Sonntag, 15. Dezember 2024

Unklare Aussichten und eine erfreuliche Entdeckung

 
1.
Von einer wunderbaren Aufführung des Weihnachtsoratiums in der Wilmersdorfer Auenkirche abgesehen, gibt es wenig, worüber ich mich in diesen vorweihnachtlichen Tagen so recht freuen mag. Die Zeiten sind nicht danach. Am ehesten noch über den Buchtitel des Cartoonisten Bernd Zeller "Frechheit" - einne satirische Replik auf Merkels Usurpation des Begriffs "Freiheit". https://www.globkult.de/gesellschaft/besprechungen-gesellschaft/2418-bernd-zeller-frechheit-die-alternativlose-autobiographie-von-angela-merkel,-m%C3%BCnster-solibro-2024,-62-seiten-ulrich-siebgeber
 
2.
Freude im Hinblick auf die Friedensbotschaft zu Heiligabend (und/oder die Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten Steinmeier)? Ein alsbaldiges Ende des Krieges in der Ukraine ist  nicht abzusehen, auch wenn Donald Trump unbeirrt von einem Deal mit Putin spricht. Warum sollte sich Putin  - selbst zu den von Trumps militärischem Chefberater Kellogg ventilierten territorialen und politischen Gewinnen für Russland -  darauf einlassen, wenn seine "militärischen Spezialkräfte" im Donbass Schritt für Schritt vorrücken und die ukrainische Kampfmoral im Schwinden begriffen ist? Wir dürfen immerhin ein kleines Licht der Hoffnung entzünden, indem wir - angesichts der von Selenskyi höchstselbst ausgesprochenen Abkehr von seiner alten Siegfrieden-Rhetorik -  spekulieren, ob nicht  über Geheimkanäle - etwa wieder über die Türkei wie ehedem im April 2022? -  bereits Gespräche laufen. Aber: Nichts Genaues wissen wir nicht. Wenn es zu einem Deal - bei dem "wir Deutsche" als zahlende Zuschauer indirekt am Geschäft beteiligt wären - kommen sollte, wäre das ein schönes Neujahrsgeschenk, wenn auch erst im Frühjahr 2025. 
 
3.
In den Jubel über Sturz und Flucht des Tyrannen Bashar Assad mag ich nicht so recht einstimmen, solange unklar ist, ob die siegreichen bärtigen Krieger aus Idlib in Syrien nicht ein weiteres übles Regime errichten. Dass der "Bürgerkrieg" - ein Gewirr von  Gruppen, Fronten und Mächten - zu einem für alle friedlichen Ende gekommen sein soll, fällt schwer zu glauben. Leicht beruhigend ist die Tatsache, dass die Isarelis durch die Zerstörung zahlreicher Waffenlager und Kommandozentralen erstmal für mehr Sicherheit gesorgt haben.   
 
4. Sollen wir uns auf die Neuwahl des Bundestags am 23. Februar 2025 freuen? Warum eigentlich? Entweder kriegen wir Schwarz-Grün (mit grüner Einfärbung) oder Schwarz-Rot (mit rötlich-grünen Farbtönen). Ändern wird sich wenig in Sachen Migration, Integration, Vielfalt, Gendern. Im übrigen ist jetzt jede Art von Farbenkombination möglich, siehe Brombeer-Koaltion in Thüringen. Dass Merz einen Ausweg aus der deutschen Energie- und Wirtschaftskrise finden und durchsetzen kann, ist schwer zu glauben.
 
5. 
Zum Schluss gibt´s doch noch Erfreuliches zu berichten. Ohne mein Zutun erschien meine Besprechung eines Buches, in dem sich kluge Autoren kritisch mit der  Dogmatik der EKD auseinandersetzen, auch auf der "Achse des Guten": https://www.achgut.com/artikel/die_herrschaft_der_gruenen_protestanten Unter den vielen Leserzuschriften  - leider nicht wenige in polemisch antichristlichem Bekennerton - empfehle ich den der Leserin Ilona Grimm, die mit der Begründung ihres Austritts aus "ihrer" Kirche deren Zustand erhellt. Solange in diesem unserem Lande noch Menschen ihre Stimme zum Widerspruch gegen die herrschende Ideologie erheben, ist es in dieser Weihnachtszeit noch nicht völlig finster.
 
 
 

Freitag, 13. Dezember 2024

Von den Grenzen der Freiheit in der liberalen Demokratie

I.

Die Tauglichkeit von Begriffen erweist sich an den darin erfassten Phänomenen sowie an den zeitlichen Umständen.  Einer davon ist "Freiheit", der Titel des mit Unterstützung von Barack Obama vertriebenen und mutmaßlich von den vielen Käufern (sc. -innen, m/w/d) kaum  gelesenen Memoiren-Bestsellers von Angela Merkel. 

Etwas aus der Mode gekommen ist der Begriff  "Totalitarismus". Im Kalten Krieg  diente er dazu, den  demokratischen Westen unter Führung der USA abzugrenzen von der kommunistischen Weltmacht Sowjetunion und ihren Satrapien. In der jungen Bundesrepublik gestattete er den Westdeutschen, sich biographisch von der Nazi-Katastrophe zu distanzieren und sich der "freien Welt" zugehörig zu fühlen. Zu erinnern ist an ältere Beispiele für totalitäre Herrschaftsformen wie Savonarolas Regime in Florenz oder das Reich der Wiedertäufer in Münster. Für die - im "Gemeinwillen" Rousseaus verwurzelte - Jakobiner-Diktatur prägte der Historiker Jacob  L. Talmon den Begriff  "totalitäre Demokratie".

Totalitarismus"  bedeutet die "totale" Unterwerfung einer Gesellschaft unter den Machtapparat des Staates sowie die "totale" Durchdringung der Gesellschaft mit der Ideologie der Machthaber.  Die Ideologisierung der Gesellschaft geschieht durch Mobilisierung der "Massen", durch die Medien, nicht zuletzt durch "Volkserziehung". Durch Indoktrination der Jungen soll das System der Unfreiheit auf Dauer gestellt werden. Zwang und Bereitschaft zur Unterwerfung ergänzen sich. 

