Donnerstag, 3. April 2014

Schäubles historische Exkurse

Inmitten all der üblichen geschmacklosen,   spätpubertären Albernheiten wartet Yahoo! Nachrichten soeben  (03.04.2014, 20.03h) mit einer bedeutsamen Information auf, wenngleich unter einer unsachgemäßen Überschrift: "Deutscher Botschafter in Moskau einbestellt".  Der neue deutsche Botschafter in Moskau Rüdiger Freiherr von Fritsch - zuvor Botschafter in Warschau - wurde bei einem seit längerem geplanten Termin (bei seinem Antrittstermin?) im russischen Außenministerium  auf die Äußerungen des deutschen  Finanzminsters (und Hypereuropäers) Wolfgang Schäuble vor Berliner Schülern  - noch immer ist nicht klar, wo und  vor welchem erlesenen Bildungsnachwuchs - angesprochen.  Schäuble hatte das russische Vorgehen auf der Krim mit Hitler und der Einverleibung des Sudetenlandes in Verbindung gebracht. Er vermengte - absichtlich oder aus Unwissen? - das Münchner Abkommen vom 29./30.September 1938 mit Hitlers  Einmarsch in Prag am 15. März 1939 - zwei in ihrer völkerrechtlichen Qualität  grundsätzlich verschiedene historische Ereignisse. 

Die Mehrheit der deutschen Medien, über die  historischen Fakten offenbar nicht mehr im Bilde und seit längerem auf Anti-Putin-Kurs, allgemein  auf Russophobie  gestimmt,  pflichteten Schäuble eilfertig bei. Einschub/Nachtrag:: Inzwischen wird  in den "Leitmedien" (e.g. SZ v. 04.04.2014, S.1) auch Schäubles historische Assoziation im Wortlaut zitiert: "Das kennen wir alles aus der Geschichte. Solche Methoden hat schon der Hitler im Sudetenland übernommen - und vieles andere mehr." Der historisch und sprachlogisch interessierte Leser fragt sich, von wem  Hitler "diese Methoden übernommen" haben könnte...

Das russische Außenministerium protestierte beim deutschen Botschafter gegen Schäubles Äußerungen: "Wir halten solche Art pseudohistorischer Exkurse des deutschen Minister für eine Provokation." Es handle sich um "unannehmbare historische Parallelen". Derlei Vergleiche seien "eine grobe Verzerrung historischer Ereignisse und Fakten. Ein Staatsbeamter mit einem hohen Ministerposten in Deutschland sollte auf seine Worte achten." 

Dem ist schwerlich  zu widersprechen. Schäubles Berliner Geschichtsunterrricht hätte üblere diplomatische Folgen haben können. Die Russen erklärten, der Botschafter sei zu dem Gespräch nicht förmlich einbestellt worden. Sie vermerkten als positiv, dass sich Kanzlerin Merkel sowie Außenminister Steinmeier - beide hatten die Annexion der Krim als völkerrechtswidrig kritisiert  - von "Schäubles" Ausfällen distanziert hätten. 

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