Sonntag, 9. Januar 2022

Bescheidene Erwartungen an die classe dirigente im Neuen Jahr

In den derzeit noch - knapp mehrheitlich -  christlichen Regionen des Landes gingen die Weihnachtstage am 6. Januar zu Ende. Für die Protestanten handelt es sich  an dem betreffenden Januartag um Epiphanias, um die Erscheinung des Herrn, d.h. um den eigentlichen Tag der Geburt, wie er in fast allen Ostkirchen gefeiert wird. Im Westen erinnert der Tag auch an die die Geburt Jesu überstrahlende Himmelserscheinung, die den aus dem Osten angereisten magoi - in der Übersetzung Luthers waren es "Weise aus dem Morgenland" - nach einem Zwischenstopp bei dem mächtigen König Herodes den Weg nach Bethlehem wies, wo sie dem Jesuskind allerlei Gaben darbrachten. Danach machten sich Maria und Joseph samt Kind eilends auf die Flucht nach Ägypten, nachdem ein Engel Joseph im Traum vor den mörderischen Absichten des Idumäers gewarnt hatte.

Für protestantische Pastorinnen und Pastoren sowie katholische Priester unter Anleitung ihres Papstes Franziskus liefert die Fluchtgeschichte gewöhnlich den  Predigteinstieg in die von Flüchtlingselend - semantisch vermengt mit "Migration" aus dem "globalen Süden" in die unberechtigt reichen Länder des Nordens - geprägte Gegenwart. Dass die Heilige Familie nach überstandener Gefahr - nach Herodes´ Tod - wieder in ihre Heimatstadt Nazareth zurückkehrte, bleibt in der vorherrschenden Exegese unerwähnt. 

Die Bilder von frierenden Kinder am polnischen Grenzzaun zu Belarus sowie die bitteren Zahlen der im Mittelmeer, vor den Kanaren und im Ärmelkanal Ertrunkenen stimulieren das schlechte Gewissen derjenigen, deren Enthusiasmus für die "Willkommenskultur" in jüngster Zeit zwar nachgelassen hat, aber die nach wie vor die unkontrollierte Einwanderung aus aller Welt als "Bereicherung" unserer - in der Tat ziemlich öden - Kulturlandschaft deklarieren, ohne die kulturelle Realität in den "Problemvierteln" deutscher Städte zur Kenntnis zu nehmen. Gleichzeitig hält sich die politisch-mediale Sympathie für die  "Ortskräfte", die man beim  Abzug aus Afghanistan der Rache der Taliban ausgesetzt hat, offenbar in Grenzen, auch wenn jetzt Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und für Heimat im Kabinett Scholz für diejenigen, denen die Flucht geglückt ist, Integrationskurse bereits vor Abschluss des Asylverfahren fordert. Darüberhinaus halten sich selbst die Grünen  bei dem Spiel mit Zahlen von Aufnahmeberechtigten aus Kabul, Herat, Kundus usw. auffällig zurück.

Das Flüchtlings-/Geflüchtete-/Migrationsthema wird uns gleichwohl auch unter der neuen Regierung beschäftigen. Ob und wie die Grünen sowie die "Linken" in Scholzens SPD die im Koalitonsvertrag vereinbarte Zuwanderung in das "moderne Einwanderungsland" Deutschland angesichts der vielen "hässlichen Bilder" (Merkel) steuern können, bleibt im Hinblick auf die längst restriktive Migrationspolitik selbst in den ehedem die Segnungen der Multikultur propagierenden EU-Nachbarländern abzuwarten. Womöglich überwiegt bei einigen am Ende der Geschmack an der Macht die edlen Absichten der Naiven und der weniger edlen bei den Ideologen. Nicht auszuschließen ist, dass die Opposition - die CDU unter ihrem späten Vorsitzenden Friedrich  Merz, erst recht die CSU unter dem wendegewandten Markus Söder -  die Reizvokablel  "Migration" als stimmungs- und stimmenträchtiges Thema aufs Tapet bringen. selbstverständlich in klarer Abgrenzung (Politsprech: "klare Kante") zur AfD und unter europäischen Vorzeichen.

Die FDP in der Regierung hat sich  beim Thema "Migration" offenbar ganz auf die Seite der Grünen geschlagen. Andererseits braucht sie, da sie ihre alte Rolle des Züngleins an der Waage eingebüßt hat,  als Partei der totalen Mitte ein Thema, mit dem sie in der "Ampel" - und beim Wahlvolk - glänzen könnte. 

Mit Interesse sahen wir daher dem Auftritt der FDP-Granden bei ihrem traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart entgegen. Doch Christian Lindner bot  nichts, was ihm künftighin Profil - eine herausragende Sonderrolle - im Kabinett verschaffen könnte. Er verzichtete darauf, an der Weisheit des  Ausstiegs aus der Kernenergie zu zweifeln und unter klimarettenden Aspekten den Grünen die Schau zu stehlen. Im Gegenteil, er verteidigte nachdrücklich die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke in diesem unserem Lande. 

Auch ist von den Freien Demokraten bislang keinerlei Kritik - oder gut verhüllte Selbstkritik -  an einigen jener Absurditäten zu vernehmen, die im voluminösen Koalitionsvertrag stehen. Zwar bekommt derzeit Wolfgang Kubicki für seine Kritik am angekündigten "Impfzwang" und der Erinnerung an liberale Werte mediale Aufmerksamkeit. Doch auch dieses Thema könnte verloren gehen, falls im  Zeichen der Corona-Omikron-Welle und anhaltender Proteste Experten die Pandemie zur Endemie herabstufen und die Ampel-Koalition die Rückkehr in die Normalität verspricht. Das wäre - zusammen mit einem Corona-sedierenden Medikament statt ständigem Boostern - ein schönes Geschenk an das Volk, aber Pech für die FDP (erst recht für die AfD).

Heikel wird´s beim Thema Nord Stream 2. Stehen die Freien Demokraten beim Streit um die Inbetriebnahme der Gas-Pipeline an der Seite des Bundeskanzlers Scholz oder halten sie ´s mit den puristischen Grünen? Fordert Baerbock Putin (rhetorisch) heraus oder fordert Scholz einen neuen Dialog mit Putin über die Ukraine? Wie stellt sich die FDP - wer in der FDP? - zu Putins geopolitischen Forderungen gegenüber der Nato?  

Mal sehen, was das Neue Jahr für unsere classe dirigente und diese für uns Bürger (sc. -innen, m/w/d) an Überraschungen bereithält. Alle Regierungsdokumente sollen künftighin gegendert werden. Ob das bei der ersten Haushaltsdebatte - allein wegen der Kosten und aus Rücksicht auf die Steuerzahlenden (nomen linguae modernae)  - so durchgeht? Was die eingangs erwähnte schwindende Mehrheit im Lande betrifft: Für die Protestanten sollte die Geschichte in Matthäus 2 in gerechter Sprache, wenn schon nicht antibinär, so zumindest gendergerecht, erstmal umgeschrieben und den "Weisen aus dem Morgenlande" ein paar weise Frauen zugesellt werden. Für die Katholiken kommen zusammen mit den Heiligen Drei Königen künftig auch drei Königinnen mit in den Stall.



 

 


 


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