Sonntag, 25. Dezember 2022

Noch eine Weihnachtsbotschaft 2022

I.

Beim obligaten - erstmals wieder Coronafreien - Gottesdienst an Heiligabend, war an der Gestaltung - bis auf ein mir in Text und Melodie unbekanntes Lied erkennbar jüngeren Datums - wenig auszusetzen. Allerdings war die Darbietung der Weihnachtsgeschichte nach Lukas 2 nicht so recht nach meinem Geschmack. Der Text wurde - im Wechsel von zwei Gemeindegliedern - stückchenweise in kurzen Verszeilen rezitiert, worauf jeweils die knappe Exegese der nichtgrünen Pfarrerin folgte.

Da ging es naturgemäß um den im Römischen Reich zur Steuerzahlung verpflichteten Josef aus Nazareth, der sich - ohne Seitenhieb aufs Patriarchat - mit der schwangeren Maria nach Bethlehem in die Stadt Davids aufmachen muss. Immerhin diente der Steuereinzug - ohne relativierenden Bezug auf die Pax Augusta - der Finanzierung und Bereitstellung von Soldaten zur Aufrechterhaltung unterdrückerischer Ordnung im riesigen Imperium Romanum. Dass die Heilige Familie nur notdürftige Unterkunft in einem Stall fand und dass Maria ihr neugeborenes Kind, den Gottessohn, in eine Krippe legen musste, gehört zum wunderbaren Drama der Menschwerdung Gottes, ebenso wie die sozial randständigen Hirten auf dem Felde. 

Mit dankbarer Erleichterung vernahm der Gottesdienstbesucher die Friedensbotschaft der Himmlischen Heerscharen. Denn Klage und Gebet über weltweite Not, Elend und Krieg in der Ukraine mündeten nicht  etwa in christlich eingefärbte Parolen zur Wiederherstellung des Friedens gegen den Aggressor Putin, sondern in kritische Fragen und Zweifel bezüglich der nunmehr allerorts betriebenen  Rehabilitierung von Waffen für Zwecke des Friedens, für den Sieg des unzweifelhaften Guten. Verhaltene Zweifel an grüner Kriegsbereitschaft zu vernehmen,  ist mehr, als was man in der Zeit der deutschen "Zeitenwende" erwarten kann. 

II.

Auf die Weihnachtszeit 2022 fiel - in den Medien nicht zufällig nahezu unerwähnt - das Gedenken an die Schlacht von Stalingrad vor achtzig Jahren. Durch Zufall stieß ich im Internet auf ein Interview, das - ausgehend von einem als Spiegel-Bestseller virgestellten Buch von Tim Pröse "...und nie kann ich vergessen" (2022) - der österreichische Autor Markus Leyacker-Schatzl mit Hans-Erdmann Schönbeck, im Alter von hundert Jahren einer der letzten Überlebenden der Schlacht, führen konnte. (https://www.youtube.com/watch?v=z5aR91jyTlk). 

Das Interview ist im besten Sinne ein Zeitzeugen-Dokument. Es besticht zum einen durch die Sensibilität des Fragestellers, zum anderen durch die geistige Präsenz und sprachliche Präzision des von Altersgebrechen gezeichneten, im Rollstuhl sitzenden Mannes. Es vermittelt ein Bild von der Realität  des -  von dem Kriegsüberlebenden Schönbeck als verbrecherisch charakterisierten - Krieges anno 1942/43. Als zwanzigjähriger Panzersoldat nahm der antinazistisch erzogene Schönbeck  - voll Mitgefühl für das schlimme Schicksal Abertausender von sowjetischen Gefangenenen - noch mit einer gewissen Euphorie am großen Vormarsch auf die Wolga teil. Das Elend des Krieges, nicht zuletzt die entsetzlichen Leiden der Zivilbevölkerung, erfuhr er in Stalingrad. Mit einer schweren Rückenverletzung gehörte er zu den letzten, die im Januar 1943 aus dem Kessel ausgeflogen wurden. 