II.

Ihrem Selbstverständnis nach ist die Demokratie (heute meist mit  Attribut "liberale Demokratie")  eine - gemäß dem einst dem Gottesgnadentum entgegengesetzten Prinzip der Volkssouveränität - sich "von unten" legitimierende Herrschaftsform, welche im staatlich umgrenzten Raum Freiheit und Gleichheit der Bürger sichert. Dass auch diese Herrschaftsform in Unfreiheit -  in die "Tyrannei der Mehrheit" -  umschlagen kann, wenn der Konformismus der Mehrheit die Freiheiten erstickt, erkannte Alexis de Tocqueville bei seinem Aufenthalt in den USA. Allerdings sichert in den USA der erste Zusatzartikel zur Verfassung das uneingeschränkte Recht auf  freedom of speech. Mit seiner spezifischen, mit Invektiven gegen all seine Gegner, zuletzt gegen Kamala  Harris, gespickten Rhetorik gelang Donald Trump sein zweiter Wahlsieg.

In der Bundesrepublik stößt demgegenüber das Recht auf  Redefreiheit  (Art. 5 GG: "das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten") auf immer engere Grenzen. Klassisch wirkt diesbezüglich der Spruch der Ex-Bundeskanzlerin Merkel, jeder könne seine Meinung frei äußern, er müsse dann aber auch  mit Konsequenzen rechnen. 

III.

In der Tat: Wer heute - in Wahrnehmung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung - kundtut, dass im Gewand der liberalen Demokratie allerlei Löcher zu entdecken sind, findet meist nur in  seiner Internet-bubble Resonanz. Wer zu laut wird - oder mit seiner Polemik die empfindsame Seele eines Politikers (m/w/d) trifft -, kann in Teufels Küche kommen. 

Im Kampf gegen "rechts", id est gegen hauptsächlich aus  dem Umfeld der in der Ära Merkel geborenen AfD kommende verbale Angriffe auf die etablierte Politik, befand der soeben vom Amt als oberster Verfassungsschützer in die Politik gewechselte Thomas Haldenwang, dass Meinungsäußerungen "auch unterhalb ihrer strafrechtlichen Grenzen und unbeschadet ihrer Legalität (sic!) verfassungsrechtlich von Belang sein" können. Von verfassungsschutzrechtlicher Relevanz seien Meinungsäußerungen, die auf die "Delegitimierung staatlichen Handelns" zielten. (Siehe dazu:  https://herbert-ammon.blogspot.com/2024/04/wer-schutzt-die-deutsche-sprache-vor.html

In der politischen Praxis reicht die Indikation von seiten des Verfassungsschutzes zur Abwehr der "Delegitimation staatlichen Handelns" nicht mehr aus. Sonst hartgesottene Politiker und -innen, die sich in ihrem "staatlichen  Handeln" angegriffen fühlen, bemühen die Justiz. Wirtschaftsminister Robert Habeck sah sich auf der Plattform "X" durch die Bezeichnung "Schwachkopf Professional" beleidigt. Nach seinem Strafantrag ordnete das Amtsgericht Bamberg bei dem angezeigten Rentner eine Hausdurchsuchung an. Sodann verhängte das Amtsgericht Düsseldorf gegen eine von 1600 Euro Monatsrente  lebende 74jährige Frau, die Habeck wegen seiner grünen Migrationspolitik attackiert hatte, eine Strafe von 150 Tagessätzen zu 53 Euro. Das Urteil verknüpfte der Richter mit einer politischen Belehrung über die Migrationspolitik. Jüngst kam es auch auf Anzeige der  CSU-Politikern Dorothee Bär bei einem anderen Mann in Bayern zur Hausdurchsuchung, weil er die Bundestagsabgeordnete auf  "X" als "hirnlosen Krapfen"  tituliert hatte. 

Zum Schluss noch eine Episode aus der Hauptstadt. Laut Polizeimeldung Charlottenburg-Wilmersdorf Nr. 2388 vom 21.11.2024 machte im Bus der Linie 110 eine 59jährige Frau gegenüber ihrem Begleiter homophobe Bemerkungen. Als eine 31jährige Frau ihr Gegenüber per Videoaufnahme zu filmen begann, kam es zu einer mit Beleidigungen angereicherten Auseinandersetzung. Die alarmierte  Polizei nahm die 59jährige auf ihrem weiteren Weg fest, notierte die  Personalien und veranlasste beim Polizeilichen Staatsschutz des Landeskriminalamts Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Immerhin wurden auch Ermittlungen wegen des Verdachts der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gegen die 31-Jährige aufgenommen. 



Freitag, 15. November 2024

Unzeitgemäße Gedanken zum "Volkstrauertag"

I.

Am kommenden Sonntagabend erwarten uns - abstinente oder widerwillige - TV-Konsumenten folgende Szenen: Zum Volkstrauertag findet eine Gedenkstunde im Bundestag statt, in der  "an die Opfer  von Gewalt und Krieg aller Nationen" (https://de.wikipedia.org/wiki/Volkstrauertag) gedacht wird. Für die diesjährige Feier wurde als Hauptredner  der rumänische Staatspräsident Klaus Johannis gewonnen. Zwei Fragen sind dabei offen: 1) Wie behandeln die von ihren Fraktionen bestellten Redner (bzw. deren Redenschreiber) das Thema Ukrainekrieg? 2) Wie reagieren die anderen Parteien, wenn der/die Redner/in der AfD auftritt?

Sodann sehen wir in den TV-Nachrichten, wie der Bundespräsident, vermutlich begleitet von einigen Vertretern der Bundeswehr, einen Kranz mit schwarz-rot-goldenen Schleifen in der Neuen Wache Unter den Linden niederlegt, um der Opfer der Kriege und der Opfer der von Nazi-Deutschland verübten Verbrechen zu gedenken.  

