, die "Biodeutschen", also wir, "die schon länger hier leben" (dixit Merkel, Kanzlerin auf Abruf), wir haben unsere Lektion gelernt: Das "Wir" gibt es, nein: gab es zwar - mit allen fatalen Folgen -, soll es eigentlich und in Zukunft nicht mehr geben. Wir sind kein Volk mehr. Wir schaffen das.
Warum? Der Kollektivbegriff ist dem rechten Verständnis von freiheitlicher Demokratie, nein: von freiheitlichem Verfassungsstaat (mit viel kratos und möglichst wenig demos) abträglich, das "Wir" bedroht, ja zerstört die Freiheit des Individuums, besser: der Menschen (in diesem Lande). Wir, die weltoffenen Bürgerinnen und Bürger, a.k.a. Demokratinnen und Demokraten, wir wissen, dass der Soziologe und Marx-Kenner Ferdinand Tönnies die Begriffe "Gemeinschaft" und "Gesellschaft" - erstmals 1887 - streng geschieden hat. Wir sollten mithin wissen: Gemeinschaft ist verdächtig, schlecht und verlogen, Gesellschaft offen, gut und ehrlich. Wir sind moralisch verpflichtet, die offene Gesellschaft gegen ihre Feinde zu verteidigen.
Wer sich die Mühe macht, bei Tönnies nachzulesen, wird erkennen, dass es der Autor mit der Begriffsdichotomie so simpel nicht gemeint hat. Er findet Sätze wie diese: "Keiner
wird für den anderen etwas tun oder leisten, keiner dem anderen
etwas gönnen und geben wollen, es sei denn um einer Gegenleistung
oder Gegengabe willen, welche er seinem Gegebenen gleich achtet." Und weiter: "Zwei
Zeitalter stehen mithin...in den großen Kulturentwicklungen einander
gegenüber: ein Zeitalter der Gesellschaft folgt einem Zeitalter der
Gemeinschaft. Dieses ist durch den sozialen Willen als Eintracht,
Sitte, Religion bezeichnet, jenes durch den sozialen Willen als
Konvention, Politik, öffentliche Meinung." (F. T.: Gemeinschaft
und Gesellschaft,
Darmstadt 3. Nachdruck 1972, S.40, S. 251). Unüberhörbar klingt jene Kulturkritik an, welche die natur- und gemeinschaftselig romantisierende Jugendbewegung inspirierte und sodann dem deutschen Unheil den Weg bereitet haben soll.
Dass Tönnies den Gemeinschaftsbegriff nur idealtypisch abstrahierend als Denkfigur abgrenzte von der "Gesellschaft", dass er - nicht anders als der von ihm beeinflusste Max Weber - die Nation dem Gemeinschaftstypus zurechnete und als politischen Handlungsrahmen voraussetzte, dass er insbsondere als Sozialdemokrat zu den entschiedenen Gegnern des Nazismus gehörte, tut der heutigen Verwaltung der Begriffe keinen Abbruch: Der Gemeinschaftsbegriff sei von Grund auf kontaminiert, wir - schon wieder "wir" - sollten wissen,
wohin die "Volksgemeinschaft" die gemeinschaftssüchtigen,
masochistisch-autoritären Deutschen geführt hat. Usw. usw.
Und so weiter: Die moderne/postmoderne, plurale Gesellschaft bedarf keines verschwurbelten Gemeinschaftsgefühls, der demokratische, säkulare Staat gründet auf der Bejahung durch freie, mündige Bürger, deren Rechte er garantiert, anders ausgedrückt: auf einem rational begründeten - wenngleich historisch unauffindbaren - Gesellschaftsvertrag. Alle Metaphysik, Geschichte, Romantik, Gefühle sind vom Übel. Jedem freien Menschen steht der Eintritt in den demokratischen Zweckverband, die Teilhabe an der postdeutschen res publica, offen. "Wir" sind seit langem ein Einwanderungsland. Konsequenterweise gibt es - ungeachtet der Präambel und Art. 146 des Grundgesetzes - kein "Deutsches Volk" mehr, auch keine deutsche Kultur - so belehrte uns unlängst die Migrationsministerin Aydan Özugüz -, schon gar keine deutsche "Leitkultur". Wer etwas anderes behauptet, argumentiert "völkisch", ist ein deutscher Kryptofaschist, bewegt sich am "rechten Rand". Einzig die Verfassung - geschaffen von den (offenbar a-nationalen) "Müttern und Vätern" des Grundgesetzes - ist das verbindende (und bindende) Element unserer offenen Gesellschaft. In dieser hat "jeder [masc.] das Recht auf die Entfaltung seiner Persönlichkeit".
Die Botschaft hören wir seit langem, von den selbsternannten Predigern der bundesrepublikanischen Zivilreligion. Religion dient der Stiftung von Gemeinschaft, von ein paar Eremiten abgesehen. Dem diesbezüglich ungläubigen, zivilreligiös unmusikalischen Staatsbürger stellt sich die Frage, warum ausgerechnet er Steuern zahlen soll für Zwecke, die nicht der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit (GG 2,1), nicht der Absicherung seiner Interessen, nicht der Gewährleistung seiner eigenen Sicherheit dienen, sondern dem Unterhalt und der "Integration" von Hunderttausenden, die alljährlich nicht aus dem Verlangen nach staatsbürgerlicher Teilhabe (samt deutschen Schuldgefühlen), sondern aus dem durchaus rationalen Interesse an steuerfreier Teilhabe am deutschen Sozialstaat (inkl. sozialmigratorischen Wohnungsbaus) über diverse "Fluchtrouten" nach Mitteleuropa streben. Es leuchtet ihm auch nicht recht ein, warum er, unfreiwillig in die Welt gesetzt, als freier, selbstverantwortlicher Bürger historische Verantwortung für die Nazi-Verbrechen - für die deutsche Geschichte - tragen muss. - Oder doch? Unter welchen ideellen Vorausetzungen? Aufgrund welcher Gegebenheiten?
II.
In einem Aufsatz übertitelt "Volk ohne Traum"? tritt der Soziologe Hans-Georg Soeffner als Exeget des suspekten Begriffs hervor. Als die Deutschen in der DDR anno 1989 gegen die SED-Parteibürokraten mit dem Protestruf "Wir sind das Volk!" aufbegehrten, waren sie irgendwie doch im Recht, obgleich sie sich mit dem "Volk" eigentlich in einer von Fichte und seinen "Reden an die Deutsche Nation" (1807/08) begründeten verfänglichen Tradition bewegten. Einerseits waren sie im Stande demokratischer Unschuld, andererseits erneut im Stande der Sünde, sofern sie - wenngleich noch unbewusst - bereits einem "exkludierenden" Volksbegriff anhingen. Der Autor Soeffner verzichtet - aus welchen Gründen immer - die spezifisch deutsche Kontamination des "Volkes" anhand der 1989 den Mauerfall begleitenden Parole "Wir sind ein Volk!" zu exemplifizieren. Ein nachträglicher Ausschluss der DDR-Deutschen aus der Anschlussgemeinschaft Bundesrepublik liegt anscheinend nicht in seiner Absicht.
Was ihm jedoch im Luther-Gedenkjahr 2017 gar nicht behagt, ist "die Diffusität des deutschen ´Wir´ und die Sehnsucht nach einer ebenso nebulösen deutschen Leitkultur". Soeffner ist bestrebt den Nebel zu lichten, und siehe da: aus dem Nebel erhebt sich das Bild des von Deutschen erzeugten Leides - als wiederum untauglicher - Begriff einer Leitkultur, gewonnen "im Verlauf der mühsamen, langwierigen und historisch ungewöhnlich selbstreflexiven ´Aufarbeitung´der deutschen Verbrechen und Gewalttaten im Nationalsozialismus". Der Autor würdigt zunächst die Leistungen der neuen bundesrepublikanischen Leidkultur - "Gedenktage, ´Stolpersteine´, Mahnmale" -, doch dann kommen ihm anscheinend wieder Bedenken: "Aber der Versuch, allein aus einer negativen Gründungsidee - aus dem, was ´wir´ nicht (Hervorh. Soeffner) sein wollen, aus einer Selbstnegation - eine anspruchsvolle Position gewinnen zu wollen, ist bemerkenswert standortlos."
Der Leser ist nach diesem Kurzlehrgang durch Real- und Begriffsgeschichte des "Wir" erstmal ratlos. Der Autor weist indes den Ausweg aus dem Labyrinth der Versuchungen des "Wir", des (exkludierenden) Volkes, des Volkes überhaupt, und findet ihn - wo auch anders? - im Einwanderungsland Deutschland in der Entwicklung "zu einer heterogenen - vor allem von außen akzeptierten (?!?) - pluralen, ´offenen´Gesellschaft."
Dass dem Autor auch Merkels Parole "Wir schaffen das!" - die nachgelieferte Rechtfertigung für fatale Politik - nicht passt, passt zwar nicht in seine Argumentation - ein Plädoyer für unverminderte Immigration in die von Gemeinschaftsillusionen befreite Gesellschaft. In der freien Gesellschaft gibt es demnach auch von Staats wegen nur noch freie Bürger. Allein deren Geschichtsbewusstsein sei noch etwas nachzuhelfen: "An den 17. Juni (1953) und an den Tag der Deutschen Einheit wird rituell erinnert. Die Frage, was am 23. Mai 1949 geschah, erzeugt bis heute bei vielen Deutschen eher ein Grübeln als die richtigeAntwort." (Anm: Dass der 17.Juni längst im Orkus bundesrepublikanischen Vergessens gelandet ist, scheint dem Autor entgangen zu sein.) Die bessere Zukunft - eine freie Gesellschaft mit freien, wertebewussten Bürgern - erwartet Soeffner von den Neubürgern aus aller Welt. Deren Lebensziel sei es, "in einem freiheitlichen, sozialen Rechtsstaat zu leben und diesen mitzugestalten: eine Möglichkeit, nach der viele ´Flüchtlinge´ in ihrem Heimatland vergeblich gesucht haben und die sie auf ´deutschem Boden´zu finden hoffen. Staatsbürger dieses Formats braucht Deutschland. Auf Stammes-. Glaubens- und Gesinnungsgemeinschaften kann es verzichten. Sie sind in den deutschen Verfassungsstaat kaum (sic!) integrierbar.
Besser integrierbar ins post-deutsche Volk, in die weltoffene, postnationale Gesellschaft, sind fraglos die communities (=taz-deutscher, nazifreier Plural für "Gemeinschaften") - Parallelgesellschaften, denen Grundgesetz, Stolpersteine und Johann Gottlieb Fichte Hekuba sind. Laut Verfassungsschutzbericht gehören neuerdings "Schwestergemeinschaften" zu den erfolgreichsten Verbreitern des Salafismus. Keine Frage: "Staatsbürger dieses Formats" - sowie mehr akademische Exorzisten des Volkes, dieses Volkes - braucht Deutschland.
III.
P.S. :
"Das Volk, 1989 als Akteur und Parole der friedlichen Revolution (»Wir
sind das Volk«) medial gehätschelt, 2015 als völkisch-faschistische
Restgröße mit ungeliebter Parteipräferenz aus dem legitimen politischen
Spektrum ausgegliedert: Das nennt man, unter Kennern der Dialektik, eine
reife Leistung. Auf beiden Seiten." (Ulrich Schödlbauer, in: Globkult v. 19.12.2017, https://globkult.de/kultur/l-iteratur/1267-kein-heller-land-die-ddr-der-diskurse)
Mittwoch, 27. Dezember 2017
Sonntag, 10. Dezember 2017
Prolegomena zur mutmaßlichen Weihnachtsbotschaft
I.
Ein vorzeitiges
Geschenk kam von der Kanzlerin. Obgleich ihre Energien vom Regieren,
von Sondierungen – diesmal mit der SPD nach der Kehrtwende des
großen Europäers Martin Schulz – zur Fortsetzung der wahlbedingt
für einige Monate virtuell suspendierten Großen Koalition sowie –
mutmaßlich „ein Stück weit“ - von der Sorge um den von Trump
gestörten Frieden im Heiligen Land absorbiert sind, nimmt sie sich
Zeit in diesen Adventstagen, ein Jahr danach, zu einer
teilnahmsvollen Aussprache mit den Familien, die bei der misslichen
Todesfahrt des Zuwanderers Amri Opfer zu beklagen hatten.
Gute Trauerarbeit
will Weile haben, zumal, wenn es sich um Tote handelt, die bis zum
19. Dezember 2016 schon länger in diesem Lande gelebt hatten. Das
Gespräch der Kanzlerin mit den Angehörigen kommt etwa zeitgleich
mit der Vollendung eines Kunstwerks, mit dem in Form eines aus
wetterfestem Material gefertigten Risses – der geht bekanntermaßen
mitten durch unsere Gesellschaft – der letztjährigen
Weihnachtsmarktopfer gedacht werden soll. Der spirituellen Vollendung
der bundesrepublikanischen Kunst zu trauern dient – wenngleich in
räumlicher Distanz zur von Glühweinduft umwölkten Gedächtniskirche
- die Erektion der drei syrischen Trauerbusse vor dem Brandenburger
Tor.
II.
Entsprechend
eingestimmt, sehen wir dem Gottesdienstbesuch zu Heiligabend
entgegen, wo uns die zeitlose Weihnachtsbotschaft erwartet: „...denn
sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge“ (Lukas 2,7).
Mutmaßlich - nein, mit Sicherheit,
knüpft die Pastorin/der Pastor daran exhortative Reflexionen über
das Elend der Geflüchteten (refugees) und
der trotz bedenklicher Wetterlage am libyschen Küstensaum
ausharrenden, von Schleppern erpressten, von warlords
bedrohten, von Sklavenhändlern verkauften Migrationswilligen. Ein
teilnahmsvolles Wort fällt auch für die Obdachlosen ab, von denen
der erste in diesen kalten Dezembertagen bereits erfroren ist,
während andere von politisch nicht mehr ganz eindeutig zuzuordnenden
Personen gewohnheitsmäßig mit Tritten traktiert werden.
So rechte
Weihnachtsfreude will danach trotz Friedensbotschaft und
abschließender Weihnachtshymne („O du fröhliche...“) nicht mehr
aufkommen. Beim Ausgang wird dem Kirchensteuerzahler der einsehbar
flache Korb für seine Spende für „Brot für die Welt“
präsentiert. Wer will, kann die Spende in einen Umschlag mit
Adresse stecken, um sich eine einkommensteuerabzugsfähige Quittung
zusenden zu lassen. Ein ähnlicher Brief mit Spendenquittung liegt
bereits vor. Auch Adveniat verfügt trotz Datenschutz über die
Adresse und hat sich bereits brieflich gemeldet Wir haben indes
bereits für Bethel gespendet – wohl wissend, dass auch für diesen
guten Zweck – wie allgemein in der Sozialindustrie - eine
erheblicher, Arbeitsplätze schaffender Organisationsaufwand
erforderlich ist. (Nicht abzugsfähige Spenden erwarten in diesen
Tagen die Müllmänner, der Zeitungsbote usw.)
III.
Was in der
Ansprache des Bundespräsidenten Steinmeier am ersten Weihnachtstag –
Deutschland gehört diesbezüglich monokulturell mit zwei Feiertagen
weltweit zu den Führungsmächten - zu hören sein wird, weiß der
Bundesbürger schon im voraus: fromme Worte, ohne biblische Zutaten.
An der
bedrückenden, politisch brisanten Problematik ändern all die Worte
– rund ums Jahr bekommen wir kaum anderes zu hören – nichts. Es
ist unklar, ob die Eliten – in Kollaboration mit den
„zivilgesellschaftlichen“ Moraleliten - mit der Hinnahme bzw.
Förderung unverminderter Einwanderung aus aller Welt den
Bevölkerungsschwund in den „reichen“ Ländern (West-)Europas zu
kompensieren gedenken. Bereits in den 1990er Jahren operierte eine
von Rita Süßmuth (CDU) bestellte Kommission mit einer angeblich erforderlichen Zahl von 400 000
Einwanderern per annum.
Inzwischen sind wir real – mit oder ohne (flexible) „Obergrenze“
- in einem Zahlenbereich von 300 000 (Asylsuchende, Asylberechtigte,
Nachzugsberechtigte etc.) angelangt. Unklar
ist, wie eine kontrollierte, „gesteuerte“ Einwanderungspolitik – die AfD macht sich rhetorisch für das kanadische Modell
stark – auszusehen hätte. Unklar ist ferner, wie angesichts der
unterschiedlichen Geburtenquoten der „bildungsfernen“ Schichten
(aus- und inländischer Herkunft) sowie des Verfalls unseres einst
vorbildlichen Bildungssystems die ökonomisch-soziale
Leistungsfähigkeit – und der innere Friede - bewahrt werden soll,
von den tabuisierten Aspekten von „Multikultur und Integration“
ganz abgesehen.
Keiner der
„Experten“ - weder die wohlmeinenden noch die mit mehr
Sachverstand ausgestatteten - hat eine Antwort auf die Frage nach
der Bevölkerungsentwicklung in Afrika und deren politische Folgen.
Allein im subsaharischen Afrika erwartet man bis 2050 eine
Verdoppelung der Bevölkerung von derzeit 1,2 Milliarden Menschen.
Schätzungen sprechen von etwa 60 Millionen, die gegenwärtig auf
eine Chance zum Absprung nach Europa sinnen. Wirtschaftlich und
politisch stabile Länder wie Botswana sind an einer Hand abzuzählen.
Krieg, Korruption, Misswirtschaft und Elend in vielen ehemaligen
Kolonien (wie Südsudan, Simbabwe oder Eritrea als Beispiele unter
vielen) sind weithin selbstverschuldet und nicht etwa neokolonialer
Ausbeutung zuzuschreiben. Wie in einem instabilen Staatsgebilde wie
Nigeria menschenwürdige Zustände für 185 Millionen zu erreichen
wären, überfordert die Phantasie von Optimisten. Mit ungewissen
Erwartungen verfolgen wir die Lage in Südafrika, wo nach dem Ende
des Apartheid-Regimes alle Voraussetzungen für eine den ganzen
Kontinent befruchtende Entwicklung gewährleistet schienen.
IV.
Die bedrängenden
politischen Zukunftsfragen werden – außer unter dem moralisch
bequemen Rubrum Xenophobie sowie mit der geistig bequemen Formel
„Bereicherung“ – von der politischen Klasse in diesem unserem
Land und/oder der EU kaum je zum Gegenstand politischer Debatte
gemacht. Für die Exponenten der global economy ebenso wie
für die Mehrheit der ihrem Selbstverständnis nach weltoffenen
Bildungseliten handelt es sich um lästige Scheinprobleme von hinter
der Zeit zurückgebliebenen Bevölkerungsgruppen. Fragen nach den
Voraussetzungen und dem Sinn humaner Existenz im säkularen,
postchristlichen Europa werden zur unfrohen Weihnachtszeit – rein
terminologisch bedürfte die mit Tannengrün global verbreitete
deutsche Kulturtradition jüngeren Datums eigentlich keiner begriffsneutralen „Winterzeit“ - nach Möglichkeit eskamotiert.
Donnerstag, 30. November 2017
Weihnachtsbescherung voraussichtlich im Januar
Zum Laienverständnis der parlamentarischen Demokratie, in Wahlkämpfen befördert von den Parolen der vom Regieren ausgeschlossenen Parteien, gehört die Vorstellung, das Volk könne eine Regierung abwählen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr schwarz-rotes Kabinett widerlegen derzeit dieses populäre ("populistische") Missverständnis. Nach der Bundestagswahl am 24. September d.J. zeigte sich Merkel von den Stimmenverlusten ihrer Partei sichtlich unberührt. Nicht nur, dass sie kühl erklärte, sie wisse nicht, was sie in der - von ihr selbst erzeugten - "Flüchtlingskrise" hätte anders machen können. Derartige Sätze, das wusste sie im voraus, würden ihr die "kritischen" Medien jederzeit durchgehen lassen.
Außerdem wusste Merkel, dass sie im Spiel um Fortsetzung der Kanzlerschaft und Regierungsbildung alle Trümpfe in der Hand hatte, auch wenn noch am Wahlabend der an der Ungerechtigkeit des Schicksals - diesem war soziale Gerechtigkeit offenbar gleichgültig - gescheiterte Martin Schulz mit Entrüstung den Gang in die Opposition ankündigte. Merkel hatte ihr Traumziel Schwarz-Grün zwar verfehlt, aber sie brauchte nur schlicht zu rechnen: Für das Farbenspiel "Jamaika" würde es reichen. Mit Gleichmut versprach Merkel, mit den Koalitionsverhandlungen (wer gebrauchte damals schon das Wort "Sondierungen") und der Regierungsbildung (unter ihrer Ägide, versteht sich) werde es vielleicht bis Weihnachten dauern. Das Volk, der Souverän, durfte sich danach extensiver Vorfreude auf die Weihnachtsbescherung hingeben.
Wir dürfen spekulieren, ob Merkel bereits im September einkalkulierte, dass ihre einheitsgrün gefärbte Strategie an Lindner und Kubicki scheitern könnte. Womöglich hatte die Physikerin das Scheitern eines Experiments bereits mitbedacht. Wie auch immer: Merkel hat das Spiel fest in der Hand. Neuwahlen will keiner, sonst bekäme die AfD ja noch ein paar Prozente mehr und würde in ihrer Oppositionsrolle nur noch stärker. Solange also Neuwahlen ausgeschlossen sind, kann Merkel den Forderungen der SPD für einen neuen "Koalitionsvertrag" mit Gelassenheit entgegensehen. Ermahnt von Steinmeier, wird die SPD ihre staatspolitische Verantwortung übernehmen. Zur Gesichtswahrung bekommt sie außer den gewohnten Ministerposten jetzt vielleicht auch das Finanzministerium und ein paar zusätzliche Staatsekretäre (quotenmäßig).
Darf man die eigene prognostische Begabung loben? Ich schrieb am 26. September:
"Wer sagt uns denn, dass die ´vom Wähler abgewählte´ Große Koalition nach einigen Wochen von Verhandlungen...nicht doch wieder zu einer ´Option´ wird? So oder so, die außerparlamentarische Stimmung im ´Volk´, die Distanz gegenüber der Selbstherrlichkeit der im ordre etabli verankerten ´demokratischen Parteien´ wird anwachsen." Die angekündigte Mißstimmung ist nicht ganz unberechtigt: Die Weihnachtsbescherung wird nach Merkels letzter Ankündigung wohl erst im Januar stattfinden.
Vorher, zur Silversternacht, dürfen die feiernden Bundesbürger aber noch Wetten abschließen. Wieviele Monate, wieviele Jahre bleibt ihnen die ewige Kanzlerin erhalten? Wer bereitet den demokratischen Königsmord vor?
Außerdem wusste Merkel, dass sie im Spiel um Fortsetzung der Kanzlerschaft und Regierungsbildung alle Trümpfe in der Hand hatte, auch wenn noch am Wahlabend der an der Ungerechtigkeit des Schicksals - diesem war soziale Gerechtigkeit offenbar gleichgültig - gescheiterte Martin Schulz mit Entrüstung den Gang in die Opposition ankündigte. Merkel hatte ihr Traumziel Schwarz-Grün zwar verfehlt, aber sie brauchte nur schlicht zu rechnen: Für das Farbenspiel "Jamaika" würde es reichen. Mit Gleichmut versprach Merkel, mit den Koalitionsverhandlungen (wer gebrauchte damals schon das Wort "Sondierungen") und der Regierungsbildung (unter ihrer Ägide, versteht sich) werde es vielleicht bis Weihnachten dauern. Das Volk, der Souverän, durfte sich danach extensiver Vorfreude auf die Weihnachtsbescherung hingeben.
