Donnerstag, 25. Dezember 2025

Mein Jahresrück- und vorblick

Das Jahr begann - es war Wahlkampf - im Januar wie stets vor Wahlen: Kanzlerkandidat Merz machte mit Getöse Ankündigungen zur Eindämmung der Migration, zur Erhellung der Finanzquellen der -  in "unserer Demokratie" als eine Art alternativer Souverän fungierenden NGOs - sowie zur Beibehaltung der Schuldenbremse. Nach den Februarwahlen, die der CDU/CSU magere 28 Prozent Stimmen gebracht hatten, ging es weiter wie erwartet: In einem für ihn peinlichen zweiten Wahlgang zum Kanzler einer kleinen GroKo gewählt, tat Merz das Gegenteil von dem, was er versprochen hatte. 

Die Brandmauer wurde verstärkt abgedichtet, die Schuldenbremse nicht nur - mit Unterstützung  der nach wie vor diskursbeherrschenden Grünen sowie der demokratisch geadelten "Linken" - aus dem Grundgesetz gekippt, sondern mit einer gigantischen Schuldenaufnahme von einer Billion Euro ins Gegenteil verkehrt.  Zum Jahresende kamen noch einmal  90 Milliarden Kriegssoforthilfe für die Ukraine hinzu, die zwar nicht direkt allein dem deutschen Steuerzahler aufgeladen werden, wohl aber die in den EU-Verträgen noch ausgeschlossenen Eurobonds in die Welt setzen, für deren Bonität im Zweifelsfall dann doch wieder hauptsächlich die Deutschen geradestehen müssen.

Der Umgang der  Regierung mit der Migrationsproblematik erinnert an die Echternacher Springprozession: zwei Schritte vor, einer zurück (oder umgekehrt). Zwar agiert Innenminister Dobrindt (CSU) als Protagonist strikter Gesetzesanwendung - und einiger medienwirksamer Abschiebungen - zur Kontrolle der Dauerimmigration (Neologismus "Zuwanderung"), aber  am Gesamtbild hat sich wenig geändert. Weit über 100 000 Migranten gelangten trotz aller ernsthaften oder eben nur halbherzigen Bemühungen zur Kontrolle der "unsere Demokratie" grundlegend verändernden Einwanderung ins gelobte Land, denn Familiennachzug (und sei´s die Zweitfrau) unterliegt nach wie vor den allen juristischen Hürden oder sozialpolitischen  Erwägungen übergeordneten Menschenrechten, selbst wenn in deren Katalog Einwanderung ins Land bester Wahl gar nicht vorgesehen ist. 

Im Zweifelsfall gibt es hinreichend  pressure groups, obenan die EKD, die "unser reiches Land" durch Aufnahme von - aus beliebigen Gründen (Klima, Hunger, Kriege, Queerness, Wehrpflicht etc.) - Geflüchteten (Partizip Perfekt) bereichern wollen. Dass die Kirchen seit Jahren immer leerer werden, so dass man siejtzt  als event locations, Fitness-Studios oder nach Abriss als Baugrundstücke veräußern muss, stört die Kirchenoberen nur wenig. Entscheidend ist ihre Führungsrolle in Sachen Moralpolitik. Für dieses Ziel hat man im Hinblick auf den Ukrainekrieg die einstige pazifistische Grundlinie (Friedenserziehung) dogmatisch korrigiert. 

Bundeskanzler Merzens Erkenntnis, dass sich das Stadtbild aller Groß- Mittel- und Kleinstädte in den letzten Jahren auf eine Weise verändert hat, dass jetzt die Indigenen als Minderheit auffallen, löste einen Sturm moralischer Entrüstung aus. Im Zweifelsfall präsentieren die Medien stets ein beruflich nützliches und erfolgreiches Beispiel gelungener Integration, was am realen Stadtbild leider nichts ändert. Zum Stadtbild gehören nicht nur bärtige Männer und - in unterschiedlichem Grade - verhüllte Mütter aus dem Morgenland, sondern die zahllosen Obdachlosen unter S-Bahn-Brücken, überdachten Bushaltestellen und Hauseingängen. 

Immerhin,  Berlin, die Hauptstadt der  bunten Republik, will das von migrantischen Fachkräften  und indigenen Konsumenten  verursachte Negativbild des Görliter Parks ("Görli") - pars pro toto im Stadtbild - durch einen ästhetisch überzeugenden Zaun einrahmen. Aber: Gut Ding will Weile haben. Dafür ist die Hauptstadt bekannt. Vollständigkeitshalber seien noch die unaufhaltsam zunehmenden Schmierereien an Häuserfronten, Friedhofsmauern, Brunnen oder Statuen sowie der Müll auf den Straßen und Grünanlagen erwähnt. 