Zu den ihn bis heute  quälenden Erinnerungen gehörte eine Szene, in der er inmitten einer Sommerschlacht (mutmaßlich 1942) - zum einzigen Mal unmittelbar, bewusst und "alternativlos" angesichts der Schlacht -  einen aus einer Getreidehocke brenned hervorstürzenden russischen Soldaten durch Befehl zu einem MG-Feuerstoß  töten ließ. 

Im Interview bleibt offen, ab wann der Leutnant Schönbeck Überlegungen zum Widerstand anstellte. Als sich ihm anläßlich einer großen Vereidigungsinszenierung in der Jahrhunderthalle zu Breslau die Chance zu einem Attentat auf Hitler bot, brachte er es, umringt von SS-Leuten, im entscheidenden Moment nicht fertig, die insgeheim mitgeführte Pistole zu ziehen. Es sind derlei biographische Fakten, die -  das Gesamtbild in keiner Weise "revisionistisch" tangierend - zur Wirklichkeit des Zweiten Weltkriegs gehören. 

III.

Zu den Lesefrüchten der Weinachtstage gehört das Interview mit dem Historiker Thomas Weber, Autor einer Biographie über Hitler im Ersten Weltkrieg, mit dem FAZ-Redakteur Reinhard Müller unter dem Titel "Weihnachten als Waffe" (FAZ v. 24.12.2022, S.8). Dass an Weihnachten 1914 deutsche und britische Soldaten aus den Schützengräben hervorkrochen und sich verbrüderten, ist - auch dank einschlägiger  Fotoaufnahmen - bekannt. Weber berichtet von weniger geläufigen Verbrüderungsszenen im weiteren Verlauf des Krieges, so an Weihnachten 1915 in den Vogesen zwischen Deutschen und Franzosen - eine Erfahrung, die Riachard Schirrmann, den "Vater" der Jugendherbergsbewegung, zu seinem friedensstiftenden Werk inspirierte. 

Zu Recht erklärt Weber derlei pazifistische - die militärischen Führung alarmierenden - Szenen mit der Tatsache, dass ungeachtet aller Propaganda der Erste Weltkrieg "in den Augen gewöhnlicher Soldaten  kein Krieg der Ideologien..., sondern ein christlicher Bruderkrieg war." Anderer Natur war der nationalsozialistische Vernichtungskrieg, nicht zuletzt aufgrund seiner NS-spezifischen religiösen Momente.

Weber äußert sich sodann zu den  ideologischen, orthodox-christlich verbrämten Aspekten von Putins Krieg in der Ukraine. Dass innerhalb der Ukraine, gerade auch im gespaltenen Rahmen der ukrainischen Orthodoxie,  massive, politisch relevante Konflikte im Gange sind, ist hierzulande wenig bekannt. Einen Hinweis enthält darauf der auf derselben Seite 8 nebenstehend plazierte Artikel über Metropolit Onufrij, Oberhaupt der seit 1990 bestehenden Ukrainische-Orthokoxen Kirche (OUK). In den uns präsentierten Medienberichten ist von den religiösen Verwerfungen innerhalb der Orthodoxie kaum je die Rede. Tatsächlich werden die Spannungen von beiden Seiten  unter anderem durchsuchte Selenskijs Geheimdienst unlängst das historische Höhlenkloster über Kiew - forciert. 

An der Ostfront kam es im Ersten Weltkrieg zu Verbrüderungen zur Zeit des orthodoxen Osterfestes. Von Hoffnung auf Verbrüderung der verfeindeten russischen und ukrainischen orthodoxen Gläubigen sind wir an diesem Weihnachtsfest 2022 (oder zum alten orthodoxen Fest am 7. Januar 2023) weit entfernt. Frieden auf Erden? Frieden in Europa?




 

 




Donnerstag, 22. Dezember 2022

Von der Weihnachts- zur Neujahrsansprache 2022/2023

I.

Wir – wir, ein exkludierender, ethno- und/oder egozentrischer Begriff, sofern nicht von Annalena und Claudia in ein deutsch-dekolonialistisches Schuldnarrativ verpackt – wir wissen was uns (!) am ersten Feiertag erwartet: die Weihnachtsansprache unseres Bundespräsidenten Steinmeier. Was ihm der/die/das Redenschreiber (m/w/d) aufgeschrieben hat und was er dem Volk zu verkünden hat, ist leicht zu antizipieren: Unser Entsetzen über den Krieg in der Ukraine, unsere Unterstützung für das leidende Volk (!) der Ukrainer inklusive effektiver Waffenhilfe zur Abwehr des Aggressors Putin. Inwieweit der Redenschreiber (sc. die -in) uns an den historischen Schuldanteil der Deutschen in den bloodlands (Timothy Snyder) erinnert, muss noch offen bleiben.