Wir dürfen spekulieren, ob Merkel bereits im September einkalkulierte, dass ihre einheitsgrün gefärbte Strategie an Lindner und Kubicki scheitern könnte. Womöglich hatte die Physikerin das Scheitern eines Experiments bereits mitbedacht. Wie auch immer: Merkel hat das Spiel fest in der Hand. Neuwahlen will keiner, sonst bekäme die AfD ja noch ein paar Prozente mehr und würde in ihrer Oppositionsrolle nur noch stärker. Solange also Neuwahlen ausgeschlossen sind, kann Merkel den Forderungen der SPD für einen neuen "Koalitionsvertrag" mit Gelassenheit entgegensehen. Ermahnt von Steinmeier, wird die SPD ihre staatspolitische Verantwortung übernehmen. Zur Gesichtswahrung bekommt sie außer den gewohnten Ministerposten jetzt vielleicht auch das Finanzministerium und ein paar zusätzliche Staatsekretäre (quotenmäßig).
Darf man die eigene prognostische Begabung loben? Ich schrieb am 26. September:
"Wer sagt uns denn, dass die ´vom Wähler abgewählte´ Große Koalition nach einigen Wochen von Verhandlungen...nicht doch wieder zu einer ´Option´ wird? So oder so, die außerparlamentarische Stimmung im ´Volk´, die Distanz gegenüber der Selbstherrlichkeit der im ordre etabli verankerten ´demokratischen Parteien´ wird anwachsen." Die angekündigte Mißstimmung ist nicht ganz unberechtigt: Die Weihnachtsbescherung wird nach Merkels letzter Ankündigung wohl erst im Januar stattfinden.
Vorher, zur Silversternacht, dürfen die feiernden Bundesbürger aber noch Wetten abschließen. Wieviele Monate, wieviele Jahre bleibt ihnen die ewige Kanzlerin erhalten? Wer bereitet den demokratischen Königsmord vor?
Montag, 20. November 2017
Che im Dschungel, Angela vor Jamaika
I.
Ist es in unserer Mediendemokratie eine
politische Sünde, zum aktuellen Zeitpunkt eine gute Nachricht
verpasst zu haben? Die gute Nachricht vernahm der bis zuletzt an
Standfestigkeit und Taktik Lindners und selbst Kubickis Zweifelnde
erst in den Frühstücksnachrichten, nicht etwa im
Frühstücksfernsehen, Gott bewahre.
II.
Am späten Sonntagabend hatte er sich
noch auf Arte einen hagiographischen Film über den
menschlich-allzumenschlichen Ernesto „Che“ Guevara angesehen –
mit einem leicht sächselnden unbekannten Historiker als
verständnisvollem Kommentator. Dieser wies immerhin hinsichtlich
Ches Massentribunal im Stadion von Havanna gegen einen der Chargen
des Batista-Regimes auf gewisse rechtstaatliche Verfahrensmängel
hin. Sonst war „Che“ nichts als liebevoller Bruder, Sohn und
spontan Liebender, liebevoller Vater und gescheiterter
Menschheitsbeglücker. Die tieferen Motive des Konflikts mit Fidel
blieben unbelichtet. Auch in Afrika wollte Che im Bürgerkrieg im
Kongo anno 1965 nur Gutes. Warum das mit Laurent-Désiré Kabila
(Papa des derzeitigen Demokratie-Lenkers in Kinshasa) nicht so recht klappte, war leider nicht zu erfahren. Stattdessen sah
man Bilder von Ches anschließendem – oder zwischenzeitlichen? -
Liebesurlaub mit (zweiter) Gattin Aleida in einem Hotel in Tansania.
Der mittlerweile längst ergraute jüngere Bruder schilderte Che als
herzlichen Spaßvogel und Kumpel. Nur Gutes über Che wussten
zwischendurch immer wieder zwei seiner Leibwächter zu berichten.
Auch eine alte Dame kam zu Wort.
Leicht gruselig waren nochmal die Bilder vom ausgemergelten, kranken Che mit wildem Haupthaar und wirrem Bart. Dabei legte Che sonst - anders als seine Mitkämpfer in der Sierra Maestre - Wert auf Körperpflege. Der tote Che glich danach wieder dem von zahllosen Jugendkohorten imaginierten, verehrten Messias. Dass es Che um den „neuen
Menschen“ ging, er mit Finanzen, Bilanzen und Realitäten hingegen nicht
viel anzufangen mochte, war schon bekannt. Danach konnte der
Citoyen-Konsument beseligt zu Bette gehen, im Wissen, dass der „neue
Mensch“ auf kapitalistische Weise durch die OECD, durch UNICEF
sowie durch Angela Merkels Flüchtlingspolitik und gründeutsche
Sozialindustrie geschaffen werden soll.
III.
Heute morgen alsdann vernahm man die glückliche
Nachricht von Angelas missglückten Wendemanöver auf
ihrem Segeltörn nach Jamaika, gestartet nach den Wahlen im September. Die Reaktion des noch nicht gänzlich
gründeutsch imprägnierten Wahlvolks brachte Christoph Schwennicke
in „Cicero“ in einem Satz auf den Punkt: „Dieser Montag ist ein
guter Tag für die lebendige Demokratie in Deutschland.“
Ein zusätzlicher Kommentar zum glücklichen
Ereignis erübrigt sich. Was die möglichen – und politisch
sinnvollen – Konsequenzen aus Merkels Schiffbruch betrifft, ist den
Globkult-Lesern (sc. -innen), insbesondere den Sozialdemokraten
und den Noch-Sozi-Affinen, der Blog-Eintrag von Gunter Weißgerber (MdB
1990-2009) zu empfehlen: „Danke FDP! Und wie weiter?“ https://www.weissgerber-freiheit.de/2017/11/20/danke-fdp-und-wie-weiter/
Mittwoch, 15. November 2017
Berlin Police Academy
Der Begriff "Polizeiakademie" war dem Berliner Hauptstadtbürger bis dato noch nicht geläufig. Den peu à peu bekannt werdenden Usancen an der Ausbildungsstätte für angehende Gesetzeshüterinnen und -hüter verdankt er die Information, dass die Berliner Polizeischule nach einer großkoalitionären Reform bereits anno 2016 - offenbar inspiriert von einer die deutschen TV-Dauerkrimis an Beliebtheit übertreffenden US-Serie - mit einem neuen Namen versehen wurde.
Dass schon vor Jahren- noch unter dem alten Etikett - die Ausbildung den wachsenden Bedürfnissen der Bundeshauptstadt angepasst werden musste, indem man die sprachlichen Anforderungen an deutsche Grammatik, Syntax und Rechtschreibung milderte, war nach Lage der Dinge unvermeidlich. Welche(r) Inhaber(in) der mittleren Reife möchte schon gerne seine berufliche Zukunft von den spezifischen Lebensumständen in gewissen Problembezirken abhängig machen? Gar im Außendienst, ob nun tagsüber oder nachts? Wenig ist geblieben vom einstigen Ansehen eines Schutzmannes in Uniform, wenig vom Vertrauen der Bürger (sc. -innen) in ihre Freunde und Helfer. Wer möchte sich im Zeitalter des Smartphones schon gerne mit einer Kollegin auf Doppelstreife begeben, um verängstigte Politessen beim Verteilen von Strafzetteln für Falschparker zu unterstützen? Wer möchte im "Görli" schon gerne mit Dealern und HIV-verdächtigen Süchtigen ins Gehege kommen? Wer möchte sinnlose Protokolle für den n-ten (hier: n = x) Fahrraddiebstahl aufnehmen? Die Zeiten, da man bei Nachtdienst ein paar Betrunkene einsammeln und zur Ausnüchterung auf die Wache mitnehmen musste, sind längst vorüber...
Nichtsdestoweniger steigt insbesondere vor und nach Wahlen in Berlin - wie mutmaßlich in allen deutschen und westeuropäischen Großstädten der Bedarf an einsatzbereiten Jungpolizisten und -innen. Abhilfe für den Notstand soll die Rekrutierung von Nachwuchs aus dem migratorischen Milieu schaffen, nicht zuletzt im Hinblick auf multikulturelle Vielfalt und demokratische Quoten.
Wie es der Zufall oder - weithin begriffsidentisch - der Teufel so will, wurde in diesen Tagen offenbar, dass der akademische Lehrbetrieb an der Berlin Police Academy an gewissen Störungen leidet, welche das von Spätpubertätern an gewöhnlichen Schulen gewohnte Maß überschreitet. Bereits bei der Aufnahme in die Bildungsstätte scheint es gewisse Unschärfen zu geben, wie sie der Bürger/die Bürgerin hauptsächlich aus amerikanischen Mafia-Filmen kennt. Die good cops haben´s da oft mit Kollegen zu tun, die - da ausgestattet mit hinreichendem IQ - von der anderen Seite in den Stand des police officer aufgestiegen sind. Solche familienbedingten Karrieren - genauer: Karriereplanungen der diversen Clans (clan = urspr. gälisch; südital. la famiglia) sollen, so der rechte Rumor, nunmehr auch im Berliner Polizeiwesen möglich sein. Dieser Rumor wird von Seiten des Senats des Inneren naturgemäß vehement zurückgewiesen.
Unwidersprochen bleibt hingegen die auf Smartphone gespeicherte Dokumentation der Erreichung der akademischen Lernziele: Nicht wenige Aspiranten begnügen sich bei der - anscheinend nur mündlichen - Prüfung mit dem Ablesen der Antworten auf die - mutmaßlich nach multiple-choice-Verfahren angelegten - Prüfungsfragen, die durch ein digitales Wunder den externen Coaches der angehenden Gesetzeshüter offenbar bereits zur Verfügung stehen. Dürftig fallen bei diesem Verfahren hingegen die realen mündlichen Prüfungen aus: Die Kandidaten verstehen die Fragen der Prüfer( sc. -innen) weder akustisch noch semantisch.
Was tun? Zum 100jährigen Jubiläum der Oktober-Revolution wüsste da nur Genosse Lenin Rat. Aber wir Bürgerinnen und Bürger können unserer Berliner Regierung vertrauen. Der Senat kümmert sich um die Angelegenheit. Der gute Ruf der Berlin Police Academy bleibt ungefährdet.
Dass schon vor Jahren- noch unter dem alten Etikett - die Ausbildung den wachsenden Bedürfnissen der Bundeshauptstadt angepasst werden musste, indem man die sprachlichen Anforderungen an deutsche Grammatik, Syntax und Rechtschreibung milderte, war nach Lage der Dinge unvermeidlich. Welche(r) Inhaber(in) der mittleren Reife möchte schon gerne seine berufliche Zukunft von den spezifischen Lebensumständen in gewissen Problembezirken abhängig machen? Gar im Außendienst, ob nun tagsüber oder nachts? Wenig ist geblieben vom einstigen Ansehen eines Schutzmannes in Uniform, wenig vom Vertrauen der Bürger (sc. -innen) in ihre Freunde und Helfer. Wer möchte sich im Zeitalter des Smartphones schon gerne mit einer Kollegin auf Doppelstreife begeben, um verängstigte Politessen beim Verteilen von Strafzetteln für Falschparker zu unterstützen? Wer möchte im "Görli" schon gerne mit Dealern und HIV-verdächtigen Süchtigen ins Gehege kommen? Wer möchte sinnlose Protokolle für den n-ten (hier: n = x) Fahrraddiebstahl aufnehmen? Die Zeiten, da man bei Nachtdienst ein paar Betrunkene einsammeln und zur Ausnüchterung auf die Wache mitnehmen musste, sind längst vorüber...
Nichtsdestoweniger steigt insbesondere vor und nach Wahlen in Berlin - wie mutmaßlich in allen deutschen und westeuropäischen Großstädten der Bedarf an einsatzbereiten Jungpolizisten und -innen. Abhilfe für den Notstand soll die Rekrutierung von Nachwuchs aus dem migratorischen Milieu schaffen, nicht zuletzt im Hinblick auf multikulturelle Vielfalt und demokratische Quoten.
Wie es der Zufall oder - weithin begriffsidentisch - der Teufel so will, wurde in diesen Tagen offenbar, dass der akademische Lehrbetrieb an der Berlin Police Academy an gewissen Störungen leidet, welche das von Spätpubertätern an gewöhnlichen Schulen gewohnte Maß überschreitet. Bereits bei der Aufnahme in die Bildungsstätte scheint es gewisse Unschärfen zu geben, wie sie der Bürger/die Bürgerin hauptsächlich aus amerikanischen Mafia-Filmen kennt. Die good cops haben´s da oft mit Kollegen zu tun, die - da ausgestattet mit hinreichendem IQ - von der anderen Seite in den Stand des police officer aufgestiegen sind. Solche familienbedingten Karrieren - genauer: Karriereplanungen der diversen Clans (clan = urspr. gälisch; südital. la famiglia) sollen, so der rechte Rumor, nunmehr auch im Berliner Polizeiwesen möglich sein. Dieser Rumor wird von Seiten des Senats des Inneren naturgemäß vehement zurückgewiesen.
Unwidersprochen bleibt hingegen die auf Smartphone gespeicherte Dokumentation der Erreichung der akademischen Lernziele: Nicht wenige Aspiranten begnügen sich bei der - anscheinend nur mündlichen - Prüfung mit dem Ablesen der Antworten auf die - mutmaßlich nach multiple-choice-Verfahren angelegten - Prüfungsfragen, die durch ein digitales Wunder den externen Coaches der angehenden Gesetzeshüter offenbar bereits zur Verfügung stehen. Dürftig fallen bei diesem Verfahren hingegen die realen mündlichen Prüfungen aus: Die Kandidaten verstehen die Fragen der Prüfer( sc. -innen) weder akustisch noch semantisch.
Was tun? Zum 100jährigen Jubiläum der Oktober-Revolution wüsste da nur Genosse Lenin Rat. Aber wir Bürgerinnen und Bürger können unserer Berliner Regierung vertrauen. Der Senat kümmert sich um die Angelegenheit. Der gute Ruf der Berlin Police Academy bleibt ungefährdet.
Dienstag, 31. Oktober 2017
Transformatio mundi
I.
Noch ein Kommentar zum heutigen Staatsfeiertag, zu einem nahezu defunkten, zum 500jährigen Jubiläum einmalig wiederbelebten dies festus - muss das sein? Ja, es muss sein, es ist die Pflicht eines Bundesbürgers und Kirchensteuerzahlers, dem der Kommentar (auf Globkult und anderswo) - mit oder ohne Luther - zur Gewissenspflicht geworden ist. Den letzten Anstoß zur Kommentierung des heute vollendeten Jubeljahres gab der Besuch eines Kirchenkonzerts zum Reformationstag.
An der Seitenfront der stattlichen, um 1900 in neugotischem Stil errichteten Kirche klärt ein gelbes Schild über einen mächtig aufragenden Baum auf: "Lutherbuche, gepflanzt 1917". Anderswo ist zu lesen, dass man in der Kirchgemeinde - und wohl auch anderswo - "Apfelbäumchen" gepflanzt hat - gemäß Luthers Wort im Hinblick auf die Apokalypse.
Beginn: Punkt 15.17 h. Auf dem Programm steht die Bach-Kantate "Ein feste Burg ist unser Gott" (BWV 80) sowie eine Uraufführung der Kantate "Unser Gott" des Komponisten Frank Schwemmer. Skepsis erregt vor der Lektüre des Programms das beigelegte farbige Beiblatt, beidseitig farbig bedruckt, zwei Kriegsbilder. auf der einen Seite oben Lorbeerkranz mit Schwert, daneben in Fraktur "Ein feste Burg ist unser Gott". Darunter in winterlicher Landschaft Feldgottesdienst ein segnender kreuzloser Prediger mit großem runden Hut - doch nicht etwa katholisch? - vor andächtig stehenden Soldaten, dazu ein paar sitzende und ein knieender.
Auf der Rückseite (oder Vorderseite, je nachdem) dieselbe Aufschrift in Jugendstillettern, dazu drei Strophen des Luthertextes unter Verzicht auf die vierte ("Das Wort sie sollen lassen stahn") über dem Feldprediger - mit Kreuz auf der Brust und zum Schwur erhobener Hand - und am Oberarm offenbar eine Rotkreuz-Binde? - im Kreise feldgrauer Soldaten mit Pickelhaube, barhäuptig oder mit Feldmütze. Auch einer mit roten Hosen und prächtigem Helm (Husar) ist dabei. Die Botschaft ist klar: Missbrauch der guten Luther-Botschaft für kriegerische - und deutsche - Zwecke. Als interpretatorische Anleitung steht unter dem Bild eine weitere "feste-Burg"-Strophe von dem leider unbekannten Dichter Ernst Lausch (1836-1888): "/.../Erfülle uns mit Muth,/Daß wir für Ehr´und Gut/ siegreich im Felde streiten/".
An der Darbietung der alten und der neuen Kantate ist nichts auszusetzen. Orchester, Chor, Solistinnen und Solisten - makellos. In Ausdruck und Klang so gar nicht "modern", und darum - außer wie üblich der Wortlaut des ursprünglich Luthers Lied inspirierenden 46. Psalms - immerhin verständlich. Der Komponist hat den Psalm-Text in sechs EU-Sprachen ins Programm gedruckt - auch hier ist die Botschaft klar: "Unser Gott" ist europäisch-universal, nicht deutschnational. Spätestens bei den spanischen Psalmversen regt sich Zweifel: Ist der "Senor Todopoderoso" (der Allmächtige) semantisch völlig identisch mit dem Herrn Zebaoth (dt. Wiedergabe des hebr. Wortes für den Herrn der himmlischen Heerscharen)? Mehr noch: Wie wäre es angesichts der - noch immerhin unblutigen - Konfliktlage zwischen Madrid und Barcelona mit einer zusätzlichen Version auf katalanisch? Slawische Sprachen, erst recht Russisch, fehlen gänzlich.
Auf einer Innenseite des Programmblattes tut der Komponist seine Gedanken zu seiner Kantate kund. Luthers Possessivpronomen "Unser" sei geeignet, den "Gottesbegriff für Fehlinterpretation und Missbrauch zu öffnen." Die Kollektivaneignung "Unser Gott" erschwere "dem Individuum den Aufbau einer persönlichen Beziehung". Zugleich solle die Kantate "zu einer Art globale Ökumene" anregen (unter anderem durch den Gebrauch vielfältigster Sprachen), die die Abrahamitische (sic) Ökumene der monotheistischen Großreligionen überschreitet." Der Islamrat sowie Ditib werden solche Sätze nicht gerne lesen. Vielleicht hat der Autor in seiner "spirituellen, pazifistischen Sichtweise auf ´unser aller Gott´" auch an den Dalai Lama gedacht. Jedenfalls ging´s ihm mit seiner Komposition (und den "vielfältigsten Sprachen") darum, das einstige "nationale Kampflied" - immerhin griffen "nicht nur deutsche Komponisten dieses Lied auf, um auch DAS DEUTSCHE zu markieren" - in gemäßigter Form zu exorzieren.
II.
Vom Konkreten zum Allgemeinen: Das mit großem Aufwand begangene Reformationsjubiläum brachte nur bescheidenen Ertrag. Trotz zahlreicher Veranstaltungen - angefangen von Margot Käßmanns mit CO2-Rabatt unternommenem Flug zur Datumsgrenze zu Jahresbeginn bis zu den großen Festgottesdiensten am heutigen 31. Oktober - gelang es nicht, der säkularisierten, zusehends religiös indifferenten deutschen Gesellschaft ein überzeugendes Bild von der historischen - und religiösen - Bedeutung des "Thesenanschlags" - falsch: der Reformation in ihrem weitgefächerten Kontext (König Heinrich VIII. geriet m.W. nicht ins Blickfeld) - zu vermitteln. Stattdessen rückten die negativen Aspekte des vom "deutschen Mann Luther" vollbrachten Werkes in den Vordergrund: Kirchenspaltung, hassvolle Pamphlete gegen die Juden, Eröffnung des Zeitalters der Konfessionskriege.
Zuletzt rief Thomas Schmid, ehemaliger Chefredakteur der "Welt", in studentischen Jugendjahren Mitkämpfer im "neulinken" Frankfurter Revolutionszirkus von Joschka Fischer, wieder den versöhnlichen Humanisten Erasmus gegen den intransigenten Egozentriker Luther, sächsischer Provinzler inmitten aufblühender Renaissance, auf den Plan: Was wäre Europa, der Welt nicht alles erspart geblieben! Historisch und politisch gut gemeint, gewiss, leider ahistorisch.
Die bedrängenden Grundprobleme blieben in all dem Festgetriebe weithin ausgeblendet: Das Verhältnis des Christentums - nicht zuletzt des säkularisierten postchristlichen Europa - zum von Generation zu Generation anwachsenden Islam, die trotz aller "abrahamitischen" Einheitsbeschwörungen grundverschiedene Symbolik von Kreuz und Schwert. Zum anderen geht es um die Rolle des halb oder - etwa in Bezug auf die Trinitätslehre, im Hinblick auf Kant, Schleiermacher, Hegel und Troeltsch - zu mehr als zwei Drittel - säkularisierten Protestantismus zur gründeutschen Zivilreligion.
Postscriptum: In Bremen wurde gestern eine Kirche von unbekannter Hand völlig verwüstet. Schmierereien an Kirchen ("Grafitti") gehören in Deutschland längst zum Alltag. Der Verkauf von ungenutzten Kirchen gehört zur kirchlichen Praxis.
Noch ein Kommentar zum heutigen Staatsfeiertag, zu einem nahezu defunkten, zum 500jährigen Jubiläum einmalig wiederbelebten dies festus - muss das sein? Ja, es muss sein, es ist die Pflicht eines Bundesbürgers und Kirchensteuerzahlers, dem der Kommentar (auf Globkult und anderswo) - mit oder ohne Luther - zur Gewissenspflicht geworden ist. Den letzten Anstoß zur Kommentierung des heute vollendeten Jubeljahres gab der Besuch eines Kirchenkonzerts zum Reformationstag.
An der Seitenfront der stattlichen, um 1900 in neugotischem Stil errichteten Kirche klärt ein gelbes Schild über einen mächtig aufragenden Baum auf: "Lutherbuche, gepflanzt 1917". Anderswo ist zu lesen, dass man in der Kirchgemeinde - und wohl auch anderswo - "Apfelbäumchen" gepflanzt hat - gemäß Luthers Wort im Hinblick auf die Apokalypse.
Beginn: Punkt 15.17 h. Auf dem Programm steht die Bach-Kantate "Ein feste Burg ist unser Gott" (BWV 80) sowie eine Uraufführung der Kantate "Unser Gott" des Komponisten Frank Schwemmer. Skepsis erregt vor der Lektüre des Programms das beigelegte farbige Beiblatt, beidseitig farbig bedruckt, zwei Kriegsbilder. auf der einen Seite oben Lorbeerkranz mit Schwert, daneben in Fraktur "Ein feste Burg ist unser Gott". Darunter in winterlicher Landschaft Feldgottesdienst ein segnender kreuzloser Prediger mit großem runden Hut - doch nicht etwa katholisch? - vor andächtig stehenden Soldaten, dazu ein paar sitzende und ein knieender.
