Montag, 17. Februar 2025

Eine deutsche Schicksalswahl?

Wie viel  höher als zwanzig Prozent fällt am Abend des kommenden Wahlsonntags das Ergebnis  für die AfD aus? Wieviele der bis zuletzt noch  unentschiedenen dreißig Prozent des Wahlvolks legen unter dem Eindruck der letzten Terrorattacken  sowie des Paukenschlags des US-Vizepräsidenten J.D.Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz  -  ihre Bedenken  beiseite und machen in der Wahlkabine ihre Kreuze an der falschen Stelle, links auf der Spalte für die Direktkandidaten (sc. -innen) der AfD,  rechts daneben auf der Spalte für die wahltechnisch maßgebliche Zweitstimme? 

Derlei Fragen treiben nicht nur die  Führungsgremien der das moralische Reinheitsgebot "demokratisch" beanspruchenden Parteien sowie um Posten und Einkünfte besorgte Funktionäre um, sondern die gesamte politisch-mediale Klasse in Deutschland und Europa. Und was kommt danach? Fällt am Ende - entgegen aller Beschwörungen von Friedrich Merz und Markus Söder - die "Brandmauer"? Antwort: Mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht sogleich, aber früher oder später - es sei denn, dem prospektiven Bundeskanzler Friedrich Merz und seiner Crew gelänge  in der zentrale Frage der Immigration - und folglich irreversibler Transformation des Landes -  noch in letzter Minute eine Kehrtwende. 

Nach dem Stand der Dinge ist dies nicht zu erwarten. Wie immer die Koalitionsverhandlungen nach dem 23. Februar ausfallen mögen, eine Mehrheit für einen "nachhaltigen" Kurswechsel wird es nicht geben. Gegen eine Revision der Asyl- und Einwanderungspolitik werden sich die deutlich geschwächte SPD, vor allem aber  - ungeachtet ihres mäßigen Wähleranteils von 12-14 Prozent - die über die Medien sowie via "Zivilgesellschaft" - die politisch-gesellschaftlichen "Diskurse" beherrschenden Grünen stemmen. Kommt es also zu einer großen "Kenia"-Koalition (schwarz-rot-grün), dürfte eine derartige Regierung aufgrund unaufhebbarer Diskrepanzen - in Fragen der Einwanderung, Energiepolitik und (vor dem Hintergrund eines denkbaren Ukraine-Deals Trump-Putin) Außenpolitik -  früher oder später scheitern. Und danach dürfte ein weiterer Höhenflug der AfD kaum noch aufzuhalten sein.

Einige Beobachter der deutschen  Politszene sprechen im  Hinblick  auf  den 23. Februar 2025 von einer "Schicksalswahl". Die meisten Auguren, nahezu durchwegs gründeutsch  sozialisiert,   ergehen  sich in Befürchtungen und  Warnungen  vor einem Einsturz der Brandmauer.  

Ob die Ergebnisse - mit dem absehbaren Aufstieg der AfD zur zweitstärksten Fraktion im Bundestag - eine Schicksalswahl signalisieren, ist eine Frage, die nicht die Auguren, sondern ex post - erst die Historiker beantworten können. Wir können - Geschichte und Gegenwart im Auge - bis dahin nur konstatieren: Der 23. Februar 2025 ist - historisch grundverschieden- ein  anderes Datum als der 18. September 1930. Und was in Deutschland  nach dem 23. Februar kommen mag, ist 100 Jahre nach dem im zweiten Wahlgang  - von der BVP und Papen ermöglichten - erzielten Sieg  Hindenburgs am 26. April 1925 gegen Wilhelm Marx (Zentrum) historisch, politisch, ökonomisch-sozial und kulturell gänzlich anders gelagert als die - nahezu permanente - Krisenlage der Weimarer Republik.

Montag, 10. Februar 2025

Arithmetik, Spekulation und Depression

Was Umfragen wert sind, erweist sich erst nach dem großen Ereignis, das uns nach den ersten Hochrechnungen am 23. Februar 2025 erwartet. Ich verfolge seit längerem fast täglich mit wachsender Spannung die Umfragen der diversen Institute wohl wissend, dass die opinion polls keine todsicheren Prognosen erlauben. Wer liegt richtiger, wer hat sein Ohr näher am Wahlvolk: Allensbach (CDU-nah), Forsa (SPD-affin), die Forschungsgruppe Wahlen, INSA rechts der sakrosankten Mitte oder jenes Washingtoner Institut, das zweimal Trumps Wahlsieg voraussagte und dieser Tage an die 25 (oder waren´s 26?) Prozent für die AfD und nur unter 30 Prozent für CDU/CSU vermeldete? 

