Mittwoch, 15. September 2021

Verordnete Langeweile

Zuweilen bedarf die an politischer Vereinsamung leidende Seele des Trostes. Zuspruch ("likes" - Daumen hoch) in den Kommunikationsforen der sozialen Medien - genauer: in der aus friends zusammengesetzten "Blase" - bietet da nur geringe Stärkung. Und immer seltener findet sie der Leidende bei der Morgenlektüre in der Tageszeitung. Gewiss, es gibt Ausnahmen, etwa die Glossen von Harald Martenstein im Berliner "Tagesspiegel".

Heute (15. 09.2021) stieß ich unter der Rubrik "Stimmen der Anderen" in der FAZ (S. 2, ganz rechts unten) auf den Auszug eines Kommentars in der Prager Zeitung Lidové noviny. Dort heißt es: "Die scheinbare Langeweile [des deutschen Wahlkampfs] hängt möglicherweise auch damit zusammen, dass Themen, die wirklich die Gesellschaft spalten, in Deutschland an den politischen Rand gedrängt werden. Eine wirkliche Diskussion über die grüne Transformation, die Zukunft der Industrie, die Migration, die politische Korrektheit und den Verlust der Freheit in der Corona-Pandemie findet nicht statt."

Die in meinen beiden letzten Kommentaren auf der "Achse des Guten" (https://www.achgut.com/artikel/Ratlose_Waehler, https://www.achgut.com/artikel/wahlomat_gruen_gefaerbtes_ratespiel) sowie auf meinem Globkult-Blog (https://herbert-ammon.blogspot.com/2021/09/immer-noch-ratlos.html) geäußerte Feststellung, dass die um Kanzlerschaft, Regierungsbeteiligung und/oder Koalition "kämpfenden" Parteien, alle wichtigen Themen dem Wahlvolk vorenthalten, entspringt keineswegs einer verengten Wahrnehmung. Laut jüngster Umfrage des Allensbach-Instituts sind 40 Prozent der Befragten bezüglich ihrer Wahlabsicht noch unentschlossen. (FAZ v. 15.09.2021, S. 8) Warum wohl? Meine Kritik an der verordneten Langeweile, an der Sterililtät  der deutschen Politik, am Konformismus der Medien, findet Bestätigung aus der distanzierten Sicht des Nachbarlandes. Ein Grund zur Freude inmitten der Langeweile.

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