Der Volkstrauertag heißt ungeachtet seines völkischen Anklangs - und der bestenfalls indifferenten Anteilnahme der mit eigenen "Erzählungen" beschäftigten Staatsbürger mit Migrationshintergrund - noch immer so. Ein im engeren Sinne "nationales" Gedenken an die deutschen Kriegsopfer sowie der Gefallenen der beiden Weltkiege ist am Volkstrauertag nicht vorgesehen.  Immerhin  gedenkt man - Gegenstand einer weiteren TV-Szene - neuerdings auch der bei  - erfolglos abgebrochenen - Kriegseinsätzen (Afghanistan, Mali) sowie - als sei dies identisch - bei Unfällen im Dienst zu Tode gekommenen Soldaten und Soldatinnen (in ungegenderter Reihung) der Bundeswehr. Die entsprechende Pflichtübung fällt dem noch amtierenden Verteidigungsminister Boris Pistorius zu, den - im Hinblick auf  den bereits stattfindenden Wahlkampf - einige Auguren als zugkräftigeren SPD-Kanzlerkandidaten gegenüber dem an der "Schuldenbremse"  gescheiterten Ampelkanzler Olaf Scholz ins Spiel gebracht haben.

Der deutsche Gedenktag fällt in das  dritte Jahr des von Russlands Herrscher Putin am 24. Februar 2022 eröffneten Krieges gegen die Ukraine. Ob bei dessen Erwähnung der Kriegsopfer auf beiden Seiten gedacht wird, ist nicht anzunehmen, denn die Sympathien der meisten Deutschen und ihrer politischen Klasse - ausgenommen, versteht sich, AfD und BSW - liegen noch immer bei der Ukraine, dem Opfer des Aggressors Putin. Das könnte sich jedoch ändern, wenn der derzeit in die Defensive gedrängte Präsident Selenskyi von den Deutschen noch mehr Geld und/oder endlich die Lieferung von Taurus-Raketen fordern sollte, was den vom Grundgefühl  pazifistisch gestimmten Deutschen missfallen dürfte.

II. 

Ach ja, die heutigen Deutschen tun sich schwer mit ihren Gedenktagen, erst recht mit dem Gedenken an ihre Kriegstoten. Lange waren sie eingestimmt auf "Frieden schaffen ohne Waffen". Doch jetzt müsse Deutschland wieder "kriegstüchtig" sein, so proklamierte es unser Verteidigungsminister  anlässlich der am 24. Februar 2022 eingetretenen "Zeitenwende" (Scholz). Nicht überraschend sind seit dem Ukrainekrieg - vom Gazakrieg abgesehen - die Friedensparolen der Evangelischen Kirche, in den 1980er Jahre Hauptträger einer gegen "neue Nato-Raketen" gerichteten Friedensbewegung, hörbar verstummt.

Kriegstüchtig? "Kriegstüchtig" heißt nicht nur höhere Militärausgaben, heißt nicht nur Krieg mit Distanzwaffen wie Drohnen, Raketen und weitreichenden Feldhaubitzen. "Kriegstüchtig" heißt Vorbereitung auf Kampf, Zerstörung, Töten, Verstümmelung und Sterben.   

III.

"Troja hört nicht auf zu brennen", lautete der Titel eines Essays des Philosophen Peter Furth. (Siehe H.A.: https://www.globkult.de/gesellschaft/besprechungen-gesellschaft/862-eine-kritik-der-deutschen-zivilreligion-aus-dem-geist-der-tragoedie). Auf die Gefahr hin, von übelwollenden Zeitgenossen bewusst missverstanden zu werden, zitiere ich Auszüge aus dem Interview, in dem der 100jährige Kurt Meisner, ein aus Landsberg a.d.Warthe (heute Gorzów Wielkopolski) stammender Überlebender des Krieges, in den er 1942 als Siebzehnjähriger - noch als Arbeitsdienstleistender-  hineingeriet, in der ungeliebten "Jungen Freiheit" über seine Kriegserfahrungen berichtete (in: JF Nr. 47 v. 15.11.2024, S. 12). Das Interwiew führte Moritz Schwarz.

[...]  

Wie verarbeitet man das?

Meissner:  Danach hat keiner gefragt. Es war ja damals viel vom Heldentod die Rede. Ich aber habe die Realität in ihrer äußersten Brutalität kennengelernt - all die furchtbar Verwundeten, die Verstümmelten, die Sterbenden und die Toten, die ich so jung und völlig unvorbereitet sehen mußte und die bis heute in meiner Erinnerung sind...

Wie war es, mit 17 töten zu müssen?

Meissner: Auch das ist schrecklich. Aber wenn es heißt, er oder ich, dann zögern Sie nicht. Als MG-Schütze habe ich später viele Russen getötet, furchtbar. Doch so auf die Entfernung ging es noch. Aber ich war auch in Nahkämpfe verwickelt und mußte einmal einen jungen Russen mit meinem Dolch erstechen. Ich habe immer wieder an ihn gedacht und daran, daß auch er eine Mutter hatte, die hoffte und betete, er würde zu ihr heimkehren. 

[...]

Sie waren von Ihrem Kampf nicht überzeugt?
Meissner: Von unserem Kampf schon, denn wir kämpften schlicht ums nackte Überleben, aber nicht von diesem Krieg.
 
Wie hatten Sie bei Ausbruch [des Krieges] über ihn gedacht?
Meissner: Da war ich 15, und dachte natürlich Unsinn wie, er möge nicht so bald vorbei sein, damit ich ihn nicht verpasse. Denn die Heldengeschichten, die man uns darüber erzählte, gefielen uns natürlich.
 
Hatte man in Ihrer Familie denn keine politische Meinung,etwa zu den ihm vorausgehenden Streitfragen um Danzig oderden polnischen Korridor?
Meissner: Mein Vater, ein Bahnangestellter, war zwar SA-Mann, aber nur um beruflich voranzukommen. Mir selbst gefiel es im Jungvolk ganz gut, nicht aber später in der HJ, weshalb ich möglichst viele Lehrgänge besuchte, um nicht am normalen HJ-Dienst teilnehmen zu müssen. Stattdessen lernte ich nützliche Dinge, die mir später im Krieg das Leben retteten. 
 