Die Meinungsforscher (sc. die Meinungforschenden) räumen selbst ein, dass alle Wahlumfragen einen Unsicherheitsfaktor von plus/minus drei Prozent enthalten. Zudem kommen - im Hinblick auf die bis zuletzt unentschlossenen Wähler (m/w/d) stets unkalkulierbare Faktoren ins  Spiel - etwa ein neuer Messerangriff eines psychisch belasteten Asylsuchenden, eine entschlossene Faeser- Abschiebungsaktion von zwölf bis fünfzehn - aufgrund unhaltbarer Zustände in deutschen Asylbewerberheimen - straffällig gewordenen Afghanen, ein Terrorakt eines realen oder psychisch derangierten Neonazis, eine "Dunkelflaute" trotz längerem Tageslicht im Monat Februar, ein weiteres Debakel - nach  der  Krise bei VW - in der Autoindustrie, ein vom Klimawandel verursachter Schneesturm am Wahltag etc.

Dennoch verfolge ich die Umfragen mit großem Interesse, gestützt auf -  in Berliner Grundschulen und Mittelstufenzentren kaum noch vermittelbare - elementare Arithmetik. Ja, ich interessiere mich eben  auch für die Wahlchancen  der AfD, die stabil um die 20 Prozent liegen. Wenn die unter BfV-Verdacht gestellte Partei noch deutlich darüber landen sollte, besagte dies einiges über die Stimmung im Wahlvolk, das die Linksgrünen seit dem Heizungsgesetz hinreichend verabscheut und Merz, dem kommenden Kanzler, eine wirkliche Wende in der Migrationspolitik nicht mehr zutraut. 

Die Arithmetik ist verknüpft mit Spekulationen: Wenn die FDP - mutmaßlich - rausfliegt, ist es vorbei mit einer "Deutschlandkoalition". Aber was dann? Kommt die "Linke" über fünf Prozent, steht sie liebend gern fürs Koalitionsbett zur Verfügung. Ähhnliches gilt für die SPD, verdientermaßen derzeit um die 15 Prozent. Auch die Grünen - mit 12-15 Prozent zwar nur dritte in der  Rangfolge, aber meinungspolitisch  führend in der medialen Klasse - umwerben Merz mit versöhnlichen Worten aus dem Munde Habecks. Sorgen bereiten mir die Umfragen für Sahras BSW, die - wie in Erfurt - für eine "Brombeer-Koalition" in Frage käme. Da sich auch Söder sowohl in seiner Rhetorik wie in seiner Praxis als  äußerst flexibel erwiesen hat, kann der Wahlbürger (m/w/d) auch Schwarz-Grün als Merz-Option nicht von vornherein verwerfen. Völlig ausgeschlossen scheint hingegen eine stabile Mehrheitsregierung mit der AfD, der Partei des Gottseibeiuns. Andererseits: in der Politik  - und in der Liebe - ist alles möglich.

Nein, für demokratische Parteien der alles umfassenden Mitte kommen Bündnisse mit Rechtspopulisten/Rechtsradikalen/Rechtsextremisten  nicht in Frage. Das Entsetzen, die Empörung über den absehbaren  massiven Wahlerfolg und den Jubel der "Blauen" wird sich am Wahlabend entladen. Jedenfalls schließe ich für mich  und in meiner Arithmetik die auf der "Achse des Guten" und anderswo ventilierte Merz-Minderheitsregierung - mit fallweise akzeptierter AfD-Tolerierung -  aus. Immerhin wird sich zeigen, ob dem Merkel-Produkt AfD diesmal eine Vizepräsidentschaft im  Bundestag zugestanden wird. Das wäre schon mal fast so spannend wie die mutmaßlich wochenlang andauernde Regierungsbildung.

Was danach kommt? Sofern die Bundesrepublik in der Außenpolitik überhaupt einen gewissen Spielraum besitzt, kann es nach Baerbock nur besser werden. Das Nachdenken über längst fällige, grundsätzliche Veränderungen auf den zentralen Politikfeldern - Migration, innere Sicherheit, , Wirtschaft und Soziales, Bevölkerungswandel, Cannabis, Bildung und "Werte" - mündet in Depression: Die Chancen für eine Besserung der deutschen Zustände sind gering. Hoffen wir also auf ein Wunder.

 

 


Montag, 3. Februar 2025

Aus Afrika erneut wenig Gutes

Aus Afrika, dem Kontinent mit 1,5 Milliarden Menschen, kommen selten Nachrichten, meist nur schlechte. In den letzten Wochen ging es wie gewohnt um ertrunkene Flüchtlinge sowie um den seit Jahrzehnten andauernden "Bürgerkrieg" in der Demokratischen Republik Kongo - realiter ein Krieg zwischen Ruanda und Kongo/Kinshasa um die rohstoffreiche Ostprovinz Nord-Kivu mit der Hauptstadt Goma. Hinzu kommen jetzt ein paar knappe Meldungen über Südafrika, wo Präsident Ramaphosa ein Enteignungsgesetz in Südafrika unterzeichnet hat. (Zu Südafrika siehe meinen jetzt auch auf The European erschienen Reisebericht https://www.theeuropean.de/gesellschaft-kultur/suedafrika-trauert-seinen-verlorenen-jahren-nach) 

Das vom ANC, der trotz erheblicher Einbußen bei den letzten Parlamentswahlen immer noch stärksten Partei,  durchgesetzte Gesetz sieht vor,  Land - genauer: das zu 80 Prozent noch immer im Besitz von Weißen befindliche Farmland - sowie Immobilien auch ohne Entschädigung zu enteignen, wenn Kaufverhandlungen zu keinem Ergebnis führen. Das Gesetz wurde gegen den Widerstand der zwei Koalitionspartner des ANC, die liberale Democratic Alliance und die konservative Freedom Front, beschlossen. Die beiden Parteien sowie eine Farmerorganisation, die Transvaal Agricultural Union kündigten an, gegen das - im Kontext der sogenannten Empowerment-Politik stehende - Gesetz vor Gericht anzufechten. 

Unklar bleibt, ob Ramaphosa - unter dem Druck der "linken" Kräfte im ANC und der zwei noch radikaleren Oppositionsparteien der Economic Freedom Fighters (EFF) und der von dem hochkorrupten, 2018 als Präsident zurückgetretenen Jacob Zuma gegründeten Umkhonto we Sizwe (MK) -  das Enteignungsgesetz wider besseren Wissens unterschrieben hat. Im Fall des Inkrafttretens sind die ökonomischen Folgen abzusehen: ein weiterer Exodus der noch verbliebenen weißen Führungsschicht, Niedergang der Landwirtschaft, Abzug von Kapital aus dem nach wie vor stärksten Industrieland des Kontinents. Im schlimmsten Fall drohen Zustände wie in Simbabwe, wo es auch fünf Jahre nach dem Tod des Diktators Mugabe kaum besser geworden ist. 

US-Präsident Donald Trump reagierte auf das Gesetz mit der Drohung, sämtliche Finanzhilfen an den BRICS-Staat Südafrika einzustellen. Zudem dürften Enteignungen die - bislang durch das Handelsabkommen AGOA abgesicherten -   Handelsbeziehungen mit den USA, dem nach China zweitwichtigsten Handelspartner des Landes, weiter beeinträchtigen.  Bei seit 2023  negativer Handelsbilanz exportierte Südafrika im letzten Waren (hauptsächliche Erze und Agrarprodukte) im Wert von 6,5 Milliarden Dollar in die USA.(https://www.gtai.de/de/trade/suedafrika/wirtschaftsumfeld/us-wahl-welche-wirtschaftlichen-folgen-erwarten-suedafrika--1836318; https://www.achgut.com/artikel/Trump_droht_suedafrika_wegen_enteignungsgesetz)

Das Enteignungsgesetz fand in Deutschland - außer im "Handelsblatt" und auf der "Achse des Guten" kaum Resonanz. Auch vom Außenministerium kam bislang keine Reaktion. "Das letzte Mal um Südafrika ging es im September 2024, als Deutschland 22 Milliarden Dollar zum Umbau des Stromnetzes zur Verfügung stellte," heißt es auf AchGut.  Man darf wie immer am Ende nur hoffen, dass die Suppe am Ende nicht so heiß gegessen werden muss, wie sie in fünf Jahren "Beratungen" über das Gesetz gekocht wurde. Die Hoffnung ruht auf der Judikative.