Auf der Rückseite (oder Vorderseite, je nachdem) dieselbe Aufschrift in Jugendstillettern, dazu drei Strophen des Luthertextes unter Verzicht auf die vierte ("Das Wort sie sollen lassen stahn") über dem Feldprediger - mit Kreuz auf der Brust und zum Schwur erhobener Hand - und am Oberarm offenbar eine Rotkreuz-Binde? - im Kreise feldgrauer Soldaten mit Pickelhaube, barhäuptig oder mit Feldmütze. Auch einer mit roten Hosen und prächtigem Helm (Husar) ist dabei. Die Botschaft ist klar: Missbrauch der guten Luther-Botschaft für kriegerische - und deutsche - Zwecke. Als interpretatorische Anleitung steht unter dem Bild eine weitere "feste-Burg"-Strophe von dem leider unbekannten Dichter Ernst Lausch (1836-1888): "/.../Erfülle uns mit Muth,/Daß wir für Ehr´und Gut/ siegreich im Felde streiten/".
An der Darbietung der alten und der neuen Kantate ist nichts auszusetzen. Orchester, Chor, Solistinnen und Solisten - makellos. In Ausdruck und Klang so gar nicht "modern", und darum - außer wie üblich der Wortlaut des ursprünglich Luthers Lied inspirierenden 46. Psalms - immerhin verständlich. Der Komponist hat den Psalm-Text in sechs EU-Sprachen ins Programm gedruckt - auch hier ist die Botschaft klar: "Unser Gott" ist europäisch-universal, nicht deutschnational. Spätestens bei den spanischen Psalmversen regt sich Zweifel: Ist der "Senor Todopoderoso" (der Allmächtige) semantisch völlig identisch mit dem Herrn Zebaoth (dt. Wiedergabe des hebr. Wortes für den Herrn der himmlischen Heerscharen)? Mehr noch: Wie wäre es angesichts der - noch immerhin unblutigen - Konfliktlage zwischen Madrid und Barcelona mit einer zusätzlichen Version auf katalanisch? Slawische Sprachen, erst recht Russisch, fehlen gänzlich.
Auf einer Innenseite des Programmblattes tut der Komponist seine Gedanken zu seiner Kantate kund. Luthers Possessivpronomen "Unser" sei geeignet, den "Gottesbegriff für Fehlinterpretation und Missbrauch zu öffnen." Die Kollektivaneignung "Unser Gott" erschwere "dem Individuum den Aufbau einer persönlichen Beziehung". Zugleich solle die Kantate "zu einer Art globale Ökumene" anregen (unter anderem durch den Gebrauch vielfältigster Sprachen), die die Abrahamitische (sic) Ökumene der monotheistischen Großreligionen überschreitet." Der Islamrat sowie Ditib werden solche Sätze nicht gerne lesen. Vielleicht hat der Autor in seiner "spirituellen, pazifistischen Sichtweise auf ´unser aller Gott´" auch an den Dalai Lama gedacht. Jedenfalls ging´s ihm mit seiner Komposition (und den "vielfältigsten Sprachen") darum, das einstige "nationale Kampflied" - immerhin griffen "nicht nur deutsche Komponisten dieses Lied auf, um auch DAS DEUTSCHE zu markieren" - in gemäßigter Form zu exorzieren.
II.
Vom Konkreten zum Allgemeinen: Das mit großem Aufwand begangene Reformationsjubiläum brachte nur bescheidenen Ertrag. Trotz zahlreicher Veranstaltungen - angefangen von Margot Käßmanns mit CO2-Rabatt unternommenem Flug zur Datumsgrenze zu Jahresbeginn bis zu den großen Festgottesdiensten am heutigen 31. Oktober - gelang es nicht, der säkularisierten, zusehends religiös indifferenten deutschen Gesellschaft ein überzeugendes Bild von der historischen - und religiösen - Bedeutung des "Thesenanschlags" - falsch: der Reformation in ihrem weitgefächerten Kontext (König Heinrich VIII. geriet m.W. nicht ins Blickfeld) - zu vermitteln. Stattdessen rückten die negativen Aspekte des vom "deutschen Mann Luther" vollbrachten Werkes in den Vordergrund: Kirchenspaltung, hassvolle Pamphlete gegen die Juden, Eröffnung des Zeitalters der Konfessionskriege.
Zuletzt rief Thomas Schmid, ehemaliger Chefredakteur der "Welt", in studentischen Jugendjahren Mitkämpfer im "neulinken" Frankfurter Revolutionszirkus von Joschka Fischer, wieder den versöhnlichen Humanisten Erasmus gegen den intransigenten Egozentriker Luther, sächsischer Provinzler inmitten aufblühender Renaissance, auf den Plan: Was wäre Europa, der Welt nicht alles erspart geblieben! Historisch und politisch gut gemeint, gewiss, leider ahistorisch.
Die bedrängenden Grundprobleme blieben in all dem Festgetriebe weithin ausgeblendet: Das Verhältnis des Christentums - nicht zuletzt des säkularisierten postchristlichen Europa - zum von Generation zu Generation anwachsenden Islam, die trotz aller "abrahamitischen" Einheitsbeschwörungen grundverschiedene Symbolik von Kreuz und Schwert. Zum anderen geht es um die Rolle des halb oder - etwa in Bezug auf die Trinitätslehre, im Hinblick auf Kant, Schleiermacher, Hegel und Troeltsch - zu mehr als zwei Drittel - säkularisierten Protestantismus zur gründeutschen Zivilreligion.
Postscriptum: In Bremen wurde gestern eine Kirche von unbekannter Hand völlig verwüstet. Schmierereien an Kirchen ("Grafitti") gehören in Deutschland längst zum Alltag. Der Verkauf von ungenutzten Kirchen gehört zur kirchlichen Praxis.
Samstag, 28. Oktober 2017
Zur Lage: Catalunya, Alemania
I.
Im griechischen Restaurant (also nicht am allnazi-verdächtigen deutschen Stammtisch, dem einzigen Ort, wo außerhalb des Internet überhaupt noch freier Meinungsaustausch in diesem unserem Lande stattfindet), kam ein paar Wochen - vor dem gestrigen Eklat in Barcelona und in Madrid - die Rede auf die Lage in Spanien nach dem Referendum in Katalonien am 1. Oktober. Ein alter Bekannter in der Runde, einst als antikommunistischer Sozialdemokrat in Berlin (vor und nach dem Mauerbau) sozialisiert, kinderlos, ausgestattet mit guter Rente, hatte sich vor den Septemberwahlen - wegen "der Mieten und der Renten" als Wähler der Linkspartei bekannt ("geoutet"). Jetzt bekundete er seine Abneigung gegen den "Nationalismus" der Katalanen.
Die Geschichte Spaniens wie - mit Ausnahme der filmreich bekannten Nazi-Schreckensgeschichte sowie der einst verabscheuten Mauer - die Geschichte allgemein gehört nicht zu seinen Interessengebieten. Selbst die bei "Linken" zu erwartende historische Leidenschaft für den Spanischen Bürgerkrieg ist bei dem Bekannten nicht anzutreffen. Da kein Fußballfan, sind ihm die demonstrativen Aktionen - Aufstehen und Fahnenschwenken - um Punkt 17.14 h der katalanischen "Massen" im Barca-Stadion fremd geblieben. Wenn er, reisefreudig in Europa weit herumgekommen, auch bereits einmal in Barcelona war, so sagt ihm der Straßenname Lluis Campanys - die Straße, über die gestern abend die jubelnden Massen strömten - nichts.
Von Deutschland - der geschichtslosen, geschichtsfixierten, gründeutschen Bundesrepublik - ist im Hinblick auf die verfahrene Lage auf der iberischen Halbinsel insofern zu reden, als "die Deutschen", genauer: ihre classe dirigente - naturgemäß dank geschichtlicher Erfahrung - jeglichem Nationalismus abgeneigt ist. Man - stellvertretend genannt seien Protagonisten wie Elmar Brok, Karin Göring-Eckardt, Martin Schulz, Günther Oettinger, irgendwie auch Angela Merkel - man ist "bekennender" Europäer. Wie der Chefkommissar Jean-Claude Juncker. Wie Jean Asselborn. Wie Guy Verhofstadt. Wie Frans Timmermans. Wie alle, die sich außer dem zuletzt 2007 (Lissabon) ) vertraglich fixierten Zustand Europas nichts anderes vorstellen können - ein Zustand, den einige davon gerne in Richtung Bundesstaat bewegen möchten. Womöglich sehen sie dieses Ziel mit dem ehedem für unmöglich erachteten, nunmehr unausweichlichen Brexit sogar näher gerückt.
"Nationalismus" - eine negativ aufgeladene Chiffre für historisch begründete Identitäten, für deren politisch akute Virulenz. Die reale Existenz von Nationen ist auch nach ihrer "Dekonstruktion" durch Benedict Anderson als "imaginary communities" nicht aus der Welt zu schaffen. Diejenigen Katalanen - eine exakte Anzahl der "Patrioten"/"Nationalisten" unter den 7 Millionen Einwohner wäre durch ein "freies", von Madrid und der Guardia Civil unbehindertes Referendum zu ermitteln gewesen -, welche die gestrige Unabhängigkeitserklärung feiern, weisen den Verdacht, einer teils antiquierten, teils gefährlichen Phantasie nachzujagen, zurück. Sie tun dies unter Bezug auf ihre Geschichte als Freiheitswahrer gegen kastilischen Hochmut, gegen bourbonische Machtanmaßung - und gegen Franco. Sie betonen ihre "Weltoffenheit" und ihre Liebe zu Europa. Eine Liebe, die in Brüssel, Berlin, Paris und anderswo keine Gegenliebe findet.
Aus der deutschen Lage heraus den Katalanen Ratschläge, gar Maßregeln zu erteilen, erscheint überheblich, schulmeisterlich. Ein Schlaumeier machte den nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag, Katalonien solle sich nach dem Vorbild der DDR (Beitritt zur Bundesrepublik nach Art. 23 GG anno 1990) einfach an das Fürstentum Andorra - immerhin keine Republik - anschließen, womit ihm der ganze Ärger mit der EU erspart bliebe. Auch Macron als Co-Staatspräsident des Zwergstaates könne sich diesem "Anschluss" schwer verschließen...
Uns - uns allen - bleibt die Hoffnung auf den Sieg der Vernunft - auf beiden Seiten. Dass Madrid auf dem Buchstaben der Verfassung beharrt und die staatliche Souveränität - notfalls mit Gewalt ? - durchzusetzen gedenkt, erscheint nicht nur als staatstheoretisch interessante Frage. Es ist faszinierender politischer Anschauungsunterricht, knapp achtzig Jahre nach dem Ende der zweiten Spanischen Republik.
II.
Dass wir in Merkels Republik längst nicht mehr auf einer Insel der Seligen - der Wohlhabenden, der multikulturell Bereicherten und der lupenreinen Demokraten - leben, ist nicht erst seit dem Einzug der AfD im Bundestag manifest geworden. Wer von den - nach Merkels Belieben auch auf Monate auszudehnenden - Verhandlungen auf ein glückliches "Jamaika" in grüner Idylle hofft, könnte noch enttäuscht werden.
Für den kritischen, engagierten, demokratisch besorgten usw. Bürger bleibt zu hoffen, dass uns das grüne Merkel-Paradies - durch ein Platzen der Verhandlungen - erspart bleibt. Vielleicht kommt´s am Ende gar zu Neuwahlen, wie soeben vom gescheiterten Merkel-Herausforderer Schulz verlangt. Spekulationen über den Fortgang der Dinge - gar über Neuwahlen - sind erlaubt, vorerst leider müßig.
Im griechischen Restaurant (also nicht am allnazi-verdächtigen deutschen Stammtisch, dem einzigen Ort, wo außerhalb des Internet überhaupt noch freier Meinungsaustausch in diesem unserem Lande stattfindet), kam ein paar Wochen - vor dem gestrigen Eklat in Barcelona und in Madrid - die Rede auf die Lage in Spanien nach dem Referendum in Katalonien am 1. Oktober. Ein alter Bekannter in der Runde, einst als antikommunistischer Sozialdemokrat in Berlin (vor und nach dem Mauerbau) sozialisiert, kinderlos, ausgestattet mit guter Rente, hatte sich vor den Septemberwahlen - wegen "der Mieten und der Renten" als Wähler der Linkspartei bekannt ("geoutet"). Jetzt bekundete er seine Abneigung gegen den "Nationalismus" der Katalanen.
Die Geschichte Spaniens wie - mit Ausnahme der filmreich bekannten Nazi-Schreckensgeschichte sowie der einst verabscheuten Mauer - die Geschichte allgemein gehört nicht zu seinen Interessengebieten. Selbst die bei "Linken" zu erwartende historische Leidenschaft für den Spanischen Bürgerkrieg ist bei dem Bekannten nicht anzutreffen. Da kein Fußballfan, sind ihm die demonstrativen Aktionen - Aufstehen und Fahnenschwenken - um Punkt 17.14 h der katalanischen "Massen" im Barca-Stadion fremd geblieben. Wenn er, reisefreudig in Europa weit herumgekommen, auch bereits einmal in Barcelona war, so sagt ihm der Straßenname Lluis Campanys - die Straße, über die gestern abend die jubelnden Massen strömten - nichts.
Von Deutschland - der geschichtslosen, geschichtsfixierten, gründeutschen Bundesrepublik - ist im Hinblick auf die verfahrene Lage auf der iberischen Halbinsel insofern zu reden, als "die Deutschen", genauer: ihre classe dirigente - naturgemäß dank geschichtlicher Erfahrung - jeglichem Nationalismus abgeneigt ist. Man - stellvertretend genannt seien Protagonisten wie Elmar Brok, Karin Göring-Eckardt, Martin Schulz, Günther Oettinger, irgendwie auch Angela Merkel - man ist "bekennender" Europäer. Wie der Chefkommissar Jean-Claude Juncker. Wie Jean Asselborn. Wie Guy Verhofstadt. Wie Frans Timmermans. Wie alle, die sich außer dem zuletzt 2007 (Lissabon) ) vertraglich fixierten Zustand Europas nichts anderes vorstellen können - ein Zustand, den einige davon gerne in Richtung Bundesstaat bewegen möchten. Womöglich sehen sie dieses Ziel mit dem ehedem für unmöglich erachteten, nunmehr unausweichlichen Brexit sogar näher gerückt.
"Nationalismus" - eine negativ aufgeladene Chiffre für historisch begründete Identitäten, für deren politisch akute Virulenz. Die reale Existenz von Nationen ist auch nach ihrer "Dekonstruktion" durch Benedict Anderson als "imaginary communities" nicht aus der Welt zu schaffen. Diejenigen Katalanen - eine exakte Anzahl der "Patrioten"/"Nationalisten" unter den 7 Millionen Einwohner wäre durch ein "freies", von Madrid und der Guardia Civil unbehindertes Referendum zu ermitteln gewesen -, welche die gestrige Unabhängigkeitserklärung feiern, weisen den Verdacht, einer teils antiquierten, teils gefährlichen Phantasie nachzujagen, zurück. Sie tun dies unter Bezug auf ihre Geschichte als Freiheitswahrer gegen kastilischen Hochmut, gegen bourbonische Machtanmaßung - und gegen Franco. Sie betonen ihre "Weltoffenheit" und ihre Liebe zu Europa. Eine Liebe, die in Brüssel, Berlin, Paris und anderswo keine Gegenliebe findet.
Aus der deutschen Lage heraus den Katalanen Ratschläge, gar Maßregeln zu erteilen, erscheint überheblich, schulmeisterlich. Ein Schlaumeier machte den nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag, Katalonien solle sich nach dem Vorbild der DDR (Beitritt zur Bundesrepublik nach Art. 23 GG anno 1990) einfach an das Fürstentum Andorra - immerhin keine Republik - anschließen, womit ihm der ganze Ärger mit der EU erspart bliebe. Auch Macron als Co-Staatspräsident des Zwergstaates könne sich diesem "Anschluss" schwer verschließen...
Uns - uns allen - bleibt die Hoffnung auf den Sieg der Vernunft - auf beiden Seiten. Dass Madrid auf dem Buchstaben der Verfassung beharrt und die staatliche Souveränität - notfalls mit Gewalt ? - durchzusetzen gedenkt, erscheint nicht nur als staatstheoretisch interessante Frage. Es ist faszinierender politischer Anschauungsunterricht, knapp achtzig Jahre nach dem Ende der zweiten Spanischen Republik.
II.
Dass wir in Merkels Republik längst nicht mehr auf einer Insel der Seligen - der Wohlhabenden, der multikulturell Bereicherten und der lupenreinen Demokraten - leben, ist nicht erst seit dem Einzug der AfD im Bundestag manifest geworden. Wer von den - nach Merkels Belieben auch auf Monate auszudehnenden - Verhandlungen auf ein glückliches "Jamaika" in grüner Idylle hofft, könnte noch enttäuscht werden.
Für den kritischen, engagierten, demokratisch besorgten usw. Bürger bleibt zu hoffen, dass uns das grüne Merkel-Paradies - durch ein Platzen der Verhandlungen - erspart bleibt. Vielleicht kommt´s am Ende gar zu Neuwahlen, wie soeben vom gescheiterten Merkel-Herausforderer Schulz verlangt. Spekulationen über den Fortgang der Dinge - gar über Neuwahlen - sind erlaubt, vorerst leider müßig.
Mittwoch, 18. Oktober 2017
Freiheitschancen dank Internet (e.g. Achse des Guten)
I. Die Aura des Sakralen und die Abwehr des Populismus
In den herrschenden Diskursen umschließt den Begriff „Demokratie“ die Aura des Sakralen. Er scheint unantastbar, nicht zufällig an dem Punkt, wo es um die Definition des edlen Wortes sowie die darin angelegte semantische Dissonanz – um die Bestimmung des Verhältnisses von dêmos und krátos, von „Volk“ und „Macht“ und/oder „Herrschaft“ - geht. Zum einen wird (wie zuletzt in einem Aufsatz des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert: „Wer sind wir?“, der im Grundgesetz noch als selbstverständlich zugrundelegte Begriff des „Deutschen Volkes“ (Kapitelchen in der Präambel des Grundgesetzes) in seiner historisch-kulturellen Gegebenheit sowie in seiner auf den Nationalstaat bezogenen Begrenzung relativiert, zum anderen werden die aus dem Begriff der Volkssouveränität und dessen Institutionalisierung erwachsenen Widersprüche juristisch und politisch-philosophisch kunstvoll eskamotiert. Wer wagte heute noch zu spotten wie dereinst Kurt Tucholsky über Art. 1 der Weimarer Verfassung: „Alle Macht geht vom Volk aus. Aber wo geht sie hin?“
Die parlamentarische Demokratie in ihren bestehenden Formen (Gewaltentrennung, Wahlsystem inklusive Fünf-Prozent-Klausel, Parteiengesetz) ist „alternativlos“. Dass in Art. 20 (2,2) GG die Übertragung der „vom Volke“ ausgehenden Staatsgewalt – dem Buchstaben nach offenbar auch auf Bundesebene - außer Wahlen auch „Abstimmungen“, id est Plebiszite, vorgesehen sind, wird gemeinhin ignoriert. Mehr noch, es geht um die Abwehr des „Populismus“, der, gefährliches Störelement der etablierten Ordnung, mit derlei vulgärdemokratischen Vorstellungen das Repräsentationsprinzip zu unterhöhlen drohe. Nicht zufällig gehören die „Grünen“, ehedem unter dem Kampfbegriff „Basisdemokratie“ in die Arena getreten, heute zu den entschlossensten Kämpfern gegen das Gespenst des Populismus.
Ironie der Geschichte: Mit „We the people“ proklamiert die Präambel der amerikanischen Verfassung das Subjekt des Gründungsaktes. Als sich etwa 100 Jahre später (1892-96) die agrarische Protestbewegung im Süden und Mittelwesten unter dem Namen „The People´s Party“ formierte, wurde der „Populismus“ geboren – laut US Wikipedia in ihrer politischen Ausrichtung „left-wing“. Der Ehrentitel kam den lange als demokratische Reformbewegung behandelten „Populists“ in den 1950er Jahren abhanden, als Historiker wie Richard Hofstadter auf die weniger liebenswerten Züge der Agrarrevolte verwiesen. Seither gilt in der etablierten Politik, assistiert von Politikwissenschaftlern, Populismus als anrüchig, verdächtig. Nicht das jederzeit verführbare „Volk“ ist zu objektiver und konstruktiver Kritik des demokratischen ordre établi und seiner politischen Praxis berufen, sondern die freie Presse, die kritischen Medien, die „vierte Gewalt“. Als demokratische Leitbilder fungieren bis heute die Bob Woodward und Carl Bernstein, die als Reporter für die Washington Post anno 1972 den Watergate-Skandal aufdeckten.
II. Die politisch-mediale Klasse ist mit einem neuen Phänomen konfrontiert
Die neuen Medien, die Internet-Zeitschriften und Portale, erst recht die dank Facebook,Twitter, youtube etc. expandierenden „social media“ - der Plural erscheint im amerikanischen Englisch meist im Singular – waren in dem politischen System, wie es noch vor 10-15 Jahren bestand, nicht vorgesehen. Seither untergraben sie nicht nur die materielle Basis der Presseerzeugnisse – was die Verlage genötigt hat, sich auf online-Zeitungen umzustellen -, sie stellen nicht nur die Autorität und das Quasi-Monopol der etablierten Medien ( Presse, TV, Rundfunk) in Frage, sondern sie konfrontieren die real existierende politisch-mediale Klasse mit einem neuen Phänomen: der in den Raum des Politischen permanent hineinwirkenden Kritik „von unten“, der Artikulation des „Volkes“, der Selbstorganisation von Gruppen als politischer Willensträger, die sich im bestehenden System nicht – nicht mehr - vertreten sehen.
Der Wirkkraft der „social media“ verdankt ein Donald Trump seine Wahl zum Präsidenten der USA. Vereinfacht gesprochen, gelang ihm über youtube die Mobilisierung der „Massen“ des amerikanischen heartland gegen die vom liberal establishment gelenkte Massendemokratie. Entsprechend empört reagieren von Tag zu Tag die von Trump gedemütigten Journalisten der New York Times oder bei CNN. Das gesamte linksliberale Europa empört sich gleichlautend, jeder Satz des antiintellektuell auftretenden, ob seiner Vulgarität – die einem Bill Clinton nicht zum Schaden gereichte - berüchtigten Trump wird zum Gegenstand des Hohns und der moralischen Entrüstung.
Trump war im amerikanischen System nicht vorgesehen. Der Brexit war weder in London noch in Brüssel vorgesehen. Ähnlich wäre der Durchbruch der AfD – unbeschadet von Prozentschwankungen in den Umfragen – als neue, das Parteiensystem der Bundesrepublik herausfordernde „rechte“ Kraft ohne die neuen Medien kaum denkbar gewesen.
Das „Volk“ - versammelt um eine Anzahl von rhetorisch, intellektuell und medial gewieften Führungsfiguren – formierte sich gegen die „alternativlose“, oppositionsfreie, größtkoalitionäre Politik der Kanzlerin Merkel. Insofern die AfD Widerspruch zu fragwürdigen – gemäß Gutachten des Staatsrechtlers Udo di Fabio mit der Verfassung unvereinbaren - Entscheidungen und Strategien der politischen Eliten, unterstützt von der „Zivilgesellschaft“, genauer: von Aktivisten und pressure groups, zum Vorschein brachte, verfügt sie – aller Empörung der „demokratischen Parteien“ zum Trotz - über demokratische Legitimation. Die Reden eines Björn Höcke oder das Gebaren anderer AfD-Chargen stehen auf einem anderen Blatt. Auch derlei Manifestationen würden ohne Verbreitung durch „social media“ weniger Beachtung finden.