Bis 1938 hatte ich allerdings nichts gegen die Nazis, doch als die Synagogen brannten, und ich anderentags die eingeschlagenen Schaufenster der jüdischen Geschäfte sah, waren sie bei mir unten durch, denn so etwas macht man nicht!
 
Fühlten Sie keinen Patriotismus? Viele junge Deutsche, die damals in den Krieg zogen, glaubten ja daran, das Vaterlandzu verteidigen?
Meissner: Nein, patriotisch war ich nie. Ich kämpfte nicht für Deutschland, sondern weil mir keine andere Wahl blieb. Ich kämpfte um mein Leben und für das meiner Kameraden.
 
Spielte es für Sie keine Rolle, daß Deutschland bei einer Niederlage die Vernichtung drohte?
Meissner: Die Niederlage war für mich schon ausgemachte Sache. Denn Sie müssen bedenken, als ich an die Front kam, gab es nur noch Abwehrkämpfe und Rückzug. Einen Sieg, das war klar, würde es nicht mehr geben – und so ist es ja auch gekommen.
[...]
Was ist mit ihrer Heimat? 

Meissner: Ja, das war schrecklich, daß wir nach dem Krieg nicht mehr nach Landsberg zurückkonnten. Ich vermisse meine Heimat noch heute. Aber es war nicht zu ändern...

Wie sind Sie mit all dem nach dem Krieg zurechtgekommen?

Meissner: Ich habe das mit mir selbst ausgemacht, da ich nie jemand war, der viel darüber geredet hat. Nach dem Krieg hatten wir nichts mehr, nicht einmal mehr eine Heimat. Erst mußte man am Leben bleiben, die Hungerwinter überstehen und dann wieder aufbauen. Ich denke manchmal, mein Gott, was wir ertragen mußten! Und die Jugend jammert, weil sie zu viel arbeiten muß und nicht genug Party machen kann. Ich habe Sorge, daß diese Generation - der alles zu fehlen scheint, womit wir uns durchgebissen und unter alle den Trümmern wieder hervorgearbeitet haben - das, was wir hier aufgebaut haben, nicht wird halten können. 

 
Interessiert sich die Jugend für Ihre Erlebnisse?
Meissner: Nein, ich bin jetzt hundert und fast meine ganze Generation ist tot, alle die mich noch verstanden haben. Zwar habe ich eine Tochter und Enkeltochter, aber sie kennen meine Welt nicht
mehr. Ich bin im Grunde sehr einsam. Oft denke ich an all die Verstorbenen und meine vielen gefallenen Kameraden, die im Krieg geblieben sind. Es wird Zeit, daß auch ich gehe.

Mittwoch, 6. November 2024

Trump is back

Eine tiefgründige Analyse der kulturellen Kräfte, die dem allseits verabscheuten Trump zu seinem come back ins Weiße Haus verholfen haben, war vor dem 5. November 2024 in deutschen Zeitungen und Medien kaum irgendwo zu finden. Man begnügte sich mit dem herablassenden Verweis auf die  - stets nur als weiße, offen oder versteckt rassistische  Unterschicht identifizierten -  "Abgehängten", die dem "Populisten" Trump - auf den das Etikett ohne Frage zutrifft - auf den Leim gehen. 

Nun ist die große Überraschung da, und die allseits entsetzten, sich geistig und moralisch überlegen dünkenden  Deutschen, die an Joe Biden allenfalls seine fortschreitende Debilität auszusetzen hatten, müssen sich auf die neue, durch die Rückkehr Trumps an die Spitze der verunsicherten Weltmacht USA entstandene Weltlage einrichten. Die große Unsicherheit erfasst alle Parteien, namentlich die Grünen als führende deutsche Meinungsmacht. Nur die beiden ungeliebten Randparteien AfD und BSW können als Trump-Versteher beanspruchen, auf die Dinge, die da auf Deutschland und Europa zukommen, vorbereitet zu sein.  

Eine umfassende Betrachtung des Trumpismus aus meiner Tastatur sei hier nur angekündigt. Bis dahin verweise ich die auf meine vor vier Jahren verfasste Globkult-Besprechung einer Art Trump-Biographie eines Bewunderers von The Donald: https://www.globkult.de/politik/besprechungen/1856-doug-wead-donald-trump-die-wahre-geschichte-seiner-praesidentschaft. Im Schlusssatz erwähnte ich den von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner ausgearbeiteten Friedensplan für Israel-Palästina, der zu einem Friedenszustand im Nahen Osten führen sollte. 

Geschichte im Irrealis ist als Gedanke zulässig, für den Historiker sogar unverzichtbar. Wir wissen nicht, wie der Dealmaker Trump in den nächsten Jahren die von Kriegen und Krisen bestimmte Weltlage zu bewältigen gedenkt. Dennnoch sei die Frage erlaubt, ob die Katastrophen, die in den vier Jahren des Präsidenten Joe Biden über Israel und die Ukraine - und damit auch über uns - hereingebrochen sind, auch unter einem Präsidenten Trump stattgefunden hätten.

Samstag, 2. November 2024

Countdown

Countdown: Nur noch fünf Tage bis zu den US-Wahlen. Meine Position: Weder - noch. Nicht nur einige Facebook friends sprechen von einer Wahl zwischen Pest und Cholera. Noch im Sommer tippte ich auf Kamala Harris. https://www.globkult.de/.../2389-die-deutschen-hoffen-auf... Jetzt nimmt kein Buchmacher mehr Wetten an, oder?

Der mit mir seit den vergeblichen Bemühungen in der Stasi-unterwanderten - und längst im geschichtlichen Orkus der Grünen gelandeten -  "Berlin- und Deutschland AG" der sog. "Alternativen Liste" befreundete Peter Klepper, hat mit seiner Stellungnahme zum Ausgang und zu den Folgen der US-Wahlen - so oder so -  recht: Die ach so besorgten Deutschen sollten sich - ungeachtet ihrer Liebe zu Kamala - auf die Realität einstellen. 

