Der Mai ist gekommen, doch die lang ersehnten Freuden des Wonnemonds bleiben uns gesetzestreuen Bundesbürgern verwehrt. Anders als die Schweiz, jetzt auch Frankreich und Portugal, verharrt unser Land im Lockdown, inklusive der von Merkel verhängten, um eine Stunde demokratisch abgemilderten Ausgangssperre. Die Proteste aller auf ihre Freiheitsrechte pochenden Bürger - letzte polit-orthographisch korrekte Schreibweise: Bürger:innen - konnten dank Präsenz sinistrer (etym. lat.: "links"), d.h. "rechter", als "Querdenker" auftretender Elemente bis dato neutralisiert werden. Wir dürfen hoffen, dass die den Klimawandel verzögernden Temperaturen endlich steigen und das vor Covid geschützte Volk endlich in die Freiheit und ins Freizeitvergnügen entlassen wird.
Um ihre Freiheitsrechte ging es auch den mit roten Fahnen samt goldenem Stern als "Linke" auftretenden, vermeintlich Covid-resistenten Anti-Lockdown-Demonstranten in Berlin-Lichtenberg (oder sonstwo), die es - verdächtig als linke Symbole missbrauchende "Rechte" - am 1.Mai immerhin in die TV-Nachrichten schafften. Mehr mediale Aufmerksamkeit erzielten naturgemäß die genuin linken Massen, die zum Berliner Klassenkampf in Kreuzberg und Neukölln aufmarschierten, sowie die mehr als 10 000 roten und grünen Radler, die - nach dem Scheitern des Berliner Mietendeckels vor dem BVerfG - unter der linkslingualen Parole "MyGruni" den Villen besitzenden Kapitalisten in Grunewald einen Begriff von Gerechtigkeit nahebrachten.
Wie gewohnt erlebten die Berliner Maifestspiele ihren Höhepunkt in den Traditionsbezirken Kreuzberg und Neukölln. Die von der Polizei erzwungene Zweiteilung des Schwarzen Blocks trieb die Wut der "linken und linksradikalen Demonstranten" - darunter offenbar keine "Linksextremisten" - zum Widerstand: Wieder mal brannten Mülltonnen und die aus Paletten und Bauholz errichteten Barrikaden, dazu (nur) ein Auto. Die aus mehreren Bundesländern, auch aus Bayern, aufgebotenen 5500 Polizisten (sc. -innen) kamen mit etwa 50 Verletzten davon. Zu den Opfern der "linken" Wut gehörte auch ein in der Nase beringter Mann, der sich als linker, antirassistischer Skinhead bezeichnet, was ihm aber nichts nützte, da er zuerst "rechte" Ska-Rhythmen aufgelegt hatte, ehe er zu "linken" Punk-Klängen wechselte. Er wurde verprügelt, vielleicht auch, weil er nach eigenem Bekenntnis in den 1990er Jahren im Ruhrpott noch in einer Neonazi-Skinhead-Band musiziert hatte.
Die Klage über Polizeibrutalität gehört zum Standard-Repertoire "linken" Bewusstseins. Der Berliner Innensenator Geisel (SPD) attestiert zwar der Polizei, sie habe ihre Pflicht vorbildlich erfüllt und sei den - teilweise mit Corona-Masken ausgestatteten, aber die Corona-Abstandsregeln missachtenden - Demonstranten mit großer Zurückhaltung entgegengetreten. Gewalt sei in politischen Auseinandersetzungen nicht hinnehmbar. Oder so ähnlich. Der Mann kann reden, was er will, sagt Tante Antifa: ACAB.
Was den deutschen Lockdown betrifft, so besteht angesichts der Wettervorhersagen für diese erste Maiwoche wenig Hoffnung auf höhere Temperaturen und eine Ausweitung der cancel culture auf Merkels Lockdown. All unsere Hoffnungen auf Freiheit unter dem urdemokratischen Maibaum richten sich jetzt auf die FDP. Der Verf. dieses Blogs hat Covid 19 bereits hinter sich. Er hofft auf lokale Erwärmung in den kommenden Wochen sowie auf die demokratische Erhitzung im Wahlkampf. Dann besteht wieder Aussicht auf ein Bier - keine benebelnde Maibowle - in einem Biergarten oder auf ein Glas Wein unter freiem Himmel ("Außenbereich")
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