Zu den väterlichen Pflichten zum Zwecke "nachhaltiger" Bildung und Vorbereitung des Nachwuchses auf die Härten des Lebens (Kursvorschlag für das Bachelor-Studium in Erziehungswissenschaften [Kita-level]: sustainable socialisation for success and empowerment) gehörte dereinst das Vorlesen. Eine der Lieblingsgeschichten der Kleinen stammte von der ehedem noch unzensierten Astrid Lindgren und hieß "Lotta zieht um".
Eine Variante dieser Geschichte entdeckte der Blogger im Feuilleton der FAZ. Das ist heute (28.10.2013) weitgehend lesenswert, nicht zuletzt wegen der (gekürzten) Dankesrede der Büchnerpreisträgerin Sibylle Lewitscharoff. (Zur Erläuterung: Sie wurde von der zuständigen "Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung" u.a. wegen ihrer "Beobachtungsenergie" ausgezeichnet. Mit dieser Wortschöpfung ist m.E. die Akademie ihrerseits in die engere Konkurrenz für die Benennung des alljährlich angeprangerten "Unwortes" gerückt...) Lewitscharoff bedankte sich bei der Jury mit einer Bemerkung über das Frauenschicksal in der deutschen Sprache: "Vergessen wir nicht die Frauen. Die Frauenbewegung in Deutschland und in den Vereinigten Staaten ist ein Trampolin für ausgeschnitzte Verrücktheiten. Eine grauenhafte Grammatikschändung hat hierzulande die gesamte Bürokratie unterwandert und die Universitäten voll im Griff. An der Stelle sei es erlaubt, noch eine Grußadresse an unserem Präsidenten [sc. der Akademie] auszubringen: Professorin Heinrich Detering, willkommen in der weichen Welt des neuen deutschen Frauentums!"
Auf der letzten Feuilletonseite finden sich die montäglichen Geburtstagswürdigungen von mehr oder weniger bekannten Persönlichkeiten, darunter ein Porträt der Schauspielerin Cornelia Froboess anlässlich ihres 70. aus der Feder von Gerhard Stadelmeier. In der rechten Spalte widmet Wiebke Hüster der Choreographin/Regisseurin Reinhild Hoffmann ein Geburtstagsportät, gleichfalls zum bevorstehenden 70. Da erfahren wir folgendes liebevoll gezeichnete Detail: "Als sie geboren wurde, 1943, war das Ende des Zweiten Weltkrieges noch furchtbar weit. Ihr Geburtsort, Sorau in der Niederlausitz, gehört heute zu Polen. Sie konnte noch nicht sprechen, als ihre Familie mit dem Kleinkind Reinhild nach Süddeutschland umzog."
Genauere Details über den Umzug bleiben dem Leser vorenthalten, womöglich da die mutmaßlich noch jugendfrische Autorin über die historischen Umstände des Migrationsvorgangs anno 1945 nicht mehr im Bilde ist oder diese für biographisch belanglos hält. Vielleicht hatte sie beim Schreiben des betreffenden Satzes auch die fröhlichen Flausen der kleinen Lotta im Kopf. Immerhin kam dem Blogger beim Lesen des Geburtstagsartikels der Titel von Astrid Lindgren in den Sinn: "Lotta zieht um". In der Lotta-Geschichte kommt die sowjetische Armee als Umzugshelferin allerdings nicht vor.
Post scriptum: Der Blogger, dem selben Jahrgang wie die gewürdigte Choreographin angehörig, wurde "in Brzeg in dem von den Nazis besetzten Polen geboren", wie er vor Jahren aus einem auf ihn gemünzten Flugblatt des AStA der FU Berlin erfahren durfte. Zur Geographie des Geburtsorts des Bloggers: Es handelt sich um die Stadt Brieg, ca. 40 km südöstlich von Breslau an der Oder in Niederschlesien gelegen, ab 1945 polnisch Brzeg. Der Umzugsberechtigungsschein aus der niederschlesischen Mittelstadt, seit 1950 zur Wojewodschaft Opole (Oppeln/OS) gehörig, wurde (vorbehaltlich) am 2. August 1945 in Potsdam-Cecilienhof ausgestellt.
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