Nach der von der CDU/CSU mit bescheidenen 28,5 Prozent der Stimmen gewonnenen Wahl versprach Friedrich Merz, er werde zügige Koalitionsverhandlungen - nur die SPD mit ihren dürftigen 16,4 Prozent stand als williger Partner noch zur Verfügung - führen und, zum Kanzler gewählt, bis Ostern eine neue Regierung vorstellen. Tatsächlich schien die Sache nach den ersten Sondierungen, d.h. nach den Präliminarien von Verhandlungen, über einen - seit wann eigentlich? - für notwendig erachteten - Koalitionsvertrag, voranzukommen Auf dessen Länge und Inhalt hat der Wahlbürger (m/w/d) im Parteienstaat leider keinerlei Einfluss. Im übrigen gehört ein solcher Vertrag nur zur (kursorischen) Pflichtlektüre für Journalisten. Er hält so lange, bis einer der Partner den Vertrag für gebrochen hält und aussteigt, wie zuletzt die FDP unter Lindner aus der Ampel.
Ehe der relative Wahlgewinner CDU/CSU und die Wahlverliererin SPD in regelrechte Koalitionsverhandlungen eintraten, verabschiedete man - mit dem Segen des Bundesverfassungsgerichts - im alten, eigentlich abgewählten Bundestag noch schnell zwei gravierende Verfassungsänderungen. Die eine gab grünes Licht für Staatsschulden in bislang undenkbarer Höhe - statt der konzipierten 900 Milliarden Euro ist jetzt schon von rund einer Billion (mit oder ohne Einbezug der Zinsen?) die Rede -, die andere erhob ein "grünes" Klimaziel zum Verfassungsprinzip.
Danach konnte mit der Bildung einer Regierungskoalition - ohne die Grünen - eigentlich nichts mehr schief gehen. Wir durften uns also schon vor dem Osterspaziergang auf eine neue Regierung freuen. Nun entnehmen wir in diesen Tagen den Meldungen in der Tagespresse, dass die
Verhandlungen der CDU/CSU-Führung mit der SPD-Crew unter Klingbeil und Esken vorerst ins
Stocken geraten sind.
Nun ja, gut Ding will Weile haben. Die strittigen Punkte sind - vorhersehbar - zum einen die Postenverteilung im Kabinett, zum anderen - ebenfalls vorhersehbar - die von Merz vor den Wahlen mit Aplomb angekündigte Wende in der Migrationspolitik. Die SPD beharrt auf Anwerbung von Fachkräften durch ungebremste Migration.
Die heutige SPD ist nicht mehr die Partei der Arbeiter und des unteren Mittelstands, sondern die Partei des öffentlichen Dienstes und des unteren akademischen Mittelstands. Dessen Verhältnis zum Volk, insbesondere zum deutschen, ist - historisch immerhin verständlich - von mangelnder Zuneigung geprägt. Das Volk, ehedem Träger des Prinzips "Volkssouveränität", ist anfällig für Populismus und Faschismus. Es soll daher auch keine - noch immer als "völkisch" verdächtige - Mehrheitsgesellschaft mehr geben, sondern nur noch - ungeachtet aller demokratischen Deklamationen und Lehren aus der Geschichte - die Gesellschaft als solche oder "unsere Gesellschaft". Für deren inneren Zusammenhalt bedarf es politischer Bildung, d.h. der Unterrichtung der migrantischen Jugend in den Schrecken der deutschen Nazi-Vergangenheit, kurz: in der Geschichte des Tätervolkes.
Die SPD unter ihrem derzeitigen Führungspersonal ist weit entfernt von der verantwortungsvollen und realistischen Migrationspolitik der dänischen Sozialdemokratin Mette Frederiksen. Ein Kurswechsel in Fragen der Asyl- und Migrationspolitik ist bei der SPD bislang nicht zu erkennen oder zu erwarten. Vielmehr hat es den Anschein, als ob sich in den Koalitionsverhandlungen die SPD auf der ganzen Linie durchsetzen wird. Eine CDU/CSU-Regierung ist auf sie angewiesen. Die geschrumpfte SPD sitzt am längeren Hebel, solange Merz vor einer Minderheitsregierung - und sei es nur rhetorisch - zurückschreckt.
Wir werden sehen, was aus Merzens Versprechen, bis Ostern werde seine Regierung stehen, an Ostern geworden ist. Kommt sie bis dahin zustande, werden im Koalitionsnest einige von Eskens hineingelegte Ostereier liegen. Eines davon - das Verbot der Verbreitung "falscher Tatsachenbehauptungen" - wird gerade gemeinsam ausgebrütet.
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