III. Die neuen Medien und die Chancen auf Teilhabe
Verstehen wir unter „demokratisch“ den Anspruch auf geistige Autonomie, auf Information, auf Meinungsfreiheit, auf Kritik und Kontrolle der Eliten, last but not least auf Partizipation im politischen Prozess, so erweisen sich die neuen Medien als demokratische Segnungen. Aus Internetzeitschriften beziehen wir sonst schwer zugängliche – oder schlicht ungedruckte, womöglich gar oder unterdrückte Informationen. Wie anders als über die „social media“ bekämen wir ein komplexeres, objektiveres Bild vom Bürgerkrieg in Syrien, von den realen Zuständen in Aleppo, von der peinlichen Farce hinter dem Dresdner Kunstwerk deutschen Schuldgedenkens? Ausschließlich aus den neuen Medien erfahren wir derzeit etwas darüber, dass sich – eine Reprise der wochenlangen Unruhen in den Banlieues 2005 - seit mehr mehr als zwei Wochen in Paris und anderswo bürgerkriegsähnliche Szenen abspielen, die das politisch korrekte Bild der durch Einwanderung kulturell bereicherten Gesellschaft widerlegen. Wo hören, wo lesen wir etwas über den fortbestehenden Ausnahmezustand (état d´urgence) in den Städten des Nachbarlandes?
Unübersehbar sind die Schattenseiten der neuen Medien. Als User von Facebook stößt man auf Pöbeleien, die an Vulgarität, Dummheit, Gemeinheit, Aggressivität schwer zu übertreffen sind. Unverzüglich ertönte daher die Forderung nach Zensur (am besten nach chinesischem Vorbild), und Mark Zuckerberg zeigte bei Angela Merkel volles Verständnis. Schon werden Autoren für Beiträge gesperrt, über deren Anrüchigkeit die „Freunde“ sich kein Urteil bilden können.
Zuletzt: Wer glaubt, die neuen Medien eröffneten den neuen Königsweg zur direkten Demokratie, befindet sich auf dem Holzweg. Auch für den mit einer eigenen Website operierenden Einzelkämpfer besteht als Blogger nur eine geringe Chance, im digitalen Labyrinth gesehen, gehört und anerkannt zu werden. Um Beachtung zu finden bedarf es der Vernetzung, für den Zugang zu einer Internetzeitschrift – wie beispielsweise bei meiner bevorzugten Plattform „Globkult“ - bedarf es der Kooperation von Mitstreitern und das gilt auch für Portale wie „Die Achse des Guten“. Gleichwohl sind die Chancen auf Teilhabe an der politischen Meinungsbildung ungleich größer als im vordigitalen Zeitalter. Über die neuen Medien wird die vom herrschenden Diskurs gespannte Schweigespirale durchbrochen. Und so bedanke ich mich für den Kreis der demokratischen Abweichler, die sich um die „Achse des Guten“ versammeln. Im Rahmen der von sich selbst legitimierenden Eliten dominierten Massendemokratie fungiert die „Achse“ als Agora für freie Bürger.
P.S. Der obige Aufsatz erschien am 27.02.2017 auf der Achse des Guten. Da er eine unverminderte Aktualität beanspruchen kann, präsentiere ich ihn hier noch einmal auf meinem Blog.
In den herrschenden Diskursen umschließt den Begriff „Demokratie“ die Aura des Sakralen. Er scheint unantastbar, nicht zufällig an dem Punkt, wo es um die Definition des edlen Wortes sowie die darin angelegte semantische Dissonanz – um die Bestimmung des Verhältnisses von dêmos und krátos, von „Volk“ und „Macht“ und/oder „Herrschaft“ - geht. Zum einen wird (wie zuletzt in einem Aufsatz des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert: „Wer sind wir?“, der im Grundgesetz noch als selbstverständlich zugrundelegte Begriff des „Deutschen Volkes“ (Kapitelchen in der Präambel des Grundgesetzes) in seiner historisch-kulturellen Gegebenheit sowie in seiner auf den Nationalstaat bezogenen Begrenzung relativiert, zum anderen werden die aus dem Begriff der Volkssouveränität und dessen Institutionalisierung erwachsenen Widersprüche juristisch und politisch-philosophisch kunstvoll eskamotiert. Wer wagte heute noch zu spotten wie dereinst Kurt Tucholsky über Art. 1 der Weimarer Verfassung: „Alle Macht geht vom Volk aus. Aber wo geht sie hin?“
Die parlamentarische Demokratie in ihren bestehenden Formen (Gewaltentrennung, Wahlsystem inklusive Fünf-Prozent-Klausel, Parteiengesetz) ist „alternativlos“. Dass in Art. 20 (2,2) GG die Übertragung der „vom Volke“ ausgehenden Staatsgewalt – dem Buchstaben nach offenbar auch auf Bundesebene - außer Wahlen auch „Abstimmungen“, id est Plebiszite, vorgesehen sind, wird gemeinhin ignoriert. Mehr noch, es geht um die Abwehr des „Populismus“, der, gefährliches Störelement der etablierten Ordnung, mit derlei vulgärdemokratischen Vorstellungen das Repräsentationsprinzip zu unterhöhlen drohe. Nicht zufällig gehören die „Grünen“, ehedem unter dem Kampfbegriff „Basisdemokratie“ in die Arena getreten, heute zu den entschlossensten Kämpfern gegen das Gespenst des Populismus.
Ironie der Geschichte: Mit „We the people“ proklamiert die Präambel der amerikanischen Verfassung das Subjekt des Gründungsaktes. Als sich etwa 100 Jahre später (1892-96) die agrarische Protestbewegung im Süden und Mittelwesten unter dem Namen „The People´s Party“ formierte, wurde der „Populismus“ geboren – laut US Wikipedia in ihrer politischen Ausrichtung „left-wing“. Der Ehrentitel kam den lange als demokratische Reformbewegung behandelten „Populists“ in den 1950er Jahren abhanden, als Historiker wie Richard Hofstadter auf die weniger liebenswerten Züge der Agrarrevolte verwiesen. Seither gilt in der etablierten Politik, assistiert von Politikwissenschaftlern, Populismus als anrüchig, verdächtig. Nicht das jederzeit verführbare „Volk“ ist zu objektiver und konstruktiver Kritik des demokratischen ordre établi und seiner politischen Praxis berufen, sondern die freie Presse, die kritischen Medien, die „vierte Gewalt“. Als demokratische Leitbilder fungieren bis heute die Bob Woodward und Carl Bernstein, die als Reporter für die Washington Post anno 1972 den Watergate-Skandal aufdeckten.
II. Die politisch-mediale Klasse ist mit einem neuen Phänomen konfrontiert
Die neuen Medien, die Internet-Zeitschriften und Portale, erst recht die dank Facebook,Twitter, youtube etc. expandierenden „social media“ - der Plural erscheint im amerikanischen Englisch meist im Singular – waren in dem politischen System, wie es noch vor 10-15 Jahren bestand, nicht vorgesehen. Seither untergraben sie nicht nur die materielle Basis der Presseerzeugnisse – was die Verlage genötigt hat, sich auf online-Zeitungen umzustellen -, sie stellen nicht nur die Autorität und das Quasi-Monopol der etablierten Medien ( Presse, TV, Rundfunk) in Frage, sondern sie konfrontieren die real existierende politisch-mediale Klasse mit einem neuen Phänomen: der in den Raum des Politischen permanent hineinwirkenden Kritik „von unten“, der Artikulation des „Volkes“, der Selbstorganisation von Gruppen als politischer Willensträger, die sich im bestehenden System nicht – nicht mehr - vertreten sehen.
Der Wirkkraft der „social media“ verdankt ein Donald Trump seine Wahl zum Präsidenten der USA. Vereinfacht gesprochen, gelang ihm über youtube die Mobilisierung der „Massen“ des amerikanischen heartland gegen die vom liberal establishment gelenkte Massendemokratie. Entsprechend empört reagieren von Tag zu Tag die von Trump gedemütigten Journalisten der New York Times oder bei CNN. Das gesamte linksliberale Europa empört sich gleichlautend, jeder Satz des antiintellektuell auftretenden, ob seiner Vulgarität – die einem Bill Clinton nicht zum Schaden gereichte - berüchtigten Trump wird zum Gegenstand des Hohns und der moralischen Entrüstung.
Trump war im amerikanischen System nicht vorgesehen. Der Brexit war weder in London noch in Brüssel vorgesehen. Ähnlich wäre der Durchbruch der AfD – unbeschadet von Prozentschwankungen in den Umfragen – als neue, das Parteiensystem der Bundesrepublik herausfordernde „rechte“ Kraft ohne die neuen Medien kaum denkbar gewesen.
Das „Volk“ - versammelt um eine Anzahl von rhetorisch, intellektuell und medial gewieften Führungsfiguren – formierte sich gegen die „alternativlose“, oppositionsfreie, größtkoalitionäre Politik der Kanzlerin Merkel. Insofern die AfD Widerspruch zu fragwürdigen – gemäß Gutachten des Staatsrechtlers Udo di Fabio mit der Verfassung unvereinbaren - Entscheidungen und Strategien der politischen Eliten, unterstützt von der „Zivilgesellschaft“, genauer: von Aktivisten und pressure groups, zum Vorschein brachte, verfügt sie – aller Empörung der „demokratischen Parteien“ zum Trotz - über demokratische Legitimation. Die Reden eines Björn Höcke oder das Gebaren anderer AfD-Chargen stehen auf einem anderen Blatt. Auch derlei Manifestationen würden ohne Verbreitung durch „social media“ weniger Beachtung finden.
III. Die neuen Medien und die Chancen auf Teilhabe
Verstehen wir unter „demokratisch“ den Anspruch auf geistige Autonomie, auf Information, auf Meinungsfreiheit, auf Kritik und Kontrolle der Eliten, last but not least auf Partizipation im politischen Prozess, so erweisen sich die neuen Medien als demokratische Segnungen. Aus Internetzeitschriften beziehen wir sonst schwer zugängliche – oder schlicht ungedruckte, womöglich gar oder unterdrückte Informationen. Wie anders als über die „social media“ bekämen wir ein komplexeres, objektiveres Bild vom Bürgerkrieg in Syrien, von den realen Zuständen in Aleppo, von der peinlichen Farce hinter dem Dresdner Kunstwerk deutschen Schuldgedenkens? Ausschließlich aus den neuen Medien erfahren wir derzeit etwas darüber, dass sich – eine Reprise der wochenlangen Unruhen in den Banlieues 2005 - seit mehr mehr als zwei Wochen in Paris und anderswo bürgerkriegsähnliche Szenen abspielen, die das politisch korrekte Bild der durch Einwanderung kulturell bereicherten Gesellschaft widerlegen. Wo hören, wo lesen wir etwas über den fortbestehenden Ausnahmezustand (état d´urgence) in den Städten des Nachbarlandes?
Unübersehbar sind die Schattenseiten der neuen Medien. Als User von Facebook stößt man auf Pöbeleien, die an Vulgarität, Dummheit, Gemeinheit, Aggressivität schwer zu übertreffen sind. Unverzüglich ertönte daher die Forderung nach Zensur (am besten nach chinesischem Vorbild), und Mark Zuckerberg zeigte bei Angela Merkel volles Verständnis. Schon werden Autoren für Beiträge gesperrt, über deren Anrüchigkeit die „Freunde“ sich kein Urteil bilden können.
Zuletzt: Wer glaubt, die neuen Medien eröffneten den neuen Königsweg zur direkten Demokratie, befindet sich auf dem Holzweg. Auch für den mit einer eigenen Website operierenden Einzelkämpfer besteht als Blogger nur eine geringe Chance, im digitalen Labyrinth gesehen, gehört und anerkannt zu werden. Um Beachtung zu finden bedarf es der Vernetzung, für den Zugang zu einer Internetzeitschrift – wie beispielsweise bei meiner bevorzugten Plattform „Globkult“ - bedarf es der Kooperation von Mitstreitern und das gilt auch für Portale wie „Die Achse des Guten“. Gleichwohl sind die Chancen auf Teilhabe an der politischen Meinungsbildung ungleich größer als im vordigitalen Zeitalter. Über die neuen Medien wird die vom herrschenden Diskurs gespannte Schweigespirale durchbrochen. Und so bedanke ich mich für den Kreis der demokratischen Abweichler, die sich um die „Achse des Guten“ versammeln. Im Rahmen der von sich selbst legitimierenden Eliten dominierten Massendemokratie fungiert die „Achse“ als Agora für freie Bürger.
P.S. Der obige Aufsatz erschien am 27.02.2017 auf der Achse des Guten. Da er eine unverminderte Aktualität beanspruchen kann, präsentiere ich ihn hier noch einmal auf meinem Blog.
Montag, 2. Oktober 2017
Nationalfeiertag ?
I.
Was die überwältigende Mehrheit der am Referendum beteiligten Katalanen gestern, am 1. Oktober 2017- also nicht am 11. September - unternommen haben, empört die classe politique européenne. Man reagiert wie Palmström Kunkel. Über die - naturgemäß problematischen historischen Wurzeln - und die mutmaßlich vorrangige Sorge der Katalanen um die Bewahrung ihrer Sprache in der zahlenmächtigen Welt der Hispanidad macht man sich lieber keine Gedanken. Was wollen diese - obendrein "linken" - Nationalisten überhaupt mit ihrem Separatismus in einem "zusammenwachsenden Europa"?
Als Deutscher, der sich gerne erinnert, dass die Spanier, allen voran Felipe Gonzalez, der Freund Willy Brandts (aber auch Helmut Kohls), sich im Unterschied zu anderen politischen "Freunden" über die wiedergewonnene deutsche Einheit freuten, fällt mir ein Urteil über die auf einen eigenen Nationalstaat zielenden Sezessionsbewegungen in Spanien schwer. Das Problem liegt in dem von allen Status-quo-verteidigenden Politikern sowie von manchen Staatstheoretikern abgelehnten, aber völkerrechtlich immerhin gesicherten Prinzip der nationalen Selbstbestimmung. Frage: Hätte sich innerhalb Spaniens für die Katalanen - und des weiteren für die Basken - nicht ein staatsrechtlicher Modus finden lassen, der über die bestehende Autonomie hinausgeht? Nach dem gestrigen Abstimmungsergebnis und den - von den Sezessionisten gewiss begrüßten - Bildern prügelnder Polizisten ist es für eine derartige Lösung vermutlich zu spät. Adnote: Mit fast zehn Prozent hereingeholter Muslime werden sich die Katalanen in ihrem kleinen Nationalstaat übrigens schwertun.
Wenn ich mich - auch aus unzureichender Kenntnis der Lage - eines Urteils enthalte, so gilt es gleichwohl festzuhalten: Anders als in Deutschland, wo man die eigene Nation ob ihrer Nazi-Vergangenheit in den Feuilletons und im Claudia-Roth-Flügel - die Dame fungierte bis dato immerhin als Vizepräsidentin des Bundestags - der politischen Klasse am liebsten "entsorgen" möchte - was ihnen dank Angela Merkel schon Jahre, nicht erst seit 2015, währender opportunistischer, fataler Politik bereits geglückt sein könnte -, ist in anderen Teilen Europas der Begriff der Nation noch - und wieder - höchst lebendig. Über die Gründe dieses alten, neuen Nationalismus gälte es nachzudenken, etsi apparet absurdum, anstatt sich zu entrüsten.
Wenn ich an gleicher Stelle meine Sympathien für ein selbständiges Kurdistan zum Ausdruck bringe, mag mancher Inkonsequenz monieren. Der Vorwurf verfängt nicht: Seit exakt hundert Jahren (Sykes-Picot) werden die Kurden an der Nase herumgeführt, von ihren Verbündeten von Fall zu Fall hängen gelassen, von den regionalen Vormächten unterdrückt. Zuletzt trugen sie die Hauptlast bei der Vertreibung der Gotteskrieger - ein deutschen Sprach- und Gesinnungshütern indiziertes Wort - des IS. - Wie ein erfolgreicher Barzani - und sein Rivale/Verbündeter Talabani - dann mit der PKK zurechtkommen werden, steht auf einem anderen Blatt.
II.
Wenden wir zum 3.Oktober den Blick zur Heimat: Wenn sich am morgigen Tag der deutschen Einheit - er wird so verregnet sein wie der heutige Oktobertag - die unberufenen und selbstberufenen Protagonisten unserer bundesdeutschen politischen Klasse anschicken, salbungsvolle Worte, angereichert mit den allfälligen Warnungen vor Xenophobie, mit Ermahnungen zu Weltoffenheit etc., dem TV-Publikum zu servieren, werde ich mich wichtigeren und erfreulicheren Beschäftigungen widmen: der Familie. Ja, gewiss doch, schon die alten Griechen, verachteten den Privatmann. (Man konsultiere das Lexikon oder - entsetzlich - Wikipedia.) Allein, in Merkels und Altmaiers, Schulz´und Nahles´, Trittins und Göring-Eckardts, Petrys und Mayers (künfigter MdB aus Sachsen) - hab´ ich jemand vergessen? - Republik bleibt dem degoutierten citoyen nur noch der Rückzug ins Private.
Anstelle einer längeren Abhandlung über die wiedergekehrte, anhaltend deutsche Misere verweise ich das Publikum auf einen Aufsatz, den ich vor drei Jahren - an einem prächtigen Tag im Oktober -
zum Thema des Zustands und der Zukunft der deutschen und anderer Nationen verfasste. Mit Ausnahme des Wetters sowie des von Merkel wesentlich verursachten Massenzustroms in die deutsche Geschichtsnation von weder integrationsfähigen noch -willigen "Migranten"/"Geflüchteten" haben die Überlegungen von anno 2014 nichts an Relevanz eingebüßt: https://www.academia.edu/8637948/Reflektionen_zum_deutschen_Nationalfeiertag
P.S. 03.10.2017
Wenigstens das Wetter hat sich gebessert. Somit können sich die Vertreter (cs. -innen) ihrer Klasse vor dem Brandenburger Tor im Glanze ihres Glückes sonnen. Dass sie es tun dürfen, hat wenig mit ihren eigenen politischen Leistungen zu tun.
P.P.S. 04.09.2017
ad I: Soeben las ich die Nachricht vom Tode des o.g. PUK-Gründers Dschalad Talabani. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen - und Konflikte - aus dem Referendum vom 25. September 2017 im kurdischen Teil des Irak noch resultieren.
ad II.
Mein Facebook-Kommentar zur gestrigen Rede des Bundespräsidenten Steinmeier, wo er von den der Willkommenskultur überwältigten Neubürgern ein Bekenntnis "zu unserer Geschichte, einer Geschichte, die für nachwachsende Generationen zwar nicht persönliche Schuld, aber bleibende Verantwortung bedeutet usw." erwartet: Der Bundespräsident - oder sein Redenschreiber - irrt sich gründlich.
Was die überwältigende Mehrheit der am Referendum beteiligten Katalanen gestern, am 1. Oktober 2017- also nicht am 11. September - unternommen haben, empört die classe politique européenne. Man reagiert wie Palmström Kunkel. Über die - naturgemäß problematischen historischen Wurzeln - und die mutmaßlich vorrangige Sorge der Katalanen um die Bewahrung ihrer Sprache in der zahlenmächtigen Welt der Hispanidad macht man sich lieber keine Gedanken. Was wollen diese - obendrein "linken" - Nationalisten überhaupt mit ihrem Separatismus in einem "zusammenwachsenden Europa"?
Als Deutscher, der sich gerne erinnert, dass die Spanier, allen voran Felipe Gonzalez, der Freund Willy Brandts (aber auch Helmut Kohls), sich im Unterschied zu anderen politischen "Freunden" über die wiedergewonnene deutsche Einheit freuten, fällt mir ein Urteil über die auf einen eigenen Nationalstaat zielenden Sezessionsbewegungen in Spanien schwer. Das Problem liegt in dem von allen Status-quo-verteidigenden Politikern sowie von manchen Staatstheoretikern abgelehnten, aber völkerrechtlich immerhin gesicherten Prinzip der nationalen Selbstbestimmung. Frage: Hätte sich innerhalb Spaniens für die Katalanen - und des weiteren für die Basken - nicht ein staatsrechtlicher Modus finden lassen, der über die bestehende Autonomie hinausgeht? Nach dem gestrigen Abstimmungsergebnis und den - von den Sezessionisten gewiss begrüßten - Bildern prügelnder Polizisten ist es für eine derartige Lösung vermutlich zu spät. Adnote: Mit fast zehn Prozent hereingeholter Muslime werden sich die Katalanen in ihrem kleinen Nationalstaat übrigens schwertun.
Wenn ich mich - auch aus unzureichender Kenntnis der Lage - eines Urteils enthalte, so gilt es gleichwohl festzuhalten: Anders als in Deutschland, wo man die eigene Nation ob ihrer Nazi-Vergangenheit in den Feuilletons und im Claudia-Roth-Flügel - die Dame fungierte bis dato immerhin als Vizepräsidentin des Bundestags - der politischen Klasse am liebsten "entsorgen" möchte - was ihnen dank Angela Merkel schon Jahre, nicht erst seit 2015, währender opportunistischer, fataler Politik bereits geglückt sein könnte -, ist in anderen Teilen Europas der Begriff der Nation noch - und wieder - höchst lebendig. Über die Gründe dieses alten, neuen Nationalismus gälte es nachzudenken, etsi apparet absurdum, anstatt sich zu entrüsten.
Wenn ich an gleicher Stelle meine Sympathien für ein selbständiges Kurdistan zum Ausdruck bringe, mag mancher Inkonsequenz monieren. Der Vorwurf verfängt nicht: Seit exakt hundert Jahren (Sykes-Picot) werden die Kurden an der Nase herumgeführt, von ihren Verbündeten von Fall zu Fall hängen gelassen, von den regionalen Vormächten unterdrückt. Zuletzt trugen sie die Hauptlast bei der Vertreibung der Gotteskrieger - ein deutschen Sprach- und Gesinnungshütern indiziertes Wort - des IS. - Wie ein erfolgreicher Barzani - und sein Rivale/Verbündeter Talabani - dann mit der PKK zurechtkommen werden, steht auf einem anderen Blatt.
II.
Wenden wir zum 3.Oktober den Blick zur Heimat: Wenn sich am morgigen Tag der deutschen Einheit - er wird so verregnet sein wie der heutige Oktobertag - die unberufenen und selbstberufenen Protagonisten unserer bundesdeutschen politischen Klasse anschicken, salbungsvolle Worte, angereichert mit den allfälligen Warnungen vor Xenophobie, mit Ermahnungen zu Weltoffenheit etc., dem TV-Publikum zu servieren, werde ich mich wichtigeren und erfreulicheren Beschäftigungen widmen: der Familie. Ja, gewiss doch, schon die alten Griechen, verachteten den Privatmann. (Man konsultiere das Lexikon oder - entsetzlich - Wikipedia.) Allein, in Merkels und Altmaiers, Schulz´und Nahles´, Trittins und Göring-Eckardts, Petrys und Mayers (künfigter MdB aus Sachsen) - hab´ ich jemand vergessen? - Republik bleibt dem degoutierten citoyen nur noch der Rückzug ins Private.
Anstelle einer längeren Abhandlung über die wiedergekehrte, anhaltend deutsche Misere verweise ich das Publikum auf einen Aufsatz, den ich vor drei Jahren - an einem prächtigen Tag im Oktober -
zum Thema des Zustands und der Zukunft der deutschen und anderer Nationen verfasste. Mit Ausnahme des Wetters sowie des von Merkel wesentlich verursachten Massenzustroms in die deutsche Geschichtsnation von weder integrationsfähigen noch -willigen "Migranten"/"Geflüchteten" haben die Überlegungen von anno 2014 nichts an Relevanz eingebüßt: https://www.academia.edu/8637948/Reflektionen_zum_deutschen_Nationalfeiertag
P.S. 03.10.2017
Wenigstens das Wetter hat sich gebessert. Somit können sich die Vertreter (cs. -innen) ihrer Klasse vor dem Brandenburger Tor im Glanze ihres Glückes sonnen. Dass sie es tun dürfen, hat wenig mit ihren eigenen politischen Leistungen zu tun.
