In gespannter Erwartung betätigte der Blogger gestern abend (a.R.) die Fernbedienung seines TV-Geräts, um des global erhebenden Spektakels in Sotschi ansichtig zu werden. Er hoffte auf einen Eklat, etwa, daß beim fahnengesättigten Einmarsch Vertreter oder -innen der einen oder anderen bekannten Wintersportnation (beispielsweise der Bermudas, der Kaiman-Inseln oder der Dominikanischen Republik) eine Regenbogenfahne aus der Hose ziehen würden, um mit einem schwulen Bruderkuß die ganze Menschheit zu umarmen, kurz: man hoffte auf einen Akt der Zivilcourage.
Die Sache verlief leider ziemlich enttäuschend. Alle Nationen - von den Bermudas (völkerrechtlicher Status unklar, als Steueroase beliebt) bis Marokko, von Nepal bis Malta, von Brasilien bis Zypern - zogen jubelnd, lächelnd, winkend hinter ihrem/ihrer Fahnenträger und/oder -in her. Eine nicht endende Manifestation national(istisch)er Einfalt.
Für den demokratischen Kontrast sorgte allein unsere deutsche Truppe, wenngleich auch sie im Lockerschritt hinter der Nationalfahne her, geschwenkt von Maria Höfl-Riesch. Unsere Mannschaft, falsch: unsere Frauen, unsere Männer, falsch: unsere ungegenderte Jugend (?) kam bunt daher wie Pippi Langstrumpf im indizierten Kinderbuch. Menschlich anrührende, olympisch beglückende Worte dazu fand der Kommentator: Das deutsche Team sei in Regenbogenfarben gekleidet, die Ausstattung - wie stets von Bogner-Moden München - sei bereits konzipiert (und mutmaßlich in China oder in Indonesien konfektioniert. H.A.) worden, ehe sie durch die jüngste Auseinandersetzung über Putins Umgang mit den Minderheiten hohe politische Aktualität gewonnen habe. Der Blogger schaute nochmal genauer auf seine deutsche Truppe: hellblau, hellgrün, dazwischen gelbe Streifen, die Mützen andeutungsweise in burschenschaftlich-bundesdeutschen Farben, jedenfalls nichts, was an Noahs Regenbogen erinnerte. Der Ausstatter hatte offensichtlich die in der Bibel empfohlene schwul-lesbische Farbkombination verfehlt, was wiederum dem von politisch-pädagogischem Eifer erfüllten Reporter entgangen war.
Vielleicht erfüllt sich das farbliche Wunschbild beim Auszug unserer sieg- und medaillenreichen Biathletinnen, Curlerinnen, Bobfahrerinnen, Halfpiperinnen und Kunstläuferinnen. Oder es outet sich bis dahin noch ein Rennrodler - das deutsche Wintermärchen von Sotschi. Und am Ende besinnt sich Joachim Gauck doch noch anders und kommt zur Schlußfeier. Wenn das Regenbogenwunder eintreten sollte, könnte es unserem einstigen Friedenspastor aus Rostock gelingen, den homophoben Autokraten Putin mit sanften Worten zu den Grundwerten westlicher Demokratie zu bekehren.
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