Montag, 26. August 2013

Nachtrag zu Walter Laqeur

Ich habe die im Post vom 30.07.2013 veröffentlichte  Notiz zu einem Interview mit Walter Laqeur zu einem Aufsatz erweitert, den ich  unter dem Titel "Nachtrag zu Walter Laqeur: Zweifel an der Zukunft Europas"
in academia.edu eingestellt habe:
http://www.academia.edu/4320496/Nachtrag_zu_Walter_Laqeur_Zweifel_an_der_Zukunft_Europas

Freitag, 23. August 2013

Aktualisierung von "Grundsatzfragen" zu Syrien

Im Hinblick auf die von neuen Schreckensmeldungen aus Syrien erfüllte Debatte habe ich meinen Blog vom 08.08.2013 durch die vollständige Wiedergabe meiner JF-Kolumne vom 08.08.2013 aktualisiert.

Montag, 19. August 2013

Neues vom Blogger in Globkult (Lektüreempfehlung)

Eine Anzahl von Lesern  der Unz(w)eitgemäßen Betrachtungen gehört mutmaßlich auch zu den Teilnehmern des vom Blogger eingerichteten Kurses für politische Elementarbildung in der online-Zeitschrift Globkult (http://www.globkult.de/)

Bei Globkult ist soeben des Bloggers  jüngste Lektion 
"Politische Bildung VII. Digitale Bildungstour zwecks Begriffsklärung blutiger Unordnung"
http://www.globkult.de/politik/welt/893-politische-bildung-vii
erschienen.

Die Lektüreempfehlung verbindet der Blogger mit der Bitte um Nachsicht bezüglich eines nur halb amüsanten Tippfehlers: Der Name des in Nürnberg am 16.10.1946  durch den Strang zu Tode gebrachten Reichsaußenministers Joachim von Ribbentrop, historisch Interessierten  als Unterzeichner des maßgeblich von seinem Staatssekretär Ernst von Weizsäcker (s. weitere von  rechtschaffenen, deutschen und fleißigen "Administratoren" biographisch verwaltete Details in wikipedia)   und dem Moskauer Botschafter Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg (hingerichtet am 10.11.1944 in Berlin-Plötzensee),  - in Parallelaktion zu den über I.M. Majskij  laufenden Verhandlungen des Generalsekretärs J.W. Stalin (s. wikipedia: Denkmalspflege in Gori, Republik Georgien) mit den Westmächten auf den Weg gebrachten -  Ribbentrop-Molotov-Abkommens, gemeinhin als Hitler-Stalin-Pakt bekannt (histor. Merkdatum für den geschichtsdatenreichen Monat August:  23./24.August 1939),  erschien aus Versehen bei Globkult einige Stunden lang unter "Robbentrop". Derlei auf  TV-Mittelschichten-Comedy-Niveau angesiedelter Humor war vom Blogger nicht beabsichtigt.

Der Blogger darf das Publikum noch an seine demokratische Wahlpflicht erinnern. Am eindrucksvollsten findet er ein monströses Plakat der "Piraten" (s. wikipedia) mit einem zu allem entschlossenen Piratenporträt (mit Piratenkopftuch): "Big Brother is watching you". Dem  Blogger ist noch nicht klar, ob es sich um ein Standphoto aus einem älteren Schwarz-Weiß-Piratenfilm handelt oder um den Kandidaten der "Piraten" für das Direktmandat in Berlin-Zehlendorf-Steglitz. Wie immer: Schon beim Anblick des "Piraten"-Plakats sucht die  Wählerschaft  des als "bürgerlich" geltenden Bezirks mit Sicherheit Rettung beim freundlich lächelnden Mandatsinhaber Herrn Wellmann von der CDU.

P.S.
a)  Der  -  unfreiwillige -  politische Mittelschichtenwitz  wurde redaktionell schnell wieder            abgeschaltet..
b) Der Blogger sorgt sich noch um seine im Globkult-Artikel erwähnten dahinschmelzenden (a. R., nicht um die anscheinend nach PC-Rechtschreibprogramm "dahin" - wohin? - schmelzenden) Spargroschen.