P.P.S. 04.09.2017
ad I: Soeben las ich die Nachricht vom Tode des o.g. PUK-Gründers Dschalad Talabani. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen - und Konflikte - aus dem Referendum vom 25. September 2017 im kurdischen Teil des Irak noch resultieren.
ad II.
Mein Facebook-Kommentar zur gestrigen Rede des Bundespräsidenten Steinmeier, wo er von den der Willkommenskultur überwältigten Neubürgern ein Bekenntnis "zu unserer Geschichte, einer Geschichte, die für nachwachsende Generationen zwar nicht persönliche Schuld, aber bleibende Verantwortung bedeutet usw." erwartet: Der Bundespräsident - oder sein Redenschreiber - irrt sich gründlich.
Dienstag, 26. September 2017
Nach Merkels Septemberwahlen: Nachtrag und Prognose
Der in meinem Blog vorangegangene, im Hinblick auf die
Bundestagswahlen am 24. September verfasste Kommentar zum "unvermeidlichen Einzug der AfD" - mit dem von mir erwarteten Ausgang - bedarf eines Folgeartikels. Vorerst dazu nur ein paar nachträgliche Anmerkungen:
1) Mit dem Abgang der bisherigen "Sprecherin" Frauke Petry von der Bühne der AfD war für einen weder mit den Parteiinterna der "Rechtspopulisten" noch mit dem Innenleben der auf AfD-Plakaten glückselig lächelnden Mutter nicht vertrauten Beobachter natürlich nicht zu rechnen. Was die Dame - womöglich nach vertraulichen Gesprächen mit CDUlern über Chancen einer Abspaltung und künftige Koalitionspiele - im Schilde führt, entzieht sich meinen prognostischen Fähigkeiten.
2) Im Leben, insbesondere in der Politik, gibt´s nichts, was es nicht gibt. Möglich ist bei Angela und Frauke anscheinend alles. Wenn bei der AfD im Bundestag noch ein paar - von Gaulands und Meuthens Kommandostelle unabhängig operierende - U-Boote auftauchen sollten, könnte die Hoffnung der "Etablierten", der populistische Spuk werde wieder verschwinden, die im Parteienstaat nicht vorgesehene Partei werde sich bald wieder selbst "zerlegen", am Ende doch noch wahr werden. Wahrscheinlich ist dies aber nicht. Ich gebe angesichts der Stimmungs- und Bewusstseinslage derer, "die schon länger hier leben" - gemeint sind gerade auch die hier im Westen, nicht nur die minderbemittelten "Modernisierungsverlierer" (terminus scientificus) und/oder "Abgehängten" (terminus linguae policae, a.k.a. deplorables) im zurückgebliebenen Osten, die sich anno 1989/90 dem demokratischen Westen unter "populistischen Parolen" ("Wir sind ein Volk!") an den Hals warfen - derlei Hoffnungen nur geringe Chancen. Die Wahrnehmung, dass eine teils indifferente, teils grünideologisch eingefärbte Elite das Land gegen die Wand fährt, ist - ungeachtet der optimistischen Wirtschaftsdaten - weiter verbreitet als die Wahlergebnisse signalisieren.
Wenn Martin Schulz im letzten Moment vor der Wahl - exakt zwei Jahre zu spät - Merkels fatale "Flüchtlingspolitik" als Thema entdeckte, ignorierte er die langjährige Mitverantwortung der SPD für derlei Verantwortungslosigkeit. Die einstige antifaschistisch patriotische Partei der Industriearbeiterschaft und der "kleinen Leute" hat die Folgen des - unter vermeintlich "progressiv-linken" Vorzeichen verfolgten Konzepts ("Wir sind ein Einwanderungsland" - wer ist "Wir?") - über Jahre hin ignoriert. Außer dem Ruf nach mehr Geld für "Integrationsprogramme" und für den "Kampf gegen rechts" ist der Partei - ungeachtet aller Warnungen eines Heinz Kühn (wer erinnert sich noch an diesen Namen?), eines Helmut Schmidt, eines Heinz Buschkowski und eines Thilo Sarrazin - seit Jahren nichts eingefallen.
Die Folgen tragen seit langem "die kleinen Leute" und deren Kinder. Doch wen bekümmern die Sorgen der einheimischen ("ethnodeutschen") "kleinen Leute" und deren unter kontinuierlich schlechteren Schulverhältnissen leidenden, als "Kartoffel" oder "Nazis" beschimpften Kinder tatsächlich? Was soll der permanente Kampf um die "Frauenquote" in den multinationalen Vorstandsetagen angesichts einer ungewissen Zukunft einer im Zeichen neoliberaler Globalisierung wachsenden Zahl von gut ausgebildeten, aber schlecht bezahlten Männern und Frauen, deren Einkommen allenfalls addiert - ganz anders als von Frau Barley proklamiert - kaum zu einer Familiengründung ausreicht? (Einschub: Das geschmacklos plumpe AfD-Wahlplakat mit der nacktbäuchigen Schwangeren zielte an der sozialen Wirklichkeit vorbei.) Welche "Werte" werden "in diesem Lande" verteidigt, welchen Wert haben feministische Parolen angesichts eines wachsenden Ethno-Subproletariats, ausgestattet mit einem archaischen Frauenbild? Was soll der permanente "Kampf gegen rechts" in einer Gesellschaft von in dritter Generation Nachgeborenen, denen als Deutsche (egal welcher geographischen und ethnischen Herkunft) nur die Schreckenstaten einer schlimmen Vergangenheit vor Augen gehalten werden, und die sich auf der anderen als "Bürgerinnen und Bürger mit nichtdeutschem Migrationshintergrund" - außer zur politischen Vorteilsgewinnung - keinen Deut für diese "deutschen" Schreckenstaten interessieren? Welcher "linke" Abgeordnete nimmt etwa die - von Merkel stante pede desavouierte - Armenien-Resolution im Bundestag wirklich ernst? Nicht nur in Kirchenkreisen ist Hypermoral oft genug ununterscheidbar von Scheinmoral. Ja, gewiss doch: Alles nur Wasser auf die Mühlen der AfD. Indes fehlt es auf der "ideellen Gesamtlinken" an überzeugenden Gegenargumenten.
2) Ungeachtet der klaren Absage des "Souveräns" an die bis dato großkoalitionär unter Merkels Ägide Regierenden wird sich mutmaßlich im Grundsätzlichen nicht viel ändern. Kommt es zu "Jamaika", kann Merkel im Zusammenspiel mit den in den Medien noch immer tonangebenden Grünen ihre "Migrationspolitik" fortsetzen - es sei denn, die FDP unter Lindner ginge gemäß der Ankündigung im Wahlkampf dagegen auf Konfrontation. Kommt es nicht zu einem politischen Richtungswechsel in der - vorerst noch - von Schulz als Opposition ausgerufenen SPD besteht für Merkel, Altmaier, Tauber et al. auch kein Grund für eine grundlegende Korrektur der "Flüchtlingspolitik".
3) Zum Schluss: Spekulationen sind in einer Kolumne erlaubt. Wer sagt uns denn, dass die "vom Wähler abgewählte" Große Koalition nach einigen Wochen von Verhandlungen - und nach den Niedersachsenwahlen - nicht doch wieder zu einer "Option" wird? So oder so, die außerparlamentarische Stimmung im "Volk", die Distanz gegenüber der Selbstherrlichkeit der im ordre etabli verankerten "demokratischen Parteien" wird anwachsen. Auch die ethnisch-sozialen und ethnisch-kulturellen Spannungen in der Gesellschaft werden zunehmen - in West und Ost. Keine schönen Aussichten.
1) Mit dem Abgang der bisherigen "Sprecherin" Frauke Petry von der Bühne der AfD war für einen weder mit den Parteiinterna der "Rechtspopulisten" noch mit dem Innenleben der auf AfD-Plakaten glückselig lächelnden Mutter nicht vertrauten Beobachter natürlich nicht zu rechnen. Was die Dame - womöglich nach vertraulichen Gesprächen mit CDUlern über Chancen einer Abspaltung und künftige Koalitionspiele - im Schilde führt, entzieht sich meinen prognostischen Fähigkeiten.
2) Im Leben, insbesondere in der Politik, gibt´s nichts, was es nicht gibt. Möglich ist bei Angela und Frauke anscheinend alles. Wenn bei der AfD im Bundestag noch ein paar - von Gaulands und Meuthens Kommandostelle unabhängig operierende - U-Boote auftauchen sollten, könnte die Hoffnung der "Etablierten", der populistische Spuk werde wieder verschwinden, die im Parteienstaat nicht vorgesehene Partei werde sich bald wieder selbst "zerlegen", am Ende doch noch wahr werden. Wahrscheinlich ist dies aber nicht. Ich gebe angesichts der Stimmungs- und Bewusstseinslage derer, "die schon länger hier leben" - gemeint sind gerade auch die hier im Westen, nicht nur die minderbemittelten "Modernisierungsverlierer" (terminus scientificus) und/oder "Abgehängten" (terminus linguae policae, a.k.a. deplorables) im zurückgebliebenen Osten, die sich anno 1989/90 dem demokratischen Westen unter "populistischen Parolen" ("Wir sind ein Volk!") an den Hals warfen - derlei Hoffnungen nur geringe Chancen. Die Wahrnehmung, dass eine teils indifferente, teils grünideologisch eingefärbte Elite das Land gegen die Wand fährt, ist - ungeachtet der optimistischen Wirtschaftsdaten - weiter verbreitet als die Wahlergebnisse signalisieren.
Wenn Martin Schulz im letzten Moment vor der Wahl - exakt zwei Jahre zu spät - Merkels fatale "Flüchtlingspolitik" als Thema entdeckte, ignorierte er die langjährige Mitverantwortung der SPD für derlei Verantwortungslosigkeit. Die einstige antifaschistisch patriotische Partei der Industriearbeiterschaft und der "kleinen Leute" hat die Folgen des - unter vermeintlich "progressiv-linken" Vorzeichen verfolgten Konzepts ("Wir sind ein Einwanderungsland" - wer ist "Wir?") - über Jahre hin ignoriert. Außer dem Ruf nach mehr Geld für "Integrationsprogramme" und für den "Kampf gegen rechts" ist der Partei - ungeachtet aller Warnungen eines Heinz Kühn (wer erinnert sich noch an diesen Namen?), eines Helmut Schmidt, eines Heinz Buschkowski und eines Thilo Sarrazin - seit Jahren nichts eingefallen.
Die Folgen tragen seit langem "die kleinen Leute" und deren Kinder. Doch wen bekümmern die Sorgen der einheimischen ("ethnodeutschen") "kleinen Leute" und deren unter kontinuierlich schlechteren Schulverhältnissen leidenden, als "Kartoffel" oder "Nazis" beschimpften Kinder tatsächlich? Was soll der permanente Kampf um die "Frauenquote" in den multinationalen Vorstandsetagen angesichts einer ungewissen Zukunft einer im Zeichen neoliberaler Globalisierung wachsenden Zahl von gut ausgebildeten, aber schlecht bezahlten Männern und Frauen, deren Einkommen allenfalls addiert - ganz anders als von Frau Barley proklamiert - kaum zu einer Familiengründung ausreicht? (Einschub: Das geschmacklos plumpe AfD-Wahlplakat mit der nacktbäuchigen Schwangeren zielte an der sozialen Wirklichkeit vorbei.) Welche "Werte" werden "in diesem Lande" verteidigt, welchen Wert haben feministische Parolen angesichts eines wachsenden Ethno-Subproletariats, ausgestattet mit einem archaischen Frauenbild? Was soll der permanente "Kampf gegen rechts" in einer Gesellschaft von in dritter Generation Nachgeborenen, denen als Deutsche (egal welcher geographischen und ethnischen Herkunft) nur die Schreckenstaten einer schlimmen Vergangenheit vor Augen gehalten werden, und die sich auf der anderen als "Bürgerinnen und Bürger mit nichtdeutschem Migrationshintergrund" - außer zur politischen Vorteilsgewinnung - keinen Deut für diese "deutschen" Schreckenstaten interessieren? Welcher "linke" Abgeordnete nimmt etwa die - von Merkel stante pede desavouierte - Armenien-Resolution im Bundestag wirklich ernst? Nicht nur in Kirchenkreisen ist Hypermoral oft genug ununterscheidbar von Scheinmoral. Ja, gewiss doch: Alles nur Wasser auf die Mühlen der AfD. Indes fehlt es auf der "ideellen Gesamtlinken" an überzeugenden Gegenargumenten.
2) Ungeachtet der klaren Absage des "Souveräns" an die bis dato großkoalitionär unter Merkels Ägide Regierenden wird sich mutmaßlich im Grundsätzlichen nicht viel ändern. Kommt es zu "Jamaika", kann Merkel im Zusammenspiel mit den in den Medien noch immer tonangebenden Grünen ihre "Migrationspolitik" fortsetzen - es sei denn, die FDP unter Lindner ginge gemäß der Ankündigung im Wahlkampf dagegen auf Konfrontation. Kommt es nicht zu einem politischen Richtungswechsel in der - vorerst noch - von Schulz als Opposition ausgerufenen SPD besteht für Merkel, Altmaier, Tauber et al. auch kein Grund für eine grundlegende Korrektur der "Flüchtlingspolitik".
3) Zum Schluss: Spekulationen sind in einer Kolumne erlaubt. Wer sagt uns denn, dass die "vom Wähler abgewählte" Große Koalition nach einigen Wochen von Verhandlungen - und nach den Niedersachsenwahlen - nicht doch wieder zu einer "Option" wird? So oder so, die außerparlamentarische Stimmung im "Volk", die Distanz gegenüber der Selbstherrlichkeit der im ordre etabli verankerten "demokratischen Parteien" wird anwachsen. Auch die ethnisch-sozialen und ethnisch-kulturellen Spannungen in der Gesellschaft werden zunehmen - in West und Ost. Keine schönen Aussichten.
Dienstag, 12. September 2017
Zum unvermeidlichen Einzug der AfD im Bundestag
Der
Countdown bis zum 24. September 18.00 h läuft. Alle Kräfte der
„demokratischen Parteien“, sprich: die Parteispitzen, die auf Wiederwahl hoffenden Mandatsträger oder um ihren Listenplatz besorgten Bundestagaspiranten, die in den
Parteistiftungen Etablierten, die fleißigen Funktionäre und das
Fußvolk verfolgen seit Wochen angespannt die Umfragen, die allesamt
ein Zehn-Prozent-Ergebnis (mindestens) für die „rechtspopulistische“
AfD signalisieren.
Die
Grünen befinden sich im Abwind, was insbesondere ihren Verbündeten
in den Medien Missvergnügen bereitet. Die politisch wichtigen und
brisanten Themen sind längst andere als die von ihnen permanent
beackerten, als da sind der Feinstaub in unseren Lungen, die
deutsche Xeno- sowie Islamophobie, die Windstärke von Hurricane
„Irma“ oder die zuletzt als Katastrophenmeldung propagierte -
inzwischen wieder korrigierte – Erwärmung der von Abertausenden
artenschutzschreddernder Windräder gesäumten Nordsee. Der miese,
kühle Sommer hat manchen Grün-Wählern die ökologische Laune
verdorben. Und in den Talkshows kommt Katrin Göring-Eckardt gegen
die Damen von rechts nicht mehr so recht an, was sich die verhinderte Theologin (ev.) mit
lockerem Grün-Vokabular ja bereits selbst eingestehen musste.
Immerhin:
Merkel kann sich noch zurücklehnen, denn sie kann sich nach dem 24.
September den/die Koalitionspartner aussuchen. Freude über den
Einzug von Beatrix von Storch, Alice Weidel, Frauke Petry etc. wird
sie dabei allerdings kaum empfinden. Denn mit ihnen und deren
männlichen Kollegen (Gauland, Meuthen, Bystrom etc.) wird eine
wortgewandte, zuweilen demagogische Opposition auf den violett-blau
getönten Stühlen des Plenarsaals im Reichstag Platz nehmen. Und
dann kriegen die Populisten von rechts all die unerwünschte
publictiy
im TV (die sie bislang bereits hauptsächlich auf Youtube genießen). Da sich
danach manche Hinterbänkler um ihre berufliche Zukunft sorgen
müssen, ist eine innerparteiliche Revolte gegen die ewige Kanzlerin
nicht mehr auszuschließen. Anm.: Es ist angesichts ihres – nicht
nur im Wahlkampf präsentierten - mütterlich fürsorglichen
Erscheinungsbildes nicht anzunehmen, dass Merkel bereits einen
historisch nachhallenden, spektakulären Abgang eingeplant haben
könnte.
Lindner
wird im Falle einer Koalition von den „Rechtspopulisten“ an seine
FDP-Wahlkampfversprechen erinnert werden. Die SPD wird sich – nicht
zuletzt bei Fortsetzung der Großen Koalition (terminus populisticus:
GroKo) um ihren weiteren Niedergang – Stimmenverlust an AfD und
„Linke“ - sorgen. Und die „Linke“ wird sich fragen müssen, ob
sie mit ihrer spät entdeckten Antifa-affinen Menschenrechtsrhetorik
und Einwanderungspolitik allein bei den Neubürgern die nötigen
Stimmen für ihren Machtanteil im politischen System sichern kann.
Soviel
der Vorrede. Die Hintergründe für den Aufstieg der
„Rechtspopulisten“ liegen in den von allen „Etablierten“, id
est seitens der classe
politique,
bis zum Erscheinen der AfD auf der Bühne gemiedenen Themen. Zum
besseren Verständnis dessen, worum es vor dem Hintergrund
ungebremster „Zuwanderung“ und/oder „Migration“ politisch
tatsächlich geht, verweise ich auf die in der Internet-Zeitschrift
iablis geführte Debatte:
.https://www.iablis.de/iablis/themen/2017-die-leidgepruefte-demokratie/thema-2017/379-globalisierung-fluechtlingskrise-und-das-erstarken-des-populismus.
Daraus
abschließend ein Kernsatz: „Der bei der ›breiten Bevölkerung‹
grassierende Eindruck, eine von interessierter Seite aus ökonomischen
und bevölkerungspolitischen Gründen gewollte Einwanderung werde
durch Umetikettierung von Arbeitsmigranten in ›Flüchtlinge‹ ohne
Hoffnung auf rechtliche Anerkennung im Vertrauen auf einen sicheren
Bleibestatus erschlichen, und zwar durch Staat und ›Flüchtlinge‹
gleichermaßen, beschädigt das Gemeinwesen an seiner empfindlichsten
Stelle: am Kreuzungspunkt von staatlicher Macht, individueller
Freiheit und jenem Minimum an Vertrauen in die Gesinnungen und das
Handeln der jeweils anderen Seite, unterhalb dessen der Zerfall der
Institutionen beginnt.“
Mittwoch, 23. August 2017
Islamica. Unerwünschte Fragen zur "Integration"
Die Eliten - wer immer auch dazugehört: von Angela Merkel bis Manuela Schwesig, von den Vorständen und Aufsichtsräten der Großunternehmen bis zu den Gewerkschaftsspitzen, von den Partei- und Kirchenfürsten bis zum Großen Vorsitzenden des Islamrats, von den C-4-Professoren bis zu den medialen Politikverstärkern (sc. -innen, jetzt auch mit *) - halten das "Volk", seit Abschaffung des Gottesgnadentums die präsumptiv alleinige Quelle von Herrschaft, seit Locke und Rousseau - je nachdem - corpus mysticum der "modernen" Demokratie, für dumm. Ohne kritische Einschränkung bekannte sich unlängst Herfried Münkler, Politikprofessor an der HU Berlin, zu diesem Befund. Man ließ Münkler - zuvor war er ob seines realistischen, an Machiavell (vorsichtshalber nicht an Carl Schmitt) geschultem Denkstil ins Visier egalitär-klassenkämpferischer Studierender (part. praes.) geraten -, die Aussage durchgehen; mutmaßlich, da er in seinem letzten Buch, mit seiner Gattin als Ko-Autorin, zukunftsfroh gestimmt die von Merkel et. al. eingeladenen "neuen Deutschen" begrüßt hatte.
Dass die "neuen Deutschen", richtiger: die EU-Freizügigkeit genießenden "neuen Europäer", als Gastgeschenk aus dem Morgenland ein Problem mit sich tragen, wollen die Eliten weder wissen noch das Volk wissen lassen. Das Problem ist - darf man´s benennen? - der Islam, und zwar der Islam - von milderen Varianten wie in Jordanien und in Assads Syrien (!) abgesehen - in diversen Ausprägungen, eben nicht nur der "Islamismus". Gewiss, wer das Thema in dieser Weise angeht, gilt in diesem unserem Lande sowie allgemein im liberalen Westen als "islamophob".
Das ist politisch korrekter Nonsens (wenngleich ähnlich anderen, griechisch aufgemöbelt nach Wissenschaft klingenden Komposita ein beliebter Kampfbegriff der lingua politica). Das Problem begegnet uns eben nicht nur, wenn in westeuropäischen Großstädten erneut ein Terroranschlag mit zahlreichen Opfern stattgefunden hat und die nachfolgenden Betroffenheitsrituale politische Hilflosigkeit signalisieren. Das Problem begegnet uns alltäglich auf den Straßen, in den Schulen und Hochschulen, in den öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in den Medien, ob öffentlich-rechtlich oder privat, wo sich Frauen in unterschiedlichen Graden der Verhüllung als friedvolle Interpretinnen ihrer Religion präsentieren dürfen. Das Problem begegnet uns, wenn wir erfahren, dass Kritiker oder Apostaten des Islam - wie beispielsweise Hamad Abdel-Samad - sich nur noch unter Polizeischutz bewegen können.
Es heißt, all das seien nur Auswüchse eines radikalisierten Islam, eben des Islamismus. Zur weiteren Simplifizierung des Problems dient das historisch-moralische Argument, der Islamismus sei die bittere Frucht des westlichen Kolonialismus und Imperialismus. Im Hinblick auf die Muslimbrüder, von deren Begründer Hassan al-Banna bis zu den Terrormilizen von heute, ist dieses Argument nicht völlig abwegig, auch nicht im Hinblick auf die Ursprünge der islamischen Revolution und das schiitische Mullah-Regime im Iran. Manche verständnisvolle "Orientalisten" mögen an die Kränkung der hoch entwickelten muslimisch-arabischen Welt durch die primitiven Kreuzfahrer erinnern, anderen fällt als Verursacher allen Übels Napoleon Bonaparte ein, der 1798 die Mameluken unweit der Pyramiden vernichtend schlug. Imperialismus-Experten verweisen auf das Sykes-Picot-Geheimabkommen (1916), als Briten und Franzosen den arabischen Teil des Osmanischen Reiches unter sich aufteilten. Hinzu kommt die - dereinst "1968" mit Imperialismus-Phrasen "analysierte" - Rolle des siegreichen Staates Israel in Nahost.
