I.
Patriotische Aufwallungen sind mir - ungeachtet eines anno 1982 zusammen mit Peter Brandt geschriebenen Aufsatzes mit dem Titel "Patriotismus von links"- wesensfremd. Nachdenken über die deutsche Geschichte, in die ich 1943 hineingeboren wurde, mündet - wohl auch altersbedingt - eher stets in Betrübnis und Ratlosigkeit angesichts des unsäglichen Grauens, das im 20. Jahrhundert von Hitler-Deutschland - von Deutschen, Gottseidank nicht von allen - exerziert wurde.
Nicht in Widerspruch dazu steht die Erinnerung an die immense Freude, die ich in den Tagen des Mauerfalls empfand und die sich im Einheitsjahr 1990 bis zu dem Datum des 3. Oktober fortsetzte. Die Bilder jenes weltpolitischen Wunderjahres - vom Tanz auf der Mauer über die DDR-Wahlen am 18. März 1990 über die Stationen der 2+4-Verhandlungen bis zum Einheitstag am 3. Oktober - haben sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingeprägt.
Was wissen heute meine Enkel davon? Was sagen ihnen jetzt oder erst später noch Namen wie Alexander Jakowlew, Gerhard Schürer, Günter Mittag, Hans Modrow, Lothar de Maizière, Richard Schröder, Günter Krause - oder Thatcher, Mitterand, Genscher, Edward Schewardnadze, Jimmy Baker, Douglas Hurd, Roland Dumas, Krysztof Skubiszewski? Was und wie erfahren sie davon in der Schule, auf Tiktok, auf Instagram, in ihren Whatsapp-Gruppen oder auf der Glotze? Am Vorabend des 3. Oktober standen einzig auf Arte zwei sehenswerte Sendungen zum deutschen Einheitstag auf dem Programm. Fehlanzeige auf allen anderen Kanälen.
Was lernen unsere Jungen, die künftigen Träger (sc. m/w/d) "unserer Demokratie" bzw. unsere künftige "Elite", in den ehedem vorbildlichen deutschen Bildungsinstitutionen? Werden ihnen - außer der ausufernden Terminologie sexueller Verhaltensweisen - die Begriffe Moralpolitik und Realpolitik, Faktizität und Kontingenz vermittelt, kennen sie die Differenz zwischen Werten und Wahrheit, den Konnex von Interessen und Ideologie, die Mechanismen der Großen Politik bis hin zum "Selbstmord Europas"? Was sagt ihnen der Begriff "mors Dei"? Erkennen sie - bei allen Lernzielen "politischen Bildung" - die in den Nazi-Wahn mündende Synthese von Darwinismus und Vulgärromantik?
Last but not least: Was gehen die laut immer neuer Statistiken - die nichts anderes belegen als den als "rechts" (gleich "rechtsextrem)" perhorreszierten Begriff "Bevölkerungsaustausch" - zahlenmäßig expandierenden, semialphabetisierten Schüler (und -innen) die Nazi-Verbrechen an? Was die deutsche Teilung und die deutsche Einheit, was die - nicht nur von Protestanten - als Residuum christlicher Religion invozierte deutsche Schuld, was das von Angela Merkel als "Teil der deutschen Staatsräson" bezeichnete Verhältnis zu Israel?
Soeben erfahren wir im Feuilleton der FAZ (vom 2. Oktober 1990, S.13) von "Vorboten (?) des Kulturkriegs". Im Programm des ehedem zur "Aufarbeitung" der deutschen Katastrophe etablierten Münchner Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) wird unter neuer Leitung auch die Zeitgeschichte thematisch umformatiert. Unter der Rubrik ("Achse") Intersektionalität soll es fortan ausdrücklich um "Race, Class und Gender" gehen.
II.
So kämpft anno 2025 nur noch ein Häuflein von wackeren Streitern für die Bewahrung oder Erneuerung des "Abendlandes", dessen Zentrum über viele Jahrhunderte hin das Sacrum Imperium Romanum (Heiliges Römischen Reich, ab 1495 HRR Deutscher Nation) bildete.
Anstelle einer Elegie verweise ich zum Tag der deutschen Einheit auf einen Text (kopiert aus dem Internet), der noch gewisse Hoffnung birgt. Er stammt von Claudio Mancini, der sich - mutmaßlich aus persönlichen, jahreszeitlichen (oder klimatischen), womöglich auch politischen Gründen - meistenteils auf Sizilien - historisch weit entrückter mediterraner Schwerpunkt des Stauferreiches - aufhält und von dort mit seinem bissigen polit-satirischen Blog "Mancinis Scharfblick" interveniert. https://politsatirischer.blogspot.com/2025/10/kein-schoner-land-in-dieser-zeit-oder.html?
Unter dem Titel "Kein schöner Land in dieser Zeit ..., oder der freiwillige Weg in die bürgerliche Knechtschaft" erinnert er - horribile dictu - an große Deutsche. (Ich hätte seiner Aufzählung noch Namen wie Lessing und Kleist, Stresemann und Willy Brandt, hinzugefügt.) Unbeirrt von bundesrepublikanischen Denkgeboten schreibt Mancini, es habe den Anschein, als wollten "unsere bunt-woken, gendernden, geschlechtsverirrten und ökonomisch wie historisch unbeleckten Staatslenker
...das Land Goethes, Schillers und Thomas Manns, -
...das Land Bachs, Beethovens, Schumanns und Händels, -
....das Land Dürers, Caspar David Friedrichs und Gerhard Richters, -
...das Land Kants, Hegels und Nietzsches, -
...das Land Gauss´, Einsteins und Plancks, -
...das Land Heines, Rilkes und Hölderlins, -
...das Land Adenauers, Bismarcks und Ludwig Erhards, -
...das Land Bonhoeffers und Benedikt XVI., -
...das Land Wagners, Brahms´und Händels,