Mittwoch, 13. Mai 2015

Merkel in Moskau, 10. Mai 2015

Die Gedenktage zum Kriegsende im Mai 1945 (VED) verliefen  zunächst wie  erwartet, dann mündeten sie in einen von den deutschen - und selbst russischen - Medien kaum kommentierten Eklat. Zum 10. Mai - einen Tag nach der großen Militärparade  - weilte Bundeskanzlerien Merkel in Moskau, um gemeinsam mit Präsident Putin mit einer Kranzniederlegung der Abermillionen sowjetrussischer Soldaten zu gedenken. An diesem diplomatisch terminierten  Akt dürfte kaum jemand Anstoß nehmen, dem moralisch die Versöhnung mit dem russischen Volk am Herzen liegt und politisch ein  friedliches Einvernehmen mit Rußland als nach wie vor  ungebrochener Großmacht geboten scheint.

Auf eine Kritik an Heinrich August Winkler, der in seiner Bundestagsrede erneut die Fatalität des "deutschen Sonderwegs" beschwor - als ob  die "Werte"  der Revolutionen von 1776 und 1789 die USA oder  Frankreich je zum moralischen Verzicht auf den Begriff der  Staatsräson und zu hochmoralischer  Friedenspolitik verpflichtet  hätten -  sei hier verzichtet. Immerhin zitierte der Historiker das dem gründeutsch-linksliberalen Milieu längst als "irgendwie rechts" verdächtige Wort des  einstigen Bundespräsidenten Heinemann von dem "schwierigen Vaterland" der Deutschen.

Anerkennung verdient  Außenminister Steinmeier für seinen würdigen Auftritt neben dem russischen Außenminister Lawrow auf der Gedenkstätte in Wolgograd. Wer hätte sich vor Jahren vorstellen können, dass auf einem Soldatenfriedhof bei Stalingrad deutsche und russische Gefallene nebeneinander bestattet sein könnten?

Nur mit ungläubigem  Erstaunen vernahm ich hingegen die Worte der Kanzlerin Merkel, als sie die russische Annexion der Krim als "verbrecherisch und völkerrechtswidrig" geißelte. Laut FAZ kam ihr, die zuvor in gelöstem Ton mit Wladimir Putin - abwechselnd auf Russisch und Deutsch - parliert hatte, der Satz  dem Anschein "nach kurzem Stocken und wohl unbeabsichtigt" (FAZ v. 11.05.15, S.3)über die Lippen. Das ist bei einer Politikerin wie Merkel, die bei öffentlich- medialen Bekundungen ihr Vokabular auf politisch präzis gezielte Worthülsen wie "alternativlos", "ein Stück weit positiv" sowie "nicht hilfreich" beschränkt, schwer vorstellbar. Warum dann diese provokative Wortwahl gegenüber ihrem  russischen Gastgeber? War Merkel  von Seiten ihrer westlichen Verbündeten - etwa aus Washington  - bedeutet worden, endlich in bündnistreuen Kampfesworten  Position zu beziehen?

Falls Merkel tatsächlich - ihrer doppelt frommen Sozialisation als Pastorentochter und FDJ-Funktionärin gemäß - am vergangenen 10. Mai aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen wollte (oder konnte), müssten wir weniger frommen Zeitgenossen an ihrem außenpolitischen Verstand zweifeln. Mit den immer noch passablen russisch-deutschen Beziehungen hätte es mit einem Schlag vorbei sein können, wenn man dies in  Moskau wollte.  Immerhin verzog Putin, selbst ein Meister der Worte und zuweilen der undiplomatischen Sprache, bei Merkels Worten keine Miene. Das ist bislang noch das Beste an Merkels - beabsichtigtem ? - faux-pas. Dass die deutschen Medien ihn durchgehen ließen, steht auf einem anderen Blatt.

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