Dienstag, 28. Juli 2015

The Great Migration


I.
The Great Migration lautet  der eine in englischsprachigen Geschichtsbüchern noch gebräuchliche Terminus  für die germanische Völkerwanderung; der andere  "barbarian invasions". Im 21. Jahrhundert verläuft die Bewegung in umgekehrter Richtung als ehedem in der Zeit des Niedergangs Roms. Sie geht hauptsächlich von Süden nach Norden. Das Land, in dem man sich über den Ansturm aus aller Welt (und aus Ländern innerhalb und außerhalb EU-Europas) am wenigsten distanziert Gedanken machen darf, ist zweifellos Deutschland. Sonst gerät man in Teufels Küche.

Das beginnt mit der Begriffsverwirrung: Flüchtlinge aus politischen  Gründen, für die das Asylrecht nach Artikel 16a GG, ante revisionem Art. 16(2) gedacht ist - niemand dachte anno 1949 an die Zahlen von heute, auch nicht an die permanente begriffliche Ausweitung -, werden mit "Migranten" in einen Topf geworden, die wiederum als "Wirtschaftsflüchtlinge" auf das Mitleid der Migrationsbeauftragten, der Sozialindustrie, last but not least der Wirtschaftsverbände zählen dürfen, abgesehen von den staatlich alimentierten  "linken"  Klassenkämpfern, die für den revolutionären Endsieg eine Reservearmee von "refugees" benötigen.

II.
Blickt man nach Syrien, Irak und Afghanistan oder Eritrea,  so scheint die Asylproblematik  eindeutig. Verständnis und Sympathie überwiegen angesichts des Schreckens gegenüber der Skepsis hinsichtlich der Motive eines jeden einzelnen. Damit ist die Frage nach der Anzahl der Aufzunehmenden - und Integrierbarkeit mancher Gruppen - indes nicht beantwortet. Allein die Frage nach der Quantität der gebotenen Humanität ist bereits wieder tabuisiert.

Der "Spiegel" (Druckausgabe), 27.07.15)   - das Titelblatt geziert von einer Afghanin in rosa Kopftuch - macht mit Entsetzen auf: "Deutscher Fremdenhass", oder so ähnlich. Nicht zufällig wird  die Frage, wie und warum es zu den genannten Massenfluchten gekommen ist, in der gegenwärtigen Debatte, soweit sie  überhaupt seriös geführt wird , weithin ausgeblendet.  Es könnten die alten und neuen politischen Sünden - in vielen Fällen ununterscheidbar von imperialer Arroganz und gigantischer Dummheit - zur Sprache kommen. Wer weiß hierzulande etwas vom  Sykes-Picot-Geheimabkommen von 1916, wer will sich noch an die mörderische Absurdität des Irak-Krieges 2003 sowie an die Beseitigung des Diktators Muammar al Gaddafi erinnern? Widerspruchlos gelangten die um ihre Ehre besorgten "Großfamilien" aus Nahost ins Land, z.T. schon vor dem "Bürgerkrieg" im Libanon.  Wen kümmern die realen Folgen des Geschwätzes von der "Facebook-Revolution" ? Usw. usw. Wer zog die Strippen beim womöglich noch "erfolgreichen" Versuch, den Stabilitätsgaranten Assad Jr. zu stürzen? Denkt die NATO bei ihren derzeitigen Konsultationen etwa im Ernst daran, den Bündnispartner Erdogan zur Räson zu bringen?

III.
Auf dem Weg ins Traumland Europe/Germany befinden sich parallel zu den Flüchtlingen aus Nahost Abertausende von "Migranten" aus Pakistan, Indien, Bengalen und sonstwo. Der Hauptstrom kommt derzeit aus Afrika, selbst wenn die Statistiken für Deutschland derzeit auf den Kosovo verweisen..

Soweit Eritrea als Herkunftsland mit schlimmer Diktatur genannt wird, gilt es wiederum, nach den Ursachen der heillosen Geschichte zu fragen. Ursächlich war der alte Ost-West-Konflikt an einem seiner Schauplätze am Horn von Afrika. Man komme im Falle Eritreas nicht mit der Kolonialgeschichte. Vor Jahrzehnten lernte der Blogger in Erlangen einen jungen Eritreer als Flüchtling (?) kennen, der  ihm erzählte, sein Vater sei vom italienischen Faschismus in der Kolonie recht angetan gewesen.

Der Dauerkrieg zwischen Äthiopien iund Eritrea begann, als das von den Sowjets - und der DDR-Stasi - gestützte "progressive" Schreckensregime des Diktarors Haile Mariam Mengistu von diversen ethnischen "Befreiungsbewegungen" zum Kollaps gebracht wurde. Kaum war die Unabhängigkeit Eritreas  konzediert, ging der Krieg  um ein paar Quadratkilometer Wüste seitens Eritreas von neuem los. Eine unendliche Geschichte. Warum hat bislang keiner der westlichen Staatsmänner daran gedacht, mit  dem  Regime in dem failing yet warring state am Roten Meer so zu verfahren wie mit Gaddafi? Wie wär´s mit einer peace enforcing mission ?


Bei seiner Afrika-Tour hat Obama Eritrea gemieden. Ihn zog es ins Land seines unbekannten Vaters, nach Kenya. Für den Präsidenten Uhuru Kenyatta, Sohn des alten Yomo Kenyatta, Chef der Kikuyus, brachte der Luo-Abkömmling Obama eine erstaunliche  Botschaft mit: "Afrikas Zukunft liegt in Afrikas Händen."  Auf eine Spezifizierung der Botschaft, jenseits der Aufforderung zu demokratischen Reformen, verzichtete der Präsident. Umso mehr lag ihm das Schicksal der in Afrika ungelittenen Homosexuellen am Herzen. Solange denen diverse postkoloniale Staaten üble Strafen angedeihen lassen, liegen für die Helfer-Industrie hierzulande wiederum reichlich schwer zu widerlegende Asylgründe vor.

IV.
Die Bevölkerung Afrikas beträgt derzeit schätzungsweise eine Milliarde Menschen, eher noch  mehr. In einigen Jahrzehnten dürfte sich die Zahl vedoppelt haben. Wieviele Millionen davon weiterhin ihr Glück jenseits des Mittelmeers suchen werden, ist nicht abzusehen. Wie indes die Abermillionen in Europa dann - von der Natur der Sache her  "multikulturell" -  zu integrieren sind, wissen die, die davon in schönen Worten reden, mit Sicherheit selbst nicht.

Das Thema Afrika brachte der deutsche Staatsbürger Prinz Asfa-Wossen Asserate,  dem Lande, das ihm nach  dem  blutigen Coup des o.g. Mengistu Asyl  gewährte, bis heute dankbar, in der FAZ vom 17.Juli im Titel seines Beitrags auf den Punkt: Afrikas Hoffnung verlässt den Kontinent". Es sind nicht die Verfolgten oder die Elenden, die ihre Herkunftsregionen verlassen,  sondern die, die ihre Chancen kalkulieren können. Bezüglich der nach Europa hereindrängenden Massen sagte Asserate, " [wir] werden bald nicht mehr von Migration sprechen, sondern von einer Völkerwanderung".

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen