Donnerstag, 23. Januar 2025

Nachtrag zum Eifer unserer Sprachpolizei

Bei Abfassung  meines Globkult-Kommentar zur jüngsten Meldung der deutschen Sprachpolizei (https://www.globkult.de/kultur/medien/2435-die-deutsche-sprachpolizei-gibt-bekannt)  waren mir einige Details der betreffenden zivilgesellschaftlichen Einrichtung noch nicht bekannt. Hinzugekommen sind überdies Wortmeldungen der migrantischen Berliner Bürgerin Chebli sowie eines Jungintellektuellen iranischer Herkunft, der biodeutsche Mängel in der Aussprache seines Namens bemängelt. 

Am 21.01.2025, eine Woche nach Bekanntgabe des - begriffslogisch widersinnigen - "Unwort 2024", stellten sich auf der ersten Seite des FAZ-Feuilletons ein dort seit längerem präsentes Autorenpaar, er israelischer, sie palästinensischer Herkunft, als Mitwirkende bei der Kürung des Unworts vor.  Auch diese beiden Unwort-Experten h.c. gehen auf  die Frage nach der Relevanz der deutschen Geschichte und der deutschen  Gedenkkultur für das derzeitige und künftige Deutsche Volk (Schreibweise laut Präambel GG)  nicht ein.

Bedürfte es eines Belegs für diese für die deutsche  Gesellschaft zentrale  - doch weithin ignorierte - Problematik, so liefert ihn die von der Berliner SPD lang als Protagonistin von Multikultiur und Integration protegierte Sawsan Chebli, 1978  als zwölftes Kind eines dreimal ausgewiesenen und dreimal remigrierten Asylbewerbers aus dem Libanon in  West-Berlin geboren. Chebli fungierte ehedem als Adlata von Bundespräsident Steinmeier, später als Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales in Berlin unter dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller, dem sie 2021 im Kampf um ein sicheres SPD-Bundestagsmandat unterlag. Nach leicht fragwürdigen Aussagen zum Gaza-Krieg rückte Chebli  etwas in den Hintergrund. Dieser Tage trat sie auf Instagram mit folgendem Appell an Mitmigranten hervor: „Bitte gebt nicht auf! Es ist auch euer Land. Demographie wird Fakten schaffen. Engagiert euch, erhebt eure Stimme – selbst wenn sie nicht hören wollen.“   

Mit solcherlei - ins Biologische zielenden - Ansagen will sich weder unsere Politik noch unsere  Intelligentsia noch die Marburger Sprachpolizei befassen.

Donnerstag, 9. Januar 2025

Fragen eines Wahlbürgers angesichts der Reichstagskuppel

Die Glaskuppel über dem Plenarsaal des Bundestags im Reichstag verdankt ihre Existenz einer ästhetischen Nachbesserung des Architekten Norman Foster, der ursprünglich - zwecks demokratischer Transparenz-  eine flache Glasschale über dem Gebäude vorgesehen hatte. Foster wiederum hatte anno 1993 von der Jury, genauer: von einer Konzeptkommission des Bundestags, den Zuschlag gegenüber dem Entwurf des Spaniers Santiago Calatrava erhalten, der mit einer hochgezogenen Kuppel dem mächtigen Wallot-Bau eine "leichtere" Gestalt gegeben hätte. Dank Foster dürfen wir uns jetzt  an dem durchsichtigen Eierbecher erfreuen.

Auf die Zuschauerrränge über dem lichtreichen Plenarsaal gelangen die Besucher (sc. -innnen m/w/d), hauptsächlich Schulklassen, zum Anschauungsunterricht "gelebter Demokratie"  mit einem Ticket und nach sorgfältigem elektronischen Screening. Selten erleben sie eine voll besetzte  Plenarsitzung, denn meistens befinden sich die Abgeordneten entweder in einer Ausschuss- oder Fraktionssitzung, in der Kaffeepause  oder bei medienwirksamen Auftritten. Während der Debatten im gewöhnlich weniger als halbleeren Plenarsaal bekommt das Publikum dann pathetisch vorgetragene Fensterreden zu hören und zu sehen, die sie ebensogut auf "Phoenix" oder  in Kurzversion in den TV-Nachrichten erleben könnten.  Gewiss, derlei Riten gehören zur Praxis der parlamentarischen Demokratie.