Danach folgt der Appell zur Vernunft, zum verständnisvoll sparsamen Umgang mit – kriegsbedingt - knapp gewordener Energie. In die grüne Ermahnung passt keine Bemerkung zu den am 26. September 2022 von unbekannter Hand gesprengten Pipelines Nord Stream I und II. Auch Überlegungen zum Nutzen des Weiterbetriebs oder gar der Wiederinbetriebnahme von abgeschalteten Atomkraftwerken wird man aus dem Munde des Bundespräsidenten kaum hören.

Als pastorale Ergänzung zu den bikonfessionellen Friedens- und Flüchtlingsbotschaften in den zusehends schwächer besuchten Kirchen selbst an Heiligabend werden wir Bundesbürger (m/w/d), jung und alt, sodann zu mehr Menschlichkeit und zum vorurteilsfreien Umgang mit den erneut - in höheren Zahlen als zu Merkels Zeiten – hereinströmenden Geflüchteten ermahnt. Ja, wir wissen: Niemand verlässt sein geliebtes Heimatland und oder/seine innig geliebte Familie (our family is our village) ohne Grund. Statistiken über proportional nicht-indigene Gewalttaten sind für eine Sonntagspredigt zu trocken und gehören – ins Ressort „Kampf gegen rechts“ von Innenministerin Nancy Faeser. Vermutlich erinnert Steinmeier auch an  die permanente Bedrohung unserer Demokratie und Werteordnung, wie sie am 8. Dezember im gerade noch verhinderten Sturm der Reichsbürger auf den Reichstag manifest wurde.

II.

Die Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten (ÖRR) bilden – als zur Kritik berufene Beobachter des Weltgeschehens für Gesellschaft und Staat unverzichtbar - eine aus Pflichtbeiträgen und staatlichen Budgets reichlich ausgestattete Institution unserer Demokratie. Vor dem Hintergrund des politischen Bildungsauftrags sowie des alles andere beherrschenden Datums des 24. Februar 2022 ist nicht anzunehmen, dass ein Scherzbold aus den unteren Rängen des Rundfunks des Kanzlers Neujahrsrede vom Vorjahr 2022 aus der Konserve holt und dem Publikum darbietet. Derlei Scherze – wie noch in den längst vergessenen 1980er Jahren – verbieten sich in so ernsten Tagen des Kriegsjahrs 2022/2023. Im übrigen ist Scholz nicht Kohl. Die Kennzeichnung „Scholzomat“ ist für heutige Spiegel-Journalisten/innen auch nicht mehr so witzig wie ehedem die „Birne“.

Was uns aus dem Munde Scholz´erwartet, ist schwer zu sagen. Obenan geht es um den Ukrainekrieg, der für Scholz eine „Zeitenwende“ einläutete. Ich gestehe, dass ich bis zu Putins Auftritt vor den Chargen seines Machtapparats – immerhin riskierte sein Sicherheitschef einen Augenblick lang Bedenken zu äußern – auch zu denen gehörte, die an eine Wiederkehr eines großen Krieges in (Ost-)Europa nicht glauben wollte. Die Fakten nötigten mich zu besserer Einsicht. Einen Ausweg aus Krieg und Kriegselend vermag ich nicht anzugeben, außer meinen privaten Appell zu entsprechenden Appellen Scholzens, Macrons (und Orbáns) an Putin, in milder Form auch an Joe Biden und Wolodomyr Selenskyi.

