Donnerstag, 26. April 2018

Moral und Mafia: Zum Konzert in der Stadt Bremen

I.
Über Fluch und Segen des Internet sind sich die noch selbständig Denkenden im klaren. Zu den politisch-kulturellen Positiva dieser unsere Gegenwart beherrschenden Technologie gehört immerhin die Chance, die Teilnahme an der politischen Willensbildung des Volkes (Art. 21 GG) auch gegen Widerstreben der politisch-medialen Klasse durchzusetzen.

Ein aktuelles Beispiel für die Wirkungsmöglichkeit des Internet bietet die von Vera Lengsfeld initiierte „Erklärung 2018“, die gegen die seit Jahren – nicht erst seit Merkels rechtswidriger Grenzöffnung im September 2015 – anhaltende illegale Einwanderung Stellung bezieht, das Demonstrationsrecht verteidigt und die Rückkehr zur „rechtsstaatlichen Ordnung an den Grenzen unseres Landes“ fordert. Die Erklärung wurde per Email verbreitet wurde mit anfangs 27, sodann 34 Erstunterzeichnern und -innen - mit Henryk Broder, Uwe Tellkamp und Thilo Sarrazin obenan – im Internet veröffentlicht.

Danach setzte eine unerwartete Sympathiewelle ein. Innerhalb weniger Tage kamen 2018 Unterschriften – mit Bassam Tibi, dem aus Syrien stammenden liberalen Muslim und Erfinder des Begriffs „Leitkultur“ an der Spitze - zusammen. Nach dieser als symbolisch wirksam gedachten Zahl schloss die Initiatorin Lengsfeld die Liste der zu veröffentlichenden Namen. Inzwischen nähern sich die Unterschriften einer Gesamtzahl von 150 000. Auf der Basis dieser Unterschriften wird eine Petition an den Bundestag vorbereitet.

II.
Ob der „Gemeinsamen Erklärung 2018“ politischer Erfolg – eine Wende in der „Migrationspolitik“ nach österreichischem Vorbild oder auch nur die Einsetzung eines mit der Untersuchung der Merkelschen Chaostage 2015 beauftragten Ausschusses – beschieden ist, steht dahin. Womöglich stirbt die Petition – eine Bitte eines Segments des Souveräns an seine Repräsentantinnen und R- mit Nullendung – in der Volksvertretung. Eine offene Zurückweisung der Initiative wird die ewige Kanzlerin wegen der anstehenden Landtagswahlen in Hessen und Bayern mutmaßlich nicht riskieren. Immerhin äußert selbst der seiner Ämter in Partei und Staat verlustig gegangene Sigmar Gabriel plötzlich Kritik an den unter seiner Mitverantwortung und durch die – im Koalitionsvertrag de facto festgeschriebene – anhaltende Masseneinwanderung entstandenen Zuständen.

Selbstverständlich haben die bien-pensants samt den weniger Wohlmeinenden in diesem Lande bereits zum Gegenangriff geblasen. Eine von Berliner Schreibkundigen formulierte „Gegenerklärung“ kommt bislang auf 5500 Unterschriften. Naturgemäß kämpfen auch die als lupenreine Demokraten bewährten anonymen „Administratoren“ von Wikipedia gegen die „Erklärung 2018“ und für die bessere Moral. Die Strategie ist wie stets so probat wie simpel: Jegliche Kritik an der größtkoalitionären „Migrationspolitik“ soll in die rechte Ecke – vom „Umfeld der AfD“ bis hin zum Superlativ „Rechtsextremismus“ - geschoben werden.

III.
Die kurze Erklärung lässt Spielraum für Interpretation. Wohlwollend betrachtet ähnelt sie den „Zehn Thesen für ein weltoffenes Deutschland“ (s. https://www.globkult.de/politik/deutschland/1237-zehn-thesen-fuer-ein-weltoffenes-deutschland) von Eva Quistorp, Richard Schröder und Gunter Weißgerber, die zu einer Streitschrift erweitert, veröffentlicht im Herder-Verlag, schnell an die Spitze der Bestseller bei Amazon gelangten. Nicht zufällig stehen Rezensionen in den großen Zeitungen leider noch aus.