Mehr Realitätssinn  und weniger grün eingefärbte Wunschvorstellungen -  eine solche Maxime gilt für das gesamte Feld der bedrängenden politischen Wirklichkeit. Sie gilt im Hinblick auf den Ukrainekrieg, dessen schnelle Beendigung Trump versprechen mag, die aber weder von ihm noch von uns - von mehr Geld und neuen Waffenlieferungen für Selenskyis "Siegfrieden" - abhängt, sondern, so unangenehm diese schlichte Erkenntnis sein mag, vom Machtkalkül Putins. Ob nun Trump oder Harris sich mit China als Rivalen - und mit dem wachsenden BRICS-Komplex - auseinandersetzen muss, ist weltpolitisch betrachtet von minderer Bedeutung. Ob  - im Blick auf die von den USA global ausstrahlenden Kulturpolitik - ein Sieg Kamalas oder Donalds vorzuziehen sei, ist eine Frage des Geschmacks. Kamala wird den Wokies entgegenkommen, Donald außer lauten Phrasen nichts gegen den allerorts vordingenden "progressiven" Nonsens unternehmen.    

Nüchterne Wahrnehmung der Dinge ist zudem geboten hinsichtlich der Zukunft der EU als eines von politischen Dissonanzen geprägten, nach innen auftrumpfenden, nach außen zahnlosen Machtgebildes, das seine Versprechen gegenüber der Ukraine und den Beitrittsaspiranten Moldavien, Georgien und Armenien in aller Wahrscheinlichkeit nicht einlösen kann. Das gilt sodann - bei allem Entsetzen über den 7. Oktober 2023 -  für Israels Krieg gegen Hamas in Gaza und gegen Hisbollah im Libanon (mit Teheran als schwer berechenbarem Faktor). Last but not least gilt dies für die - ungeachtet aller Grenzkosmetik und aller vermeintlich den Migrationsdruck mindernden Bezahlkarten - für die anhaltende Einwanderung von "Geflüchteten", während die aus der Migration erwachsenen Probleme der "Integration" den Kommunen, Stadtstaaten und Ländern allerorts über den Kopf wachsen. 

Gewiss, aus gebotener Selbstbscheidung,  sollte sich man sich  nicht zitieren, auch nicht wiederholen.  Das könnte das Publikum (m/w/d/o.A.) langweilen. (Siehe https://www.achgut.com/artikel/fragen_zu_den_us_wahlen_und_zum_demokratischen_fuehrungspersonal)

 

Mittwoch, 30. Oktober 2024

Reformationstag: Protestantische Theologen gegen Trumpisten

Parallel zu den Austrittszahlen aus den Kirchen hat der  Reformationstag am 31. Oktober, ehedem ein  Hochfest des deutschen Protestantismus, seine Bedeutung erkennbar eingebüßt. Die Gruselmasken von Halloween sind den Jüngeren heute besser vertraut als die markigen Bilder von Luthers Thesenanschlag an der Schlosskirche zu Wittenberg. Immerhin gibt es in einigen Bundesländern  noch schulfrei, und im atheistischen Bundesland Brandenburg wurde der Tag nach dem Mauerfall - unter dem längst vergessenen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe - gar zum staatlichen Feiertag erhoben. Seither nutzen die Bewohner des Berliner Umlandes den arbeitsfreien Tag vor allem zu Einkäufen, jedenfalls nicht zum Besuch eines Reformationsgottesdienstes. 

Gedenkgottesdiente finden gleichwohl in den  Kirchen der Hauptstadt statt, obenan, auf mediale Wirkung bedacht, im Berliner Dom - gegenüber dem als "Humboldt-Forum" semantisch und inhaltlich neutralisierten "Schloss" mit dem "umstrittenen" christlichen Schriftzug um die nicht minder "umstrittene" Kuppel - sowie in der semantisch noch unumstrittenen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

Den Inhalt der zum Reformationsfest verfassten Predigten können wir ohne Mühe antizipieren: Zu erinnern gilt es an den geistig befreienden Widerstand des von seinem Gewissen getriebenen Theologieprofessors Luther gegen das im ausbeuterischen Ablasshandel zugespitzte Machtgebaren der alten Kirche. Billige Gnade sei nicht zu kaufen, heißt es unter Bezug auf Dietrich Bonhoeffer. Dabei wird offen gelassen, ob die wenigen, meist grauhaarigen Gottesdienstbesucher, darunter einige mit dem Button  "Omas gegen Rechts", mit dem Begriff  "Gnade" überhaupt noch etwas anzufangen wissen.

Das Thema "Reformation" wird sodann fortgesponnen zur kritischen Betrachtung der Figur des Reformators und dessen historischer Überhöhung im Nationalprotestantismus. Das Erbe der Reformation - die Rede von der "Freiheit eines Christenmenschen" -  sei belastet durch das Versagen in der Nazizeit und das nur  halbherzige Bekenntnis zur deutschen Schuld nach 1945. Im Raum der AfD komme das völkische Gift der sog. "Deutschen Christen" erneut zur Wirkung. 

An dieser Stelle kehrt die Predigt zurück zum Vermächtnis des Widerstandskämpfers und Märtyrers Dietrich Bonhoeffer. Dessen Verständnis von gelebtem, auf Christus bezogenen Glauben, ziele auf tätige Hinwendung zu den Schwachen, Missachteten und Hilfsbedürftigen. Sein Verständnis des christlichen Pazifismus impliziere das Bekenntnis zum defensiven Gebrauch von Waffen gegen einen verbrecherischen Feind, wie wir ihn derzeit in Gestalt Putins und in seinem Krieg gegen die Ukraine erleben. 

                                                                        *

Als weiteres Thema einer deutschen Reformationspredigt kommt der amerikanische Wahlkampf in Frage. Ganz Deutschland starrt auf das Datum des 5. November. Laut Meinungsumfragen favorisieren über 70 Prozent der Deutschen Kamala Harris als künftige US-Präsidentin. Nur AfD-Wähler wünschen sich Donald Trump als Wahlsieger. Stoff genug für eine Predigt am Reformationstag sowie für den kommenden Sonntag vor den Wahlen am Dienstag.