Freitag, 16. August 2013

Ein Wort zum Wert dualer Bildung

Um das Interesse des Publikums an meinen Unz(w)eitgemäßen Betrachtungen zu erhalten, kündige ich hiermit einen weiteren  Beitrag zur Politischen Bildung an, Frucht meines digitalen Informationsdranges. Demnächst in Globkult.

Was die allgemeine - und konkret auf die künftige ökonomische  Leistungskraft Deutschlands als Motor und maßgeblicher Transferbetrieb Europas bezogene - Bildungslage in diesem unserem Lande betrifft, so empfehle ich einen Artikel "Bildungspolitik auf Abwegen" des Philosophen Julian Nida-Rümelin (LMU München) in der heutigen FAZ (v. 16.0.2013, S. 7) zum Thema differenziertes Bildungssystem und und differenzierende Ausbildung.

Von einem der Grundwertekommission der SPD  zugehörigen  Denker kaum zu erwarten, übt Nidda-Rümelin Kritik an der allenthalben - von OECD und UN-Gremien  und mancherlei  "Bildungsexperten"   hierzulande - geforderten Ausweitung akademischer Bildungsabschlüsse  unter dem gefälligen Schlagwort "Bildung für alle", was soviel heißen soll wie "Abitur für alle", demnächst. "Bachelor for everyone". (Was ein französisches Bacc pour tous wert, zeigt sich bei Krawallen in den Banlieues. Da verbrennen die Jungen ihre Bacc-Diplome, weil sie wissen, dass sie nichts gelernt haben und mit einem solchen  Papier keinen Job bekommen.)

Nida-Rümelin  weist die zugrundeliegende These zurück, alle Jungen seien - bei entsprechender Förderung - zu akademisch-wissenschaftlicher Leistung gleich geneigt und befähigt. Ohne jegliche Abwertung unterschiedlicher Begabungen und Eignungen sei ein Bildungssystem vonnöten, das -  auf  durchaus unterschiedlichem Niveau der fachlichen Anforderungen - den Bildungsvoraussetzungen,  Bildungschancen und -interessen der jungen Menschen Rechnung trägt.

Nida-Rümelins Plädoyer läuft auf eine Verteidigung des - noch - bestehenden deutschen dualen Bildungssystems hinaus, das über betriebliche und schulische Ausbildung in handwerklichen, technischen und allgemein praxisbezogenen Branchen Berufschancen bereitstelle und  die Produktivität  der wesentlich von  kleinen und mittleren Betrieben getragenen Wirtschaft gewährleiste.

Dienstag, 13. August 2013

Vor den Wahlen: Der Blogger im Sommerloch

Liebe Liebhaber und in Gender Studies promovierte Liebhaberinnen von GABI:

Der Blogger fühlt sich seelisch vernachlässigt. Kaum noch Aufrufe; droht der Untergang seines digitalen Privatuniversums - not with a bang but with a whimper? Dazu die quälende deutsche Seelensuche: Wer oder was ist schuld (adv., ehedem klein geschrieben, nach neuer, d.h. -  in  Kontinuität zu den noch am Endsieg gescheiterten Nazi-Reformvorbereitungen  -  nach der in den 1990er Jahren von historisch unbefleckten Reformern endlich zur Erinnerung an die Schuld zum Nomen erhobenen R.) daran, wo ist die Schuld zu suchen?

Liegt´s am Sommerloch? Davon ist die zugegeben nicht sehr zahlreiche Leserschaft in Argentinien, Brasilien, Taiwan und Singapur nicht betroffen. Am La Plata und in Patagonien  (Kirchner-Stammsitz) herrscht einerseits winterliches Klima, andererseits politisch-moralische Hochspannung aufgrund  Cristina Kirchners von ihrem Landsmann Francisco I  bewirkter christlich-katholischer Einkehr sowie der erneut verheerenden Wirtschaftsdaten. Ein paar tausend Kilometer weiter oben, in Oscar Niemeyers Kunstwerk Brasilia, blieb Dona Dilma Rousseff als einstige Stadtguerillera - und womöglich mit kämpferisch-atheistischen Reminiszenzen an den bulgarisch-orthodoxen Ritus - vom Auftritt des argentinischen Papstes (mit italienischem Migrationshintergrund [MHG]) unbeeindruckt. Sie zählt mutmaßlich  nicht zu den Lesern des Blogs, hat obendrein mit abschwellenden BIP-Daten und lästigen Korruptionsvorwürfen gegen das von Lula ererbte Regime genug zu tun.

Warum aber meldet sich sonst niemand mehr aus der zugegeben bescheidenen Zahl von Aufrufern  aus dem Lande des Kaisers Dom Pedro? Habe ich nicht dereinst deren von  der Fußball-WM  - einer die ganze Welt faszinierende Veranstaltung lesbenfreier Männer! -  her bekannte Nationalreligion aus dem Geiste Auguste Comtes ausdrücklich gerühmt und empfohlen: ordem e progresso ? Ist nicht Nikolas Sombart maßgeblich wegen seines Sex-Praktikums in Paris an seiner Habilitation über den asketischen Religionsstifter gescheitert? Hat ihm, dem Adlatus von Carl Schmitt und zugleich sich verweigerndem Adonis/Ganymed/Antinoos des jugendbewegten Grauen Legionärs  Fred Schmid, das Schwinden des wissenschaftlichen Eros in seiner Karriere geschadet? Nein, er landete auf einem hochdotierten europäischen Kulturposten in Straßburg (Strasbourg, nicht zu verwechseln mit Straußberg, bis 1990 Sitz der NVA, heute Außenstelle der Bundeswehr), danach am - damals noch (West-) Berliner Wissenschaftskolleg und  um die Ecke - zur wissenschaftlichen Nachbereitung -in einem Westberliner Luxus-Bordell, mit französischer Bedienung, versteht sich.

Ich vermute hinter den untreuen Aufrufern von gestern ein paar  dank  pommersch-pietistischer Vorfahren (und entsprechend deutsch-nationalem MHG) des Deutschen  Mächtige aus Santa Caterina oder Blumenau, darunter womöglich der eine oder andere frühere Student. Einer von ihnen, immerhin Absolvent der Marineakademie,  versuchte dereinst vergeblich, vermittels eines Adorno-freien musiksoziologischen Referats den Blogger  in die  seelisch-geistigen Tiefen des Gothic Metal  einzuführen. Reagiert der potentielle Liebhaber von GABI plötzlich beleidigt mit Blog-Verweigerung?

Nun gut, das Ausbleiben der  solitären Aufrufe aus Singapur, Taiwan (Rep. China) und  der VR China muss der Blogger wegstecken. Singapur sorgt sich um seine nationale Identität, so liest man. Derlei Faschismus liegt unserer postnationalen GED (=Grüne Einheitspartei Deutschlands) Gottseidank fern. Wir haben unsere Lektion gelernt! Taiwan produziert hoffentlich noch billige PC-Screens, sonst kann der Blogger den nächsten Green-out auf dem Monitor nicht mehr aus der Portokasse beheben. Die Volksrepublik ist damit beschäftigt, ihre fingierten BIP-Zahlen zu korrigieren und der endemischen, keineswegs globalistisch induzierten  Korruption zu Leibe zu rücken. Das eine oder andere Todesurteil nimmt die Weltgemeinschaft moralisch mißbilligend dabei in Kauf. Oder sollen wir gemäß dem laut Wolfgang Ischinger (Diplomat & Honorarprofessor; Münchner Sicherheitskonferenz) längst global gültigen humanitären Interventionsprinzip die aus Afghanistan alsbald abziehenden Bundeswehreinheiten (m/w) in Chongqing, Nangqing oder Schanghai ab- und einsetzen? Die Skepsis des Bloggers scheint der Grund, warum die womöglich als Hilferufe gedachten Aufrufe aus China  seit kurzem ausbleiben.