Dass Deutschland, ehedem bewundert ob seines Bildungssystems - insbesondere das duale System im handwerklich-technischen Bereich - im Leistungsvergleich mit anderen Ländern von Jahr zu Jahr zurückfällt, wird "von der Politik" zwar registriert. Aber außer Geld für mehr Fachkräfte (!)  für frühkindliche Sprach- und Intelligenzförderung fällt den Bildungsexperten nicht viel ein. Dass das Zeugnis der Mittleren Reife (nach zehnjährigem Schulbesuch) vielerorts nicht einmal mehr  das Papier wert ist, stellt für die Bildungsforscher/innen kein Problem dar. Soziale Kompetenz (!?) steht über Grundrechungsarten, Sprachbeherrschung und Schreibfertigkeit. 

Wenn schon keine Lösung -  nicht zuletzt hinsichtlich der ökonomischen Folgen -  in Sicht ist, dürfen keinesfalls Analysen angestellt werden, die unabweisbar Thilo Sarrazins Diagnose - und Prognose - von 2010 bestätigen. Derlei Erkenntnisse könnten ja Wasser auf die Mühlen der AfD lenken und die Brandmauer unterspülen. Dass deutsche Gymnasien in den MINT-Fächern nur noch hohe Quoten von Studienabbrechern hervorbringen, ist ein statistisch belegtes Faktum. Hingegen expandieren die auf Soziokultur, Gendergerechtigkeit, queerness - und politische Karrieren im Parteienstaat -  ausgelegten Studienfächer (mit Bachelor-Garantie).  

Welche Aussichten eröffnen sich für 2026? Ob sich die Wirtschaft der Exportnation Deutschland von der Rezession in allen Bereichen - mit Ausnahme des Rüstungssektors - erholen kann, ist höchst ungewiss. Experten sprechen vom schlimmsten Einbruch seit 1953. Dass die Energiekosten einen enormen Negativfaktor in der Produktion - von Bäckereien bis hin zur Chemie- und Stahlindustrie - ausmachen, ist allgemein bekannt. Noch mehr deutsche Restlandschaften zerstörende Windmühlen sollen´s richten. 

So sind wir über das Thema Energie bei Nordstream 2 und dem Ukrainekrieg angelangt. Der verd... Krieg wird leider erst zu Ende gehen, wenn es dem russischen Herrscher Putin gefällt. "Die Europäer" - abzüglich der "Putinsversteher" - stehen noch -  mit in den Kamin geschriebenen, auf zwei Jahre ausgelegten Krediten-  in Treue  fest zu Selenskyi.  Ob sich Putin ("Putler": ohne Hitler geht in Deutschland kein "Diskurs") mit Trump,  gewiss nicht mit den "Europäern", noch auf einen Deal einlässt, der nicht nur das Sterben beenden, sondern uns allen zugute käme, steht leider auch 2026 in den Sternen.  

 

Samstag, 20. Dezember 2025

Ein Teppich des Lebens, dunkelfarbig. Poem für einen jugendbewegten Freund

Ein Teppich des Lebens, dunkelfarbig 

Das Muster kenn ich seit Knabenzeit. Erfunden

von einem, des Namen beim Shoppen keiner erkennt

samt dem Greifen an dem Gebäude einst stolzer Bürger.

Von dort zogen singend hinaus sie im Frühtau.

In der Dämmrung jetzt führt mein Weg dahin zurück.


Zu wahrem und schöneren Leben

als jener Satten im kleingroßen Reich -

spät in den Sattel gesetzt zu eitlem Wettstreit

mit den andern längst mächtigen Reichen -

brachen sie auf, frisch, frei und liedreich...


O Mensch! Gib acht! Sprach vom Berge der Gott.

Und sie lauschten - im Bannkreis der Flamme - dem Meister,

der besang die Anmut der Städte an Mosel und Rhein

und Maximins Schönheit in München; und kündete

das Neue Reich, Geheimnis der Edlen aus Hellas.


Längst lagen Schatten über Hesperien.

Da zogen sie, suchten sie jenseits des Tales,

unweit der Zelte, im Reiche

tief drinnen auf mondlichter Flur

die nachtblühend blaue Blume.


Ein junges Geschlecht, freien Muts und reinen Gemüts,

sie schworen sich ewige Jugend. Es brauste der Ruf

von Langemarck. Schrill schrien im Frühling

die Zugvögel über der Insel. Feldgrau verwelkte

des Vaterlands Blüte in Flandern. In Flanders fields


the poppies blow // Take up our quarrel with the foe

schrieb ein andrer und starb für Britanniens Ruhm.

Für sich - und die Jungen des Reichs in der Mitte -

schrieb sein Erlebnis der Leutnant pour le mérite.

