Ein Blog nötigt zum Bloggen oder zum "Posten". Ich bitte das Publikum um Nachsicht, wenn ich mich nachfolgend auf ein paar Stichworte beschränke:
Vom politischen Kalender her wären allerlei Betrachtungen geboten - beispielsweise über die von einem realen oder vermeintlichen Chirurgen angeführten, mit Motorrädern - BMW?!? Harley Davidson? Kawasaki? chinesische Billigware? - ausgerüsteten russischen "Nachtwölfe", deren erklärte Absicht, den 9. Mai ("Tag des Sieges") 2015 in Berlin zu feiern, an der polnischen und litauischen Grenze scheiterte. Schade, ein Aufzug der "Wölfe" als patriotischer Motorradgang am Brandenburger Tor, hätte, einen Tag nach dem 8. Mai, in den TV-Nachrichten einen eindrucksvollen Kontrast zu den zu erwartenden Szenen aus dem Reichstag geboten. Dort begeht der Bundestag den 8. Mai mit einer Rede des Historikers Heinrich August Winkler (Der lange Weg nach Westen, Nachauflage 2014), geb. 1938 in Königsberg/Pr.
Die von Winkler als einem der letzten Protagonisten verfochtene These vom deutschen "Sonderweg" enthält eine spezifische biographische und geographische Pointe. Andreas Hillgruber (1925-1989), wie Winkler aus Ostpreußen stammend, durfte während des von dem Sozialphilosophen J. Habermas 1986 ausgelösten "Historikerstreits" (s. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/historikerstreit-die-habermas-methode-13568.html) seitens seines Landsmannes auf keinerlei Nachsicht rechnen.
Denkbar wären auch ein paar Bemerkungen über den vorwahlkampfbedingten - in der Parteiendemokratie befinden wir uns bekanntlich in einer Art permanenten Wahlkampfes um die Gunst des mündigen Bürgers - über die eigenwillige Ausweitung des Sicherheits- und Spionageauftrags des BND auf das Inland und auf das befreundete EU-Nachbarland in Kooperation mit der NSA. Wenn es um den Schutz unserer Werte geht, die womöglich durch das aufs Materielle gerichtete Werteverständnis unserer Industrie in Frage gestellt werden könnten, sollte man nicht allzu zimperlich sein. Im Grunde geht´s wohl in der SPD, bei den Grünen, bei den "Linken" ohnehin, selbst in der CDU darum, Thomas de Maizière als Politiker von Rang endgültig abzuschießen. Wer redet heute noch von der Affaire Edathy-Oppermann? Da kommt auch die Aufregung über das hitzeunverträgliche Standardgewehr der Bundeswehr gerade recht. Wohin mit den 300 000 Schießinstrumenten? Auf dem Schwarzen Waffenmarkt gäbe es sicher hinreichend Nachfrage, die Preise für die altbewährte Kalaschnikow würden fallen...
Geringe Genugtuung empfindet der Blogger darüber, dass seine Vorhersage, das kriegerische Spiel im Donbass werde trotz Minsk II noch einige Zeit anhalten, sich zu bestätigen scheint. Die Kämpfe entwickeln sich in Richtung des strategisch wichtigen Hafens Mariupol.
Zu den "humanitären Katastrophen" fällt dem Blogger nichts Neues ein:Die EU-"Eliten" und die "Zivilgesellschaft" liefern Anschauungsmaterial zur Weberschen Dialektik von Verantwortungsethik und Gesinnungsethik. Dass "der Westen" das politische Chaos im Irak, in Libyen, zuletzt - zumindest indirekt durch die Unterstützung diverser vermeintlich "demokratischer" Anti-Assad-Kräfte - in Syrien mitverursacht hat, ist angesichts des Flüchtlingselends kein Trost, aber eine Erklärung. (Siehe dazu auch meine Einträge vom 22.10.2014 http://herbert-ammon.blogspot.de/2014/10/verursacherprinzip-fur-nahost.html, vom 16.10.2013 http://herbert-ammon.blogspot.de/2013/10/humanitare-katastrophen-allerorten.html, vom 08.08.2013 http://herbert-ammon.blogspot.de/2013/08/grundsatzfragen-zum-burgerkrieg-in.html, vom 20.04.2013 http://herbert-ammon.blogspot.de/2013_04_01_archive.html sowie vom 07.04.2013 http://herbert-ammon.blogspot.de/2013/04/in-der-gestrigen-samstagausgabe-der-faz.html.)
