Dienstag, 26. September 2017

Nach Merkels Septemberwahlen: Nachtrag und Prognose

Der in meinem Blog vorangegangene, im Hinblick auf die Bundestagswahlen am 24. September verfasste Kommentar zum "unvermeidlichen Einzug der AfD" - mit dem von mir erwarteten Ausgang - bedarf eines Folgeartikels. Vorerst dazu nur ein paar nachträgliche Anmerkungen:

1) Mit dem Abgang der bisherigen "Sprecherin" Frauke Petry von der Bühne der AfD war für einen weder mit den Parteiinterna der "Rechtspopulisten" noch mit dem Innenleben der auf AfD-Plakaten glückselig lächelnden Mutter nicht vertrauten Beobachter natürlich nicht zu rechnen. Was die Dame - womöglich nach vertraulichen Gesprächen mit CDUlern über Chancen einer Abspaltung und künftige Koalitionspiele - im Schilde führt, entzieht sich meinen prognostischen Fähigkeiten.

2) Im Leben, insbesondere in der Politik, gibt´s nichts, was es nicht gibt. Möglich ist bei Angela und Frauke anscheinend alles. Wenn bei der AfD  im Bundestag noch ein paar - von Gaulands und Meuthens Kommandostelle unabhängig operierende -  U-Boote auftauchen sollten, könnte die Hoffnung der "Etablierten", der populistische Spuk werde wieder verschwinden, die im Parteienstaat nicht vorgesehene Partei werde sich bald wieder selbst "zerlegen", am Ende doch noch wahr werden. Wahrscheinlich ist dies aber  nicht. Ich gebe angesichts der Stimmungs- und Bewusstseinslage derer, "die schon länger hier leben" - gemeint sind gerade auch die hier im Westen, nicht nur die  minderbemittelten "Modernisierungsverlierer" (terminus scientificus) und/oder "Abgehängten" (terminus linguae policae, a.k.a. deplorables) im zurückgebliebenen Osten, die sich anno 1989/90 dem demokratischen Westen unter "populistischen Parolen" ("Wir sind ein Volk!")  an den Hals warfen - derlei Hoffnungen nur geringe Chancen. Die Wahrnehmung, dass eine teils indifferente, teils grünideologisch eingefärbte Elite das Land gegen die Wand fährt, ist - ungeachtet der optimistischen Wirtschaftsdaten - weiter verbreitet als die Wahlergebnisse signalisieren.

Wenn Martin Schulz im letzten Moment vor der Wahl - exakt zwei Jahre zu spät - Merkels fatale "Flüchtlingspolitik" als Thema entdeckte, ignorierte er die langjährige Mitverantwortung der SPD für derlei Verantwortungslosigkeit. Die einstige antifaschistisch patriotische Partei der Industriearbeiterschaft und der "kleinen Leute" hat die Folgen des -  unter vermeintlich "progressiv-linken" Vorzeichen verfolgten Konzepts ("Wir sind ein Einwanderungsland" - wer ist "Wir?") - über Jahre hin ignoriert. Außer dem Ruf nach mehr Geld für "Integrationsprogramme" und für den "Kampf gegen rechts" ist der Partei - ungeachtet aller Warnungen eines Heinz Kühn (wer erinnert sich noch an diesen Namen?), eines Helmut Schmidt, eines Heinz Buschkowski und eines Thilo Sarrazin - seit Jahren nichts eingefallen.

