I.
Der heutige 9. November war zur Abwechslung kein deutscher Kalendertag, sondern ein amerikanischer. Es war der Tag nach dem Wahltag des 8. November, dem Tag, an dem Donald Trump, ein Populist, ein Mann (ein "weißer alter Mann"), Protektionist , Sexist, Isolationist und sonstwie verächtlich, entgegen dem in den Medien vermittelten Volkswillen - und nach absoluter Stimmenzahl offenbar sogar unterlegen - zum US-Präsidenten gewählt wurde. Er siegte trotz seiner allseits bekannten Charakter- und Geistesschwächen über Hillary Clinton, eine Demokratin reinen Herzens, sensibel im Umgang mit Macht und Geld, von hoher Bildung und Moral, Vorkämpferin der Frauen und aller sonstigen Entrechteten, Frau mit reichlicher diplomatischer und sonstiger Lebenserfahrung, mater (et uxor) dolorosa, Friedensaktivistin. Über all ihre Tugenden und emzipatorischen Bestrebungen legte sich am roten republikanischen Dienstag erneut die bleischwere "glass ceiling", die zu sprengen das amerikanische Volk aufgerufen war. Es triumphierte Trump, der sich zur Tarnung seiner schlimmen Pläne - zumindest für heute - in chivalresker Vornehmheit gegenüber der tapferen Hillary übte. .
Die über die USA, über die gesamte aufgeklärte Welt, insbesondere über die Medienwelt in Deutschland, hereingebrochene amerikanische Katastrophe kann hier nicht in allen düsteren Details beleuchtet werden. Trump oder der Trumpismus werden das Thema eines späteren Beitrags sein (vielleicht auf "Globkult" - siehe dort meine letzte Buchbesprechung sowie die dortige Wahlempfehlung).
II.
Trump verdankt seinen Sieg dem Populismus, dem illegitimen Kind der Demokratie. (Iim Bereich der Politik gibt es bis auf weiteres keine begriffliche und juridisch-juristische Gleichstellung.) Längst wächst der demokratische Bastard auch in Deutschland heran. Er trägt den Namen AfD. Schuld am bereits parlamentarisch etablierten "Rechtspopulismus" sind nicht gewisse unerfreuliche Phänomene in Staat und Gesellschaft wie schwindende Sparguthaben, missachtete Verträge, unzureichende Mindestrenten und Mindestlöhne, mickrige Gehälter selbst für Hochqualifizierte (beispielsweise € 1800.- netto für manche Ingenieure), die - laut Draghi noch unzureichende - Inflation, kaputte Straßen, immer schlechtere Schulen und höhere Ausgaben für wachsende bildungsferne Schichten (mit und ohne Migrationshintergrund), mehr oder minder frisierte Kriminalitätsraten, überforderte Polizei und nachsichtige Richterinnen und Richter - schuld sind die "aus de Mitte der Gesellschaft" aufsteigenden "Bauchgefühle", die nie gänzlich abgelegten Ressentiments der Ethno- oder Biodeutschen, der "Abgehängten" und der Alten, darunter einige Alt-68er.
In derlei Kreisen herrscht umfassende politische Unbildung und weitreichende Ignoranz bezüglich der Geographie und Lebensumstände in der leicht pleonastisch globalisierten Welt. Man frage in einer der bewährten TV-Spontanumfragen auf dem Kudamm, auf dem Wittenbergplatz, in der Neuköllner Karl-Marx-Straße oder in der Kaufinger Strasse in München die Passantinnen und Passanten nach "Gambia".Mutmaßlich kommt ihnen zuerst "Gambas" in den Sinn, die unter frutti di mare auf der Speisekarte "beim Italiener" (Richard von Weizsäcker, 1985) zu finden sind.
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Anders in Stuttgart und allgemein im grün-schwarzen Musterländle. Auf Anfrage der FDP (sic!) veröffentlichte das baden-württembergische Innenministerium Informationen zur Lage der Gambier im Südweststaat. Dort leben 10 315 "Zuwanderer" aus dem westafrikanischen Land. In dem von Senegal umschlossenen schmalen Staat herrscht gleichsam naturgesetzlich seit 20 Jahren eine Diktatur. Aus Verfolgungs- und anderen Migrationsgründen strebt eine Anzahl von Gambiern nach Baden-Württemberg. 3583 der o.g. Zahl haben kein Aufenthaltsrecht, Die Anerkennungsquote für gambische Asylbewerber (ohne - innen) ist mit 3,3 Prozent niedrig. Der Rest darf sich aufhalten, um zu migrationstouristischen Zwecken Land und Leute kennzulernen, Obwohl die gambischen Staatsbürger - um solche scheint es sich noch zu handeln - nur 0,06 Prozent der Bevölkerung im Schwaben- und Baden-Land ausmachen, liegt ihr Anteil an "Rauschgifthandelsdelikten" bei 8,33 Prozent. Es gebe bezüglich der auffällig hohen gambischen Betätigung in der betreffenden Branche noch keine Erkenntnisse über organisierten Drogenhandel. Manchmal würden jedoch die gambischen Staatsbürger ihre Identität verschleiern, andere unterstützen mit ihren Einkünften ihre Familien in Gambia.
All das trägt zur Erweiterung der Geographiekenntnisse in Baden-Württemberg bei, das beim schulischen Leistungsvergleich gegenüber anderen Bundesländern - obenan Sachsen, dann Bayern - in letzter Zeit zurückgefallen ist.
III.
Was das einst von der Süssmuth-Kommission empfohlene, aus demographischen, nationalhistorischen und sonstigen Gründen anzustrebende Einwanderungsgesetz - derzeit wieder ein Hauptanliegen der SPD - betrifft, so schreibt der für juristische Themen zuständige Redakteur Reinhard Müller in der gestrigen FAZ (8.November 2016, S. 10): "Es ist ehrenvoll, dass die SPD am Asylrecht nicht rütteln will. Doch dann muss wenigstens das geltende Recht konsequent durchgesetzt werden. Aber davon kann keine Rede sein. Wer es nach Deutschland geschafft hat, der hat es geschafft. Künstliche Debatten über Gesetzesverschärfungen und Integrationskataloge vernebeln das Grundübel: Wenn im offenen Deutschland ohnehin jeder bleiben darf, sind sowohl ein Asyl für Verfolgte als auch eine Einwanderungsregelung überflüssig. Dann geht es allenfalls noch um Schutz - für Deutsche."
Derlei Sätze in einer Qualitätszeitung zu veröffentlichen, heißt dem Populismus Tür und Tor öffnen.
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