Der Wahlkampf in den USA geht in seine letzte Phase. Aus den Meinungsumfragen - mit der diesen inhärenten Unsicherheitsmarge - ergibt sich keine eindeutiges Bild. In einigen Swing States scheint jedoch Trump vorne zu liegen.  In ihrem Abwehrkampf gegen den - entgegen vorherrschender Meinung anscheinend nicht nur beim weißen Prekariat populären -  "Populisten" Trump greift Harris inzwischen zur schärfsten Waffe, in dem sie ihn als "Faschisten" tituliert. Trump erklärt Kamala schlicht für "so stupid".

Während die meisten Medien, Intellektuellen, Film- und Popstars Harris unterstützen, hat Trump inzwischen auch einige prominente Namen auf seiner Seite, obenan Elon Musk. Ein weiterer namhafter Trump-Unterstützer ist der Journalist Eric Metaxas, Autor einer in hohen Auflagen publizierten Bonhoeffer-Biographie (Bonhoeffer: Pastor, Martyrer, Spy),Vorlage eines demnächst mit demselben Titel in die Kinos kommenden Filmes.

Metaxas ist Mitglied einer New Yorker Kirche von Presbyterianern, die  antiliberalen, fundamentalistischen Glaubenssätzen anhängen.  Gegen seine Rolle im Lager Trumps - bis bin zur Verteidigung des "Sturms auf as Capitol" am 6. Januar 2021 - und als Protagonisten eines rechten "christlichen Nationalismus" haben sich amerikanische und deutsche Theologen, obenan die ehemaligen EKD-Vorsitzenden Wolfgang Huber und Heinrich Bedford-Strohm, in einem Aufruf (in der Printausgabe "Die ZEIT" vom 17.10.2024) zu Wort gemeldet. 

Mit Recht weisen die Unterzeichner (die "Unterzeichnenden") darauf hin, dass Metaxas´ Buch "gerade im englischen Original sachlich fehlerhaft ist". Sie empören sich auch darüber, dass Metaxas in seinem neuen Buch den zwischen woken Linksliberalen und diversen "rechten" Kräften - von einigen (im europäischen Sinne) konservativen Intellektuellen über Evangelikale und/oder Fundamentalisten sowie "christliche Nationalisten"  bis hin zu gewaltbereiten Milizen - ausgefochtenen Kulturkampf mit dem Krieg gegen Hitler-Deutschland gleichsetzt. Der Trump-Anhänger Metaxas illustriere seine kämpferische, antiliberale  Rhetorik "sogar mit einem Foto, das eine Pistole auf einer Bibel zeigt. Diese Gewaltverherrlichung geht einher mit der Weigerung, zwischen dem heutigen gesellschaftlichen Kontext und Nazideutschland zu unterscheiden. Eric Metaxas ist kein vertrauenswürdiger Erzähler von Bonhoeffers Leben und Lehren."   

                                                          *

Die Kritik an verzerrender Interpretation der Schriften Bonhoeffers sowie am politischen Missbrauch Bonhoeffers im Wahlkampf für Trump ist nicht unbegründet. Nichtsdestoweniger sei vermerkt, dass die Auseinandersetzung mit Bonhoeffer auch im Lager "progressiver" Theologie - maßgeblich in der Ausdeutung der Gefängnisschriften Bonhoeffers unter weitgehender Ausblendung der voluminösen "Ethik"-Fragmente - vielfach in reduktionistischer und vorschnell aktualisierender Weise geführt wird.  (Siehe dazu meine Bonhoeffer-Aufsätze in Globkult, darunter meine Rezension des Bonhoeffer-Porträts von Wolfgang Huber  https://www.globkult.de/geschichte/rezensionen/2139-wolfgang-huber-dietrich-bonhoeffer-auf-dem-weg-zur-freiheit-ein-portraet).

Als  Negativ-Beispiel für eine "moderne" Sicht auf Bonhoeffer, genauer: für den Bezug auf Bonhoeffer im politisierenden Protestantismus  sei zum Schluss aus einem Aufsatz des Theologen Thorsten Dietz zitiert. Dietz, Professor für Systematische Theologie an der Evangelischen Hochschule Tabor und Privatdozent an der Universität Marburg, schreibt: "Metaxas’ Darstellung von Dietrich Bonhoeffer ist oft Fanfiction für christliche Nationalisten." (https://www.reflab.ch/billige-gnade-streit-um-bonhoeffer/?) Zwar sei Bonhoeffer "kein linksliberaler Theologe im heutigen Sinne" gewesen. Es gebe  "bei Bonhoeffer für rechte Formen des Christentums eine Reihe von verstörenden Anknüpfungspunkten", so in dessen erst später überwundenen "Nationalismus", in seinem von "Geschlechterhierarchie" abgeleitetem Verständnis von Ehe sowie in seinem - in der radikkalen Ablehnung der Französischen Revolution begründeten - Antiliberalismus. 

In schiefer Syntax und nur halbrichtig in der Aussage -  Bonhoeffers ironische Kommentare zur theologischen Flachheit des Spocial Gospel schlicht ignorierend - heißt es dann weiter: "Gerade sein Studienaufenthalt in den USA und die Begegnung mit schwarzen Gläubigen sowie auch der Social-Gospel-Theologie verdankt seine Theologie eine nachhaltige Wende zum Sozialen." Auf die Gegenwart bezogen erläutert der Autor das "Soziale" bei Bonhoeffer wie folgt:  "Bonhoeffers Bereitschaft zu selbstkritischer Hinterfragung privilegierter Personengruppen führen ins Zentrum heutiger Auseinandersetzungen... Eigene Privilegien einzuräumen und aufzugeben, das ist nichts, was heutige Menschen mit den Eigenschaften männlich, cishet (?) , weiss – mit Gelassenheit absolvieren."

