Mittwoch, 11. Oktober 2023

Der Grünen-Nachwuchs kämpft jetzt mehr für soziale Gerechtigkeit

Wie geht es wohl weiter, wenn Claudia Roth, Robert Habeck und Steffi Lemke in den verdienten politischen Ruhestand eintreten und ihr geistiger Führungsanspruch an den grünen Nachwuchs übergeht? Aus einem Interview der FAZ (v. 11.10.2023) mit Sarah-Lee Heinrich, der Bundessprecherin ( grünes und AfD-Synonym für "Vorsitzende") der Grünen Jugend, können wir uns ein Bild von den künftigen grünen Führungsqualitäten machen. Befragt nach ihren Folgerungen aus den jüngsten Landtagswahlen, erklärte Sarah-Lee, die Ursache für das - von den grünen Parteichargen als "zweitbestes Ergebnis" ihrer Geschichte schöngeredete - Ergebnis, liege daran, die Ampel habe "das Thema soziale Gerechtigkeit nicht ordentlich bearbeitet, das muss sich ändern."

Die soziale Gerechtigkeit benennt Sarah-Lee - ohne die politische Konkurenz die geschrumpfte "Linke" und die erfolgreiche, auf ihre spezifische Weise sozial orientierte AfD - zu bedenken, als Kernthema der Grünen. Ganz persönlich will sie, "dass es allen Menschen gut geht." Sie hat erkannt, dass Habecks - von seinem einstigen, nepotisch verbundenen Staatssekretär Glaichen ersonnenes -  Wärmepumpenprogramm den Grünen bei den Menschen eine Menge Stimmen kostete. Es war offenkundig nicht sozial gernug.

Die Grünen, die bislang "immer noch von Menschen mit dem höchsten Bildungsabschluss" (!) gewählt worden seien, müssten ihre Wählerbasis verbreitern und diejenigen erreichen, "die gerade Abstiegsängste haben". Die sollten nicht länger "rechten Erzählungen nachlaufen", sondern für die Grünen - nach Sarah-Lees Wunschvorstellung die Interessenvertreter der Mehrheit - gewonnen werden.   "Deswegen gehört die Verteilungsfrage nach vorne."

Für die grüne Nachwuchschefin  ist "soziale Gerechtigkeit der Grundstein für Klimaschutz oder eine solidarische Migrationspolitik". Den Einwand der Interviewerin, die Migration verschärfe die Verteilungsfrage, lässt sie nicht gelten. Wenn es beispielsweise an Wohnungen für 30 Leute fehle, "und dann kommt noch ein Geflüchteter dazu", sei das kein Problem. "Man muss 30 Wohnungen bauen statt einen Menschen wegzuschicken."

Sarah-Lee geht es um "gute Sozialpolitik", um der AfD "damit den Nährboden zu entziehen." Nötig sei parallel zu einem "Sozialcheck" ein "Klimacheck" für den Klimaschutz, der wiederum - anstelle einer ungerechten CO2-Steuer - durch ein Klimageld erreicht werden könne. Die junge Grüne weiß natürlich, dass dies ohne Geld aus der Staatskasse nicht zu machen ist, deshalb hält sie die Schuldenbremse für "Quatsch", ebenso Quatsch wie Nachsicht gegenüber den "Superreichen". Der Koalitionsvertrag? Die Ampel habe es "schon mehrmals hingekriegt, sich darüber hinwegzusetzen." In diesem Punkt hat die junge Grüne ohne Frage recht.

Zu Sarah-Lees  Kampf für globale soziale Gerechtigkeit gehört, allen geflüchteten Menschen "eine Bleibeperspektive zu ermöglichen". Derlei Sinn für Gerechtigkeit unterscheidet die grüne Nachwuchspolitikerin von der Grünen-Vorstzenden Ricarda Lang, die jüngst - termingerecht vor den Hessen- und Bayernwahlen -  "mehr Tempo" bei Abschiegungen forderte. Sarah-Lee richtet den Blick - im Unterschied zu allen, die vermeinten, mit Stacheldraht den Fluchtursachen zu begegnen - auf die "globalen Probleme". EU und Deutschland müssten sich fragen, "was sie eigentlich für eine gerechte Welt tun." Sie hat die Frage für sich bereits beantwortet.

Mit ihrer Vorstellung von "sozialer Gerechtigkeit" verfügt Sarah-Lee Heinrich zwar noch nicht über ein ausgefeiltes Programm zur Lösung der globalen Zukunftsfragen. Immerhin verfügt sie über ein starkes Selbstbewusstsein und beherrscht die Phraseologie, die in diesem unseren Lande der politische Nachwuchs für seine Karriere benötigt.

 

Donnerstag, 5. Oktober 2023

Die deutschen Zustände vor und nach den Landtagswahlen am 8. Oktober

Der am vergangenen Dienstag, den 3. Oktober 2023, in Hamburg abgefeierte „Tag der deutschen Einheit“ ist bereits vergessen. Das gespannte Interesse des Volkes – im aktuellen polspeak: „die schon länger länger hier Lebenden“ -, der Medien sowie der laut 21,1 GG an der politischen Willensbildung des Volkes (=des Souveräns) „mitwirkenden“ Parteien gilt dem Ausgang der Landtagswahlen in Hessen und Bayern am kommenden Sonntag, 8.Oktober.

