Montag, 2. Oktober 2017

Nationalfeiertag ?

I.
Was die überwältigende Mehrheit der am Referendum beteiligten Katalanen gestern, am 1. Oktober 2017- also nicht am 11. September - unternommen haben, empört die classe politique européenne. Man reagiert wie Palmström Kunkel. Über die - naturgemäß problematischen historischen Wurzeln - und die mutmaßlich vorrangige Sorge der Katalanen um die Bewahrung ihrer Sprache in der zahlenmächtigen Welt der  Hispanidad macht man sich lieber keine Gedanken. Was wollen diese - obendrein "linken" - Nationalisten überhaupt mit ihrem Separatismus in einem "zusammenwachsenden Europa"?

Als Deutscher, der sich gerne erinnert, dass die Spanier, allen voran Felipe Gonzalez, der Freund Willy Brandts (aber auch Helmut Kohls), sich im Unterschied zu anderen  politischen "Freunden" über die wiedergewonnene deutsche Einheit freuten, fällt  mir ein Urteil über die auf einen eigenen Nationalstaat zielenden Sezessionsbewegungen  in Spanien schwer. Das Problem liegt in dem von allen Status-quo-verteidigenden Politikern  sowie von  manchen Staatstheoretikern abgelehnten, aber völkerrechtlich immerhin gesicherten Prinzip der nationalen Selbstbestimmung. Frage: Hätte sich innerhalb Spaniens für die Katalanen - und des weiteren für die Basken -  nicht ein staatsrechtlicher Modus finden lassen, der über die bestehende Autonomie hinausgeht? Nach dem gestrigen Abstimmungsergebnis und den - von den Sezessionisten gewiss begrüßten - Bildern prügelnder Polizisten ist es für eine derartige Lösung vermutlich zu spät. Adnote: Mit fast zehn Prozent hereingeholter Muslime werden sich die Katalanen in ihrem kleinen Nationalstaat übrigens schwertun.

Wenn ich mich - auch  aus unzureichender Kenntnis der Lage - eines Urteils enthalte, so gilt es gleichwohl festzuhalten: Anders als in Deutschland, wo man die eigene Nation ob ihrer Nazi-Vergangenheit in den Feuilletons und im Claudia-Roth-Flügel - die Dame fungierte bis dato immerhin als Vizepräsidentin des Bundestags -  der politischen Klasse  am liebsten "entsorgen" möchte - was ihnen dank Angela Merkel schon Jahre, nicht erst seit 2015, währender opportunistischer, fataler Politik bereits geglückt sein könnte -, ist in anderen Teilen Europas der Begriff  der Nation noch - und wieder - höchst lebendig. Über die Gründe dieses alten, neuen Nationalismus  gälte es nachzudenken, etsi apparet absurdum, anstatt sich zu entrüsten.

Wenn ich an gleicher Stelle meine Sympathien für ein selbständiges Kurdistan zum Ausdruck bringe, mag mancher Inkonsequenz monieren. Der Vorwurf verfängt nicht: Seit exakt hundert Jahren (Sykes-Picot) werden die Kurden an der Nase herumgeführt, von ihren Verbündeten von Fall zu Fall hängen gelassen, von den regionalen Vormächten unterdrückt. Zuletzt trugen sie die Hauptlast bei der Vertreibung der Gotteskrieger - ein deutschen Sprach- und Gesinnungshütern indiziertes Wort - des IS. - Wie ein erfolgreicher Barzani - und sein Rivale/Verbündeter Talabani - dann mit der PKK zurechtkommen werden, steht auf einem anderen Blatt.

II.
Wenden wir zum 3.Oktober den Blick zur Heimat: Wenn sich am morgigen Tag der deutschen Einheit - er wird so verregnet sein wie der heutige Oktobertag - die unberufenen und selbstberufenen Protagonisten unserer bundesdeutschen politischen Klasse  anschicken, salbungsvolle Worte, angereichert mit den allfälligen Warnungen vor Xenophobie, mit Ermahnungen zu Weltoffenheit etc., dem TV-Publikum zu servieren, werde ich mich wichtigeren und erfreulicheren Beschäftigungen widmen: der Familie. Ja, gewiss doch, schon die alten Griechen, verachteten den Privatmann. (Man konsultiere das Lexikon oder - entsetzlich - Wikipedia.) Allein, in Merkels und Altmaiers, Schulz´und Nahles´, Trittins und Göring-Eckardts, Petrys und Mayers (künfigter MdB aus Sachsen) - hab´ ich jemand vergessen? -  Republik bleibt dem degoutierten citoyen nur noch der Rückzug ins Private.

Anstelle einer längeren Abhandlung über die wiedergekehrte, anhaltend deutsche Misere verweise ich das Publikum auf einen Aufsatz, den ich vor drei Jahren - an einem prächtigen Tag im Oktober -
zum Thema des Zustands und der Zukunft der deutschen und anderer Nationen verfasste. Mit Ausnahme des Wetters sowie  des von Merkel wesentlich verursachten Massenzustroms  in die deutsche Geschichtsnation  von weder integrationsfähigen noch -willigen "Migranten"/"Geflüchteten"   haben die Überlegungen von anno 2014 nichts an Relevanz eingebüßt: https://www.academia.edu/8637948/Reflektionen_zum_deutschen_Nationalfeiertag

P.S. 03.10.2017
Wenigstens das Wetter hat sich gebessert.  Somit  können sich die Vertreter (cs. -innen) ihrer Klasse vor dem Brandenburger Tor  im Glanze ihres Glückes sonnen. Dass sie es tun dürfen, hat wenig  mit ihren eigenen politischen Leistungen zu tun.

P.P.S. 04.09.2017
ad I: Soeben las ich die Nachricht vom Tode des o.g. PUK-Gründers Dschalad Talabani. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen - und Konflikte -  aus dem Referendum vom 25. September 2017  im kurdischen Teil des Irak noch resultieren.

ad II.
Mein Facebook-Kommentar zur gestrigen Rede des Bundespräsidenten Steinmeier, wo er von  den der Willkommenskultur überwältigten Neubürgern ein Bekenntnis "zu unserer Geschichte, einer Geschichte, die für nachwachsende Generationen zwar nicht persönliche Schuld, aber bleibende Verantwortung bedeutet usw." erwartet: Der Bundespräsident - oder sein Redenschreiber - irrt sich gründlich.

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