Donnerstag, 16. Februar 2017

Der Fummel zum Fest der Demokratie

Am vergangenen Sonntag, am 11. Februar 2017, versäumte der Blogger seine demokratische Pflicht, der Wahl des neuen  Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung im Reichstag auf dem Bildschirm zu verfolgen. Er erquickte seine Seele lieber in Gottes freier Natur, bei prächtigem Schnee und strahlendem Sonnenschein. Als Bundesbürger, als citoyen, durfte er seine politkonsumistische Abstinenz für eine läßliche Sünde halten, nicht zuletzt, da das Ergebnis der Wahl  ohnehin bereits feststand. Zum Nachfolgekandidaten des ob seiner pastoralen Reden allseits geschätzten Joachim Gauck hatte Sigmar Gabriel, in einem eleganten Manöver die ewige Kanzlerin Merkel überflügelnd, den bisherigen Außenminister Walter Steinmeier bestimmt. Da Merkels Abwehrmanöver, die Suche nach einem grünen Wunsch- und Gegenkandidaten oder besser noch nach einer  Gegenkandidatin (Marianne Birthler), erfolglos blieb, war die Sache längst entschieden. Dem Wahlakt im Reichstag fehlte somit die richtige demokratische Spannung, abgesehen von der Anzahl der in geheimer Wahl womöglich dissidierenden Stimmen für den akademischen Klassenkämpfer und Ex-Sozialdemokraten Butterwegge für die "Linke" sowie für den einstigen Frankfurter Stadtkämmerer und  Ex-CDUler Albrecht Glaser für die "rechtspopulistische" AfD.

Erst am Abend drückte der Blogger die Taste auf der Fernbedienung für die  ARD-"Tagesschau"-  oder waren´s die ZDF-"Tagesthemen"?, egal - zur verspäteten Teilhabe am "Fest der Demokratie" - so der feierliche Kommentar zur Erläuterung des großen  Ereignisses im Plenarsaal. Man bekam die bekannten Gesichter in den Frontreihen zu sehen - naturgemäß unübersehbar Claudia Roth, diesmal im schwarz-weiß gefleckten Festtagskleid -, sodann die mehr oder weniger bekannten Promis, ganz zentral Jogi Löw, mit grauer Krawatte für die Grünen. Dann vernahm der Zuschauer jenen Ausschnitt aus der Ansprache von Norbert Lammert - der Bundestagspräsident präsidiert auch der Bundesversammlung -, in der dieser mit strenger Miene verkündete: "Wer zum Programm erklärt ´Wir zuerst!´, darf sich nicht wundern, wenn andere es ihm gleich tun - mit den uns allen bekannten Folgen." Gemeint sein konnte auch Donald Trump. Eindeutig hingegen der Kommentar  in der - von Finanzsorgen umwölkten - "Berliner Zeitung": "Da applaudierte der ganze Saal, da jeder die Adressaten kannte. Nur die AfD und Teile der CSU applaudierten nicht. Poggenburg [AfD-Chef in Sachsen-Anhalt] spielte teilnahmslos mit seinem Smartphone."(Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/25721692 ©2017; http://www.berliner-zeitung.de/politik/afd-in-der-bundesversammlung--die-entzauberung-muss-in-den-parlamenten-stattfinden--25721692 )

Dann schwenkte die Kamera in die hintere Mitte der Festversammlung und rückte eine mit orangener Riesenperücke ausgestattete Figur ins Bild. Ah ja, die TV-Leute wollten dem Publikum die neueste Errungenschaft der toleranten, bunten, menschenfreundlichen usw. Republik vor Augen führen: den Travestiekünstler Oliver Köbel, besser bekannt als Drag-Queen Olivia Jones. Ihn/sie hatten die Grünen aufgeboten, um den spießigen Volkssouverän und TV-Konsumenten demokratische Mores zu lehren.
„Wer zum Programm erklärt ,Wir zuerst‘, darf sich nicht wundern, wenn es ihm andere gleich tun – mit den uns allen bekannten Folgen.“ Da applaudierte der gesamte Saal, da jeder die Adressaten kannte. Bloß die AfD und Teile der CSU applaudierten nicht. Poggenburg spielte in dem Augenblick scheinbar teilnahmslos mit seinem Smartphone. – Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/25721692 ©2017

Mit einer Szene nach dem einmaligen Wahlgang beglückt uns das Internet:  Merkel in fröhlichem Plausch mit dem/der Künstlerin in vollem Fummel, dahinter Göring-Eckardt, abgewandt Özdemir und andere. (http://www.rp-online.de/politik/deutschland/olivia-jones-mischt-die-bundesversammlung-2017-auf-bid-1.6603415) Als Lammert der AfD und sonstigen populistischen Subjekten die Leviten las,  kam er offensichtlich nicht auf die Idee, den Einzug des Tingeltangels ins Hohe Haus als Fortschritt auf dem immer neu zu beschreitenden Wege der Demokratie zu rühmen. Ebensowenig kam ihm in den Sinn festzustellen, dass der Auftritt des bunten Vogels nichts als eine weitere gründeutsche Peinlichkeit darstellte. 
„Wer zum Programm erklärt ,Wir zuerst‘, darf sich nicht wundern, wenn es ihm andere gleich tun – mit den uns allen bekannten Folgen.“ Da applaudierte der gesamte Saal, da jeder die Adressaten kannte. Bloß die AfD und Teile der CSU applaudierten nicht. Poggenburg spielte in dem Augenblick scheinbar teilnahmslos mit seinem Smartphone. – Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/25721692 ©2017

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