Die Folgen tragen seit langem "die kleinen Leute" und deren Kinder. Doch wen bekümmern die Sorgen der einheimischen ("ethnodeutschen") "kleinen Leute" und deren unter kontinuierlich schlechteren Schulverhältnissen leidenden, als "Kartoffel" oder "Nazis" beschimpften Kinder tatsächlich? Was soll der permanente Kampf um die "Frauenquote" in den multinationalen Vorstandsetagen angesichts einer  ungewissen Zukunft einer im Zeichen  neoliberaler Globalisierung wachsenden Zahl von gut ausgebildeten, aber schlecht bezahlten Männern und Frauen, deren Einkommen allenfalls addiert - ganz anders als von Frau Barley proklamiert - kaum zu einer Familiengründung ausreicht? (Einschub: Das geschmacklos plumpe AfD-Wahlplakat mit der nacktbäuchigen Schwangeren zielte an der sozialen Wirklichkeit vorbei.) Welche "Werte" werden "in diesem Lande" verteidigt, welchen Wert haben feministische Parolen angesichts eines wachsenden Ethno-Subproletariats, ausgestattet mit einem archaischen Frauenbild? Was soll der permanente "Kampf gegen rechts" in einer Gesellschaft von in dritter Generation Nachgeborenen, denen als Deutsche (egal welcher geographischen und ethnischen Herkunft) nur die Schreckenstaten einer schlimmen Vergangenheit vor Augen gehalten werden, und die sich auf der anderen als "Bürgerinnen und Bürger mit nichtdeutschem Migrationshintergrund"   - außer zur politischen Vorteilsgewinnung - keinen Deut für diese "deutschen" Schreckenstaten interessieren? Welcher "linke" Abgeordnete nimmt etwa die - von Merkel stante pede desavouierte - Armenien-Resolution im Bundestag wirklich ernst? Nicht nur in Kirchenkreisen ist Hypermoral oft genug ununterscheidbar von Scheinmoral. Ja, gewiss doch: Alles nur Wasser auf die Mühlen der AfD. Indes fehlt es auf der "ideellen Gesamtlinken" an überzeugenden Gegenargumenten. 

2) Ungeachtet der klaren Absage des "Souveräns" an die bis dato großkoalitionär unter Merkels Ägide Regierenden wird sich mutmaßlich im Grundsätzlichen nicht viel ändern. Kommt es zu "Jamaika", kann Merkel im Zusammenspiel mit den in den Medien noch immer tonangebenden Grünen ihre  "Migrationspolitik" fortsetzen - es sei denn, die FDP unter Lindner ginge gemäß der Ankündigung im Wahlkampf dagegen auf Konfrontation. Kommt es nicht zu einem politischen Richtungswechsel in der - vorerst noch - von Schulz als Opposition ausgerufenen SPD besteht für Merkel, Altmaier, Tauber et al. auch kein Grund für eine grundlegende Korrektur der "Flüchtlingspolitik".

3) Zum Schluss: Spekulationen sind in einer Kolumne erlaubt. Wer sagt uns denn, dass die "vom Wähler abgewählte" Große Koalition nach einigen Wochen von Verhandlungen - und nach den Niedersachsenwahlen - nicht doch wieder zu einer "Option" wird? So oder so, die außerparlamentarische Stimmung im "Volk", die Distanz gegenüber der Selbstherrlichkeit der im ordre etabli verankerten "demokratischen Parteien" wird anwachsen. Auch die ethnisch-sozialen und ethnisch-kulturellen Spannungen in der Gesellschaft  werden zunehmen - in West und Ost. Keine schönen Aussichten.


Dienstag, 12. September 2017

Zum unvermeidlichen Einzug der AfD im Bundestag

Der Countdown bis zum 24. September 18.00 h läuft. Alle Kräfte der „demokratischen Parteien“, sprich: die Parteispitzen, die auf Wiederwahl hoffenden Mandatsträger oder um ihren Listenplatz besorgten Bundestagaspiranten, die in den Parteistiftungen Etablierten, die fleißigen Funktionäre und das Fußvolk verfolgen seit Wochen angespannt die Umfragen, die allesamt ein Zehn-Prozent-Ergebnis (mindestens) für die „rechtspopulistische“ AfD signalisieren.

