I.
Was uns, der imaginären global community, die in ein paar Tagen (20.01.2017) beginnende Regierungsszeit des Obama-Nachfolgers Donald Trump bescheren wird, steht noch in den Sternen. An einen Sieg des Trump über Hillary hatten die meinungsbildenden Medien, in den USA bekannt als MSM (mainstream media), auch hierzulande bis zuletzt nicht glauben wollen. Nun ist am 9. November vergangenen Jahres das unerwartete Unheil eingetreten, und einige Kommentatoren meinten meinen zu müssen, das läge am undemokratischen Wahlsystem. Immerhin hätten fast drei Millionen Wähler mehr für Hillary gestimmt als für Trump. Die Frage, warum außer an der Ost- und Westküste der USA die Bürger fast aller Staaten mehrheitlich - aus welchen Motiven immer - für Trump, für viele das kleinere Übel, gestimmt hatten, stellten sich die wenigsten unserer klugen Interpreten der Demokratie. Auf die Gegenrechnung, dass in den "liberalen" Staaten wie an der Westküste und/oder in New York viele potentielle Trump-Wähler zu Hause blieben, statt eine für die (Wahlmänner-)Wahl in ihrem Staat bedeutungslose Stimme abzugeben, verzichteten die trumpophoben Kommentatoren des Arguments halber.
Das ganze Unheil kam also von Trumps ungehobeltem Auftreten sowie von der Anfälligkeit des tumben Wahlvolks - laut Wahlforschung post eventum offenbar nicht nur lauter "weiße alte Männer" - für populistische Parolen. Das Unheil setzt sich derzeit fort und speist sich aus geheimen Quellen, aus Berichten über schmuddelige Praktiken des Putin-Freundes Trump in Moskau und St. Petersburg.
So einer also kann in den USA Präsident werden, bei uns nicht! Müssen Menschen wie uns angesichts der Machtfülle eines amerikanischen Präsidenten nicht im Blick auf unsere Zukunft unter Trump die Haare zu Berge stehen? In der Tat, wir wissen nicht, was noch alles kommt. Hoffen wir also auf das amerikanische System der "checks and balances": Mal sehen, wie weit er kommt mit dem, was er - bislang erst nur rhetorisch und symbolisch - so alles vorhat.
II.
Wir betrauern den Tod des Alt-Bundespräsidenten Roman Herzog. In den Nachrufen wird sein Rang als Verfassungsjurist, seine Amtsführung, seine christlich-protestantische Glaubenshaltung, nicht zuletzt sein Humor gerühmt. Fraglos gehörte Herzog, Nachfolger Richard von Weizsäckers, zu den bedeutenden Persönlichkeiten im Amt des Bundespräsidenten. Ist es pietätlos, daran zu erinnern, dass er, bei seinem Versöhnungsbesuch in Warschau, den Warschauer Aufstand von 1944 (1. Aug. - 3. Okt.) mit dem Ghettoaufstand vom April 1943, verwechselte? Mit der Einrichtung des 27. Januar als Gedenktag der Befreiung von Auschwitz hatte Herzog fraglos ein nationales, in der bedrückenden Nationalgeschichte begründetes Gedenken im Sinn. Eine Zwecknutzung des Grauens für beliebige politische Zwecke in der postnationalen Multikulti-Gesellschaft lag ihm fern. Zuletzt: Seine Kritik an dem autokratisch ausgreifenden Zentralismus der Brüsseler EU-Bürokratie kam leider erst nach Ende seiner Amtszeit. Sie fand wenig Widerhall und ließ die classe politica unbeeindruckt.
Anzufügen ist eine Bemerkung über die Wahl Herzogs anno 1994. Herzog wurde von Bundeskanzler Kohl zum Kandidaten erhoben, nachdem die "Süddeutsche Zeitung", gefolgt vom entsetzten unisono der TV-Kanäle und der Provinzzeitungen, Kohls ersten Kandidaten, den sächsischen CDU-Politiker Steffen Heitmann in einem Interview als nationalkonservativ und unsäglich reaktionär vorgeführt und abgeschossen hatte. Die SPD wollte schon damals Johannes Rau ins Amt bringen, was dann erst fünf Jahre später gelang. Herzog wurde schließlich im dritten Wahlgang der Bundesversammlung gewählt, nachdem die FDP ihre Kandidatin Hildegard Hamm-Brücher wahltaktisch zurückgezogen hatte. Addendum: Die SPD verzichtete sowohl 1994 als auch 1999 darauf, den in jeder Beziehung qualifizierten Theologen, Bürgerrechtler und Philosophen Richard Schröder zu nominieren.
III.
Es nähert sich das Ende der Amtszeit unseres Bundespräsidenten Joachim Gauck. Wir sahen ihn viel mit seiner Lebensgefährtin händchenhaltend auf Reisen, hörten ihn viel in Reden, die sich inhaltlich deutlich von dem unterschieden, was er über Jahre hin noch vor seiner Wahl gesagt hatte. Wie man seine früheren Reden schnell vergessen hatte, so wird auch von seinen präsidialen Reden nichts in Erinnerung bleiben, wohl aber die Bilder seiner Reisen und Auftritte, zuletzt bei der Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie, in der ersten Reihe neben Angela Merkel, Miriam Meckel und Anne Will - politics mixed with media.
Am 17. Februar tritt sodann der Volkssouverän in Gestalt der Bundesversammlung in Aktion, um den neuen Bundespräsidenten zu wählen. Der steht - dank eines geschickten Manövers des (noch immer mutmaßlichen) SPD-Kanzlerkandidaten Sigmar Gabriel - bereits fest: Er heißt Walter Steinmeiner.
Vestigia terrent, Weimar etc. Dessen eingedenk hat der Parlamentarische Rat, genauer: die "Väter und Mütter des Grundgesetzes"- nicht etwa " die Mütter und Väter" - die Wahl des Bundespräsidenten dem Volk, dem "alten Lümmel", entzogen. Am Beispiel der zweiten Republik Österreichs, wo der Bundespräsident trotz allem direkt gewählt wird, will sich hierzulande niemand orientieren.
Gewählt wird durch die Bundesversammlung im extra für derlei Zwecke umstuhlbaren Reichstag von ca. 1200 Vertreterinnen und Vertretern des deutschen Volkes: Bundestag + Delegierte der Landtage + von den Parteien in den Landtagen per Zuruf, Anruf, Sms oder e-mail reklamierte Mitstimmberechtigte. Die Namen dieser realen Volksrepräsentanten dürfen wir dem Internet entnehmen: Mit dabei sind unter anderen verdiente Sportler und Kulturschaffende des Volkes wie der Fußballtrainer Jogi Löw für die Grünen, die Travestiekünstlerin Olivia Jones, ebenfalls für die Grünen, der Rocksänger Peter Maffay für die SPD, der unbekannte Schriftsteller Landolf Scherzer für die "Linke" usw. usw. Der eine oder andere Bürger (sc. die...B-in) mag verdiente Koryphäen wie Boris Becker oder Dieter Bohlen vermissen.
Dem Blogger ist nicht genau bekannt, ob die Grünen, die "Linken" - nein doch: den Klassenkämpfer Christoph Butterwegge - oder die FDP noch eine Zählkandidatin präsentieren. Auch über den/die Kandidat/in der AfD ist er nicht im Bilde. Die einzig spannende Frage bei der anstehenden Wahl des Bundespräsidenten wird sein, wieviele zusätzliche Stimmen für den AfD-Kandidaten über das ihm zustehende AfD-Kontingent herauskommen.
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