Scholz wird in seiner Neujahrsansprache also seine Hoffnung auf Frieden mit uns teilen, der indes – widerwillig - nur mit mehr deutschen Waffenlieferungen erreicht werden kann. Die Zeitenwende, der Realitätsschock, ist bis dato im pazifistisch gestimmten Volk noch nicht angekommen. Das muss sich ändern. Mit einem Riesenrüstungsbudget und Reparaturen an unseren traditionsreichen Panzern allein ist der ersehnte Friede nicht zu gewinnen. Scholz sollte sich – auch in seiner Neujahrsrede - an den kampfbereiten Grünen orientieren. Wenn zudem die Panzer mit Sonnenblumen bestückt werden, freuen sich die Ukrainer, und die Russen („Gruppe Wagner“ und andere) werden friedenswillig gestimmt. 

Jedenfalls wird Scholz am Neujahrstag 2023 dem Volk Verantwortung und Tatkraft der Ampel vor Augen halten und um Vertrauen werben. Regieren  - erst recht in einer Demokratie - ist auf Vertrauen gegründet, heißt es schon bei John Locke (all government is based on trust).  Da die Ampel immer auf grün steht, können wir - trotz allerlei Magengrimmen - voll Vertrauen und Hoffnung ins Jahr 2023 starten.

 

Freitag, 9. Dezember 2022

Der Reußenschlag und ähnliche grundstürzende Ereignisse

Meinem Blog-Publikum darf ich - noch ganz unter dem Schock des nicht stattgefundenen Sturms auf den Reichstag - meine bereits auf Globkult präsentierten Betrachtungen zur deutschen Lage,  geprägt  von  realen, imaginären, und minderen Katastrophen, zur Lektüre empfehlen. Die Lage ist nach wir vor ernst, nicht zuletzt weil der für den 8. Dezember 2022 angesetzte Katastrophenalarm in weiten Teilen des Reiches sowie des www.net ausfiel. Was also tun beim nächsten Anschlag auf unsere Demokratie? 

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Mit Entsetzen und Dankbarkeit verfolgen wir seit den Morgenstunden des 7. Dezember  die Nachrichten über den missglückten Putsch der um Prinz Heinrich XIII. Reuß gescharten Truppe von Reichsbürgern. Laut Innenministerin Nancy Faeser standen wir vor „einem Abgrund terroristischer Bedrohung“. Doch gerade noch rechtzeitig wurde die monarchistische Verschwörung mit einem veritablen Fürsten - aus dem von Kaiser Friedrich I. Barbarossa belehnten und zigmal geteilten thüringischen Herrscherhause Reuß - an der Spitze aufgedeckt und zerschlagen. Als überzeugter Demokrat hat sich der in Niederösterreich auf einem Schloss ansässige Chef des Hauses Reuß Heinrich XIV. von der Aktion seines Nebenlinien-Namensträgers distanziert.

Das Datum des 7. Dezember 2022 könnte - als deutsches Pendant zum Sturm der Trumpisten aufs Capitol am 6. Januar 2021 - in die Annalen der westlichen Demokratie eingehen. Wir sind vor einer weiteren deutschen Geschichtskatastrophe gerade noch einmal davongekommen. Einen Guy-Fawkes-Day als zusätzlichen, arbeitsfreien Feiertag wird es in der Bundesrepublik jedoch nicht geben.

                                                                   *

Angesichts der historischen Schwere der Ereignisse – vergleichbar dem gescheiterten Kapp-Putsch anno 1920 - geraten mindere Katastrophen der letzten Tage schnell aus dem Blick. Wir sprechen von zwei Episoden, die mit dem Namen der EU-Hochkommissarin Ursula von der Leyden verknüpft sind. Über den einen Fall berichtet die FAZ (vom 7. Dezember 2022, noch vor Bekanntwerden des Reußenschlags) unter der Überschrift „GW 950m hat das Pony Dolly getötet“. Die kryptische Ziffer bezieht sich auf den Wolf (m.), der bereits Anfang September auf der Koppel in Burgdorf-Beinhorn bei Hannover von der Leyens Lieblingspony riss, sprich: tötete und mindestens teilweise auffraß.