Auf die Amerikaner kann der Blogger verzichten, nicht auf die Russen, solange Gasprom die Preise nicht erhöht.  Obama gehört ohnehin nicht zu seinen Lesern. Der Familienvater im Weißen Haus erwärmt sein Herz stattdessen in  Erinnerung des schönen Tags in Berlin und der warmen Tränen des Bundespräsidenten Joachim Gauck, bewegt von den Klängen der US-Hymne. Für den Ex-Pastor klingt sie womöglich wie ein protestantisches Erweckungslied. Im übrigen: Pazifismus ist unter gründeutschen Protestanten längst wieder out. Auf der kirchlichen Agende obenan steht jetzt das Familien-Patchwork, sodann die Schwulenehe, drittens die durch EEG (zur Erläuterung für die jüngst von der EU-Kommission als  diskriminierend befundenen Sprachtests unterworfenen migrationswilligen Zweitbräute: EEG = erneuerbare Energiegewinnungsgesetz) bewahrte Schöpfung, viertens globale Gerechtigkeit, dann erst der Friede. Die Theologinnen und Theologen ringen noch mit der Frage: Wie hältst du´s mit der Integration von Al Qaida ?

Zuletzt: Wie ist der Rückzug des deutschen Publikums zu erklären? Keine Frage: In den entscheidenden Wochen vor den Bayern-, Hessen- und Bundestagswahlen absorbiert die demokratische Wahlpflicht  alle Geistes - und  Urteilskraft der Bürgerinnen und Bürger. Warum sollten sie sich, politisch-moralisch sensibilisiert und akademisch gerüstet von taz, BILD, ZEIT, Sms, Wikipedia und Google, für die Unz(w)eitgemäßen Betrachtungen eines notorischen Miesmachers interessieren? Die Zeit bis zu den Wahlen ist - zumindest für die des Lesens noch Kundigen - dafür zu kostbar. Wichtigere Themen beschäftigen den mündigen Bürger und die B_in: Schadet die altbekannte, plötzlich hochgekochte Geschichte mit der Pädophilie den menschen-( = bürger)rechtlich engagierten Parteien, den Grünen und der FDP? Wieviel Promille Stimmen gehen verloren? Reicht´s dann noch zu Schwarz-Gelb? Oder dürfen wir auf Rot-Grün-Rot hoffen? Sie, liebes Publikum, stehen vor der Wahl! Sie sind der Souverän, nicht der Blogger.

P.S. Zur Klarstellung, an alle: Heute, 13. Aug. 2013,   ist nicht der von Renate Künast geforderte Veggie Day, auch nicht Kids´ Day oder Girls´ Day, sondern Berlin Wall Memorial Day!

Donnerstag, 8. August 2013

Grundsatzfragen. Zum Bürgerkrieg in Syrien III

Bescheidene Hoffnungen richten sich auf die soeben wieder aufgenommenen  Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern über eine "Lösung" des bis dato ungelösten und anscheinend  unlösbaren Konflikts.

Das Augenmerk der "besorgten Weltöffentlichkeit" ist unterdessen stärker auf Ägypten als auf Syrien gerichtet. In Ägypten geht es den besorgten Kommentatoren um die theoretisch-abstrakte  Definition und die praktisch-(macht)politische Durchsetzung des richtigen Begriffs von "Demokratie". In Syrien geht es realiter um die geopolitisch hoch interessante Frage, ob sich der Machthaber Assad mit Hilfe des Iran und Russlands am Ende gegen die  - in Kollusion mit den Saudis und den Qataris -   vom "Westen"  favorisierten "gemäßigt-demokratischen"  Kräfte durchsetzt oder ob es zur Verhinderung eines solchen Ergebnisses noch zu einer offenen Intervention à la libyenne kommt. Wer behauptet, in dem mörderischen Spiel ein unanfechtbares, von unzweideutigen ethischen Maximen getragenes Konzept  zu verfolgen, betreibt Augenwischerei.

Angesichts dessen, was Hollande, Cameron und Obama, unterstützt von der Mehrheit der "öffentlichen Meinung", im Falle Syrien verlautbaren und  über die Türkei  politisch-faktisch - mit anscheinend noch unzureichenden militärischen Mitteln - betreiben, habe ich für die  aktuelle Ausgabe der "Jungen Freiheit"  Nr. 33/ 09.08.2013  eine Kolumne verfasst. Für den Text hatte ich die obige Überschrift offeriert. hatte. Er ist unter dem Titel "War das nicht abzusehen?" erschienen.

Nachtrag 23.08.2013:
Im Hinblick auf die neuesten Schreckensbilder von zahllosen, mutmaßlich durch  Giftgas zu Tode - von welcher Seite? -  gebrachten Opfern  zitiere ich  nachfolgend  den erwähnten JF-Kommentar (demnächst über JF-Archiv abrufbar) zum blutigen Geschehen  in vollständiger Version:

Grundsatzfragen zum Bürgerkrieg in Syrien
Herbert Ammon

Seit zwei Jahren herrschen in Syrien Zustände, die man anfangs als demokratische Rebellion bezeichnete, jetzt als „Bürgerkrieg“. Der Begriff ist zutreffend, sofern darunter der von Thomas Hobbes beschriebene „Naturzustand“ gemeint ist: bellum omnium contra omnes. Schon Hobbes proklamierte als friedliches Gegenbild die civil society.Er meinte damit indes nicht das heutige Idealbild der „Zivilgesellschatt“, sondern den „Leviathan“, den durch Vertrag mit absoluter Autorität zur Rechts- und Friedenswahrung ausgestatteten Staat.

Dass Assads alawitisches Minderheitstregime vor Ausbruch der Rebellion wenig mit rechtsstaatlicher Ordnung zu tun hatte, steht außer Frage. Zu diskutieren bleibt das Maß der Repression, das er insbesondere gegenüber den Muslimbrüdern, seit dem von Assad Sr. 1982 verübten Massaker auf Rache sinnend, exerzierte. Die Unterdrückung der vom „arabischen Frühling“ inspirierten Proteste im März 2011 mündete in offenen Aufststand, genährt von Waffen der Saudis und des Emir von Qatar. Die sunnitische Rebellion zog den Krieg aller gegen alle nach sich, zwischen den Mahlsteinen die Christen. Iran unterstützt den heterodoxen Glaubensbruder in Damaskus, schickt vom Libanon aus die schiitische Hisbollah aufs Schlachtfeld. Aus der Türkei treffen alewitische Kämpfer ein, während Erdogan, teils offen, teils CIA-operativ verdeckt, die „gemäßigten Kräfte“ unterstützt. Da will der „Westen“ nicht abseits stehen: Mal ruft der Sozialist Hollande, menschenrechtlich bewegt, zu den Waffen, mal der Tory Cameron, zuletzt Obama.

War der Gang der Dinge nicht abzusehen? Im Hinblick auf die unkalkulierbaren Opferzahlen stellt der Hamburger Strafrechtler und Rechtsphilosoph Reinhard Merkel (in: FAZ v. 1.8.13) die Frage nach der Legitimität der Rebellion und des – nicht erst seit dem Irak-Krieg 2003 - praktizierten „demokratischen Interventionismus“. „Die halbwegs vernünftige Erfolgssaussicht eines solchen Unternehmens ist mehr als ein pragmatischer Gesichtspunkt.“ Der Autor will seine Position unterschieden wissen von den „Trompetern (Tromphetikern) der ´Realpolitik´“. Warum eigentlich? Sofern nicht als Freibrief zu nackter Amoral missverstanden, ist Realpolitik nichts anderes als verantwortungsethisch abwägendes Handeln.