Hinsichtlich des durch die Erhebung von sunnitischen Kräften gegen das Alawiten-Regime des Bashar al-Assad ausgelösten mörderischen Chaos in Syrien sind selbst aufgeklärte Geister ratlos. Unter den "linken" Islam/Islamismus-Verstehern will überdies niemand erkennen, dass seit Jahrzehnten die wahabitischen Saudis - ungeachtet ihrer Feindschaft gegenüber den Muslimbrüdern - die Expansion des radikalen Islam betreiben: durch Moscheenbau in der Türkei in der Ära lange vor Erdogan, durch Unterstützung der Mudschahedin in Afghanistan, der Islamisten in Algerien, der Muslime in Bosnien und auf dem Balkan, durch Koranschulen und Moscheenbau in Westeuropa, gerade auch in unseren Städten. Unerklärlich und unerklärt bleibt in "linker" Imperialismus-Analyse und/oder interkultureller Verstehensanalyse der im Krisenensemble - in Syrien, im Irak, am Persischen Golf, im Jemen - blutig eklatierende innerislamische Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Schließlich: Wer verfügt - im Hinblick auf die wachsende türkische Minderheit in Deutschland - über ein klares Bild des von Erdogan unter neo-osmanischen Vorzeichen verfolgten Konzepts einer Ausdehnung des Islam in Europa? Was sind angesichts der Bevökerungsentwicklung die Folgen für Gesellschaft, Kultur und Politik in Westeuropa?
Wer derlei Fragen stellt, den trifft - selbst als Kritiker aus dem betreffenden Kulkturkreis - der empörte Vorwurf der "Islamophobie" bzw. - in absurder Verdrehung des Begriffs - des "Rassismus". Die Attacken kommen aus dem Munde der selbsternannten Sprecher der communities, aus dem der regierungsamtlich bestellten Integrationsbeauftragten (e.g. Aydan Özügüz; zur Person s. Necla Kelek http://www.emma.de/artikel/ministerin-aydan-oezuguz-entlarvt-334201), allgemein aus dem Milieu interkulturellen Lernens und multikultureller Vielfalt.
Der französische Philosoph Pascal Bruckner schreibt dazu in einem Aufsatz, übertitelt mit "Imaginärer Rassismus" (https://www.nzz.ch/feuilleton/islamophobie-imaginaerer-rassismus-ld.1287872) : "Da kommt nun das Seltsamste an der ganzen Geschichte: die Beteiligung einer Fraktion der europäischen und amerikanischen Linken an der Verteidigung des rückständigsten Islams. Man könnte von einer neobolschewistischen Bigotterie sprechen, der verirrte Anhänger des Marxismus frönen. Die Linke, die alles verloren hat – die Arbeiterklasse, die UdSSR, die Dritte Welt –, sie klammert sich an die Illusion, der Islam sei «die Religion der Unterdrückten», wie es...Emmanuel Todd nach dem Anschlag auf «Charlie Hebdo» sagte, obwohl einige arabisch-muslimische Staaten dank der Erdöl- und Erdgas-Rente zu den reichsten der Welt zählen."
Die Angriffe dienen der Abwehr aller Fragen nach der in der islamischen Religion selbst angelegten Problematik. Noch einmal in Stichworten: Es geht um die mit der Entstehung und Ausbreitung der Religion verknüpften Rolle der Gewalt, um den universalen Hegemonialanspruch der Religion, um die fehlende Scheidung von geistlicher und weltlicher Macht, um die Scharia und alle damit verbundenen Rechtsvorstellungen, last but not least um die Rolle der Frau in islamisch traditionsgebundenen Gesellschaften.
Das Problembündel stammt aus der Frühzeit des Islam, einer Religion, gegründet auf eine hermetische Offenbarung. Was, von zaghaften, alsbald abgeschnittenen Ansätzen abgesehen, der laut muslimischem Glauben aus dem Munde des Propheten höchstselbst verkündeten Religion fehlt, ist die in Europa im Zeitalter der Vernunft an kirchlichen Dogmen und den Texten der Bibel vollzogene Aufklärung, mithin die Relativierung des universellen Wahrheitsanspruches (den man in einem höheren universalistischen Wahrheitsanspruch aufzuheben bestrebt war). Dass die Fundamente ihres Glaubens ins Wanken geraten, wenn sie den Koran historisch-wissenschaftlicher, historisierender Kritik unterziehen, wissen die "Fundamentalisten" des Islam sehr wohl. Gerade deshalb verabscheuen sie den westlichen Säkularismus und verdächtigen diesen - nicht gänzlich fern aller Realität - des Atheismus.
Die anhaltende Einwanderung konfrontiert die säkularen Gesellschaften Europas mit einem unbequemen Phänomen: Was tun mit "westliche Werte" verweigernden, in Clan-Strukturen verwurzelten, fundamentalistisch Gläubigen, die entgegen allen Deklamationen und Integrationsprojekten nicht im mindesten daran denken, sich zu "integrieren"? Eine für die bundesrepublikanische Praxis typische Antwort gab dieser Tage Peter Altmaier, Merkels Kanzleramtsminister seit 2013, kinderlos: „Man kann dem Vater einer jungen Migrantin klar machen, dass es keinen moralischen Untergang bedeutet, wenn sie sich die Nägel lackiert. Umgekehrt sollte sie aber auch akzeptiert werden und arbeiten dürfen, wenn sie einen Schleier tragen will."
Dass die "neuen Deutschen", richtiger: die EU-Freizügigkeit genießenden "neuen Europäer", als Gastgeschenk aus dem Morgenland ein Problem mit sich tragen, wollen die Eliten weder wissen noch das Volk wissen lassen. Das Problem ist - darf man´s benennen? - der Islam, und zwar der Islam - von milderen Varianten wie in Jordanien und in Assads Syrien (!) abgesehen - in diversen Ausprägungen, eben nicht nur der "Islamismus". Gewiss, wer das Thema in dieser Weise angeht, gilt in diesem unserem Lande sowie allgemein im liberalen Westen als "islamophob".
Das ist politisch korrekter Nonsens (wenngleich ähnlich anderen, griechisch aufgemöbelt nach Wissenschaft klingenden Komposita ein beliebter Kampfbegriff der lingua politica). Das Problem begegnet uns eben nicht nur, wenn in westeuropäischen Großstädten erneut ein Terroranschlag mit zahlreichen Opfern stattgefunden hat und die nachfolgenden Betroffenheitsrituale politische Hilflosigkeit signalisieren. Das Problem begegnet uns alltäglich auf den Straßen, in den Schulen und Hochschulen, in den öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in den Medien, ob öffentlich-rechtlich oder privat, wo sich Frauen in unterschiedlichen Graden der Verhüllung als friedvolle Interpretinnen ihrer Religion präsentieren dürfen. Das Problem begegnet uns, wenn wir erfahren, dass Kritiker oder Apostaten des Islam - wie beispielsweise Hamad Abdel-Samad - sich nur noch unter Polizeischutz bewegen können.
Es heißt, all das seien nur Auswüchse eines radikalisierten Islam, eben des Islamismus. Zur weiteren Simplifizierung des Problems dient das historisch-moralische Argument, der Islamismus sei die bittere Frucht des westlichen Kolonialismus und Imperialismus. Im Hinblick auf die Muslimbrüder, von deren Begründer Hassan al-Banna bis zu den Terrormilizen von heute, ist dieses Argument nicht völlig abwegig, auch nicht im Hinblick auf die Ursprünge der islamischen Revolution und das schiitische Mullah-Regime im Iran. Manche verständnisvolle "Orientalisten" mögen an die Kränkung der hoch entwickelten muslimisch-arabischen Welt durch die primitiven Kreuzfahrer erinnern, anderen fällt als Verursacher allen Übels Napoleon Bonaparte ein, der 1798 die Mameluken unweit der Pyramiden vernichtend schlug. Imperialismus-Experten verweisen auf das Sykes-Picot-Geheimabkommen (1916), als Briten und Franzosen den arabischen Teil des Osmanischen Reiches unter sich aufteilten. Hinzu kommt die - dereinst "1968" mit Imperialismus-Phrasen "analysierte" - Rolle des siegreichen Staates Israel in Nahost.
Hinsichtlich des durch die Erhebung von sunnitischen Kräften gegen das Alawiten-Regime des Bashar al-Assad ausgelösten mörderischen Chaos in Syrien sind selbst aufgeklärte Geister ratlos. Unter den "linken" Islam/Islamismus-Verstehern will überdies niemand erkennen, dass seit Jahrzehnten die wahabitischen Saudis - ungeachtet ihrer Feindschaft gegenüber den Muslimbrüdern - die Expansion des radikalen Islam betreiben: durch Moscheenbau in der Türkei in der Ära lange vor Erdogan, durch Unterstützung der Mudschahedin in Afghanistan, der Islamisten in Algerien, der Muslime in Bosnien und auf dem Balkan, durch Koranschulen und Moscheenbau in Westeuropa, gerade auch in unseren Städten. Unerklärlich und unerklärt bleibt in "linker" Imperialismus-Analyse und/oder interkultureller Verstehensanalyse der im Krisenensemble - in Syrien, im Irak, am Persischen Golf, im Jemen - blutig eklatierende innerislamische Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Schließlich: Wer verfügt - im Hinblick auf die wachsende türkische Minderheit in Deutschland - über ein klares Bild des von Erdogan unter neo-osmanischen Vorzeichen verfolgten Konzepts einer Ausdehnung des Islam in Europa? Was sind angesichts der Bevökerungsentwicklung die Folgen für Gesellschaft, Kultur und Politik in Westeuropa?
Wer derlei Fragen stellt, den trifft - selbst als Kritiker aus dem betreffenden Kulkturkreis - der empörte Vorwurf der "Islamophobie" bzw. - in absurder Verdrehung des Begriffs - des "Rassismus". Die Attacken kommen aus dem Munde der selbsternannten Sprecher der communities, aus dem der regierungsamtlich bestellten Integrationsbeauftragten (e.g. Aydan Özügüz; zur Person s. Necla Kelek http://www.emma.de/artikel/ministerin-aydan-oezuguz-entlarvt-334201), allgemein aus dem Milieu interkulturellen Lernens und multikultureller Vielfalt.
Der französische Philosoph Pascal Bruckner schreibt dazu in einem Aufsatz, übertitelt mit "Imaginärer Rassismus" (https://www.nzz.ch/feuilleton/islamophobie-imaginaerer-rassismus-ld.1287872) : "Da kommt nun das Seltsamste an der ganzen Geschichte: die Beteiligung einer Fraktion der europäischen und amerikanischen Linken an der Verteidigung des rückständigsten Islams. Man könnte von einer neobolschewistischen Bigotterie sprechen, der verirrte Anhänger des Marxismus frönen. Die Linke, die alles verloren hat – die Arbeiterklasse, die UdSSR, die Dritte Welt –, sie klammert sich an die Illusion, der Islam sei «die Religion der Unterdrückten», wie es...Emmanuel Todd nach dem Anschlag auf «Charlie Hebdo» sagte, obwohl einige arabisch-muslimische Staaten dank der Erdöl- und Erdgas-Rente zu den reichsten der Welt zählen."
Die Angriffe dienen der Abwehr aller Fragen nach der in der islamischen Religion selbst angelegten Problematik. Noch einmal in Stichworten: Es geht um die mit der Entstehung und Ausbreitung der Religion verknüpften Rolle der Gewalt, um den universalen Hegemonialanspruch der Religion, um die fehlende Scheidung von geistlicher und weltlicher Macht, um die Scharia und alle damit verbundenen Rechtsvorstellungen, last but not least um die Rolle der Frau in islamisch traditionsgebundenen Gesellschaften.
Das Problembündel stammt aus der Frühzeit des Islam, einer Religion, gegründet auf eine hermetische Offenbarung. Was, von zaghaften, alsbald abgeschnittenen Ansätzen abgesehen, der laut muslimischem Glauben aus dem Munde des Propheten höchstselbst verkündeten Religion fehlt, ist die in Europa im Zeitalter der Vernunft an kirchlichen Dogmen und den Texten der Bibel vollzogene Aufklärung, mithin die Relativierung des universellen Wahrheitsanspruches (den man in einem höheren universalistischen Wahrheitsanspruch aufzuheben bestrebt war). Dass die Fundamente ihres Glaubens ins Wanken geraten, wenn sie den Koran historisch-wissenschaftlicher, historisierender Kritik unterziehen, wissen die "Fundamentalisten" des Islam sehr wohl. Gerade deshalb verabscheuen sie den westlichen Säkularismus und verdächtigen diesen - nicht gänzlich fern aller Realität - des Atheismus.
Die anhaltende Einwanderung konfrontiert die säkularen Gesellschaften Europas mit einem unbequemen Phänomen: Was tun mit "westliche Werte" verweigernden, in Clan-Strukturen verwurzelten, fundamentalistisch Gläubigen, die entgegen allen Deklamationen und Integrationsprojekten nicht im mindesten daran denken, sich zu "integrieren"? Eine für die bundesrepublikanische Praxis typische Antwort gab dieser Tage Peter Altmaier, Merkels Kanzleramtsminister seit 2013, kinderlos: „Man kann dem Vater einer jungen Migrantin klar machen, dass es keinen moralischen Untergang bedeutet, wenn sie sich die Nägel lackiert. Umgekehrt sollte sie aber auch akzeptiert werden und arbeiten dürfen, wenn sie einen Schleier tragen will."
Dienstag, 18. Juli 2017
Aus Politik und Wissenschaft
I.
Die Hamburger G-20-Festspiele, für deren Folgekosten von ca. 180 Millionen Euro aufgrund versicherungsrechtlicher Kautelen bezüglich innerer Unruhen und/oder (bürger-)kriegerischer Umstände mutmaßlich die demokratischen Steuerzahler (sc. -rinnen) aufzukommen haben, okkupierten die Qualitäts- und sonstigen Medien in der vergangenen Woche, haben indes bereits wieder an Aktualität eingebüßt. Nicht von ungefähr: Die Werte der freiheitlichen Demokratie stehen auf dem Spiel, wenn der Nato-Bündnispartner Erdogan in seinem Lande.deutschen Bundestagsabgeordneten den Besuch auf einer Militärbasis zur Stärkung der Kampfmoral deutscher Soldaten (sc. -innen) verweigert.
Weniger bedeutsam und demokratiefeindlich erscheint demgegenüber die Enteignung der letzten Kirchengüter der durch Verfolgung und Flucht dahingeschmolzenen aramäisch-christlichen Minderheit. Im Verhältnis zur Türkei gibt es wichtigere Fragen, etwa die nach den tatsächlichen Hintergründen des vor einem Jahr blutig gescheiterten Miliärputsches sowie - noch wichtiger - nach Erdogans Absichten hinsichtlich der Wiedereinführung der Todesstrafe. Dann verlöre man in Brüssel, Straßburg, Luxemburg und Berlin endgültig die Geduld mit dem werteverletzenden Erdogan, so heißt es. Wir dürfen derartigen Spekulationen noch einen Satz hinzufügen: Auch im schlimmsten EU-feindlichen Falle bliebe die - geopolitisch unentbehrliche - Nato-Mitgliedschaft der Türkei davon unberührt.
II.
Die FAZ vom 18. Juli (S.2) zeigt Angela Merkel mit siegesgewiss fröhlichem Konfirmandenlächeln auf einem roten Sessel im Fernsehstudio. Sie denkt nicht daran, die Nachbereitung des G-20-Gipfels zu einem Wahlkampfthema zu machen. Das Thema innere Sicherheit - nicht anders als dievon der "Krise" zur Normalität herabgestufte, unvermindert anhaltende Massenimmigration - eignet sich nicht für den Wahlkampf. Der Kampf um Wählerstimmen verspricht mithin langweilig zu werden, wäre da nicht die CSU mit ihrem "Bayern"-Programm und der bereits zwei Jahre alten Forderung nach einer Obergrenze von 200 000 realen und simulativen Flüchtlingen ("refugees"/Geflüchtete) pro Jahr, womit sie glaubt und hofft, die AfD aus dem Bundestag fernhalten zu können.
Das Schlusswort zu den Schlachtszenen in Hamburg sprach wiederum die Kanzlerin. Auf die verspätete Erkenntnis ihres SPD-Außenministers (und Wahlkämpfers) Sigmar Gabriel, man hätte den G-20-Gipfel an den für derartige globale Themen besser geeigneten Sitz der UNO in New York einberufen sollen, reagierte sie mit der Richtigstellung, nicht sie habe ihren Geburtsort Hamburg als Tagungsort empfohlen, "sondern da gibt es Empfehlungen." Merkel beendete die Debatte um den Gipfel mit folgendem Satz: "Dann ist die Wahl auf Hamburg getroffen worden." Ohne Frage verdankt die CDU-Physikerin Merkel ihre ewige Kanzlerschaft der Überzeugungskraft ihrer Sprachkunst.
III.
Kurz vor der Sommerpause entdeckte die Kanzlerin in einer Veranstaltung des Intelligenzblattes "Brigitte" im Berliner Gorki-Theater (ehedem Singakademie) die vollgültig gleichgestellte Homo-Ehe als Gewissensfrage. Der Weg zu beliebigen Koalitionsspielen - unter ihrer Regie - nach den Septemberwahlen war damit geöffnet. In der Abstimmung folgte sie ihrem diesbezüglich altjüngferlich protestantisch anmutenden Gewissen und stimmte dagegen. Das Gewissen aller übrigen Parteien im Bundestag orientierte sich innengeleitet und progressiv zugleich am Willen ihrer Fraktionen, von denen es sich keine mit der LSBTXXL-Lobby sowie mit der in Fragen der Nächstenliebe höchstprogressiven Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz verderben will.
Das Bundestagsvotum - mangels Zweidrittelmehrheit (s.o. Merkel et al.) womöglich noch unter Vorbehalt einer Normenkontrollklage - zugunsten der Totalgleichstellung aller denkbaren Liebeskonstellationen inspirierte die Soziologin Barbara Küchler zu historisch angereicherten Reflexionen über den Wandel der Ehe im Zuge der Menschheit - ehedem sprachen nicht nur Marx und Engels von der Urgesellschaft, wieder andere von der "Urhorde" - zum jüngsten Rechtsinstitut in der westlichen EU. Zum besseren Verständnis: Definitionsfrei versteht die Autorin unter "Moderne" offenbar nicht die mit Aufklärung und bürgerlicher Gesellschaft einsetzende Moderne, sondern die Gegenwart, i.a.W. die modernste Moderne.
Aus dem wissenschaftlichen Traktat seien einige Passagen dem Publikum zur Kenntnis gebracht: "Naturhafte Aspekte prägen nun auch die soziale Institution von Liebe, Ehe und Beziehung nicht mehr. Deren Koppelung an natürlich-biologische Sachverhalte wird gelockert, die selbstverständliche Verschaltung endet, die Freiheitsgrade sozialer Ordnungsbildung steigen." Ehedem sei die "Institution Ehe schlechterdings untrennbar vom biologischen Tatbestand der Fortpflanzung" gewesen, "und noch im christlichen Mittelalter" habe Kinderlosigkeit die Auflösung der Ehe ermöglicht. "Die moderne Gesellschaft dagegen schätzt die Ehe - das intime Zusammenleben zweier Menschen - als einen Zweck in sich selbst." Gut, es geht nicht mehr um so prosaische Dinge wie Reproduktion, "vielmehr geht es um die soziale Dimension der Sache: um das intensive Bezogensein auf einen Anderen, [...] das unendliche Entdecken der Tiefen und Untiefen des Anderen, all das was wir ´Liebe´ nennen. Dieses Projekt ist in sich schwierig und unwahrscheinlich genug."
Weiter: "Es wird in dieser Gesellschaft immer wichtiger, mit einem relevanten Anderen eng vertraut zu sein und die eigene Identität darin bestätigt zu sehen, weil der Rest der Gesellschaft immer anonymer, kälter und immer mehr an großen Zahlen orientiert ist." Der Satz verlangt nach Interpretation: Der moderne Faust, so scheint es, ließe sich von Mephisto nicht mehr verleiten, Helenen in jedem Weibe zu sehen. Klingt die Begründung dafür aber nicht verdächtig nach deutscher Kulturkritik? Wie auch der folgende Satz: "Es wird aber gleichzeitig immer schwieriger, es mit einem Anderen im intimen Miteinander auszuhalten, weil die Menschen immer individualisierter werden, immer anspruchsvoller und reicher an Macken und Komplexen und immer höhere Erwartungen an Glück, Sinn und Erfüllung in Liebesbeziehungen stellen." War früher etwa doch alles besser? Nein, ganz und gar nicht, denn: "Früher war man mit einer Ehe zufrieden, wenn man dem Anderen ohne größere Hassgefühle täglich am Frühstückstisch sehen konnte." (In Parenthese: Früher gab es anscheinend auch noch keine Schichtarbeit für familienernährende Malocher).
Wie also sieht die Ehe nach dem Bundestagsbeschluss für mariage pour tous aus? "Heute macht man es (sic!) nicht unterhalb der mehr oder weniger idealen Charakterkonstellation, die beiden Partner Anregung und Anziehung, Entspannung und Erregung, Vertrauen und Reibungsfläche bietet."
Die jüngste Moderne erfordert mithin neue Verschaltungen. Mehr oder weniger...
Die Hamburger G-20-Festspiele, für deren Folgekosten von ca. 180 Millionen Euro aufgrund versicherungsrechtlicher Kautelen bezüglich innerer Unruhen und/oder (bürger-)kriegerischer Umstände mutmaßlich die demokratischen Steuerzahler (sc. -rinnen) aufzukommen haben, okkupierten die Qualitäts- und sonstigen Medien in der vergangenen Woche, haben indes bereits wieder an Aktualität eingebüßt. Nicht von ungefähr: Die Werte der freiheitlichen Demokratie stehen auf dem Spiel, wenn der Nato-Bündnispartner Erdogan in seinem Lande.deutschen Bundestagsabgeordneten den Besuch auf einer Militärbasis zur Stärkung der Kampfmoral deutscher Soldaten (sc. -innen) verweigert.
Weniger bedeutsam und demokratiefeindlich erscheint demgegenüber die Enteignung der letzten Kirchengüter der durch Verfolgung und Flucht dahingeschmolzenen aramäisch-christlichen Minderheit. Im Verhältnis zur Türkei gibt es wichtigere Fragen, etwa die nach den tatsächlichen Hintergründen des vor einem Jahr blutig gescheiterten Miliärputsches sowie - noch wichtiger - nach Erdogans Absichten hinsichtlich der Wiedereinführung der Todesstrafe. Dann verlöre man in Brüssel, Straßburg, Luxemburg und Berlin endgültig die Geduld mit dem werteverletzenden Erdogan, so heißt es. Wir dürfen derartigen Spekulationen noch einen Satz hinzufügen: Auch im schlimmsten EU-feindlichen Falle bliebe die - geopolitisch unentbehrliche - Nato-Mitgliedschaft der Türkei davon unberührt.
II.
Die FAZ vom 18. Juli (S.2) zeigt Angela Merkel mit siegesgewiss fröhlichem Konfirmandenlächeln auf einem roten Sessel im Fernsehstudio. Sie denkt nicht daran, die Nachbereitung des G-20-Gipfels zu einem Wahlkampfthema zu machen. Das Thema innere Sicherheit - nicht anders als dievon der "Krise" zur Normalität herabgestufte, unvermindert anhaltende Massenimmigration - eignet sich nicht für den Wahlkampf. Der Kampf um Wählerstimmen verspricht mithin langweilig zu werden, wäre da nicht die CSU mit ihrem "Bayern"-Programm und der bereits zwei Jahre alten Forderung nach einer Obergrenze von 200 000 realen und simulativen Flüchtlingen ("refugees"/Geflüchtete) pro Jahr, womit sie glaubt und hofft, die AfD aus dem Bundestag fernhalten zu können.