Als einer der Erstunterzeichner der „Erklärung“ wurde ich von der Redaktion der konservativen (!) Zeitschrift „Cato“ zu einer Begründung meiner Unterstützung der Initiative gebeten. In meiner Antwort schrieb ich u.a. folgendes: „Es ist evident, dass die seit Jahrzehnten in den westeuropäischen Ländern verfolgte ´Einwanderungspolitik´ kulturell-soziale Verwerfungen mit sich bringt, die das Konzept von freiheitlicher Demokratie, von Rechts- und Sozialstaat gefährden. Wenn sich die Prozesse kulturell-sozialer Desintegration fortsetzen, zeichnet sich das Bild eines autoritären, mafiotisch durchsetzten Staates ab.“

Die Aussage des zweiten Satzes fand in diesen Tagen prompte Bestätigung durch jüngst in der weltoffenen Hansestadt Bremen bekanntgewordene Praktiken. Die Leiterin der Außenstelle Bremen (im Range einer Oberregierungsrätin) des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingen (Bamf) wurde suspendiert, weil sie im Verdacht steht, im Zeitraum 2013 bis 2016 etwa 1200 abgelehnten, vorwiegend jesidischen Asylbewerbern positive Asylbescheide ausgestellt zu haben. Die Dame handelte nicht nur aus  Mitleid für die refugees -, sondern – abzulesen an entsprechenden Botschaften auf Twitter - auch aus ideologischen Gründen, last but not least aus weniger moralischen Gründen. Gegen sie und fünf weitere Personen – drei Rechtsanwälte, ein Dolmetscher sowie ein „Vermittler“ - ermittelt die „Zentrale Antikorruptionsstelle“ in Bremen wegen „gewerbs- und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung sowie wegen Bestechung und Bestechlichkeit“. (Reinhard Bingener: „Gut beschützt im hohen Norden“, in: FAZ nr. 93 v. 21.04.2018, S. 4).

Dass an den Außenstellen der Asylbehörde Bamf seit langem nach unterschiedlichen Kriterien – sprich ideologischen Grundstimmungen – entschieden wird, hat der Konstanzer Politikwissenschaftler Gerald Schneider dargelegt. Im Falle Bremen kommt nun eine weitere Pointe hinzu: Bei der Durchsuchung der Räume eines der beschuldigten Rechtsanwälte wurde „zu allem Überfluss“ (Bingener) auch noch eine illegale Schusswaffe samt Munition gefunden. Das ganze erinnert an amerikanische Mafia-Filme. Immerhin: Die deutsche Justiz kam diesmal der Unterwanderung des Rechtsstaats in der Stadt Bremen noch auf die Spur.

IV.
Wer das unendliche Thema „Migration“ verfolgt, weiß, dass „connections“, Erpressung und Gewalt auf allen Stationen der Migrationsrouten anzutreffen sind. Am Traumziel Deutschland erwarten die zahlenmäßig hohen, tatsächlich Verfolgten und die noch zahlreicheren sonstigen „Migranten“ - selbst der sentimentale Begriff „Armutsflüchtlinge“ ist mittlerweile verpönt – der Sozialstaat sowie die Moral- und Sozialindustrie.

Es ist nicht auszuschließen, dass Zustände wie in der Stadt Bremen nicht als Ausnahme zu betrachten sind, sondern zum Regelfall werden könnten. Im Verbund mit den in den „communities“ bereits fest etablierten Parallelgesellschaften bedeutete dies die Zerstörung des Rechtsstaats. Ein Indiz dafür bieten entgegen allerlei geschönter Interpretationen – abgesehen von den gar nicht mehr registrierten Delikten der ubiquitären Drogendealer - die unerfreulichen Kriminalstatistiken. (Siehe. auch https://www.welt.de/politik/deutschland/article151569369/Polizei-verzichtet-bei-Fluechtlingen-auf-Ermittlungen.html.; https://www.welt.de/politik/deutschland/article175791841/Justiz-In-deutschen-Gefaengnissen-herrscht-akute-Platznot.html; https://www.welt.de/debatte/kommentare/article175695478/Straftaten-Statistik-Die-Wirklichkeit-hinter-den-neuen-Zahlen-zur-Kriminalitaet.html?wtmc=socialmedia.facebook.shared.web.) Die moralische Bundesrepublik befindet sich auf einer schiefen Ebene. Nur wollen es die Macht- und Moraleliten nicht wahrhaben. 

Sonntag, 22. April 2018

Sanktionen, Putin und Friedrich List

An Stelle eines eigenständigen Blog-Eintrags - ich kündige einen solchen zu den Bremer Asylmusikanten an - verweise ich die Fan-Gemeinde auf meinen soeben auf Globkult erschienenen Artikel zur Problematik von Wirtschaft und Außenpolitik, von Sanktionen und deren keineswegs immer erreichten Zielen oder intendierten Folgen. Was im Falle der Sanktionen gegen Südafrika langfristig Wirkung zeigte - auch hier mehr der moralische Druck als die Maßnahmen im Wirtschaftsverkehr -, verfehlt im Umgang mit Russland unter Putin offenbar seine politische - und ökonomische - Zielsetzung. Russland hat trotz oder wegen der Sanktionen seine Kapazitäten entwickelt und seine Produktivität insgesamt gesteigert. Die Sanktionen wirken anscheinend somit eher im Sinne von Friedrich Lists "Erziehungszoll".