Als nichtprivilegierter weißer Cis-Mann denke ich zum Reformationstag darüber nach, ob man derartige in kirchlichem Lehramt etablierte Theologie noch weiterhin gelassen mit Kirchensteuer finanzieren soll.



Mittwoch, 18. September 2024

Scholzens Drehtürpolitik

Noch ist Olaf Scholz Bundeskanzler, da Lindner die Chance zum Kanzlersturz - und zur Rettung seiner Partei über die Fünf-Prozent-Hürde -  immer wieder verpasst hat. Zugleich ist zu erfahren, dass jetzt bereits innerhalb der SPD an seinem Stuhl gesägt wird, dass der ob seiner martialischen Reden angeblich populäre Boris Pistorius als nächster Kanzlerkandidat ins Spiel gebracht werden soll.

Doch das sind Gerüchte. Vorerst ändert sich in diesem Lande - allen Wahlergebnissen in den längst nicht mehr neuen Bundesländern zum Trotz - nichts. Zwar hat die Innenministerin Faeser inzwischen erkannt, was die weiland Bundeskanzlerin Merkel nicht für möglich halten wollte, nämlich, dass man, um der militanten Migration zu begegnen,  Grenzen kontrollieren, gar schließen kann  - wenn sie es denn ernst meinte.  

Die starken Worte der Nancy Faeser sind nicht ernst gemeint. Was - angetrieben von Erregung über die AfD-Erfolge  -  die immer noch regierende Ampel als "verantwortungsvolle Migrationspolitik" propagiert, ist nichts anderes als eine Politik der Drehtüre: Ein paar illegale Straftäter - unter Hunderttausenden von illegal Eingewanderten - werden vor den Wahlen nach Afghanistan abgeschoben. Danach schließt Kanzler Scholz höchstselbst Abkommen mit Ländern wie Kenia und Usbekistan, die eine Anwerbung - de facto Abwerbung - von "Fachkräften" aus diesen Ländern vorsehen. 

Ungeachtet des geplatzten Migrationsgipfels stützt die CDU unter Merz die auf tiefgreifende Transformation der deutschen Gesellschaft zielende Politik der Ampel. Sollte die Ampel im Wahljahr 2025 von einer schwarz-grünen Regierung abgelöst werden, wird sich an den als "Migrationskrise" bekannten Zuständen in Deutschland wenig ändern. Wenn dann die "Brandmauer" zur AfD doch bröckelt und bricht, ist es für eine Politik, die  Deutschland erneuern  und als lebenswertes Land erhalten will, aller Voraussicht nach zu spät.  Als Ausweg aus der Misere droht sodann ein autoritäres Regime.


Mittwoch, 4. September 2024

Freunde und Helfer im Einsatz

Natürlich wäre ein Kommentar zu den - angesichts der Zustände im Lande sowie aufgrund aller Wahlumfragen erwartbaren - Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen angebracht.Vae Germaniae, Hannibal Höcke ante portas! Periculum in mora! Aufruf  an unsere Fachkräfte (mit und ohne Migrationshintergrund) in der Tiefbaubranche: Beeilt euch im Hinblick auf die Bundestagswahl 2025 mit dem Ausheben des Festungsgrabens vor dem Reichstag - zum Schutz der Demokratie vor Reichsbürgern, Corona- und Klimaleugnerinnen, Höcke-Jüngern, Sahra-Verehrern und ähnlich gesicherten Verfassungsfeinden! Immerhin kommt der entsprechende Bauauftrag auch von mir als Mitträger der Volkssouveränität, als verfassungstreuer postethnischer Bürger sowie als  Steuerzahler... 

Leider muss ich die Leser und -innen meines Blogs bezüglich einer zusätzlichen Wahlanalyse noch um etwas Geduld bitten. Zum einen hallen die Kassandrarufe durch sämtliche Medien, und in diesen Chor möchte ich mich mit dissonanten Tönen nicht einmischen.   Zum anderen lockt  der herrliche Spätsommer - nach allgemein medialer Meinung eine Folge des menschengemachten Klimawandels  - vom PC weg zum Badevergnügen in der Krummen Lanke.

Die Freude auf das Vergnügen im See bei angenehmer Wassertemperatur erfuhr am dritten Septembertag eine gewisse Störung. Während ich mein Fahrzeug (Verbrenner) durch eine beidseitig von geparkten Autos beengte Straße steuerte, kam in Schlangenlinien ein blauweißer Polizeiwagen - unter Verzicht auf  Blaulicht und Sirene - entgegengerast. An vorsichtiges Manövrieren, mit dem man gewöhnlich an einem entgegenkommenden Pkw vorbeikommt, war nicht zu denken. Aufs äußerste erschreckt, versuchte ich noch,  in eine schmale Parklücke auszuweichen. Da war der Polizeiwagen bereits auf meiner Höhe. Aus dem offenen Wagenfenster brüllte der von Amtswegen um meine bürgerliche Sicherheit besorgte Fahrer, ich solle gefälligst über den Bordstein fahren, um die Straße freizumachen. 

In derlei Fällen ist der  Bürger schon froh, wenn ihn der Polizist in der Höflichkeitsformel "Sie" anschreit. Mich bewegt sodann die Frage, ob unsere Berliner Polizei mit derlei rhetorischem Aufwand auch bei ihren stets folgenlosen Kontrolleinsätzen  im Görlitzer Park ("Görli"), am "Cotti", am "Helmi" oder sonstwo gegen drogendealende Fachkräfte  verfährt. Vermutlich halten sich die Ordnungskräfte da mehr zurück, um Stimmungsmache für die AfD zu vermeiden.


Sonntag, 11. August 2024

Deutscher Optimismus in der Sommerpause

Es gäbe genug Stoff für Kommentare zur bundesrepublikanischen Lokalpolitik und zum großen Weltgeschehen: die schleichende Wirtschaftskrise mitsamt fühlbarer Kosteninflation der Grundbedürfnisse, Faesers Schlag gegen die permanent drohende Machtergreifung der "Rechten", die deutsche "performance" bei den Olympics an der von Macron unzureichend gesäuberten Seine, die Klage der Landkreise über die Kosten der uns bereichernden Migration, die Erfolge im deutschen Bildungssystem (mit 261 1,0-Querschnittsnoten im diesjährigen Abitur in der Bundeshauptstadt Berlin),  die Einschränkung der Persönlichkeitsrechte durch EU-ferne Gesetzesvorhaben der Ampel für die Handhabung von Messern im sozial-kulturellen Alltag,  die medienwirksame Queer-Demo in Bautzen, die Spekulationen über die künftigen Regierungen nach den Wahlen am 1. September (Weltfriedenstag) in drei der  nicht mehr so "neuen" Bundesländer. 

Vor allem zu den Themen der global politics: Wie kommt die Ukraine im Kursker Oblast/Rayon voran, welchen Effekt erzielen deutsche Waffen im Hinblick auf den Siegfrieden über Putin? Wie reagiert Israel, wie der globale Westen, wie der globale Süden auf den erwarteten Doppelangriff von Hisbollah und der Mullahs in Teheran? Besteht noch  Hoffnung auf ein Ende des Gaza-Krieges, gar auf einen realen Frieden in Nahost?

Genug der Fragen, Sorgen und Spekulationen. Ich beschränke mich in diesen Sommertagen  auf einen Hinweis auf  meinen Globkult-Artikel  https://www.globkult.de/politik/welt/2389-die-deutschen-hoffen-auf-harris zu dem von um die Demokratie besorgten Deutschen mit Vorfreude erwarteten Sieg von Kamala Harris bei den US-Präsidentschaftswahlen. Daraus die Schlusspassage mit einer persönlichen Stellungnahme:

Ich kann mich für keinen der beiden Kandidaten (m/w) erwärmen. Ich habe jedoch das Gefühl, dass wir  – in der Bedrängnis eines zweifach geführten Kalten Krieges - am Ende des Wahltheaters eine kreischende Spätpubertäterin anstelle eines angejahrten Grosssprechers an der Spitze der westlichen Wertewelt erleben werden. Das wird - nach den mutmaßlich Entsetzen hervorrufenden Landtagswahlen in den drei „ostdeutschen“ Bundesländern -  vor allem „uns Deutsche“ - das neue „Wir“ unseres Bundespräsidenten – erfreuen.

Montag, 15. Juli 2024

Nach dem Fußballspektakel: Ein Blick von außen

I.

Naturgemäß überlagern die Berichte zum blutig gescheiterten Attentat auf Trump derzeit alle anderen Nachrichten, einschließlich der Kommentare zum Sieg der Spanier über die Engländer im Endspiel der Europameisterschaft. In den seitenfüllenden Berichten der FAZ  (v. 15.07.2024) war über den Verlauf des Attentats und das Innenleben des um Haaresbreite "erfolgreichen", von den Sicherheitsleuten erschossenen "mutmaßlichen" (juristisch-journalistische Pflichtformel) Mordschützen nichts Neues zu erfahren. Mit Ausnahme eines tiefgründigen Aufsatzes von Peter Graf von Kielmannsegg zum Vermächtnis des 20. Juli 1944 wäre die morgendlicheZeitungslektüre - insbesondere auch das Feuilleton -  den Zeitaufwand wieder einmal kaum wert gewesen. 

Den Sportteil überfliege ich seit langem nur mit kursorischem  Desinteresse. Die Helden meiner Kindheit und Jugend sind längst vergessen und/oder gestorben. Im Lauf der Jahre versiegte meine patriotisches Interesse an der  deutschen "Nationalmannschaft", auch an deutschen Siegen bei den Olympischen Spielen. Das "Sommermärchen" von 2006 verfolgte ich nur mit größtmöglicher Distanz, zog allerdings noch - mehr aus Freundschaftsgründen denn aus Begeisterung -  in die beflaggten Kneipen. Bei dem korrupten Spektakel in Qatar im Dezember 2022 ärgerte ich mich über Faesers provokant peinlichen Auftritt und registrierte mit Genugtuung das frühe "Aus" der namenlosen, zu PC-Gesten genötigten "Mannschaft". Ich gestehe jedoch, dass ich in den letzten Wochen -  zunächst wiederum mehr aus freundschaftlicher Verpflichtung denn aus Interesse -  ein paar EM-Spiele auf TV  angesehen habe. Und in der Tat: die spieltechnische Genauigkeit der Spanier, die Akrobatik von Spielern wie Yamal,Williams, Musiala oder Bellingham bereiteten ästhetisches Vergnügen. Die Enttäuschung Harry Kanes und seiner Leidensgenossen erregte mein Mitgefühl.

II.

Beim Durchblättern der Zeitung stoße ich auf die Kommentare aus dem Ausland zum Ausklang der Fußball EM 2024. Ins Auge fällt (S. 24, unten links) die Überschrift: "Frankreich. Altmodische Züge, dreckige Straßen". Das erweckt mein Leseinteresse, auch wenn ich die ICC-Züge  nicht so sehr als altmodisch, sondern das Reisen mit der Deutschen Bahn AG seit Jahren nur als qualvoll erfahre. 

Zur französischen Wahrnehmung wird der  langjährige Redakteur der Sortzeitschrift "LÉquipe" zitiert: "Dass die Züge altmodisch, langsam und unpünktlich sind, war bekannt, aber dass die Sauberkeit auf den Straßen nicht mehr vorhanden ist, sowie die Tatsache, dass man so viele Obdachlose auf der Straße sieht, hat mich schon überrascht."  

Nichts könnte die triste Gegenwart dieses unseres diversen und weltoffenen Landes schärfer abbilden als dieser Satz. Wer als Bürger mit offenen Augen durch die Städte - und durch die politische Landschaft - der "erweiterten Bundesrepublik" (dixit post 1990 J.H.) - geht, den kann  schon seit langem - spätestens seit der Ära Merkel - nichts mehr überraschen. (Siehe dazu auch meinen Artikel aus dem Jahr 2022:   https://www.tabularasamagazin.de/zur-aesthetik-des-muells-in-der-hauptstadt-und-anderswo/)