Last but not least: Ich verweise die Blog-Gemeinde auf meine letzte Buchbesprechung zzu "Medienmacht" - oder "Medienabhängigkeit" - in Iablis Jgg. 2015: H.A.: "Die Journalisten und ihre ´Netzwerke´- zur demokratischen Theorie und Praxis de deutschen Medien".
Mittwoch, 29. April 2015
Samstag, 11. April 2015
Empfehlung hinsichtlich der postdeutschen Zukunft: Exodus
Gleichsam als Nachtrag zu meinem Bericht über die Veranstaltung zum Thema "nationale Identität in der Einwanderungsgesellschaft" - oder auch "Zuwanderungsgesellschaft" - im Berlin-Zehlendorfer "Kohlenkeller" präsentiert die vom mainstream ungeliebte "Junge Freiheit" (JF nr. 16/10.04.2015) ein Interview mit dem Journalisten Nicolaus Fest unter der Überschrift "Jede offene Diskussion wird unterdrückt" (https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2015/ex-bild-journalist-fest-erneuert-islam-kritik/). Fest, Sohn des 2006 verstorbenen Publizisten und Zeithistorikers Joachim Fest ("Ich nicht - Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend", 2006), war bis September 2014 stellvertretender Chefredakteur bei "Bild am Sonntag". Nach einem islamkritischen Kommentar ("Islam als Integrationshindernis") wurde er von Kai Diekmann, dem Chef der "Bild"-Gruppe, desavouiert und schied aus der Redaktion aus.
In dem inkriminierten Kommentar hatte Fest geschrieben: "Der Islam stört mich immer mehr. Mich stört die weit überproportionale Kriminalität muslimischer Jugendlicher, die totschlagbereite Verachtung für Frauen und Homosexuelle[.] Zwangsheiraten, ´Ehrenmorde´ und antisemitische Pogrome stören mich mehr, als halbwegs zivilisierte Worte wiedergeben..." In dem erwähnten JF-Interview sagt Fest hinsichtlich der Thilo Sarrazin angestoßenen und unverzüglich abgewürgten Diskussion (siehe dazu meinen Aufsatz in Globkult: http://www.globkult.de/herbert-ammon/597-sarrazin-und-die-zukunft-der-deutschen-die-abwicklung-eines-falles-als-abkehr-von-der-wirklichkeit) über die Folgen der Einwanderung folgendes: "Tatsächlich insinuieren fast alle Medien, daß es eine echte Alternative zu diesen Themen vernünftigerweise gar nicht geben könne. Der Konformitätszwang, der Gegenmeinungen als indiskutabel desavouiert, ist verheerend für die Meinungsvielfalt, weil er jede öffentliche Diskussion unterdrückt. Die Reaktionen auf Sarrazin oder Pegida sind bezeichnend: ´Nicht hilfreich´ [dixit Angela Merkel, H.A.] das eine, und zu Pegida ein Satz wie ein Dogma: ´Eine Islamisierung findet nicht statt!´ Das ist das Diskursniveau der Volkskammer."