Das Schlusswort zu den Schlachtszenen in Hamburg sprach wiederum die Kanzlerin. Auf die verspätete Erkenntnis ihres SPD-Außenministers (und Wahlkämpfers) Sigmar Gabriel, man hätte den G-20-Gipfel an den für derartige globale Themen besser geeigneten Sitz der UNO in New York einberufen sollen, reagierte sie mit der Richtigstellung, nicht sie habe ihren Geburtsort Hamburg als Tagungsort empfohlen, "sondern da gibt es Empfehlungen." Merkel beendete die Debatte um den Gipfel mit folgendem Satz: "Dann ist die Wahl auf Hamburg getroffen worden." Ohne Frage verdankt die CDU-Physikerin Merkel ihre ewige Kanzlerschaft der Überzeugungskraft ihrer Sprachkunst.
III.
Kurz vor der Sommerpause entdeckte die Kanzlerin in einer Veranstaltung des Intelligenzblattes "Brigitte" im Berliner Gorki-Theater (ehedem Singakademie) die vollgültig gleichgestellte Homo-Ehe als Gewissensfrage. Der Weg zu beliebigen Koalitionsspielen - unter ihrer Regie - nach den Septemberwahlen war damit geöffnet. In der Abstimmung folgte sie ihrem diesbezüglich altjüngferlich protestantisch anmutenden Gewissen und stimmte dagegen. Das Gewissen aller übrigen Parteien im Bundestag orientierte sich innengeleitet und progressiv zugleich am Willen ihrer Fraktionen, von denen es sich keine mit der LSBTXXL-Lobby sowie mit der in Fragen der Nächstenliebe höchstprogressiven Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz verderben will.
Das Bundestagsvotum - mangels Zweidrittelmehrheit (s.o. Merkel et al.) womöglich noch unter Vorbehalt einer Normenkontrollklage - zugunsten der Totalgleichstellung aller denkbaren Liebeskonstellationen inspirierte die Soziologin Barbara Küchler zu historisch angereicherten Reflexionen über den Wandel der Ehe im Zuge der Menschheit - ehedem sprachen nicht nur Marx und Engels von der Urgesellschaft, wieder andere von der "Urhorde" - zum jüngsten Rechtsinstitut in der westlichen EU. Zum besseren Verständnis: Definitionsfrei versteht die Autorin unter "Moderne" offenbar nicht die mit Aufklärung und bürgerlicher Gesellschaft einsetzende Moderne, sondern die Gegenwart, i.a.W. die modernste Moderne.
Aus dem wissenschaftlichen Traktat seien einige Passagen dem Publikum zur Kenntnis gebracht: "Naturhafte Aspekte prägen nun auch die soziale Institution von Liebe, Ehe und Beziehung nicht mehr. Deren Koppelung an natürlich-biologische Sachverhalte wird gelockert, die selbstverständliche Verschaltung endet, die Freiheitsgrade sozialer Ordnungsbildung steigen." Ehedem sei die "Institution Ehe schlechterdings untrennbar vom biologischen Tatbestand der Fortpflanzung" gewesen, "und noch im christlichen Mittelalter" habe Kinderlosigkeit die Auflösung der Ehe ermöglicht. "Die moderne Gesellschaft dagegen schätzt die Ehe - das intime Zusammenleben zweier Menschen - als einen Zweck in sich selbst." Gut, es geht nicht mehr um so prosaische Dinge wie Reproduktion, "vielmehr geht es um die soziale Dimension der Sache: um das intensive Bezogensein auf einen Anderen, [...] das unendliche Entdecken der Tiefen und Untiefen des Anderen, all das was wir ´Liebe´ nennen. Dieses Projekt ist in sich schwierig und unwahrscheinlich genug."
Weiter: "Es wird in dieser Gesellschaft immer wichtiger, mit einem relevanten Anderen eng vertraut zu sein und die eigene Identität darin bestätigt zu sehen, weil der Rest der Gesellschaft immer anonymer, kälter und immer mehr an großen Zahlen orientiert ist." Der Satz verlangt nach Interpretation: Der moderne Faust, so scheint es, ließe sich von Mephisto nicht mehr verleiten, Helenen in jedem Weibe zu sehen. Klingt die Begründung dafür aber nicht verdächtig nach deutscher Kulturkritik? Wie auch der folgende Satz: "Es wird aber gleichzeitig immer schwieriger, es mit einem Anderen im intimen Miteinander auszuhalten, weil die Menschen immer individualisierter werden, immer anspruchsvoller und reicher an Macken und Komplexen und immer höhere Erwartungen an Glück, Sinn und Erfüllung in Liebesbeziehungen stellen." War früher etwa doch alles besser? Nein, ganz und gar nicht, denn: "Früher war man mit einer Ehe zufrieden, wenn man dem Anderen ohne größere Hassgefühle täglich am Frühstückstisch sehen konnte." (In Parenthese: Früher gab es anscheinend auch noch keine Schichtarbeit für familienernährende Malocher).
Wie also sieht die Ehe nach dem Bundestagsbeschluss für mariage pour tous aus? "Heute macht man es (sic!) nicht unterhalb der mehr oder weniger idealen Charakterkonstellation, die beiden Partner Anregung und Anziehung, Entspannung und Erregung, Vertrauen und Reibungsfläche bietet."
Die jüngste Moderne erfordert mithin neue Verschaltungen. Mehr oder weniger...
Sonntag, 2. Juli 2017
Reflexionen vor dem Straßburger Trauerakt
Der Tod Helmut Kohls (1930-2017) markiert den endgültigen Abschied von dem von den Schrecken zweier Weltkriege, von Kaltem Krieg und - kurzzeitig nach dem Mauerfall - von großen Hoffnungen geprägten 20. Jahrhundert. Gemäß einer medial verbreiteten inhaltslosen Billigphrase ist es uns Zeitgenossen, eine knappe Generation jünger als der einst viel geschmähte, dann viel bewunderte deutsche Staatsmann, geboten, endlich "im 21. Jahrhundert anzukommen". - Anstelle eines weiteren Kommentars zu den Trauerfeierlichkeiten für den Verstorbenen darf ich das Globkult-Publikum auf folgenden Beitrag verweisen, der eine Woche vor dem Straßburger Trauerakt erschienen ist: : https://www.tichyseinblick.de/meinungen/fragen-zum-trauerakt-im-blick-auf-das-neue-europa/
Freitag, 30. Juni 2017
Ein "historischer Tag" und historische Reminiszenzen
I.
Nein, wir Demokratinnen und Demokraten
müssen erkennen, dass die Würde des Hohen Hauses während und nach
der heutigen Abstimmung im Bundestag (im dereinst von Frau Süßmuth
blauviolett-demokratisch bestuhlten Reichstagsinneren) von den
Konfettigranaten der Grünen nicht beschädigt, sondern illuminiert
wurde. Und dass die ergrauten Grünen das Parlament mit einem
Kindergarten verwechseln, ist ihnen angesichts ihrer geistigen
Gesamtverfassung auch gar nicht zu verdenken. Zur infantilen Freude
gehört auch der Jubel der abgebrochenen Theologiestudentin und
hochrangigen Protestantin in den entsprechenden Führungsgremien der
Zeitgeistmanufaktur EKD. Es sei ein „historischer Tag“ - was
immer die Dame, frisch und aufs neue liiert mit einem anderen
Kirchenfürsten, unter historisch verstehen mag. Als Theologin weiß
sie zumindest, dass die Evangelische Kirche seit 1945 immer auf der
richtigen Seite steht.
Historisch war der Tag fraglos für
Volker Beck, der sein ganzes Leben in den Dienst der edlen Sache
gestellt hat. Amor vincit omnia. Entgegen allen Protestationen aus
seinem Munde gab es ehedem für Beck keine altersmäßige Untergenze
für grenzenlose Liebe. And, lest we forget: Zur Befeuerung
der Liebesfähigkeit versorgte er sich bei Bedarf mit Crystal Meth
beim Dealer auf der Nolle, was – nach einer Anzeige, Abtauchen in
den krankheitsbedingten Untergrund, Wiederaufstehung und Rückkehr
in die Arena der Politik– seinem Ansehen als Menschenrechtskämpfer
für Sex samt Ehe für alle keinen Abbruch tat. Beck, von den
NRW-Delegierten bei der Kandidatenkür für die Merkel-Wahl im
September 2017 abgewählt, trat am „historischen“ Tag ab wie ein
Gockel – er sprach sprach- und genderinsensiblel vom Sieg der
Schwulen und Lesben - im Besitz aller Federn nach siegreichem
Hahnenkampf.
II.
Ob und wie historisch die heutige
Abstimmung „historisch“ zu nennen ist, wird mutmaßlich das
Bundesverfassungsgericht entscheiden – vorausgesetzt, dass einer
der noch glaubensfesten Katholiken seine Ablehnung der L-S-etc-Ehe
nach Karlsruhe trägt. Warum kaum noch ein Protestant – immerhin
hat der frühere Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier (Protestant)
das matrimonium-für-alle-Gesetz bereits für
verfassungswidrig erklärt - außer den als „rechts“ kategorisierten
konservativen sog. Evangelikalen am Segen des universellen
Eheglücks zweifelt, erscheint historisch einleuchtend: Der
Reformator und Begründer des – seit ca. 50 Jahren obsolet
gewordenen - kinderreichen Hetero-Pfarrhauses Martin Luther erklärte
die Ehe für ein „weltlich Ding“ und hielt nichts von dem von Rom
(Ost- und West-Rom) begründeten Sakrament. Überdies genehmigte er
dem Landgrafen Philipp von Hessen ein zweites Weib zur Befriedigung
seiner überschäumenden Triebe. Die in den Leitungsgremien - wie der
AStA den deutschen Universitäten „gewählt“ von einer
verschwindenden Minderheit der Kirchensteuerzahler – anzutreffenden
Progressivprotestanten wissen sich historisch auf der richtigen
Seite, wenn sie wie stets meinen, politisch den Ton angeben zu
dürfen.
Spätestens im September 2017 – bei
den Koalitionsverhandlungen – wird man weitersehen. Bis dahin
dürfen wir uns Gedanken über das in der letzten Woche vor den
Parlamentsferien noch prestissimo inszenierte Spiel machen. Wer hat
wen ausgetrickst? Martin Schulz, der von der „sozialen
Gerechtigkeit“ zur „Ehegerechtigkeit“ überwechselte, Christian
Lindner, der sich als Liberaler naturgemäß für einen liberalen
Umgang mit der Verfassung stark machte, oder - von den „linken“
Klassenkämpfern ganz abgesehen – am Ende wieder einmal Merkel. Dass ihr
beim „Brigitte“-Talkshow-Spektakel im Gorki-Theater der in
bekannter Merkel-Diktion geäußerte Satz über die Gewissensfrage bei
der Homo-Ehe gänzlich unerwartet von den Lippen ging – das mögen
die von einem „Schabowski“-Versprecher Fabulierenden glauben.
Merkel parierte die von SPD und FDP eingeleiteten Wahlkampf-Manöver und hielt sich alle Koalitionsoptionen im Herbst d.J. offen. Der „Tagesspiegel“-Redakteur Malte Fleming vermutet sogar ein noch raffinierteres Spiel: Merkel habe von vornherein den Gang nach Karlsruhe ins Auge gefasst und rechne mit einer negativen – zumindest „le mariage pour tous“ wieder einschränkenden - Entscheidung des BVerfG. http://www.tagesspiegel.de/politik/bundestag-beschliesst-ehe-fuer-alle-merkels-geheimer-plan-eine-spekulation/20001842.html. Dem sei, wie es sei...
Merkel parierte die von SPD und FDP eingeleiteten Wahlkampf-Manöver und hielt sich alle Koalitionsoptionen im Herbst d.J. offen. Der „Tagesspiegel“-Redakteur Malte Fleming vermutet sogar ein noch raffinierteres Spiel: Merkel habe von vornherein den Gang nach Karlsruhe ins Auge gefasst und rechne mit einer negativen – zumindest „le mariage pour tous“ wieder einschränkenden - Entscheidung des BVerfG. http://www.tagesspiegel.de/politik/bundestag-beschliesst-ehe-fuer-alle-merkels-geheimer-plan-eine-spekulation/20001842.html. Dem sei, wie es sei...
III.
Dem Beobachter des grünen
Konfetti-Kindergeburtstagsspiels im Bundestag drängen sich am Tag des 30. Juni
gewisse historische Reminiszenzen auf. Am 30. Juni 1934 eröffnete
der Reichskanzler - noch nicht "Führer und Reichskanzler" - Adolf Hitler vermittels SS
(und diskreter Unterstützung seitens der Reichswehr) die erste
große Mordorgie des NS-Regimes. Im Hotel Hanselbauer zu Bad Wiessee
jagte Hitler höchstselbst seinen alten Kampfgefährten und
Duzfreund Ernst Röhm ("Stabschef der SA") mitsamt dessen schwuler Entourage aus den
Betten. Die Ermordung Röhms im Münchner Gefängnis Stadelheim überließ er am Tag danach dem SS-Helden Sepp Dietrich.
Bis zum sog. "Röhm-Putsch" hatte der vom Putschisten zum Legalisten umgeschwenkte Braunauer Kritik am Lebensstil seiner alten Kämpfer mit den Worten „Meine SA ist kein Mädchenpensionat“ abgewiesen. Nach dem Massaker an seinen Genossen – die mörderische Entmachtung der nicht nur verbal sozialrevolutionär auftretenden SA wurde in weiten Kreisen mit Erleichterung aufgenommen – entdeckten die Nazis die bürgerliche Moral: Homosexualität galt fortan als artfremd verdammenswertes, gemäß § 175 streng zu bestrafendes Delikt. Die schlimmen Erfahrungen aller in die KZs geworfenen Homosexuellen – und nicht wenige Morde an Trägern des „rosa Winkels“ - begründeten sodann den historischen Opferstatus der Schwulen.
Bis zum sog. "Röhm-Putsch" hatte der vom Putschisten zum Legalisten umgeschwenkte Braunauer Kritik am Lebensstil seiner alten Kämpfer mit den Worten „Meine SA ist kein Mädchenpensionat“ abgewiesen. Nach dem Massaker an seinen Genossen – die mörderische Entmachtung der nicht nur verbal sozialrevolutionär auftretenden SA wurde in weiten Kreisen mit Erleichterung aufgenommen – entdeckten die Nazis die bürgerliche Moral: Homosexualität galt fortan als artfremd verdammenswertes, gemäß § 175 streng zu bestrafendes Delikt. Die schlimmen Erfahrungen aller in die KZs geworfenen Homosexuellen – und nicht wenige Morde an Trägern des „rosa Winkels“ - begründeten sodann den historischen Opferstatus der Schwulen.
Ist es statthaft, an diese betrüblichen historischen
Fakten noch einige politisch inkorrekte Bemerkungen zu knüpfen?
Abfällig über den „Hinterlader“ Röhm hatte sich der alte
Reichspräsident Hindenburg geäußert - heute fraglos ein wichtiges
Argument für die „Säuberung“ von entsprechenden Ortsbezeichnungen in deutschen Städten. Zu
erinnern ist indes auch an den rhetorischen Abwehrkampf auf der –
gesamten (?) - damaligen Linken gegen ihre braunen Feinde. Für sie
hatte man die Bezeichnung „Sturmabteilung 175“ parat.
Noch einmal: Ist es historisch erlaubt,
heute, im freiesten Staat der deutschen Geschichte usw., an derart
unstatthafte Fakten zu erinnern? Verfällt derlei Erinnerung nicht
besser der demokratischen damnatio memoriae? Gerät der
Historiker dabei nicht leicht in den Verdacht von Maasens hate
speech?
Montag, 19. Juni 2017
Zwei Zitate post mortem von Helmut Kohl
anstelle eines weiteren Nachrufs auf Helmut Kohl - er würde gewiss noch weniger Leser finden als der zwei Seiten lange von Rainer Blasius in der heutigen FAZ (v. 19.06.2017, S. 2-3) - begnüge ich mich mit nachfolgenden zwei Zitaten:
1) Aus dem einzigen Interview, das Kohl am 27.09.3003 der "Tageszeitung" (taz), vertreten durch den damaligen Chef der Bild-Zeitung Kai Diekmann, gewährte:
Frage: »Wie kommt es, dass der spätere Staatsmann Kohl besonders mit linken Amtskollegen im Ausland so gut konnte?«
Helmut Kohl: »Ich habe mich nie an diesen Fixierungen orientiert - schon weil links und rechts in jedem Land anders interpretiert werden. Im Wortsinn ein Linker ist sicherlich mein Freund Felipe Gonzales, der ehemalige spanische Ministerpräsident. Dieser weltoffene Mann, den Willy Brandt als seinen wahren Enkel in der Sozialistischen Internationale betrachtete, rief mich am Tag der deutschen Einheit früh morgens um 5 Uhr an und sagte: „Helmut, ich versuche schon seit Stunden, dich zu erreichen. Ich habe gerade eine Flasche deines Lieblingsweins hier und trinke sie auf Deutschlands Einheit und dein Wohl!“ Bei François Mitterrand hingegen habe ich mich oft gefragt, ob er wirklich ein Linker ist. Viele waren Sozialdemokraten, aber keine Sozialisten - jedenfalls nicht in dem Sinne wie die, die auf deutschen Straßen herumschrien. Ich habe immer auf den Menschen gesehen, das war für mich entscheidend, nicht links oder rechts.« http://www.taz.de/!5031676/
2) Auszug aus dem gestrigen Kommentar "Der letzte Tritt" von Thomas Rietzschel auf der "Achse des Guten":
»In der Geschichte, der deutschen zumal, kannte er [Helmut Kohl] sich aus; daraus entwickelte er die großen Linien. Diesem leidenschaftlich gesammelten Wissen verdanken wir die deutsche Wiedervereinigung. Da konnte dem beschlagenen Historiker keiner das Wasser reichen. Um seine Menschenkenntnis indes war es wesentlich schlechter bestellt. Der eine überlebende Beweis dafür ist Wolfgang Schäuble, der andere Angela Merkel. Nie war die kommunistisch geschulte, die überzeugte DDR-Bürgerin, „sein Mädchen“, die Ziehtochter, für die er sie lange halten wollte.
Noch mit ihrem Nachruf schämt sie sich nicht, Helmut Kohl, den George Bush sr. als „wahren Freund der Freiheit“ rühmte, einen letzten Tritt zu versetzen. Auch ihren „Lebensweg“, sagte sie, habe er „entscheidend verändert“. Dafür sei sie ihm „ganz persönlich dankbar“. Denn: „Ich konnte von da an auch ohne Angst beim alles überwachenden Staat leben.“
Im Klartext: Die amtierende Bundeskanzlerin betrachtet das unter Helmut Kohl vereinte Deutschland als einen „alles überwachenden Staat“, in dem sie als Politikerin „ohne Angst“ leben kann. Sich dafür in einem Nachruf bei Helmut Kohl zu bedanken, ist eine schlichte Unverschämtheit. Dass sich diese Aussage Merkels sprachlicher Unfähigkeit verdankt, ändert nichts an der ungewollten Offenbarung. Natürlich hätte sie sagen sollen, dass sie ohne Angst nicht „beim“, sondern „vor einem alles überwachenden Staat“ leben konnte."
Allein, sie ist wieder einmal in die selbst gestellte Wortfalle getappt. Der Freudsche Versprecher brachte die Gesinnung an den Tag. Er bestätigte, worauf Angela Merkel während ihrer bisherigen Kanzlerschaft zielstrebig hingewirkt hat und worauf sie weiter zusteuern will: Den Ausbau des omnipräsenten Staates nach ostdeutschem Vorbild.« http://www.achgut.com/artikel/merkels_letzter_tritt
Selbst wer den letzten Passus nicht ohne Einschränkung - war Angela seinerzeit als FDJ-Mädchen in Führungsfunktion aus protestantischer Frömmigkeit vom Geist ihres Staates so tief ergriffen oder bloß hinreichend versiert in der Dialektik der Anpassung? - teilen mag, kann nicht umhin, Merkels Zielstrebigkeit in der Behauptung von Macht sowie in der Kunst der Sebstbehauptung gegen die Herausforderungen der deutschen Sprache zu bewundern.
1) Aus dem einzigen Interview, das Kohl am 27.09.3003 der "Tageszeitung" (taz), vertreten durch den damaligen Chef der Bild-Zeitung Kai Diekmann, gewährte:
Frage: »Wie kommt es, dass der spätere Staatsmann Kohl besonders mit linken Amtskollegen im Ausland so gut konnte?«
Helmut Kohl: »Ich habe mich nie an diesen Fixierungen orientiert - schon weil links und rechts in jedem Land anders interpretiert werden. Im Wortsinn ein Linker ist sicherlich mein Freund Felipe Gonzales, der ehemalige spanische Ministerpräsident. Dieser weltoffene Mann, den Willy Brandt als seinen wahren Enkel in der Sozialistischen Internationale betrachtete, rief mich am Tag der deutschen Einheit früh morgens um 5 Uhr an und sagte: „Helmut, ich versuche schon seit Stunden, dich zu erreichen. Ich habe gerade eine Flasche deines Lieblingsweins hier und trinke sie auf Deutschlands Einheit und dein Wohl!“ Bei François Mitterrand hingegen habe ich mich oft gefragt, ob er wirklich ein Linker ist. Viele waren Sozialdemokraten, aber keine Sozialisten - jedenfalls nicht in dem Sinne wie die, die auf deutschen Straßen herumschrien. Ich habe immer auf den Menschen gesehen, das war für mich entscheidend, nicht links oder rechts.« http://www.taz.de/!5031676/
2) Auszug aus dem gestrigen Kommentar "Der letzte Tritt" von Thomas Rietzschel auf der "Achse des Guten":
»In der Geschichte, der deutschen zumal, kannte er [Helmut Kohl] sich aus; daraus entwickelte er die großen Linien. Diesem leidenschaftlich gesammelten Wissen verdanken wir die deutsche Wiedervereinigung. Da konnte dem beschlagenen Historiker keiner das Wasser reichen. Um seine Menschenkenntnis indes war es wesentlich schlechter bestellt. Der eine überlebende Beweis dafür ist Wolfgang Schäuble, der andere Angela Merkel. Nie war die kommunistisch geschulte, die überzeugte DDR-Bürgerin, „sein Mädchen“, die Ziehtochter, für die er sie lange halten wollte.
Noch mit ihrem Nachruf schämt sie sich nicht, Helmut Kohl, den George Bush sr. als „wahren Freund der Freiheit“ rühmte, einen letzten Tritt zu versetzen. Auch ihren „Lebensweg“, sagte sie, habe er „entscheidend verändert“. Dafür sei sie ihm „ganz persönlich dankbar“. Denn: „Ich konnte von da an auch ohne Angst beim alles überwachenden Staat leben.“
Im Klartext: Die amtierende Bundeskanzlerin betrachtet das unter Helmut Kohl vereinte Deutschland als einen „alles überwachenden Staat“, in dem sie als Politikerin „ohne Angst“ leben kann. Sich dafür in einem Nachruf bei Helmut Kohl zu bedanken, ist eine schlichte Unverschämtheit. Dass sich diese Aussage Merkels sprachlicher Unfähigkeit verdankt, ändert nichts an der ungewollten Offenbarung. Natürlich hätte sie sagen sollen, dass sie ohne Angst nicht „beim“, sondern „vor einem alles überwachenden Staat“ leben konnte."