Bald ging´s hinaus zu gewinnen endlich das Reich.


In neuen Bünden erblühte die Jugend.

Jung wolln wir sein und frei. Befreiung von Knechtschaft

verhieß Licht aus Osten den einen,

einen friedlichen Ritt gen Westen wagten die andern.

Doch alle, ja alle, warn bereit für den Aufbruch ins Reich.


Bewegt von Träumen der Jugend. Sing, sing...Wer will singen

von dem was geschah? Begraben in Asche lag der fromme Wahn.

Von baltischer Küste flohen die Mütter mit Kindern und Greisen,

in die Reste des Reiches. Nahmen Abschied von Jablonec nad Nisou.

Gegen Kopfläuse kämpften die Frauen in Hütten named Nissen.


Auferstanden aus Ruinen lebte vergessend ein satteres Volk.

Und einmal wieder, Kameraden, standen wir auf. Es lockten

Meere und Wogen. Junge Jäger durchstreiften des Pelions Wälder,

Bis plötzlich hervorbrach ihr Zorn aus verletztem Gemüte,

aus Scham verlorener Unschuld. 

 

Alte Lieder noch singen die Alten. Klagen erklingen

von wilden Schwänen und Schwedens Schären.

Du kennst noch Gesänge von Väterchen Franz?

Queer und gehorsam rappen die Jungen und schwören

auf ewige Werte, nicht ewige Jugend.


                                 Für den Freund Eckard Holler, 

                                               zum 84. Geburtstag am 19.12.2025 in Berlin-Mitte

                                                                            Herbert Ammon


Sonntag, 7. Dezember 2025

Ein Dank an Ulrich Schödlbauer. R.I.P.

Ulrich Schödlbauer und seiner  wenige Wochen vor ihm verstorbenenen  Ehefrau Renate Solbach habe ich als Autor  und als Freund viel zu verdanken. Ich werde später versuchen, diesen Dank in einem angemessenen Nachruf auf meinem von Ulrich eingerichteten Blog  zum Ausdruck zu bringen. 

Aus mancherlei Gründen bin ich in diesen Adventstagen noch nicht selbst zur Abfassung eines solchen post mortem gekommen. Stattdessen zitiere ich für die Leser (sc-. -innen meines Blogs) Auszüge  aus dem so tiefgründigen wie einfühlsamen Essay, den Jobst Landgrebe, von Ulrich noch vor seinem leidvollen Ableben in die redaktionelle Arbeit eingewiesen, soeben auf der "Achse des Guten" (https://www.achgut.com/artikel/wer_war_ulrich_schoedlbauer_zum_tod_eines_literaten_und_denkers) veröffentlicht hat:  

"Als Citoyen (ein Bourgeois war er nicht) der alten Bundesrepublik war Schödlbauer ein klassischer Sozialdemokrat, der sich sein Leben lang die Partizipation aller Bürger an der politischen Willensbildung, aber auch am Wirtschaftswachstum und der Kultur wünschte und sich dafür einsetzte... Schödlbauer  [blieb] als Herausgeber, als Autor und als Literat seinen Vorstellungen und Werten immer treu, während sich im Laufe seines Lebens ein Werteverfall vollzog, der in dieser Geschwindigkeit historisch wohl selten so vorgekommen ist. Das schuf einen Graben zu den Zeitgenossen und führte auch zur Entfremdung von einigen seiner langjährigen Lebenswegbegleiter, die sich dem Zeitgeist anpassten. 

[...] [...]

In einer Landschaft der kulturellen Entdifferenzierung konnte einer wie Schödlbauer daher nicht den großen Erfolg genießen. Er gehörte überhaupt zu der eher seltenen Art Mensch, die in keine Vereinigung hineinpassen – wie Groucho Marx einst sagte „In einem Club, der mich aufnehmen würde, möchte ich kein Mitglied sein.” Ulrich Schödlbauer war ein äußerst liebenswerter und großherziger Mensch, ein Philanthrop, dem das Leben in mancher Hinsicht härter zugesetzt hat als vielen andern, die weniger klug, urteilsstark, sensibel und gewissenhaft sind. Er war ein Original und ein wirklich großartiger Denker, Literat und einer der besten Gesprächspartner, die ich je hatte. Wir, seine Freunde, vermissen ihn auf’s äußerste. Möge er in Zukunft viele Leser finden.

P.S. Inzwischen ist auch von mir ein post mortem  für Ulrich Sch. - leider mit mit ein paar nichtredigierten Ungenauigkeiten, aber mit eindrucksvollen Fotos  - auf open source Berliner Zeitung erschienen:

https://www.berliner-zeitung.de/open-source/ulrich-schoedlbauer-er-ist-zu-frueh-gegangen-und-laechelte-li.10009522