Des weiteren spricht Nicolaus Fest über die Naivität der im Grunde ihres "reinen Herzens" unpolitischen Deutschen - im Hinblick auf so manche "Bewegung" in Deutschland eine treffende Beobachtung. Sodann formuliert er eine klare Absage an die grün-deutschen Ideologie der mannigfach bereicherten "Bunten Republik Deutschland", darunter folgende Sätze: „Schlichte Gemüter wie Volker Beck [Minderheiten- und Menschenrechtsprotagonist der Grünen, H.A., siehe Blog "Volker Becks Liebe zum Verfassungsgericht"] mögen Religionskritik für Fremdenfeindlichkeit halten. Tatsächlich ist Islamkritik so wenig fremdenfeindlich wie die Varusschlacht oder der Kampf der Azteken gegen die Spanier. Im Gegenteil: Wenn das Fremde unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung bedroht, dann wird ’Fremdenfeindlichkeit’ zur gesellschaftlichen Pflicht. Das ist die Konsequenz des republikanischen Appells: Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit!“
Das Interview schließt mit folgenden Worten:"...Deutschland wird sich in den nächsten dreißig Jahren dramatisch verändern. Im Moment kommen Zehntausende, die keinerlei Beziehung zu diesem Land, seiner Geschichte, seiner Kultur haben, und dies auch gar nicht wollen. Wenn diese Zuwanderer politische Parteien gründen, wird es nichts geben, was dieses Land zusammenhält. Dann haben wir libanesische Verhältnisse, also ein Land zerrissen vom Gift der Religionen und Ethnien, ohne verbindende Idee, unfähig zur Bewahrung der staatlichen Einheit. Die Keilereien zwischen Muslimen und Jesiden in Celle sind ein Fanal. Das müssen Sie nur hochrechnen. Ich zumindest rate meinen Kindern, ihre Zukunft nicht hier zu planen."
In dem inkriminierten Kommentar hatte Fest geschrieben: "Der Islam stört mich immer mehr. Mich stört die weit überproportionale Kriminalität muslimischer Jugendlicher, die totschlagbereite Verachtung für Frauen und Homosexuelle[.] Zwangsheiraten, ´Ehrenmorde´ und antisemitische Pogrome stören mich mehr, als halbwegs zivilisierte Worte wiedergeben..." In dem erwähnten JF-Interview sagt Fest hinsichtlich der Thilo Sarrazin angestoßenen und unverzüglich abgewürgten Diskussion (siehe dazu meinen Aufsatz in Globkult: http://www.globkult.de/herbert-ammon/597-sarrazin-und-die-zukunft-der-deutschen-die-abwicklung-eines-falles-als-abkehr-von-der-wirklichkeit) über die Folgen der Einwanderung folgendes: "Tatsächlich insinuieren fast alle Medien, daß es eine echte Alternative zu diesen Themen vernünftigerweise gar nicht geben könne. Der Konformitätszwang, der Gegenmeinungen als indiskutabel desavouiert, ist verheerend für die Meinungsvielfalt, weil er jede öffentliche Diskussion unterdrückt. Die Reaktionen auf Sarrazin oder Pegida sind bezeichnend: ´Nicht hilfreich´ [dixit Angela Merkel, H.A.] das eine, und zu Pegida ein Satz wie ein Dogma: ´Eine Islamisierung findet nicht statt!´ Das ist das Diskursniveau der Volkskammer."
Des weiteren spricht Nicolaus Fest über die Naivität der im Grunde ihres "reinen Herzens" unpolitischen Deutschen - im Hinblick auf so manche "Bewegung" in Deutschland eine treffende Beobachtung. Sodann formuliert er eine klare Absage an die grün-deutschen Ideologie der mannigfach bereicherten "Bunten Republik Deutschland", darunter folgende Sätze: „Schlichte Gemüter wie Volker Beck [Minderheiten- und Menschenrechtsprotagonist der Grünen, H.A., siehe Blog "Volker Becks Liebe zum Verfassungsgericht"] mögen Religionskritik für Fremdenfeindlichkeit halten. Tatsächlich ist Islamkritik so wenig fremdenfeindlich wie die Varusschlacht oder der Kampf der Azteken gegen die Spanier. Im Gegenteil: Wenn das Fremde unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung bedroht, dann wird ’Fremdenfeindlichkeit’ zur gesellschaftlichen Pflicht. Das ist die Konsequenz des republikanischen Appells: Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit!“
Das Interview schließt mit folgenden Worten:"...Deutschland wird sich in den nächsten dreißig Jahren dramatisch verändern. Im Moment kommen Zehntausende, die keinerlei Beziehung zu diesem Land, seiner Geschichte, seiner Kultur haben, und dies auch gar nicht wollen. Wenn diese Zuwanderer politische Parteien gründen, wird es nichts geben, was dieses Land zusammenhält. Dann haben wir libanesische Verhältnisse, also ein Land zerrissen vom Gift der Religionen und Ethnien, ohne verbindende Idee, unfähig zur Bewahrung der staatlichen Einheit. Die Keilereien zwischen Muslimen und Jesiden in Celle sind ein Fanal. Das müssen Sie nur hochrechnen. Ich zumindest rate meinen Kindern, ihre Zukunft nicht hier zu planen."