Die Grünen befinden sich im Abwind, was insbesondere ihren Verbündeten in den Medien Missvergnügen bereitet. Die politisch wichtigen und brisanten Themen sind längst andere als die von ihnen permanent beackerten, als da sind der Feinstaub in unseren Lungen, die deutsche Xeno- sowie Islamophobie, die Windstärke von Hurricane „Irma“ oder die zuletzt als Katastrophenmeldung propagierte - inzwischen wieder korrigierte – Erwärmung der von Abertausenden artenschutzschreddernder Windräder gesäumten Nordsee. Der miese, kühle Sommer hat manchen Grün-Wählern die ökologische Laune verdorben. Und in den Talkshows kommt Katrin Göring-Eckardt gegen die Damen von rechts nicht mehr so recht an, was sich die verhinderte Theologin (ev.) mit lockerem Grün-Vokabular ja bereits selbst eingestehen musste.

Immerhin: Merkel kann sich noch zurücklehnen, denn sie kann sich nach dem 24. September den/die Koalitionspartner aussuchen. Freude über den Einzug von Beatrix von Storch, Alice Weidel, Frauke Petry etc. wird sie dabei allerdings kaum empfinden. Denn mit ihnen und deren männlichen Kollegen (Gauland, Meuthen, Bystrom etc.) wird eine wortgewandte, zuweilen demagogische Opposition auf den violett-blau getönten Stühlen des Plenarsaals im Reichstag Platz nehmen. Und dann kriegen die Populisten von rechts all die unerwünschte publictiy im TV (die sie bislang bereits hauptsächlich auf Youtube genießen). Da sich danach manche Hinterbänkler um ihre berufliche Zukunft sorgen müssen, ist eine innerparteiliche Revolte gegen die ewige Kanzlerin nicht mehr auszuschließen. Anm.: Es ist angesichts ihres – nicht nur im Wahlkampf präsentierten - mütterlich fürsorglichen Erscheinungsbildes nicht anzunehmen, dass Merkel bereits einen historisch nachhallenden, spektakulären Abgang eingeplant haben könnte.

Lindner wird im Falle einer Koalition von den „Rechtspopulisten“ an seine FDP-Wahlkampfversprechen erinnert werden. Die SPD wird sich – nicht zuletzt bei Fortsetzung der Großen Koalition (terminus populisticus: GroKo) um ihren weiteren Niedergang – Stimmenverlust an AfD und „Linke“ - sorgen. Und die „Linke“ wird sich fragen müssen, ob sie mit ihrer spät entdeckten Antifa-affinen Menschenrechtsrhetorik und Einwanderungspolitik allein bei den Neubürgern die nötigen Stimmen für ihren Machtanteil im politischen System sichern kann.

Soviel der Vorrede. Die Hintergründe für den Aufstieg der „Rechtspopulisten“ liegen in den von allen „Etablierten“, id est seitens der classe politique, bis zum Erscheinen der AfD auf der Bühne gemiedenen Themen. Zum besseren Verständnis dessen, worum es vor dem Hintergrund ungebremster „Zuwanderung“ und/oder „Migration“ politisch tatsächlich geht, verweise ich auf die in der Internet-Zeitschrift iablis geführte Debatte: .https://www.iablis.de/iablis/themen/2017-die-leidgepruefte-demokratie/thema-2017/379-globalisierung-fluechtlingskrise-und-das-erstarken-des-populismus.

Daraus abschließend ein Kernsatz: „Der bei der ›breiten Bevölkerung‹ grassierende Eindruck, eine von interessierter Seite aus ökonomischen und bevölkerungspolitischen Gründen gewollte Einwanderung werde durch Umetikettierung von Arbeitsmigranten in ›Flüchtlinge‹ ohne Hoffnung auf rechtliche Anerkennung im Vertrauen auf einen sicheren Bleibestatus erschlichen, und zwar durch Staat und ›Flüchtlinge‹ gleichermaßen, beschädigt das Gemeinwesen an seiner empfindlichsten Stelle: am Kreuzungspunkt von staatlicher Macht, individueller Freiheit und jenem Minimum an Vertrauen in die Gesinnungen und das Handeln der jeweils anderen Seite, unterhalb dessen der Zerfall der Institutionen beginnt.“