Was das Machtpotential des eurasischen Nachbarn betrifft, so hat Russland seine Militärrüstung in wenigen Jahren modernisiert. Russland - unter Jelzin hilfloses Objekt der Weltpolitik - ist in den Rang einer Großmacht zurückgekehrt. Insofern, als das Bürgerkriegschaos in Syrien nicht nach einem moralisch simplen Schwarz-Weiß-Muster zu erklären ist, kommt man nicht umhin, Putins Rolle als Retter des Assad-Regimes - etwa im Hinblick auf das Überleben der Christen im Land - nicht nur mit empörten Augen zu sehen. Selbst der dank Merkel vom Justizministerium ins Außenamt gesprungene Großmoralist Heiko Maas - einst kleiner saarländischer  Protegé von Oskar Lafontaine - hat inzwischen erkannt, dass ein Friede in Nahost nur mit Russland und Putin zu erreichen ist.

Siehe den Aufsatz in Globkult unter: https://www.globkult.de/politik/welt/1410-die-sanktionen-gegen-putin-und-die-hilfreichen-folgen-fuer-russland
P.S. Im  drittletzten Absatz steht wegen eines lapsus calami "des in EU-Europa nicht immer ungeliebten...Deutschlands".  Es sollte ursprünglich heißen: "nicht immer geliebten...D.s." das Satz passt aber auch mit dem ins Gegenteil verkehrten Partizipialadjektiv.

Dienstag, 10. April 2018

Ungarn und Europa: Wenn man sich in die Historie bemüht

Die classe politica europea ärgert sich über den eindeutigen Wahlsieg Victor Orbáns, statt sich erleichtert zu zeigen, dass dank der hohen Wahlbeteiligung die unzweideutig rechtsradikale  Jobbik-Partei  gegenüber den letzten Parlamentswahlen immerhin ein Prozent verlor. Der Luxemburger Jean Asselborn, seit 2004 Außenminister des als zweite EU-Zentrale fungierenden Großhergzogtums,  seit 2014 auch noch Minister für Einwanderung und Asyl, diagnostiziert bei Orbán einen "Wertetumor". Womöglich strebt Asselborn noch eine späte Karriere als europäischer Gehirnchirurg an.

Während der neue deutsche Innen- und Heimatminister Seehofer sich über Orbáns Wahlsieg freut, äußern die deutschen Qualitätsmedien Missfallen über das Wahlergebnis. Sie erklären Orbáns Haltung in der Einwanderungs- und Asylpolitik mit dessen fehlender Bindung an "europäische Werte" und übersehen dabei, dass der Ungar anno 2015 mit seinem hässlich anzusehenden Grenzzaun Merkels späten Versuch, den von ihr eröffneten Strom von (Im-)Migranten wieder zu stoppen, überhaupt erst ermöglichte.

Einen bemerkenswerten Kommentar zur Orbán-Wahl findet man auf welt-onlinehttps://www.welt.de/politik/ausland/article175276162/Ungarn-Nun-droht-die-Orbanisierung-Europas.html.Die Verfasserin Silke Mülherr erklärt den Erfolg "mit einem ungarischen Minderwertigkeitskomplex, an dem nicht nur Ungarns Ministerpräsident leidet." Schuld sei die Jahrhunderte währende Erfahrung als "Schlachtfeld zwischen dem Osmanischen und dem Habsburgischen Reich". In derlei historischer  Kurzfassung kommt die Schlacht von Mohács 1526 nicht vor. Die Schlacht kostete den aus dem Geschlecht der Jagellonen stammenden Ludwig II.,  König von Böhmen, Ungarn und Kroatien,. das Leben und ermöglichte den Türken unter Soleiman I. dem Prächtigen (Süleyman Kánonyi) den Vorstoß auf Wien, den "Goldenen Apfel" des Heiligen Römischen Reiches.

Gut, die Sache stimmt cum grano salis. Sodann fährt die Autorin bezüglich der ungarischen Fremdbestimmung  und "der nationalen Psyche Ungarns, dass man sich unterjocht fühlt", wie folgt fort: "Wenn man sich nicht so weit in die Historie bemühen möchte, dann wären da die Deutschen, die im Dritten Reich Ungarn überrannten und im Horthy-Regime willfährige Kollaborateure fanden. Später dann kamen die Sowjets, die den Kommunismus brachten...." Was das Verhalten Ungarns unter Admiral Horthy während des II. Weltkriegs  betrifft, hätte ein Click auf den entsprechenden wikipedia-Artikel die Autorin davor bewahrt, sich von der Vorstellung, die Deutschen hätten wieder mal alles überrannt - und Horthy sei nichts weiter als ein "willfähriger Kollaborateur" gewesen -, überrennen zu lassen.

Die Autorin schließt mit einem düsteren Lamento: "Armes Ungarn, armes Europa! Es wird von einem kleinmütigen Geist zu Fall gebracht."  Da überrennt die Phantasie den Gang der Geschichte.