Mittwoch, 1. April 2015
Über nationale Identität in der postnationalen Einwanderungsgesellschaft
I.
Geht es nach dem Umfang des - mehrheitlich indes bereits ergrauten - Publikums, das sich in der letzten Märzwoche im "Kohlenkeller" am Mexikoplatz in Berlin-Zehlendorf zusammenfand, so geniesst das Thema "Wie definiert Deutschland seine 'nationale Identität'?" in der postnationalen Bundesrepublik nach wie vor hohe Aktualität. Als Podiumsgäste waren der SPD-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus Raed Saleh und der Historiker Peter Brandt geladen, aus guten Gründen.
Saleh ist vor einigen Wochen mit einem Aufsatz in der FAZ hervorgetreten, in dem er von einer Episode berichtete, wie er dereinst als Schüler bei einer (politischen?) Veranstaltung in einem Spandauer Vereinslokal zum Erstaunen, ja Missfallen der anwesenden Ethno-Deutschen eine heruntergefallene schwarz-rot-goldene Fahne ("Deutschlandfahne") wieder befestigte. Roland Wehl, Gastgeber im "Kohlenkeller", rezitierte jene Passagen aus Salehs Artikel, in dem der Autor ein patriotisches Bekenntnis zu dem von seinen palästinensischen Eltern als neue Heimat erwählten Land ablegte und eine solche patriotische Zuwendung als Voraussetzung für gelungene bzw. gelingende Integration für alle - gleich, ob Stamm- oder Neubürger - im "Einwanderungsland" Deutschland proklamierte.
II.
Peter Brandt erläuterte sein in antifaschistisch-antinazistischer Familiengeschichte, in Kindheits- und Jugenderfahrung, nicht zuletzt in historisch-wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit der Geschichte eines "schwierigen Vaterlands" gewonnenes "nationales" Selbstverständnis (anstelle des womöglich zu verengender Interpretation einladenden Begriffs "nationale Identität"). Als historische Wegzeichen eines demokratischen Patriotismus sind die antinapoleonische Nationalbewegung, die 1848er Revolution und die Paulskirche - der in vorderer Reihe plazierte Volker Schröder, Initiator des "Nationalfeiertags 18. März" wird' s mit Wohlgefallen vernommen haben -, die Weimarer Republik sowie der deutsche Widerstand gegen das NS-Regime - im Empfinden der Regimegegner eine schändliche Befleckung des patriotischen Selbstbildes -, last but not least die in den Mauerfall mündende deutsche Geschichte 1949-1989 der Erinnerung wert.
In sympathischer Manier, getragen von optimistischem Charakter, plädierte Saleh für einen unbefangenen, zukunftsoffenen Patriotismus in der deutschen Einwanderungsgesellschaft. Das spezifisch deutsche historisch-politische Grunddilemma - die "Bewältigung" der Nazi-Vergangenheit - scheint er für überwindbar zu halten: Auf der einen Seite berichtete er von wiederholten Fahrten nach Auschwitz, ins Zentrum der deutschen Schreckensgeschichte (und Epizentrum der - teils realen, teils angesonnenen - negativen nationalen Identität der deutschen "Mehrheitsgesellschaft"). In Auschwitz-Birkenau hätten Klaus und Mustafa, Aische und Claudia gemeinsam in stummem Entsetzen vor den Relikten des Grauens gestanden. Aus der Wahrnehmung des namenlosen Verbrechens erhebe sich bei allen Jungen für die gemeinsame Zukunft die innere Stimme des "Nie wieder" - im Hinblick auf die ethnisch-kulturell bedingten Massaker der letzten Jahrzehnte eine nicht ohne weiteres anwendbare Ausdeutung der Klassenfahrten in die deutsche Vergangenheit.
