I.
Deutschland, das vor 25 Jahren dank der nationalen
Beschränktheit der Ossies wieder vereinte, sodann von
verfassungspatriotischen Wessies - vor dem Mauerfall allesamt vehemente
Gegner des auf die Wiedergewinnung der deutschen Einheit zielenden
Verfassungsauftrags - unverzüglich nach einer Schockphase reokkupierten
Restbestandes des kleindeutschen Reiches von 1871 zwischen Rhein und
Oder, erlebt in diesen Tagen Sternstunden der Demokratie. Die
wertebewusste Zivilgesellschaft schlägt wehrhaft zurück gegen jeden, der
es wagt, die gründeutsche Ideologie in Zweifel zu ziehen. "Wer unsere
Werte nicht teilt", so ließ sich der Oberbürgermeister von Kassel (CDU)
vernehmen, der solle "unser Land" verlassen.
Der Satz
ist als kaschierte Androhung der Ausbürgerung für zivilreligiöse
Atheisten zu verstehen.Genauso verstand ihn Akif Pirincci, ein deutscher
Thersites türkischer Herkunft. Sein Bildungsstand dürfte weit über dem
Niveau der grünen und sonstigen Parteijugend liegen. Dessen ungeachtet
bevorzugt er für seine aufkärerische Polemik gegen die "grün-links
versiffte Gesellschaft", zuletzt gegen "Die große Verschwulung" (2015
erschienen) eine zotig-fäkalisierende Sprache, die nicht jedermanns
Sache ist (auch nicht die des Bloggers). Bei seinem letzten Auftritt bei
"Pegida" in Dresden wurde es selbst den Zuhörern - bekanntlich allesamt
"braunes Pack" - zuviel, bis ihn dann selbst die Veranstalter in
seiner Suada unterbrachen.
Erwartungsgemäß wurde
Pirinccis Satz von den derzeit (sc. für "undeutsche", "rechte"
Wertezweifler) nicht verfügbaren KZs ins Gegenteil verkehrt. Absehbar
war die Empörung in den Medien sowie der übrigen Tugendwächter. Damit
nicht genug: Das ZK der Zivilgesellschaft, die Verlagsgruppe Random
House, d.h. Bertelsmann, die in der ohne jeglichen
zivilgesellschaftlichen Protest ("Nein! Nichts als fake architecture!"
oder dergl.) wiederaufgebauten Berliner Stadtkommandantur
(=Bertelsmann) residiert, sperrte unverzüglich die weitere Auslieferung
der in ihren aufgekauften Verlagen (Goldmann, Heyne etc.) bislang
erschienenen Bücher. Danach erklärten die Internet-Auslieferer, allen
voran Amazon, den Vertrieb von Pirinccis Büchern für beendet. Was in der
von Pirincci satirisch beschworenen Nazi-Diktatur der Ausschluss aus
der Reichsschrifttumkammer - mit allen materiellen Folgen - bedeutete,
praktiziert die Zivilgesellschaft heute unter anderen Vorzeichen. P.S.:
Da Pirincci in Deutschland für sich keine Zukunft mehr sieht, denkt er
an Emigration.
II.
Kennzeichnend für die
bundesrepublikanischen Zustände ist der Umgang mit der - aus leicht
ersichtlichen Gründen - ins "rechte" Abseits verbannten "jungen" Konkurrenzpartei
AfD. Wie mit solchen "Feinden" unserer Wereordnung umzugehen sei,
überlässt man den aus vielerlei staatlichen Töpfen alimentierten Kampftruppen der sog. Antifa. In der letzten Woche wurde das Auto der
Europa-Abgeordneten Beatrix von Storch ( geb. Herzogin von Oldenburg),
"abgefackelt". Den AfD-Vorsitzenden von Sachsen-Anhalt André Poggenburg
traf es noch übler. Auf seinem Gutshof und Firmensitz wurde
eingebrochen, das Büro verwüstet, Laptops sowie ein Transportwagen
gestohlen. Die Kämpfer gegen "rechts" hinterließen ein Foto des
Politikers mit einer Zielscheibe vor dem Kopf.
Während
jede von "Rechten" (und/oder Neonazis) verübte Straftat - dazu gehören
die sich häufenden Anschläge auf für Asylunterkünfte vorgesehene Gebäude - in den Medien gebührende Aufmerksamkeit erfährt und Empörung
auslöst, verschwinden die oben genannten Gewaltakte gegen "Rechte" in
den Randspalten der Zeitungen oder an unauffälliger Stelle in
irgendeinem Artikel.