Das Wolfsthema gehört zu den – außer den Corona-Masken und den Gaspreisen - im Volke heiß diskutierten Themen. Laute Klagen über die grüne Wolfspflege kommen seit langem von Bauern mit offenem Weideland, Pferdezüchtern und Schäfern, die über die viel zu niedrigen Entschädigungsgelder für ihre toten, „gerissenen“ Tiere ergrimmt sind. Einige Betriebe mussten wegen hoher Verluste bereits aufgeben. Doch selbst nach der „Beinhorner Tragödie“ wehrt der grüne Umweltminister Christian Meyer Kritik in klassischem Green Speak ab: Nötig sei ein „offener, transparenter und am Ende zielführender Dialog zum Wolfsmanagement, zum Herdenschutz und zur Weidetierhaltung.“

Gleichwohl könnte von der Leyens Privatkatastrophe noch eine Revision der grünen Wolfsschutzpolitik erzwingen und ene Koalitionskrise nach sich ziehen. Denn es ist – bislang nur über die „sozialen Medien“ - zu erfahren, dass die Präsidentin der EU-Kommission dabei ist, auf eine Änderung des bislang gerade auch von Brüssel vertretenen Jagdverbots für die Europas Fauna bereichernden Wölfe zu dringen.

                                                                   *

Von anderer Qualität ist eine – dank umfassenden Stillschweigens in den Medien – gerade noch vermiedene, von Kommissionspräsidentin von der Leyen höchstselbst bzw. von ihrer (mutmaßlich ungegenderten) Redenschreiberin verursachte diplomatische Peinlichkeit. Sie steht in der – in den Geschichtsbüchern meist mit Wilhelminismus assoziierten, den Deutschen allgemein zugeschriebenen Tradition mangelnden diplomatischen Feingefühls. (Adnote: Anders als Wilhelm II. mit seiner „Hunnenrede“ behandeln Historiker seinen Zeitgenossen und vermeintlichen Freund Teddy Roosevelt mit dessen „Big Stick“-Rhetorik meist mit nachsichtigem Lächeln.)

Am 3. Dezember 2022 hielt von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin im irischen Parlament (Dáil und Seanad) zu Dublin eine Rede anlässlich des bevorstehenden 50. Jahrestags des Beitritts der Republik Irland zum damals noch lose geeinten (West-)Europa. (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/SPEECH_22_7347). In ihrer mit ein paar gälischen Einsprengseln verzierten Rede lobte die Chef-Europäern die enge Verbundenheit der Insel mit Europa, wie sie in dem EWG-Referendum anno 1973 und zuletzt im same-sex-marriage-Referendum zum Ausdruck gekommen sei. Dass die Iren im Juni 2008 den Lissabon-Vertrag der EU bei einem ersten Referendum durchfallen ließen, blieb in der Laudatio unerwähnt.

Umso mehr betonte von der Leyen den irischen Freiheitswillen als nationalspezifischen Beitrag zur europäischen Wertegemeinschaft. Sie rühmte die „heroes of the Easter Rising“ (anno 1915), wobei sie indes den Hinweis unterließ, dass die Freiheitshelden im General Post Office vergeblich auf deutsche Hilfe und Waffen auf dem von der britischen Marine zerstörten Schiff gehofft hatten. Stattdessen schlug sie den Bogen von der tief verwurzelten irischen Freiheitsliebe zum aktuellen Freiheitskampf der Ukraine.

Der Eklat in England über derlei Geschichtsbild erfolgte prompt. Der führende Brexiteer Jacob Rees-Mogg meinte milde: „It is an extraordinary thing for Ursula von der Leyen to say, undiplomatic, unwise and wrong.“ Die „Daily Mail“ benannte den möglichen diplomatischen Schaden der Geschichtslektion der „Top Eurocrat“: „Her comments threatened to sour relations amid talks over renegotiating the post-Brexit Northern Ireland protocol trading arrangements.“ Der „Daily Express“ titelte in offener Empörung: „'How dare she!' Von der Leyen condemned for likening IRA to Ukraine freedom fighters“.

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Für die deutsche Politik, erst recht für die mediale Öffentlichkeit, war von der Leyens Auftritt in Dublin keinen Kommentar wert. Wichtigere Themen waren in den vergangenen Tagen Faesers Binde und künftiges Flüssiggas aus Qatar, seit dem 7. Dezember der gerade noch verhinderte Umsturz. Obenan steht jetzt wieder der „Kampf gegen rechts“.