Auf der anderen Seite rühmte Saleh - als positives Identifikationsbild für alle - das einzigartige deutsche Kulturerbe "mit Schiller und Goethe". Dazu empfahl er zur Stiftung eines gesamtnational verbindenden Gemeinschaftsgefühls den fröhlich unbeschwerten, "patriotischen" Geist, wie er etwa auf der Berliner "Partymeile" bei der Fussball-WM 2006 zu erfahren war. Im Blick auf "Pegida" meinte er: "Wir waren da schon mal weiter..." Als Antidotum zu "Pegida" und ähnlichen Tendenzen setzt sich der Integrationspolitiker Saleh für Staatsverträge - analog zu dem verfassungsrechtlich gesicherten Status der Kirchen - mit den muslimischen Gemeinschaften ein. Dass der Teufel hierbei im Detail steckt, in den vielfàltig konkurrierenden, ja feindselig nebeneinander existierenden islamischen und sonstigen "communities" - Sunniten und/oder Schiiten unterschiedlicher Ausprägung, Alewiten, Drusen, Jesiden etc. - , ist ihm vermutlich bewusst. Allerdings werden derlei Widersprüche von Protagonisten der Immigration/Integration gerne ignoriert, denn sie passen nicht recht in ein mediengerechtes politisches Progamm.
Saleh, selbst ein säkularer Moslem, plädierte sodann dafür, die Ausbildung von Religionslehrern und/oder Imamen nur noch an deutschen Hochschulen stattfinden zu lassen. Der materielle und ideologische Einfluss der Saudis - ein mit Rücksicht auf deutsche Autofahrer und amerikanische geostrategische/geopolitische Interessen in den politisch-medialen "Diskursen" gewöhnlich gemiedenes Thema - sowie der türkischen Religionsbehörde Ditib müsse beendet werden. Sein Wort in Allahs Ohr!
III.
Wie so oft bei derlei "diskussionsoffenen" Veranstaltungen vermochten die Beiträge aus dem Publikum das Thema nur in bescheidenem Masse zu vertiefen. Während Saleh das frühzeitige Erlernen der deutschen Sprache in Kitas (=Kindertagesstätten) für unverzichtbar erklärte, propagierte eine wohlmeinende Dame mehr - mutmasslich intelligenzförderlichen - bilingualen Unterricht mit Türkisch, Arabisch und Kurdisch als Integrationsprojekt, ohne die anderen - cum grano salis - 189 Nationalitäten/Ethnien/minorities von Mitmigranten zu berücksichtigen. Umgekehrt betonte eine andere Teilnehmerin die Bedeutung des Deutschen als Voraussetzung für ein integratives (zumindest funktionales, H.A) Miteinander.
Die Realität brachte ein Mann, Jahrgang 1940, der seinen Lebensunterhalt nach wie vor mit Taxifahrten bestreiten muss, zur Sprache: An den begehrtesten Haupthaltepunkten, obenan Flughafen Tegel, fänden sich ganz selbstverständlich die Kollegen entsprechend ihrer Herkunft in ethnischer Gruppensolidarität zusammen. Von der Kommunikation ausgeschlossen blieben die diszipliniert eingereihten ethnodeutschen Droschkenfahrer.
Die reale gesellschaftliche Praxis steht nicht nur auf Berliner Schulhöfen in Widerspruch zum angestrebten Integrationsideal, für welches der Politiker Saleh auch den Begriff "Deutsche mit Migrationshintergrund" ausser Kurs setzen möchte. Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten sollten sich ohne Multikulti-Illusionen zukunftsorientiert wie in einer "Salatschüssel" - begrifflicher Import aus den USA, wo derzeit die "salad bowl" den älteren "melting pot" ersetzen soll - vermengen, mit dem Stolz auf das Land und die "Werte" des Grundgesetzes. Voraussetzung jeglicher "Integration" sei die Einhaltung von Regeln, von Rechtsnormen - anders als beim unendlich währenden "Refugee Camp" am Oranienplatz.