Spannend für uns parteilich ungebundene Zuschauer, nein falsch: für das als  Souverän aufgerufene Wahlvolk, wird sodann die  Eröffnungssitzung nach der durch Ausfall der Ampel bedingte Bundestagswahl am 23. Februar 2025. Gelingt der Partei "Die Linke" - dank Scheitern des Ampel-Wahlgesetzes vor dem Verfassungsgericht -   noch einmal  der Einzug in den Bundestag, und wird dann der - auch als Kanzelredner in der Evangelischen Kirche beliebte - Gregor Gysi als Alterspräsident präsidieren? Wird es - TV-perspektivisch vom Präsidium aus gesehen - (nach erneuter Änderung der Sitzordnung) rechts von der CDU/CSU-Fraktion  noch ein Grüppchen von FDP-Leuten als Brandmauer zur mächtig angewachsenen AfD -  zu sehen geben? Oder zieht anstelle der alten " Die Linke" mit dem BSW eine neue linke Kraft - mit für Demokraten der weitgespannten Mitte auch "rechts" klingendem Vokabular -  in den Bundestag ein? 

Den Umfragen zufolge kann Sahra Wagenknecht derzeit kaum auf ein spektakuläres Ergebnis rechnen, wohl aber die AfD, auch ohne direkte Geldspende von Elon Musk, wohl aber dank dessen verbal zugespitzter Unterstützung. Damit stehen wir mündigen Bürgerinnen und Bürger vor einer schwierigen Rechenaufgabe: Reicht es  - begrifflich fast so degoutant wie "Deutschlandfahne" - für eine "Deutschlandkoalition" in der Kombination von  CDU/CSU, SPD und FDP? Wohl eher nicht. Zielt Friedrich Merz, dank "vorbehaltloser" Unterstützung durch Markus Söder, anders als Habeck und Weidel der de facto einzig aussichtsreiche Kanzlerkandidat, entgegen allen Beteuerungen am Ende doch auf  Schwarz-Grün, wenn es denn für eine knappe Koalitionsmehrheit genügen sollte? Oder kommt es zu einer Wiederauflage der GroKo?

Wahlversprechen gelten bekanntlich nur bis zum Abend des Wahltags. Das gilt auch für die wahlkämpferischen Aussagen des CDU-Kanzlerkandidaten. Derlei Wissen macht dem/der auf einen realen "Politikwechsel" hoffenden Wechselwähler/-in die Wahl schwer. Selbst wenn es   - entgegen aller Wunschvorstellungen der Qualitätsmedien - nicht zu Schwarz-Grün kommen dürfte, sondern zu Schwarz-Rot, wird es in den entscheidenden Fragen wenig Veränderung geben. Die entscheidenden, miteinander verquickten Fragen sind: erstens, die Energiekrise, die maßgeblich die Wirtschaftskrise - mehr als eine zyklische Rezession - hervorgebracht hat; zweitens, Rentensicherung und Altersarmut; drittens, die ungeachtet reduzierter Zahlen ungehindert anhaltende Einwanderung und damit viertens: die mit  Schlagwörtern ("Integration", "Fachkräfte" "humanitäre Pflicht" etc.) vernebelte Problematik der kulturell-sozialen Transformation der deutschen Gesellschaft. 

Hinter diesen primär innenpolitischen Themen tritt die zentrale außenpolitische Frage hervor: Wie geht es weiter mit dem Krieg in der Ukraine? Wie wird Trump agieren? Wie stark ist der um unsere demokratischen Werte unbesorgte Putin? Und ist der für einen  "Deal" -  auf Kosten der wertebewussten Ukraine - überhaupt bereit? 

Auf die letzten Fragen weiß keine  - außer den Grünen sowie anderen "kriegstüchtigen" Protagonisten - der zur Wahl stehenden Parteien eine Antwort.Wir gehen einer ungewissen Zukunft entgegen. Wo soll der Souverän - a.k.a. der "mündige Bürger" (sc.-in) - seine zwei Kreuze auf dem Wahlzettel machen? Auf die Aufstellung der Listen und das innerparteiliche Gerangel hatte er ohnehin keinen Einfluss.