Allein, sie ist wieder einmal in die selbst gestellte Wortfalle getappt. Der Freudsche Versprecher brachte die Gesinnung an den Tag. Er bestätigte, worauf Angela Merkel während ihrer bisherigen Kanzlerschaft zielstrebig hingewirkt hat und worauf sie weiter zusteuern will: Den Ausbau des omnipräsenten Staates nach ostdeutschem Vorbild.« http://www.achgut.com/artikel/merkels_letzter_tritt
Selbst wer den letzten Passus nicht ohne Einschränkung - war Angela seinerzeit als FDJ-Mädchen in Führungsfunktion aus protestantischer Frömmigkeit vom Geist ihres Staates so tief ergriffen oder bloß hinreichend versiert in der Dialektik der Anpassung? - teilen mag, kann nicht umhin, Merkels Zielstrebigkeit in der Behauptung von Macht sowie in der Kunst der Sebstbehauptung gegen die Herausforderungen der deutschen Sprache zu bewundern.
Freitag, 16. Juni 2017
Zum Tod von Helmut Kohl: Kulturkämpfe und ein neuer 17.Juni
I.
Dass Kultur und Geschichte in einem Wechselbezug stehen, ist evident, auch wenn es in der Gegenwart noch – oder wieder - Regionen gibt, in denen Kulturen existieren, die man – ohne jeglichen Bezug auf des Philosophen Hegel eurozentrische Weltsicht auf den „dunklen Kontinent“ - als geschichtslos bezeichnen darf. Zu den geschichtslosen Weltregionen gehört seit einiger Zeit – historisch nicht exakt datierbar - das Land in der Mitte Europas. Es hat sich seiner Geschichte nahezu gänzlich entledigt, was dem deutschen Staatsmann Helmut Kohl, verschieden am 16. Juni 2017, in seiner von schwerer Krankheit überschatteten letzten Lebensphase womöglich kaum noch ins Bewusstsein drang. Vor einiger Zeit ließ er sich noch mit einem Satz über die von ihm seinerzeit als CDU-Jungpolitikerin („das Mädchen“) mit DDR-Hintergrund geförderte Kanzlerin Merkel vernehmen, sie „macht mir noch mein Europa kaputt.“ Dass dieser Satz in den allfälligen Nachrufen auf den Kanzler der Einheit in den Leitmedien zitiert wird, ist eher unwahrscheinlich.
Im Internet ist eine Schwarz-Weiß-Fotografie zu sehen, die Kohl in den 1970er Jahren mit Ehefrau Hannelore Kohl und seinen beiden Söhnen auf dem Leipziger Markt vor dem Alten Rathaus zeigt. Von Leipzig gingen anno 1989 die Montagsdemonstrationen aus, die, parallel zur zwischen Mai und August erfolgten Grenzöffnung der Reformkommunisten in Ungarn, die Berliner Mauer zum Einsturz brachten. Dem in den Medien lange verspotteten Bundeskanzler Kohl hatten die Deutschen sodann in den wenigen Monaten zwischen dem 9. November 1989 und dem 3. Oktober 1990 maßgeblich die zielstrebig angesteuerte staatliche Neu- oder Wiedervereinigung ihrer territorialen Konkursmasse des Deutschen Reiches zwischen Oder und Rhein zu verdanken.
Kohl ist auch – vor dem Mauerfall vielfach als überholtes, nationalnostalgisches Projekt bekämpft – die Einrichtung eines Deutschen Historischen Museums zu verdanken, das 2006 eröffnet wurde (siehe H.A.: https://themen.iablis.de/2006/ammon06.html; s. auch: https://herbert-ammon.blogspot.de/2016/08/von-koniggratz-in-die-gegenwart.html). Zieht man nach über zehn Jahren Bilanz, so drängt sich der Eindruck auf, das Museum verfolge – insbesondere mit einer Reihe von Sonderausstellungen – den Zweck, den Besuchern jegliches Bedürfnis nach zur Identifikation mit nationaler Kultur und Geschichte einladenden Bildern der Vergangenheit auszutreiben. Von einer Ausstellung zur Geschichte der europäischen Entdeckungen abgesehen, geht es um Themen wie die Homosexuellenverfolgung zur Nazizeit oder um die fragwürdige Kolonialtradition des Kaiserreiches.
II.
In Architektur, Artefakten, Symbolen findet die Kultur eines Landes und dessen - dem historischen Wandel unterworfenen - Selbstbewusstseins ihren ästhetischen Ausdruck. Seit der von meinungsführenden Intellektuellen in West und Ost mehrheitlich unerwarteten und weithin unerwünschten Wiedervereinigung sind in Berlin kontinuierlich Kulturkämpfe zu erleben. Insofern der trotz allerlei Postmoderne vorherrschende Funktionalismus aus Stahl, Glas und sonstigen Materialien sich mit schneller Bauweise verbindet, gelang es den Verantwortlichen (Stadtplanern, Kulturfunktionären, Politikern, Architekten) in nur wenigen Jahren, in der Zone zwischen Potsdamer Platz und dem durch spezifische Ödnis beeindruckenden Kulturforum ein architektonisches Mixtum compositum zu errichten, das Gedanken an vergangene wilhelminische Pracht gar nicht erst aufkommen lässt. Für die politisch korrekte Namensästhetik dienten sodann beliebig applizierte Straßenschilder wie Ludwig-Beck-Straße, Valerian-Fry-Straße, Marlene-Dietrich-Platz.
Alsbald verpasste man dem Reichstagsgebäude – zum Glück im Hinterhof - ein pädagogisches Kunstwerk zur Konterkarierung der „völkischen“ Inschrift auf dem westlichen Giebelfries. Inzwischen war der Kampf um den wegen Asbestgefahr zur Disposition stehenden „Palast der Republik“ und das von dem Initiativkreis um Wilhelm von Boddien betriebene Konzept der Wiederrichtung des anno 1952 gesprengten Stadtschlosses entbrannt. Das in der Nachkriegszeit – gerade auch in Westdeutschland - im Blick auf die innerstädtischen Trümmerwüsten propagierte und weithin realisierte Konzept einer aus geschichtsmoralischen Gründen angeblich gebotenen völligen Neugestaltung – statt eines historisch-ästhetisch irreführenden Wiederaufbaus – erlebte eine Art Neuauflage. (Zur Erinnerung: Oft waren dieselben Leute, die in den Nachkriegsjahrzehnten für den „Kahlschlag“ plädierten, voll der anerkennenden Bewunderung für den am historischen Vorbild orientierten polnischen Wiederaufbau von Warschau, Breslau und Danzig.) Während man noch - vergeblich - gegen die preisgekrönte historische Barockfassade des Italieners Franco Stella polemisierte, regte sich gegen die inzwischen erfolgte Rekonstruktion des klassizistischen Kommandantenhauses kaum Widerspruch, mutmaßlich deshalb, weil das strahlende Gebäude, nunmehr im Besitz der Bertelsmann AG samt Stiftung, als eine Art Bastion der Zivilgesellschaft fungierte.
Die zivilgesellschaftlichen Proteste gegen die Schlosskulisse verebbten erst, nachdem klar war, dass in seinem Inneren keinerlei museale Erinnerung an das Haus Brandenburg und an Preußens Gloria gepflegt werden sollte, sondern als Humboldt-Forum die Kulturen der Welt zur Darstellung kommen würden: Weltoffenheit im Zeiten der Globalisierung anstelle preußisch-deutscher Selbstbespiegelung! Das einst zu Recht mit Stolz präsentierte Ethnologische Museum zu Berlin-Dahlem wird zu diesem Zwecke seit einigen Monaten bereits leergeräumt.
Der Streit wogt derzeit um das von einer traditionsbewussten Dame gestiftete Kreuz auf der – wiederum einem großzügigen Stifter zu verdankenden – bereits in Beton aufgeführten Kuppel. Mit demokratischen Argumenten, teils historisch - kein Kreuz über der nicht mehr vorhandenen, von dem konterrevolutionären König Friedrich Wilhelm IV. eingerichteten Hofkapelle! – teils gegenwartsbezogen - kein christlich definiertes Symbol in unserer säkularen Multikultur! –, gilt es die Krönung der Kuppel mit einem goldenen Kreuz zu verhindern. Der Kampf gegen das Kreuz wird naturgemäß von dem von der „Linken“ bestellten Kultursenator Klaus Lederer angeführt.Mit einem süffisant salomonischen Vermittlungsvorschlag (Kreuz, Mondsichel, Davidstern) hat sich auch Aiman Mayzek, muslimischer Zentralratsvorsitzender, in die Debatte eingeschaltet. Das Thema „Kuppelkreuz“ wird mithin die Feuilletons noch weiter beschäftigen, das Thema „Leitkultur“ gilt es dabei zu vermeiden...
Was die zur Spree hin offene Schlossfassade betrifft, so haben die drei Gründungsdirektoren des Humboldt-Forums Horst Bredekamp, Hermann Parzinger und Neil MacGregor die Idee ins Spiel gebracht, an der Rückseite eine große Inschrift ZWEIFEL anzubringen, um der mit dem Schlossbau – und mutmaßlich mit der deutschen Geschichte in toto – verbundenen Ungewissheiten Ausdruck zu verleihen. Keine Frage: Der Zweifel ziert den Charakter der historisch-moralisch reinen Zivilgesellschaft...
III.
Wäre es im ereignisreichen Jahre 1990 nach dem für „Demokratie jetzt“ gewählten Bürgerrechtler Konrad Weiß gegangen, so hätte die erste und letzte frei gewählte Volkskammer bereits am 17. Juni gemäß Art. 23 GG den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erklärt. Der Geschichtskalender des neu vereinten Deutschland hätte ein gänzlich anderes Gepräge bekommen. Aus politisch plausiblen Gründen – die 2+4-Verhandlungen waren noch nicht abgeschlossen - wurde der Antrag abgewiesen. Der Beitrittsbeschluss der im „Palast der Republik“ versammelten Volkskammer erfolgte sodann erst am 23. August 1990.
Heute, anno 2017, erinnert außer den DDR-Opferverbänden kaum jemand noch an den Aufstand am 17. Juni 1953, an jenen Tag der deutschen Geschichte, da, ausgehend von Streiks der Bauarbeiter auf der Ostberliner Stalinallee gegen Normenerhöhung und Lohnverlust, binnen weniger Stunden in den Städten der DDR die Ablehnung der von der Sowjetunion installierten SED-Diktatur in einen Volksaufstand für die deutsche Einheit mündete. Mehr noch, der Tag, bis 1990 deutscher Nationalfeiertag in der Bundesrepublik, ist in Deutschland – West wie Ost – weitgehend vergessen oder unbekannt, keineswegs nur bei migratorischen Neubürgern.
Das Vergessen der Geschichte, die medial vermittelte Existenz in einer ahistorischen Gegenwart, mag ein in den westeuropäischen Gesellschaften allgemein zu beobachtendes Phänomen sein. Nirgendwo scheint es indessen so ausgeprägt zu sein wie in Deutschland. Mehr noch: Die Eliminierung historischen Bewusstseins gehört zum ideologischen Konzept diverser Lobbygruppen der „Zivilgesellschaft“.
Im Internet ist eine Anzeige der evangelischen Diakonie Deutschland zu finden, die sich an einer – von wem auch immer gestarteten - Initiative zum 17. Juni als „Tag der offenen Gesellschaft“ beteiligt. Die protestantische Organisation, ein stets für Spenden empfängliches Unternehmen der dank Immigration ("Geflüchtete") expandierenden deutschen Sozialindustrie, frappiert den Leser und Internet-Konsumenten mit der Frage: „Was wirst Du auftischen? Welches Essen darf bei Deiner Tafel auf keinen Fall fehlen? Frische Erdbeeren, Hummus, Frikadellen mit Senf, Nachos & Guacamole, Pasta ...?? Es gibt so unglaublich viel leckeres Essen! Sei dabei und setze mit uns am 17. Juni ein Zeichen für mehr Miteinander, mehr Menschlichkeit, mehr Dafür!“
Am diesjährigen 17.Juni, dem „Tag der offenen Gesellschaft“, soll demnach nicht gefastet, sondern multikulturell „aufgetischt“ werden. Der diesem unserem Lande nunmehr aufgetischte postdeutsche Nationalfeiertag ist nicht zum Nachdenken und Verstehen von Kultur und Geschichte, sondern zum Verdauen von „lecker Essen“ erfunden worden. Das ideologische Menü für ein geschichtslos gewordenes Land? Nein – Hitler kennt noch fast jeder, auch die „noch nicht so lange hier leben“.
Dass Kultur und Geschichte in einem Wechselbezug stehen, ist evident, auch wenn es in der Gegenwart noch – oder wieder - Regionen gibt, in denen Kulturen existieren, die man – ohne jeglichen Bezug auf des Philosophen Hegel eurozentrische Weltsicht auf den „dunklen Kontinent“ - als geschichtslos bezeichnen darf. Zu den geschichtslosen Weltregionen gehört seit einiger Zeit – historisch nicht exakt datierbar - das Land in der Mitte Europas. Es hat sich seiner Geschichte nahezu gänzlich entledigt, was dem deutschen Staatsmann Helmut Kohl, verschieden am 16. Juni 2017, in seiner von schwerer Krankheit überschatteten letzten Lebensphase womöglich kaum noch ins Bewusstsein drang. Vor einiger Zeit ließ er sich noch mit einem Satz über die von ihm seinerzeit als CDU-Jungpolitikerin („das Mädchen“) mit DDR-Hintergrund geförderte Kanzlerin Merkel vernehmen, sie „macht mir noch mein Europa kaputt.“ Dass dieser Satz in den allfälligen Nachrufen auf den Kanzler der Einheit in den Leitmedien zitiert wird, ist eher unwahrscheinlich.
Im Internet ist eine Schwarz-Weiß-Fotografie zu sehen, die Kohl in den 1970er Jahren mit Ehefrau Hannelore Kohl und seinen beiden Söhnen auf dem Leipziger Markt vor dem Alten Rathaus zeigt. Von Leipzig gingen anno 1989 die Montagsdemonstrationen aus, die, parallel zur zwischen Mai und August erfolgten Grenzöffnung der Reformkommunisten in Ungarn, die Berliner Mauer zum Einsturz brachten. Dem in den Medien lange verspotteten Bundeskanzler Kohl hatten die Deutschen sodann in den wenigen Monaten zwischen dem 9. November 1989 und dem 3. Oktober 1990 maßgeblich die zielstrebig angesteuerte staatliche Neu- oder Wiedervereinigung ihrer territorialen Konkursmasse des Deutschen Reiches zwischen Oder und Rhein zu verdanken.
Kohl ist auch – vor dem Mauerfall vielfach als überholtes, nationalnostalgisches Projekt bekämpft – die Einrichtung eines Deutschen Historischen Museums zu verdanken, das 2006 eröffnet wurde (siehe H.A.: https://themen.iablis.de/2006/ammon06.html; s. auch: https://herbert-ammon.blogspot.de/2016/08/von-koniggratz-in-die-gegenwart.html). Zieht man nach über zehn Jahren Bilanz, so drängt sich der Eindruck auf, das Museum verfolge – insbesondere mit einer Reihe von Sonderausstellungen – den Zweck, den Besuchern jegliches Bedürfnis nach zur Identifikation mit nationaler Kultur und Geschichte einladenden Bildern der Vergangenheit auszutreiben. Von einer Ausstellung zur Geschichte der europäischen Entdeckungen abgesehen, geht es um Themen wie die Homosexuellenverfolgung zur Nazizeit oder um die fragwürdige Kolonialtradition des Kaiserreiches.
II.
In Architektur, Artefakten, Symbolen findet die Kultur eines Landes und dessen - dem historischen Wandel unterworfenen - Selbstbewusstseins ihren ästhetischen Ausdruck. Seit der von meinungsführenden Intellektuellen in West und Ost mehrheitlich unerwarteten und weithin unerwünschten Wiedervereinigung sind in Berlin kontinuierlich Kulturkämpfe zu erleben. Insofern der trotz allerlei Postmoderne vorherrschende Funktionalismus aus Stahl, Glas und sonstigen Materialien sich mit schneller Bauweise verbindet, gelang es den Verantwortlichen (Stadtplanern, Kulturfunktionären, Politikern, Architekten) in nur wenigen Jahren, in der Zone zwischen Potsdamer Platz und dem durch spezifische Ödnis beeindruckenden Kulturforum ein architektonisches Mixtum compositum zu errichten, das Gedanken an vergangene wilhelminische Pracht gar nicht erst aufkommen lässt. Für die politisch korrekte Namensästhetik dienten sodann beliebig applizierte Straßenschilder wie Ludwig-Beck-Straße, Valerian-Fry-Straße, Marlene-Dietrich-Platz.
Alsbald verpasste man dem Reichstagsgebäude – zum Glück im Hinterhof - ein pädagogisches Kunstwerk zur Konterkarierung der „völkischen“ Inschrift auf dem westlichen Giebelfries. Inzwischen war der Kampf um den wegen Asbestgefahr zur Disposition stehenden „Palast der Republik“ und das von dem Initiativkreis um Wilhelm von Boddien betriebene Konzept der Wiederrichtung des anno 1952 gesprengten Stadtschlosses entbrannt. Das in der Nachkriegszeit – gerade auch in Westdeutschland - im Blick auf die innerstädtischen Trümmerwüsten propagierte und weithin realisierte Konzept einer aus geschichtsmoralischen Gründen angeblich gebotenen völligen Neugestaltung – statt eines historisch-ästhetisch irreführenden Wiederaufbaus – erlebte eine Art Neuauflage. (Zur Erinnerung: Oft waren dieselben Leute, die in den Nachkriegsjahrzehnten für den „Kahlschlag“ plädierten, voll der anerkennenden Bewunderung für den am historischen Vorbild orientierten polnischen Wiederaufbau von Warschau, Breslau und Danzig.) Während man noch - vergeblich - gegen die preisgekrönte historische Barockfassade des Italieners Franco Stella polemisierte, regte sich gegen die inzwischen erfolgte Rekonstruktion des klassizistischen Kommandantenhauses kaum Widerspruch, mutmaßlich deshalb, weil das strahlende Gebäude, nunmehr im Besitz der Bertelsmann AG samt Stiftung, als eine Art Bastion der Zivilgesellschaft fungierte.
Die zivilgesellschaftlichen Proteste gegen die Schlosskulisse verebbten erst, nachdem klar war, dass in seinem Inneren keinerlei museale Erinnerung an das Haus Brandenburg und an Preußens Gloria gepflegt werden sollte, sondern als Humboldt-Forum die Kulturen der Welt zur Darstellung kommen würden: Weltoffenheit im Zeiten der Globalisierung anstelle preußisch-deutscher Selbstbespiegelung! Das einst zu Recht mit Stolz präsentierte Ethnologische Museum zu Berlin-Dahlem wird zu diesem Zwecke seit einigen Monaten bereits leergeräumt.
Der Streit wogt derzeit um das von einer traditionsbewussten Dame gestiftete Kreuz auf der – wiederum einem großzügigen Stifter zu verdankenden – bereits in Beton aufgeführten Kuppel. Mit demokratischen Argumenten, teils historisch - kein Kreuz über der nicht mehr vorhandenen, von dem konterrevolutionären König Friedrich Wilhelm IV. eingerichteten Hofkapelle! – teils gegenwartsbezogen - kein christlich definiertes Symbol in unserer säkularen Multikultur! –, gilt es die Krönung der Kuppel mit einem goldenen Kreuz zu verhindern. Der Kampf gegen das Kreuz wird naturgemäß von dem von der „Linken“ bestellten Kultursenator Klaus Lederer angeführt.Mit einem süffisant salomonischen Vermittlungsvorschlag (Kreuz, Mondsichel, Davidstern) hat sich auch Aiman Mayzek, muslimischer Zentralratsvorsitzender, in die Debatte eingeschaltet. Das Thema „Kuppelkreuz“ wird mithin die Feuilletons noch weiter beschäftigen, das Thema „Leitkultur“ gilt es dabei zu vermeiden...
Was die zur Spree hin offene Schlossfassade betrifft, so haben die drei Gründungsdirektoren des Humboldt-Forums Horst Bredekamp, Hermann Parzinger und Neil MacGregor die Idee ins Spiel gebracht, an der Rückseite eine große Inschrift ZWEIFEL anzubringen, um der mit dem Schlossbau – und mutmaßlich mit der deutschen Geschichte in toto – verbundenen Ungewissheiten Ausdruck zu verleihen. Keine Frage: Der Zweifel ziert den Charakter der historisch-moralisch reinen Zivilgesellschaft...
III.
Wäre es im ereignisreichen Jahre 1990 nach dem für „Demokratie jetzt“ gewählten Bürgerrechtler Konrad Weiß gegangen, so hätte die erste und letzte frei gewählte Volkskammer bereits am 17. Juni gemäß Art. 23 GG den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erklärt. Der Geschichtskalender des neu vereinten Deutschland hätte ein gänzlich anderes Gepräge bekommen. Aus politisch plausiblen Gründen – die 2+4-Verhandlungen waren noch nicht abgeschlossen - wurde der Antrag abgewiesen. Der Beitrittsbeschluss der im „Palast der Republik“ versammelten Volkskammer erfolgte sodann erst am 23. August 1990.
Heute, anno 2017, erinnert außer den DDR-Opferverbänden kaum jemand noch an den Aufstand am 17. Juni 1953, an jenen Tag der deutschen Geschichte, da, ausgehend von Streiks der Bauarbeiter auf der Ostberliner Stalinallee gegen Normenerhöhung und Lohnverlust, binnen weniger Stunden in den Städten der DDR die Ablehnung der von der Sowjetunion installierten SED-Diktatur in einen Volksaufstand für die deutsche Einheit mündete. Mehr noch, der Tag, bis 1990 deutscher Nationalfeiertag in der Bundesrepublik, ist in Deutschland – West wie Ost – weitgehend vergessen oder unbekannt, keineswegs nur bei migratorischen Neubürgern.
Das Vergessen der Geschichte, die medial vermittelte Existenz in einer ahistorischen Gegenwart, mag ein in den westeuropäischen Gesellschaften allgemein zu beobachtendes Phänomen sein. Nirgendwo scheint es indessen so ausgeprägt zu sein wie in Deutschland. Mehr noch: Die Eliminierung historischen Bewusstseins gehört zum ideologischen Konzept diverser Lobbygruppen der „Zivilgesellschaft“.
Im Internet ist eine Anzeige der evangelischen Diakonie Deutschland zu finden, die sich an einer – von wem auch immer gestarteten - Initiative zum 17. Juni als „Tag der offenen Gesellschaft“ beteiligt. Die protestantische Organisation, ein stets für Spenden empfängliches Unternehmen der dank Immigration ("Geflüchtete") expandierenden deutschen Sozialindustrie, frappiert den Leser und Internet-Konsumenten mit der Frage: „Was wirst Du auftischen? Welches Essen darf bei Deiner Tafel auf keinen Fall fehlen? Frische Erdbeeren, Hummus, Frikadellen mit Senf, Nachos & Guacamole, Pasta ...?? Es gibt so unglaublich viel leckeres Essen! Sei dabei und setze mit uns am 17. Juni ein Zeichen für mehr Miteinander, mehr Menschlichkeit, mehr Dafür!“
Am diesjährigen 17.Juni, dem „Tag der offenen Gesellschaft“, soll demnach nicht gefastet, sondern multikulturell „aufgetischt“ werden. Der diesem unserem Lande nunmehr aufgetischte postdeutsche Nationalfeiertag ist nicht zum Nachdenken und Verstehen von Kultur und Geschichte, sondern zum Verdauen von „lecker Essen“ erfunden worden. Das ideologische Menü für ein geschichtslos gewordenes Land? Nein – Hitler kennt noch fast jeder, auch die „noch nicht so lange hier leben“.
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