Dienstag, 6. August 2013

Notiz zum Begriff "Zivilgesellschaft"

In der gestrigen FAZ (v. 05.08.2013, S. 3) ist ein aufschlussreicher Aufsatz des syrischen Philosophen Sadik J. al-Azm (geb. 1934) zum verwelkten "arabischen Frühling" zu finden. Der Aufsatz entstammt einem Vortrag, den der Verfasser unlängst vor dem Berliner Wissenschaftskolleg hielt.

Der Autor, ein Repräsentant der gemäßigten  syrischen Opposition, hält den Geist des "arabischen Frühlings" für ungebrochen. Redaktioneller Untertitel: "Säkulare Araber kämpfen gegen Islamismus und das Militär für eine moderne Zivilgesellschaft. Trotz Rückschlägen ist ihr Charisma lebendig."

Was die optimistische Prognose des vielfach - auch in Deutschland - geehrten, in Damaskus und  zuletzt  u.a. 2006 als Visiting Professor in Princeton lehrenden  Philosophen  betrifft, gilt es abzuwarten.Wie steht es angesichts der jüngsten blutigen Erschütterungen des arabischen Raumes sowie des gesamten nahöstlichen Krisenbogens mit der Aussicht auf eine friedliche, rechtsstaatliche, "zivile" Ordnung in den diversen Staatsgebilden?

Unabhängig davon, wie man die Frage beantworten mag, bietet al-Azms Aufsatz einige erhellende Passagen zu dem das politische Vokabular - geradezu  als Synonym für "demokratisch" - beherrschenden Begriff "Zivilgesellschaft". Nach dem historischen Versagen des säkularen arabischen Nationalismus gehe es heute den  Gegnern der Diktatur im arabischen Raum nicht um die hierzulande propagierte "Zivilgesellschaft" - das Ensemble von Organisationen und  "Bewegungen"  als  Komplement des Staates -, sondern um die Herausbildung  einer an  staatlicher Ordnung ("ziviler Regierung") orientierten, d.h. von rechtsstaatlichen Institutionen gesicherten Gesellschaft gleichberechtigter Staatsbürger. Es gehe um die Überwindung der nach wie vor dominanten "Ahli-Gesellschaft", der für vormoderne Gesellschaft charakteristischen (Un-)Ordnung von Primärbeziehungen: ("Verwandtschaft, Blutsbande, Stamm, Ethnizität oder Religionsgemeinschaft"), in denen das Prinzip der "Asabiyya" bestimmend sei. "Asabiyya" werde falsch übersetzt mit "Solidarität", sei in Wirklichkeit der Nährboden für "Fanatismus und Ausgrenzung".

Al-Azm will seinen "modernen", von Locke, Hegel, Marx und Gramsci abgeleiteten Begriff unterschieden wissen von der hierzulande üblich gewordenen Vorstellung der "Zivilgesellschaft". "Als Araber verstehe er, dass die atomiserten westlichen Gesellschaften in ´Zivilgesellschaft´das Wirken von Nichtregierungsorganisationen, Vereinen, Kirchen, Moscheen, freiwilligen Vereinigungen aller Art innerhalb des Staates sehen. Denn sie bringen gesellschaftliche ´Atome´ zusammen und fördern Gemeinschaftsgefühl."

Es bleibt zu fragen, ob er den  hierzulande prävalenten  Begriff der "Zivilgesellschaft"  nicht seinerseits missversteht. Was wir derzeit unter dem  als politisches Ideal gehandelten Begriff erleben - die Palette  von aus privaten, halbstaatlichen,  staatlichen Mitteln sowie aus quasi-staatlichen EU-Fonds alimentierten Nichtregierungsorganisationen (NGOs),  Stiftungen, "Bürgerbewegungen" - wirkt nicht nur komplementär "innerhalb des Staates",  sondern  zusehends als transstaatliches und substaatliches Gegenstück zu den staatlichen Institutionen. Was das Selbstverständnis und den Zusammenhalt der wiederum "von oben", d.h. von durchaus machtbewussten, ideologisch ("zivilgesellschaftlich") motivierten Aktivisten und/oder von Sponsoren dirigierten, durch wärmendes "Wir-Gefühl" zusammengehaltenen Gruppierungen betrifft, so drängen sich gewisse Parallelen zu dem von  al-Azm, dem  säkular-progressiven Philosophen, als destruktiv erkannten, vormodernen  - ehedem meist simplifizierend als "feudalistisch"  bezeichneten - Loyalitäts- und Klientelsystem  geradezu auf.


Adnote: Zur ergänzenden Erhellung verweise ich auf meine Kritik des Begriffs "Zivilgesellschaft" in meinem Aufsatz "Politische Semantik. Zur Durchsetzung von Begriffen im herrschenden Diskurs" in GlobKult:
http://www.globkult.de/gesellschaft/projektionen/472-politische-semantik-zur-durchsetzung-von-begriffen-im-herrschenden-diskurs



Sonntag, 4. August 2013

Orthographie für gebildete Köpfe

Liebe unz(w)eitgemäßen Mitbetrachter der Weltlage,

um Ihre Sympathie zu bewahren, die abschwellenden ratings wieder hochzutreiben, das kritische Bewußtsein (a.R.) in der globalen Wirrnis zu schärfen, will ich Sie kurz auf ein Nebenprodukt meiner Lesefrüchte hinweisen: auf die demokratisch-plurale Vielfalt der Rechtschreibung (dt. für Orthographie [gr.], auch Ortographie,  Orthografie, selten Ortografie) in der FAZ. Das Blatt, hinter dem nach einstiger  Eigenwerbung immer ein kluger Kopf (-r K., m.) steckte, bereichert die kulturelle Vielfalt seit längerem mit bunter Beliebigkeit bezüglich der Schreibweise des zum Nachweis höherer Bildung gebräuchlichen Vokabulars.

Bitte, es geht nicht um  orthographisch  belanglose Unterschiede wie dem zwischen das (Art., auch Dem.pr.) und dass (Konj.), eine kleine Diffferenz, die stets zugunsten des Artikels aufgehoben wird. Schließlich gibt es im Englischen, in der lingua Europaeana (Bachelor level) zwischen Demonstrativum und Konjunktion auch keinen Unterschied, weder phonetisch noch orthographisch. Warum sollten wir uns da  - eingedenk unserer Vergangenheit -   im Deutschen als Puristen aufspielen?

Das ästhetische Befremden des Bloggers weckt seit längerem die anscheinend nicht nur für taz-, sondern inzwischen auch für FAZ-Leser zumutbare Austauschbarkeit der Buchstaben f und v, wenn es dem Autor/der Autorin - das gedoppelte  Nomen ist an dieser Stelle nicht  gendergemäß, sondern faktisch  geboten - darum geht, den Nachweis der Ironiefähigkeit zu erbringen, indem er/sie referiert, ein Herr XY (nur männl.) habe einem anderen Herrn  (wem sonst?) "seine Referenz erwiesen". Auch daran wird sich der Blogger gewöhnen müssen, oder sollte er wegen derlei Petitessen eine Anfrage an eine Referentin im Bildungsministerium richten?

Recht amüsant fand der Blogger letzte Woche in ein und derselben Ausgabe - gar auf verschiedenen Seiten des  Feuilletons - den orthographischen Umgang mit dem hard word "Gebaren",  mal mit Dehnungs-h, mal ohne. Lieber Leser, verzeihen Sie den fehlenden  Beleg. Das Exemplar befindet sich mutmaßlich bereits in der blauen Mülltonne.