Montag, 23. Dezember 2013

Die Armenier zur politischen Sicht der Dinge seitens des Europäischen Gerichtshofa für Menschenrechte

Selbst von höchster Instanz, vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, ist in menschen- und völkerrechtlichen Kontroversen kein eindeutiges Urteil zu erlangen, wenn es um politisch heikle Fragen geht. Vom Zentralrat der Armenier in Deutschland (ZAD) erhielt ich soeben per e-mail eine Stellungnahme zum jüngsten Urteil des Gerichts bezüglich der armenischen Leidensgeschichte. Anläßlich des im Kirchenkalender der lateinischen Christenheit anstehenden Weihnachtsfestes 2013 und der allfälligen Friedensbotschaften stelle ich für die Leser der Unz(w)eitgemäßen Betrachtungen die Erklärung des ZAD ins Netz:

Genozid-Leugnung

Ein verheerendes Signal für die europäische Werteordnung“, so kommentiert der Zentralrat der Armenier in Deutschland (ZAD) das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, mit dem die Leugnung des türkischen Völkermords an den Armeniern im Jahre 1915 dem Recht auf freie Meinungsäußerung untergeordnet wird.
Der zentrale Kern der Menschenrechte, so der ZAD, werde verletzt, wenn die Würde des Menschen nicht mehr als unantastbar geschützt, sondern der Beliebigkeit politischer Populismen ausgeliefert werde. „Wenn die Opfer eines Völkermords unter dem Deckmantel der freien Meinungsäußerung verleumdet und verleugnet werden dürfen, müssen wir tiefgreifende Zweifel an der Gültigkeit eines europäischen Wertekanons anmelden“, so der Vorstand des ZAD.
Den Holocaust an den Armeniern und anderen ethnischen und religiösen Minderheiten im osmanischen Reich zu leugnen, bedeute, die Würde von über drei Millionen Ermordeten und von Hunderttausenden Flüchtlingen und Vertriebenen zu leugnen. Und bedeute zudem eine tiefe Verletzung der Würde der nachfolgenden Generationen, die dem Genozid entkommen und in die Diaspora  geflohen sind – in die europäische Diaspora, deren Rechtsprechung nun offenbar dem verbreiteten politischen Opportunismus nachgebe, mit dem die Europäische Union der Türkei im Rahmen der Beitrittsverhandlungen eine hinterhältige historische Lüge zuzugestehen bereit scheint. Indirekt, so interpretiert der ZAD das Urteil, spricht das Gericht damit die Anerkennung und Legitimation von Völkermord als zulässiges Mittel der Politik aus.
Nun rächt sich, zieht der ZAD ein Fazit, dass das deutsche Parlament vor acht Jahren zwar den Genozid an den Armeniern inhaltlich anerkannt, dabei aber mit Rücksicht auf die Türkei den einzig juristisch korrekten Begriff – „Völkermord“ – peinlichst vermieden habe. „Inzwischen“, so der ZAD, „ist auch die deutsche Politik wieder weit hinter die Beschlüsse des Bundestags von 2005 zurück gefallen.“
Der ZAD fordert seit vielen Jahren die förmliche Anerkennung des Völkermords an den Armeniern durch den deutschen Gesetzgeber, die Aufnahme des Themas Völkermord in den europäischen Wertekanon und damit in die Bildungsinhalte deutscher Schul- und Lehrbücher.
Vorstand des Zentralrats der Armenier in Deutschland

Frankfurt am Main, 23.12.2013

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