IV.
Wie derlei Zukunftsvision zu verwirklichen sei, wenn - losgelöst von der Flüchtlingsproblematik - alljährlich an die 500 000 wirtschafts- und demographieförderliche Migranten aus aller Welt aufgenommen werden sollen, blieb in dem wie üblich knappen Diskussionsteil leider unreflektiert. Immerhin gab Peter Brandt zu bedenken, dass in der Vergangenheit "Integration" von Einwanderern (oder Zuzüglern von innerhalb der realen Staatsgrenzen) auf Assimilation hinausgelaufen sei. - Es bedarf keiner arithmetischen Begabung, zu ermitteln, wann im Einwanderungsland Deutschland aus der "Mehrheitsgesellschaft" eine Minderheit geworden sein dürfte. (Zu der damit verknüpften zivilreligiösen Problematik siehe meinen Aufsatz in Globkult: http://www.globkult.de/herbert-ammon/986-fragen-zu-deutschem-gedenken-unter-den-bedingungen-einer-neuen-gesellschaft)
Die grundlegende Frage, wo die politischen und kulturellen Loyalitàten ("Identitäten") der multiethnischen Neudeutschen verwurzelt sind, blieb im "Kohlenkeller" unausgesprochen. Dabei treten die diversen politischen Emotionen in der bundesrepublikanischen Gegenwart. bei .jedem Aspekt des nahöstlichen Krisenensembles handgreiflich hervor. Wie sodann die Integration der globalistischen Migranten vermittels der neudeutschen "Willkommenskultur" - eine Melange aus Fussballbegeisterung, Konsumismus und negativ-deutscher "Gedenkkultur" - zu erreichen sei, wissen die das "Projekt" befördernden "Eliten" aus Wirtschaft und Politik mutmasslich selbst nicht so genau.
Warum auch? Auf Staatsbesuch in Indien empfahl unser Bundespräsident Gauck unlängst den milliardenstarken Bewohnern des Subkontinents unser für strebsame Einwanderer "weltoffenes" Land, oder so ähnlich.
Geht es nach dem Umfang des - mehrheitlich indes bereits ergrauten - Publikums, das sich in der letzten Märzwoche im "Kohlenkeller" am Mexikoplatz in Berlin-Zehlendorf zusammenfand, so geniesst das Thema "Wie definiert Deutschland seine 'nationale Identität'?" in der postnationalen Bundesrepublik nach wie vor hohe Aktualität. Als Podiumsgäste waren der SPD-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus Raed Saleh und der Historiker Peter Brandt geladen, aus guten Gründen.
Saleh ist vor einigen Wochen mit einem Aufsatz in der FAZ hervorgetreten, in dem er von einer Episode berichtete, wie er dereinst als Schüler bei einer (politischen?) Veranstaltung in einem Spandauer Vereinslokal zum Erstaunen, ja Missfallen der anwesenden Ethno-Deutschen eine heruntergefallene schwarz-rot-goldene Fahne ("Deutschlandfahne") wieder befestigte. Roland Wehl, Gastgeber im "Kohlenkeller", rezitierte jene Passagen aus Salehs Artikel, in dem der Autor ein patriotisches Bekenntnis zu dem von seinen palästinensischen Eltern als neue Heimat erwählten Land ablegte und eine solche patriotische Zuwendung als Voraussetzung für gelungene bzw. gelingende Integration für alle - gleich, ob Stamm- oder Neubürger - im "Einwanderungsland" Deutschland proklamierte.
II.
Peter Brandt erläuterte sein in antifaschistisch-antinazistischer Familiengeschichte, in Kindheits- und Jugenderfahrung, nicht zuletzt in historisch-wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit der Geschichte eines "schwierigen Vaterlands" gewonnenes "nationales" Selbstverständnis (anstelle des womöglich zu verengender Interpretation einladenden Begriffs "nationale Identität"). Als historische Wegzeichen eines demokratischen Patriotismus sind die antinapoleonische Nationalbewegung, die 1848er Revolution und die Paulskirche - der in vorderer Reihe plazierte Volker Schröder, Initiator des "Nationalfeiertags 18. März" wird' s mit Wohlgefallen vernommen haben -, die Weimarer Republik sowie der deutsche Widerstand gegen das NS-Regime - im Empfinden der Regimegegner eine schändliche Befleckung des patriotischen Selbstbildes -, last but not least die in den Mauerfall mündende deutsche Geschichte 1949-1989 der Erinnerung wert.
In sympathischer Manier, getragen von optimistischem Charakter, plädierte Saleh für einen unbefangenen, zukunftsoffenen Patriotismus in der deutschen Einwanderungsgesellschaft. Das spezifisch deutsche historisch-politische Grunddilemma - die "Bewältigung" der Nazi-Vergangenheit - scheint er für überwindbar zu halten: Auf der einen Seite berichtete er von wiederholten Fahrten nach Auschwitz, ins Zentrum der deutschen Schreckensgeschichte (und Epizentrum der - teils realen, teils angesonnenen - negativen nationalen Identität der deutschen "Mehrheitsgesellschaft"). In Auschwitz-Birkenau hätten Klaus und Mustafa, Aische und Claudia gemeinsam in stummem Entsetzen vor den Relikten des Grauens gestanden. Aus der Wahrnehmung des namenlosen Verbrechens erhebe sich bei allen Jungen für die gemeinsame Zukunft die innere Stimme des "Nie wieder" - im Hinblick auf die ethnisch-kulturell bedingten Massaker der letzten Jahrzehnte eine nicht ohne weiteres anwendbare Ausdeutung der Klassenfahrten in die deutsche Vergangenheit.
Auf der anderen Seite rühmte Saleh - als positives Identifikationsbild für alle - das einzigartige deutsche Kulturerbe "mit Schiller und Goethe". Dazu empfahl er zur Stiftung eines gesamtnational verbindenden Gemeinschaftsgefühls den fröhlich unbeschwerten, "patriotischen" Geist, wie er etwa auf der Berliner "Partymeile" bei der Fussball-WM 2006 zu erfahren war. Im Blick auf "Pegida" meinte er: "Wir waren da schon mal weiter..." Als Antidotum zu "Pegida" und ähnlichen Tendenzen setzt sich der Integrationspolitiker Saleh für Staatsverträge - analog zu dem verfassungsrechtlich gesicherten Status der Kirchen - mit den muslimischen Gemeinschaften ein. Dass der Teufel hierbei im Detail steckt, in den vielfàltig konkurrierenden, ja feindselig nebeneinander existierenden islamischen und sonstigen "communities" - Sunniten und/oder Schiiten unterschiedlicher Ausprägung, Alewiten, Drusen, Jesiden etc. - , ist ihm vermutlich bewusst. Allerdings werden derlei Widersprüche von Protagonisten der Immigration/Integration gerne ignoriert, denn sie passen nicht recht in ein mediengerechtes politisches Progamm.
Saleh, selbst ein säkularer Moslem, plädierte sodann dafür, die Ausbildung von Religionslehrern und/oder Imamen nur noch an deutschen Hochschulen stattfinden zu lassen. Der materielle und ideologische Einfluss der Saudis - ein mit Rücksicht auf deutsche Autofahrer und amerikanische geostrategische/geopolitische Interessen in den politisch-medialen "Diskursen" gewöhnlich gemiedenes Thema - sowie der türkischen Religionsbehörde Ditib müsse beendet werden. Sein Wort in Allahs Ohr!
III.