Wie tief wird Fußballfan*in Nancy Faeser samt SPD in Hessen abstürzen, wie hoch werden die Prozentzahlen für Markus Söder und die CSU in Bayern ausfallen? Was folgt daraus für Söders Ambitionen auf das Kanzleramt? Welchen Bonus bekommt Aiwanger vom bayerischen Wahlvolk für seinen Umgang mit peinlicher Erinnerung an Gymnasialzeiten? Rutscht die FDP unter die fünf Prozent, und fliegt sie ungeachtet aller liberalitas Bavariae wieder mal aus dem Landtag?

Bedeutsamer noch scheint der Wahlausgang im bis dato schwarz-grün regierten Hessen. Es geht weniger um die Frage, ob Boris Rhein die Koalition mit den Grünen fortsetzen wird oder mit einer - dank Faeser - deutlich geschwächten SPD. Die über Hessen hinausweisende, für ganz Deutschland relevante Frage ist, wie hoch das Ergebnis für die AfD ausfällt. Sollte sie mit der SPD und den Grünen gleichziehen oder sie gar übertreffen, signalisierte dies – parallel zu den Wahlprognosen in den „neuen“ Bundesländern sowie zu den Tendenzen in Baden-Württemberg und Bayern - eine grundlegende Veränderung der deutschen Parteienlandschaft.

Ein weiterer Indikator für eine Krise des alten Parteienstaates ist – wenn auch außerhalb Bayerns noch unspektakulär – die Annäherung der „Freien Wähler“ an die Fünf-Prozent-Grenze. Sollte Sahra Wagenknecht mit der Gründung einer neuen, linksnationalen Partei hinzukommen, ergäbe sich ein noch bunteres Bild.

Die politisch brisante Frage bleibt der Umgang der „Altparteien“ mit der AfD. Ihr Überleben als „populistische“ Protestpartei verdankt sie der CDU-Kanzlerin Merkel und der Grenzöffnung 2015. „Grenzen kann man nicht schützen“, dixit Merkel, ehe sie einen halbherzigen Deal mit dem türkischen Machthaber Erdogan abschloß. Auch in den Folgejahren wurde das politisch zentrale Thema „Migration“ teils übergangen, teils moralisch überhöht, teils ökonomisch funktional behandelt. Sämtliche, aus der unkontrollierten Einwanderung resultierenden Probleme wurden ignoriert oder der „Aufnahmegesellschaft“ als politische Pflicht auferlegt. Heute sind alle Kommunen „am Limit“. Trotz der unlängst von der EU beschlossenen Maßnahmen zur Sicherung der Außengrenzen ist nicht davon auszugehen, dass sich in Deutschland unter der Ampel-Regierung an der verfahrenen Lage etwas ändern könnte. Gewinner dieser – zum Teil zielbewusst betrieben – unverantwortlichen Politik war und ist die AfD.

Der „Kampf gegen Rechts“ - nicht nur gegen die AfD, sondern gegen alle Kritiker der grün-roten Einwanderungspolitik – ist seit langem von Gewalttaten begleitet. Soeben - vor den Landtagswahlen in Hessen und Bayern – erfahren wir von der Bedrohung bzw. vom tätlichen Angriff auf die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. Noch ist unklar, ob es sich dabei um ein wahlkampfverschärfendes fake news handelt. Immerhin gab es schon vorher reichlich üble Attacken, unter anderem auf Erika Steinbach (ehedem CDU). 

Geschichte wiederholt sich nicht. Doch unübersehbar mehren sich die Phänomene politischer Gewalt. In nicht wenigen Fällen geht die Gewalt auf das Konto von linksextremen Aktivisten („Antifa“), die ihre Aktionen mit fremdenfeindlicher Gewalt  von Neonazis - die es unübersehbar gibt - sowie allgemein mit dem angeblichen Vormarsch der "Rechten" legitimieren. Es sind Anzeichen für Zustände, die - mutatis mutandis in der als historischer Fortschritt gepriesenen „bunten Republik“ - an „Weimar“ erinnern. Hinterher will keiner von denen, die die Spaltung der deutschen Gesellschaft seit Jahren betreiben, historisch verantwortlich gewesen sein.

Vor den Wahlen entdecken plötzlich alle Parteien, dass die grenzenlose Migration – anders als von Angela Merkel dereinst proklamiert – nicht zu „schaffen“ ist. Ob es für eine Lösung der durch die ungehemmte Immigration entstandenen Probleme nicht bereits zu spät ist, ist eine offene, allerorts gemiedene Frage. 

Fazit: Die um nur wenige Prozentzahlen schwankenden Wahlumfragen in den Bundesländern Bayern und Hessen verheißen den Wettbüros erfreuliche Umsätze. Weniger erfreulich erscheint die Zukunft unseres Landes in der Mitte Europas.