II.
Dem "Spiegel"
(Druckausgabe) ging es vermutlich um Steigerung der Auflage, als er den
als "Glosse" deklarierten jüngsten Essay des Dramatikers Botho Strauß
(geb. 1944) abdruckte. Als bedeutendster Autor der "Schaubühne" galt
Strauß in den 1970er und 1980er Jahren in grotesker Fehlwahrnehmung
seiner Stücke als "links". Für die meisten zerbrach diese kognitive
Dissonanz erst mit der Veröffentlichung des "Anschwellenden
Bocksgesangs" in dem Spiegel-Essay 1993, in welchem der Schriftsteller
angesichts der durch Einwanderung aus aller Welt, inbesondere aus dem
Orient, einerseits, der gewaltsamen Ausbrüche von Ausländerhass
andererseits, Indizien für eine heraufziehende Tragödie diagnostizierte.
Er schrieb in jenem Jahr:: "Zuweilen sollte man prüfen, was an der
eigenen Toleranz echt und selbständig st und was sich davon dem
verklemmten deutschen Selbsthaß verdankt, der die Fremden willkommen
heißt, damit hier, in seinem verhaßten Vaterland, sich die Verhältnisse
endlich jener berühmten ("faschistoiden") Kenntlichkeit entpuppen, wie
es einst (und heimlich wohl bleibend) in der Verbrecher-Dialektik des
linken Terrors hieß."
In seinem als " Bewußtseinsnovelle" bezeichneten Buch "Die Unbeholfenen" (2007) schreibt Strauß, er habe das Empfinden, "als wäre ich der letzte Deutsche". "Ein Obdachloser".
In seinem jüngsten Essay, übertitelt "Der letzte Deutsche. Uns wird die
Souveränität geraubt dagegen zu sein" bekennt sich Strauß explizit zur
Tradition jener "Empfindungs- und Sinnierweisen, die seit der Romantik eine spezifisch deutsche Literatur hervorbrachten". Strauß reklamiert für sich den Rückzug in das "Geheime Deutschland". Weiter: "Ich
möchte lieber in einem aussterbenden Volk leben als in einem, das aus
vorwiegend ökonomisch-demografischen Spekulationen mit fremden Völkern
aufgemischt, verjüngt wird, einem vitalen." Dazu eine bitter-romantische, alles andere befreiende Zukunftsvision: "Oft bringt erst eine intolerante Fremdherrschaft ein Volk zu Selbstbesinnung. Dann erst wird Identität wirklich gebraucht."
Aus
dem Strauß-Essay (
https://blendle.com/i/der-spiegel/der-letzte-deutsche/bnl-derspiegel-20151002-85462
der letzte deutsche ) seien nachfolgend noch einige Sätze zitiert, die
den Zustand der gründeutsch postnationalen Bundesrepublik, dem die
politische Realität negierenden Staatsgebilde in der Mitte Europas,
treffend pointieren:
"Uns wird geraubt die Souveränität,
dagegen zu sein. Gegen die immer herrschsüchtiger werdenden
politisch-moralischen Konformitäten. Ihre Farbe scheinen
parlamentarische Parteien heute ausschließlich in der Causa Schwulenehe
zu bekennen." (Der Satz lässt sich auf nahezu alle Akteure und Institutionen der bundesrepublikanischen Gesellschaft übertragen. H.A.)
"Das
Gutheißen und Willkommen geschieht derart forciert, dass selbst dem
Einfältigsten darin eine Umbenennung, Euphemisierung von Furcht, etwas
magisch Unheilabwendendes auffallen muss."
"Das Kopftuch
sei Zeichen von religiöser Selbstverwirklichung einer Frau, so eine
gütige Angehörige der Grünen. Trefflicher kann man sein
verständnisvolles Unverständnis [nicht eher bewusster Selbstbetrug? H.A.] nicht in Worte fassen. Man muss eben auch den rituellen Gehorsam in die Sprache der Emanzipation übersetzen."
"Bei
uns bestimmen Massen und Medien das Niveau der politischen
Repräsentanten, die allesamt Ungelehrte in jeder Richtung sind..."
"Der Hass Radikaler richtet sich wohl vordergründig gegen die
Flüchtlinge - er ist vor allem eine unkontrollierte Reaktion auf das
Vakuumempfinden, das ´die Politik´, wie man heute sagt, der Bevölkerung
zumutet. Verantwortliche, die das Ende nicht absehen..." - H.A.: Zu ergänzen ist hier: "..., die das Ende nicht sehen wollen."
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