Wie so oft bei derlei "diskussionsoffenen" Veranstaltungen vermochten die Beiträge aus dem Publikum das Thema nur in bescheidenem Masse zu vertiefen. Während Saleh das frühzeitige Erlernen der deutschen Sprache in Kitas (=Kindertagesstätten) für unverzichtbar erklärte, propagierte eine wohlmeinende Dame mehr - mutmasslich intelligenzförderlichen - bilingualen Unterricht mit Türkisch, Arabisch und Kurdisch als Integrationsprojekt, ohne die anderen - cum grano salis - 189 Nationalitäten/Ethnien/minorities von Mitmigranten zu berücksichtigen. Umgekehrt betonte eine andere Teilnehmerin die Bedeutung des Deutschen als Voraussetzung für ein integratives (zumindest funktionales, H.A) Miteinander.
Die Realität brachte ein Mann, Jahrgang 1940, der seinen Lebensunterhalt nach wie vor mit Taxifahrten bestreiten muss, zur Sprache: An den begehrtesten Haupthaltepunkten, obenan Flughafen Tegel, fänden sich ganz selbstverständlich die Kollegen entsprechend ihrer Herkunft in ethnischer Gruppensolidarität zusammen. Von der Kommunikation ausgeschlossen blieben die diszipliniert eingereihten ethnodeutschen Droschkenfahrer.
Die reale gesellschaftliche Praxis steht nicht nur auf Berliner Schulhöfen in Widerspruch zum angestrebten Integrationsideal, für welches der Politiker Saleh auch den Begriff "Deutsche mit Migrationshintergrund" ausser Kurs setzen möchte. Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten sollten sich ohne Multikulti-Illusionen zukunftsorientiert wie in einer "Salatschüssel" - begrifflicher Import aus den USA, wo derzeit die "salad bowl" den älteren "melting pot" ersetzen soll - vermengen, mit dem Stolz auf das Land und die "Werte" des Grundgesetzes. Voraussetzung jeglicher "Integration" sei die Einhaltung von Regeln, von Rechtsnormen - anders als beim unendlich währenden "Refugee Camp" am Oranienplatz.
IV.
Wie derlei Zukunftsvision zu verwirklichen sei, wenn - losgelöst von der Flüchtlingsproblematik - alljährlich an die 500 000 wirtschafts- und demographieförderliche Migranten aus aller Welt aufgenommen werden sollen, blieb in dem wie üblich knappen Diskussionsteil leider unreflektiert. Immerhin gab Peter Brandt zu bedenken, dass in der Vergangenheit "Integration" von Einwanderern (oder Zuzüglern von innerhalb der realen Staatsgrenzen) auf Assimilation hinausgelaufen sei. - Es bedarf keiner arithmetischen Begabung, zu ermitteln, wann im Einwanderungsland Deutschland aus der "Mehrheitsgesellschaft" eine Minderheit geworden sein dürfte. (Zu der damit verknüpften zivilreligiösen Problematik siehe meinen Aufsatz in Globkult: http://www.globkult.de/herbert-ammon/986-fragen-zu-deutschem-gedenken-unter-den-bedingungen-einer-neuen-gesellschaft)
Die grundlegende Frage, wo die politischen und kulturellen Loyalitàten ("Identitäten") der multiethnischen Neudeutschen verwurzelt sind, blieb im "Kohlenkeller" unausgesprochen. Dabei treten die diversen politischen Emotionen in der bundesrepublikanischen Gegenwart. bei .jedem Aspekt des nahöstlichen Krisenensembles handgreiflich hervor. Wie sodann die Integration der globalistischen Migranten vermittels der neudeutschen "Willkommenskultur" - eine Melange aus Fussballbegeisterung, Konsumismus und negativ-deutscher "Gedenkkultur" - zu erreichen sei, wissen die das "Projekt" befördernden "Eliten" aus Wirtschaft und Politik mutmasslich selbst nicht so genau.
Warum auch? Auf Staatsbesuch in Indien empfahl unser Bundespräsident Gauck unlängst den milliardenstarken Bewohnern des Subkontinents unser für strebsame Einwanderer "weltoffenes" Land, oder so ähnlich.
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